19 Sep 2016
Auslandssemester in den Niederlanden

Interview mit Kelly Donovan von der Vrije Universiteit Amsterdam

Kelly Donovan, International Officer für das Programm Semester in Amsterdam an der Vrije Universiteit Amsterdam

Warum für ein Auslandssemester in die Ferne schweifen? Auch unsere Nachbarländer bieten schließlich spannende Semesterprogramme für internationale Studierende. So auch die Vrije Universiteit Amsterdam in der Hauptstadt der Niederlande. Mit VU-Mitarbeiterin Kelly Donovan haben wir über die vielen Vorzüge des Programms „Semester in Amsterdam“ gesprochen. Wenn ihr nach dem Lesen des Interview Lust auf ein Auslandssemester an der VU Amsterdam bekommen habt: Bis zum 01.10. könnt ihr euch noch für das Frühlingssemester 2017 bewerben.

College Contact:
Bevor wir über das Programm „Semester in Amsterdam“ sprechen, habe ich noch eine allgemeinere Frage: Da Amsterdam nicht weit von Deutschland entfernt ist, mögen sich viele deutsche Studierende fragen, warum sie für ihr Auslandssemester eine Universität wählen sollten, die so nah an ihrer Heimat liegt. Was macht die VU Amsterdam denn zu einem idealen Studienort für deutsche und andere internationale Studierende?

Kelly Donovan:
Amsterdam, um mal mit der Heimatstadt der Universität selbst zu beginnen, ist sehr divers, mit mehr als 180 Nationalitäten, mehr sogar noch, als in New York City. Da Amsterdam eine vergleichsweise kleine Stadt ist, kann man ihre Vielfältigkeit mit dem Fahrrad sehr leicht entdecken. Auf vielerlei Art und Weise ist Amsterdam auch ein Tor zu Europa und mehr. Schipol ist einer der belebtesten Flughäfen der Welt, der Hafen von Amsterdam ist der viertgrößte Europas und Rotterdam ist Europas größter Hafen.

Wenn deutsche Studierende sich also fragen, welchen Vorteil es bringt, an einem Ort so nahebei zu studieren, würde ich sagen, dass Amsterdam diese Nähe wettmacht durch seine sehr internationale Szene, die dennoch gemütlich, studentisch und leicht zugänglich ist. Das ist eine ziemlich einzigartige Kombination. Eigentlich kann es also tatsächlich ein Vorteil für deutsche Studierende sein, dass sie nicht so weit reisen müssen, um so leicht in eine globalisierte Szene einzutauchen.

Internationale Hochschule an internationalem Standort: Die Vrije Universiteit Amsterdam und ihre Heimatstadt ziehen Menschen aus aller Welt an.

Was die Wahl der Vrije Universiteit Amsterdam selbst betrifft, würde ich sagen, dass die Universität die globalisierte Natur der Stadt widerspiegelt. Die Studentenschaft an der VU Amsterdam ist eine der diversesten in Holland. Das liegt an einer Kombination daraus, dass die Universität mehr als 350 englischsprachige Kurse anbietet, die Internationalisierung in den Vordergrund stellt und der Campus im Herzen des Geschäftsviertels von Amsterdam liegt. Das erweitert automatisch die Netzwerke an Menschen, die Studierende hier treffen können.

Das Programm „Semester in Amsterdam“ speziell pflegt Verbindungen zu örtlichen Arbeitgebern, die hoffen, Deutsche einzustellen, diese schließen Tesla, Google, Heineken und einige Marketingbüros ein. Deutsche Studierende können sogar für maximal 10 Stunden pro Woche in Amsterdam arbeiten, wenn sie möchten.

Allgemeiner ist zu sagen, dass die Universität groß und international geranked ist und unsere Professoren unglaubliche Arbeit leisten, sodass es hier viele Möglichkeiten für Studierende gibt, sich einzubringen und wirklich das Beste aus ihrem Auslandsstudium zu machen. Ob durch Forschung, Aktivismus oder den Beitritt zu Studentenvereinigungen oder Sportclubs, es gibt wirklich viele Möglichkeiten für Studierende hier.


College Contact:
Etwas sehr besonderes am Semester in Amsterdam ist, dass es für die Studierenden zwei Möglichkeiten gibt, Kurse zu wählen. Kannst du uns die erläutern?

Kelly Donovan:
Studierende können an der Vrije Universiteit Amsterdam zwischen 350 englischsprachigen Kursen wählen, um ihr eigenes Studienprogramm zu kreieren, oder sie können ein Minor-Programm wählen. Bei Minor-Programmen handelt es sich um festgelegte Kombinationen von Kursen, die sich um ein Thema drehen. Die Minors sind aufgeteilt in interdisziplinäre Minors, die für alle Studenten offen sind, und fachbezogene Minors, die relevantes Hintergrundwissen voraussetzen. Beispiele für interdiszipinäre Minors sind Business Administration, Development Studies, Organizational Culture und Transnational Law and Society. Beispiele für fachbezogene Minors umfassen Entrepreneurship, Health Care Management, Sustainability and Innovation, Migration Studies und Deep Programming.

Die Vorteile bei der Wahl eines Minor-Programms liegen auch darin, dass alle Kurse in einem Minor-Programm im Verlauf des Semesters aufeinander aufbauen und zeitlich aufeinander abgestimmt sind, sodass sie sich in den Stundenplänen nicht überschneiden. Wenn Studierende zu einem Minor-Programm zugelassen werden, bedeutet das im Prinzip also, dass ihre Stundenpläne für das kommende Semester festgelegt sind.

Wenn Studierende sich hingegen dazu entschließen, ihre Kurse selbst zu kombinieren, indem sie einzelne Kurse aus verschiedenen Fachbereichen wählen, ist der Prozess ein wenig umfangreicher. Studierende bewerben sich mit einer Liste ihrer bevorzugten Kurse, unsere Mitarbeiter werden die Kursliste auf Basis des Levels und der Zulassungsvoraussetzungen vorab genehmigen und dann wird der tatsächliche Stundenplan der Studierenden fertiggestellt, wenn die Stundenpläne veröffentlicht sind, was für gewöhnlich im Juli für das Herbst- und im Dezember für das Frühjahrssemester geschieht.

Ein Minor-Programm zu wählen, ist also der einfachere Weg, sich einen Stundenplan zusammenzustellen. Hinzu kommt, dass alle Studierenden in einem Minor-Programm die Kurse zusammen als Gruppe belegen, was die Möglichkeiten steigert, Freunde zu finden. Ich muss aber anmerken, dass die Minor-Programme nur im Herbstsemester belegt werden können, das sollten Studierende im Hinterkopf behalten, wenn sie sich für diese Möglichkeit interessieren.


College Contact:
Was sind denn sie beliebtesten Studienfächer oder Minors bei internationalen Studierenden im Programm „Semester in Amsterdam“?

Kelly Donovan:
Ich würde sagen, Political Science, Business and Economics, Computer Science und Psychology. Aber das soll nicht heißen, dass die anderen Fakultäten weniger Kurse anbieten. Das sind nur die Programme, die bei internationalen Studierenden beliebt sind.

Die Kurse in Business and Economics sind sehr streng, was die Zulassungsvoraussetzungen angeht. Studierende, die sich für diese Kurse interessieren, sollten deshalb besonders auf die Zulassungsvoraussetzungen achten. Auch die Verfügbarkeit der Kurse variiert je nach Semester. Deshalb raten wir den Studierenden, sich die komplette Kursliste für das ganze akademische Jahr anzusehen, um zu entscheiden, wann der beste Zeitpunkt für eine Bewerbung ist, basierend auf Kursangebot und -verfügbarkeit. Das kann im Herbst sein oder im Frühling, abhängig davon, wo die Studierenden in ihrem Studium stehen und welche Kurse sie sich für ihr weiteres Studium an ihrer Heimathochschule anrechnen lassen können.


Semesterstudenten an der VU können neben einer großen Anzahl an Fachkursen auch Kurse wählen, in denen sie sich mit der Kultur ihres Gastlandes auseinandersetzen.

College Contact:
Gibt es irgendwelche besonderen Kurse im Semester in Amsterdam-Programm, etwa solche, die sich mit der niederländischen Kultur befassen?

Kelly Donovan:
Wir haben zwei spezielle Angebote. Das erste heißt Discover the Dutch und das zweite Imagining the Dutch. Discover the Dutch ist ein Kultur- und Sprachkurs, hat also auch eine linguistische Komponente, wohingegen Imagining the Dutch ein Kultur- und Geschichtskurs ist. Er hat keinen linguistischen Bestandteil. Plätze in Discover the Dutch, dem Sprachkurs, sind speziell für Studenten des Programms „Semester in Amsterdam“ reserviert, das ist also eine weitere Gelegenheit für Studenten, Freundschaften zu schließen. Imagining the Dutch steht Semesterstudenten ebenso offen wie Austauschstudenten, Master- und Bachelorstudenten etc., das ist also eine größere Gruppe. Beide Kurse werden einmal pro Woche abends angeboten, für etwa drei Stunden. Das bedeutet, dass diese Kurse sich wahrscheinlich nicht mit den anderen Kursen der Studenten überschneiden werden, sodass sie ein gutes Wahlfach darstellen können. In beiden Kursen gibt es Exkursionen zu örtlichen Sehenswürdigkeiten wie dem Rijks Museum. Die Kurse sind also sehr einnehmend und ermuntern Studierende, hinauszugehen und neben dem Lernen im Kursraum auch etwas von Amsterdam zu sehen.


College Contact:
Jedes Semester an der VU Amsterdam ist in drei Lehrperioden aufgeteilt. Kannst du erklären, welche Vorteile es hat, ein Semester so einzuteilen?

Kelly Donovan:
Die Studierenden belegen normalerweise zwei Kurse in jedem der ersten beiden Abschnitte und einen im dritten Abschnitt. 24 ECTS pro Semester sind hierbei die Mindestvoraussetzung und 30 ECTS sind das Maximum. Allerdings sind 24 für gewöhnlich der realistischere Arbeitsaufwand im Hinblick auf die Balance zwischen Studium und Sozialleben.

Das Drei-Perioden-System gibt Studierenden mehr Zeit, tiefer in die Thematik einzutauchen. Die niederländische Bildung schätzt kritisches Denken besonders und ermutigt Studierende dazu, das Wort zu ergreifen und ihre Meinung zu teilen und Dinge infrage zu stellen. Diese Art des Engagements im Kursraum kombiniert mit dem Drei-Perioden-System bedeutet, dass Studierende eine stimulierende Methode zum Lernen genießen, die wirklich persönliches Engagement fördert. An der Vrije Universiteit Amsterdam selbst gibt es Selbstlern-Stunden, eine festgesetzte Anzahl an Stunden zum Lernen, die jeder Student leisten soll, was die Studierende jedoch eigenständig außerhalb der Lehrveranstaltungen tun. Wir hören von internationalen Studenten oft, dass dieses Selbstlern-System ihnen die Gelegenheit gibt, den Campus zu verlassen und verschiedene Cafés und Bereiche von Amsterdam zu entdecken, in denen sie ihre Aufgaben erledigen können. Deshalb würde ich sagen, dass dieses System Studierenden viel Freiheit bietet, Amsterdams Studentenkultur zu genießen, angesichts der Strukturen, die wir sowohl im niederländischen Bildungssystem als auch an der VU Amsterdam im Speziellen nutzen.


College Contact:
Natürlich müssen Studierende hart arbeiten, aber sie wollen auch Spaß haben. Was kannst du uns über das Freizeitprogramm für Semesterstudenten an der VU erzählen?

Kelly Donovan:
Unser Freizeitprogramm ist ein einzigartiger Teil des Programms „Semester in Amsterdam“. Es ändert sich jedes Jahr, je nachdem, was aktuell und beliebt ist. Die Aktivitäten sind kostenlos und dafür bestimmt, Studierenden dabei zu helfen, die niederländische Kultur zu entdecken, sowohl innerhalb als auch außerhalb Amsterdams. Beispiele für Unternehmungen sind ein Ausflug zum Friedenspalast und zu Regierungseinrichtungen in Den Haag, ein Besuch in Efteling, Hollands größtem und berühmtesten Freizeitpark, ein Trip zu unserem berühmten Tulpengarten, dem Keukenhof, sowie Ausflüge zum Anne Frank Haus und in nahegelegene Städte. Wir versuchen, mit unseren Aktivitäten lokale Verbindungen hervorzuheben. Nächste Woche fahren wir zum Beispiel nach Utrecht, eine nahegelegene Studentenstadt, und unser Programmdirektor wird diese Tour leiten, weil er aus Utrecht kommt. Im Januar werden wir Rotterdam besuchen und eine andere Mitarbeiterin wird diesen Ausflug leiten, denn sie ist in Rotterdam aufgewachsen.

Einige unserer Angebote überschneiden sich mit dem Buddy Program. Das ist eine andere Initiative des International Office der VU, mit der es aber Schnittstellen gibt. Sie bringt niederländische Studenten der VU mit internationalen Studierenden zusammen. Dieses Semester wird das Buddy Program eine spezielle Banksy-Ausstellung im Stadtzentrum besuchen. Studenten des Programms „Semester in Amsterdam“ dürfen auch am Buddy Program teilnehmen. Sie müssen sich nur um einen Buddy bewerben.

Zusätzlich zu diesen Programmen bieten wir auch ein umfangreiches Ankunfts- und Orientierungsprogramm am Beginn jedes Semesters an. Diese Programme helfen Studierenden dabei, sich durch kulturelle, soziale und praktische Aktivitäten sowie niederländische Sprachaktivitäten zu orientieren, zu akklimatisieren und Leute zu treffen.


Hip und nachhaltig: Mit dem Hotel Jansen hat die Vrije Universiteit Amsterdam eine stylische Unterkunftsmöglichkeit für Studierende geschaffen.

College Contact:
Kannst du uns abschließend noch ein paar Informationen über die Unterkunftsmöglichkeiten für Studierende im Programm „Semester in Amsterdam“ geben?

Kelly Donovan:
Derzeit bieten wir zwei verschiedene Unterkunftsmöglichkeiten an, wobei sich das in den kommenden Jahren wohl noch erweitern wird. Aber jetzt können Studierende zwischen Uilenstede, unserem Wohncampus, und dem Hotel Jansen, unserer Unterkunftsoption abseits des Campus, wählen. Obwohl letzteres sich Hotel nennt, ist es für Studierende und Praktikanten gedacht, die für längere Zeit in Amsterdam bleiben, sechs Monate kann man sagen.

Uilenstede ist mit dem Fahrrad etwa zehn Minuten von der Universität entfernt. Es handelt sich dabei um eine ältere und deshalb günstigere Wohnmöglichkeit. Es wurde aber in den letzten paar Jahren viel renoviert, sowohl an den Außenanlagen als auch an den Einrichtungen. Der Campus hat ein schönes Sportzentrum, ein Kulturzentrum, einen Druck- und Copy-Shop, einen Fahrradladen, ein Studentencafé und einen Mini-Markt. Der Campus ist einer der größten in Europa und dort leben sowohl niederländische als auch internationale Studenten. Die Stimmung ist sehr offen und einladend. An sonnigen Tagen sieht man Studierende draußen herumhängen und grillen. Das Buddy Program, das ich erwähnt hatte, hat erst kürzlich ein Picknick veranstaltet und die ganzen Grünflächen waren mit Studenten bedeckt, die alle ihr eigenes Geschirr und Essen mitgebracht haben. Eine sehr freundliche und offene Atmosphäre also, die das Hotel Jansen natürlich auch hat.

Aber das Hotel Jansen ist neu, es hat erst letztes Jahr eröffnet. Es ist unsere teurere Unterkunft, weil alle Zimmer von lokalen Künstlern designt wurden. Der Ort ist deshalb sehr funky, verwendet viele wiederverwertbare Materialien, betont Nachhaltigkeit und der Stil des Innendesigns versucht wirklich, den Vibe von Amsterdam einzufangen. Ich würde die Studenten dazu ermuntern, sich mal die YouTube-Videos vom Hotel Jansen anzusehen, um eine Idee von der Stimmung dort zu bekommen. Das Hotel Jansen ist eine etwa fünfzehnminütige Fahrradfahrt vom Campus entfernt, ein paar Minuten weiter als Uilenstede, aber in beiden Wohnheimen haben die Studierenden ein privates Schlafzimmer, ein eigenes Bad und eine Gemeinschaftsküche, also dieselben Möglichkeiten.

Wir sind stolz darauf, Studierenden, die sich dafür bewerben, eine Unterkunft zu garantieren, angesichts des schwierigen Wohnungsmarktes in Amsterdam. Wir sind glücklich, den Studenten das anbieten zu können, und wollen sie deshalb dazu ermuntern, sich frühzeitig für die Unterkünfte zu bewerben.


College Contact:
Vielen Dank für das Interview, Kelly.

Weitere Infos zur Vrije Universiteit Amsterdam findet ihr im Hochschulprofil auf unserer Website. Wenn ihr Fragen habt oder euch bewerben möchtet, könnt ihr euch jederzeit gern bei uns melden.