28 Jan
Erfahrungsbericht von Magdalena W.

Universidad de Chile - Facultad de Economia y Negocios


Land: Chile
Kontinent: Südamerika
Studienrichtung: Wirtschaft
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 07/2015 bis 11/2015
Heimathochschule: Bonn-Rhein-Sieg HS

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Bewerbungsverfahren

An der Universität beworben habe ich mich mithilfe von College Contact, deren Service kostenlos ist und die auch bei Fragen jeglicher Art weiterhelfen. Dazu musste ich lediglich ein Formular mit meinen Daten, dem aktuellen Notendurchschnitt, meinem Spanischniveau und meinen Wunschkursen ausfüllen. Zunächst schickte ich alle Dokumente per Mail zu College Contact, wo sie auf Vollständigkeit überprüft wurden. Daraufhin sandte ich die Originale per Post, welche dann von dem Unternehmen an die chilenische Universität weitergeleitet wurden. Nach wenigen Wochen erhielt ich meine Zusage und mein Semester im Ausland konnte beginnen.

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Die Universität und Kurse

Der Wirtschaftscampus der Universidad de Chile ist sehr modern. Es gibt eine große Eingangshalle, eine gut ausgestattete Cafeteria und Vorlesungssäle mit neuester Technik. In der sich auf drei Stockwerke erstreckenden Bibliothek gibt es Stillarbeits- und Gruppenräume sowie Computer, Drucker und sogar eine kleine Terrasse. Zum Abschalten vom Universitätsalltag lädt das Sportstudio ein, welches kostenlos genutzt werden kann. Dort gibt es verschiedene Fitnessgeräte und es ist für jeden etwas dabei. Generell ist der Campus sehr offen und freundlich gestaltet und bietet modernste Technik, sodass man problemlos arbeiten kann. Die Hörsäle sind ebenfalls gut ausgestattet, belüftet und man hält sich gerne dort auf.

Ich habe mein Auslandsstudium in mein fünftes Fachsemester des Bachelors Wirtschaftspsychologie integriert. Alle meine Kurse konnten mir dabei angerechnet werden. Man kann zwischen englischen und spanischen Vorlesungen wählen, wobei das Angebot ersterer natürlich geringer ausfällt. Im Gegensatz zum Rest des Landes, sprechen die meisten der Dozenten gutes Englisch und selbst in spanischen Vorlesungen sind die Präsentationen in selbigem. Man sollte sich jedoch im Vorfeld Alternativen aussuchen, falls es im Lehrplan zu Kursüberschneidungen kommt, was durchaus der Fall sein kann. Die Vorlesungen pro Kurs finden zweimal wöchentlich für eineinhalb Stunden statt und sind sehr praxisorientiert. Der Unterricht erinnert teilweise an den Schulalltag, da meistens mindestens 80% Anwesenheit Voraussetzung sind, um einen Kurs zu bestehen. Auf der anderen Seite wird in dieser Zeit auch schon ein großer Teil der Prüfungsleistung erbracht, sodass wochenlange Klausurvorbereitung am Ende des Semesters ausbleibt. Besonders für internationale Studierende bleibt so mehr Zeit für das ersehnte Reisen.

Die Vorlesungen an der Fakultät sind dem Campus entsprechend wirtschaftsorientiert. In den von mir gewählten Veranstaltungen wurden vor allem die kulturellen Unterschiede betont, die man beachten muss, wenn man in anderen Ländern unternehmerisch tätig wird. Zudem wurden Modelle zur Veranschaulichung von beispielsweise Markteintrittsstrategien besprochen. Generell haben wir viel gelernt über Freihandelsabkommen, Kultur, Marketing, Human Resources sowie an praktischen Beispielen großer Konzerne, die entweder erfolgreich in anderen Märkten tätig sind oder an zu großen Differenzen scheiterten. Besonders deutlich ist immer wieder geworden, dass selbst anscheinend unerhebliche Unterschiede entscheidend sein können, wenn man mit anderen Unternehmen zusammen arbeitet oder Teile des Eigenen in andere Länder verlegt. Diese Erkenntnisse sind vor allem in der Praxis von großer Bedeutung.

Die Methoden innerhalb der Veranstaltungen waren sehr vielseitig, wobei Gruppenarbeit stets im Fokus stand. In klassischen Vorlesungen wurde über die Inhalte diskutiert. Immer wieder sollten beispielhafte Fälle existierender Unternehmen in kleinen Gruppen bearbeitet werden und letztendlich ein Bericht angefertigt werden. Die Ergebnisse wurden daraufhin während der folgenden Vorlesung besprochen. Zudem wurden Vorträge und Referate gehalten oder man bearbeitete umfangreichere Projekte während des gesamten Semesters. Letztere bestanden in meinem Fall in der Anfertigung von Berichten und Präsentation der Zwischen- und finalen Ergebnisse. Die wohl außergewöhnlichste Methode stellte eine Debatte, angelehnt an die Vorgehensweise im British Parliament, im Kurs Intercultural Business Challenges in Latin America dar. Auch wenn wir zu Beginn skeptisch waren, hat sich diese Methode doch als zwar herausfordernd, aber auch als sehr sinnvoll und durchaus unterhaltsam erwiesen.

Wie bereits erwähnt, wurden große Teile der gesamten Prüfungsleistungen bereits während des Semesters erzielt. Die genaue Verteilung der Punkte variierte dabei von Kurs zu Kurs. Zum Bestehen einer Veranstaltung war meistens eine Anwesenheitsrate von etwa 80% nötig. Teilweise gab es bei vollständiger Anwesenheit zudem Extrapunkte. Generell wurden Punkte für Präsentationen, Gruppenprojekte, Berichte und kleine Tests zu vorgeschriebener Literatur vergeben. In manchen Kursen gab es abschließend eine Endprüfung, in anderen war die komplette Prüfungsleistung bereits erbracht.


Leben in Santiago

Für mich war es das erste Mal, dass ich in einer derart großen Stadt wie Santiago gewohnt habe. Etwa ein Drittel aller Chilenen leben in der Metropole, wobei sich das Leben hauptsächlich im Zentrum abspielt, wo sich auch der Campus befindet. Insbesondere in der Metro, die während der Rushhour ziemlich überfüllt ist, sollte man Acht auf seine Wertsachen geben, da es kaum möglich ist zu bemerken, wenn jemand versucht, etwas zu stehlen. Gleiches gilt für Besuche in Restaurants und Diskotheken. Offene Taschen und Rucksäcke sollte man generell immer vermeiden.

Insbesondere im Sommer zeigt sich Santiago von seiner schönsten Seite. Es gibt zahlreiche Parks, in denen man die Sonne genießen kann und sich vom Studieren erholen kann. Die Stadt ist sehr lebendig und es gibt immer etwas Neues zu sehen. In der Costanera kann man stundenlang einkaufen und shoppen gehen, ebenso wie rund um die Plaza de Armas. Im Barrio Lastarria befinden sich Restaurants, Cafés und Bars für jeden Geschmack und unweit entfernt lädt der Aussichtshügel Santa Lucia zu einem ersten Blick auf die Stadt ein. Wenn man einmal einen Überblick über das Ausmaß Santiagos bekommen möchte, besucht man am besten den höheren Aussichtspunkt Cerro San Christobal, auf dessen Spitze sich eine Statue der Jungfrau Maria befindet. Den Weg kann man entweder zu Fuß zurücklegen oder mit dem historischen Aufzug fahren, was besonders abwärts ein kleines Abenteuer ist. Direkt am Fuße des Hügels liegt das Ausgehviertel Bellavista. Dort gibt es nicht nur unzählige Restaurants und Bars, sondern hier spielt sich vor allem das Nachtleben ab. Praktisch ist dabei der günstige Preis für eine Taxifahrt. Davon sollte man möglichst nach einer langen Nacht Gebrauch machen, da man nicht unbedingt allein durch die Straßen laufen sollte.

Wenn man sich mal nach etwas mehr Natur sehnt, gibt es nicht weit außerhalb der Stadt tolle Regionen wie Cajon del Maipo, wo man unter anderem wandern oder raften gehen kann.

Die Wohnungssuche in Santiago stellte sich als sehr einfach heraus. Zum einen informierte die Universität über Wohnungs- und Zimmerangebote, zum anderen gibt es viele Internetseiten mit freien Zimmern in der Stadt. Letztendlich halfen sich viele von uns gegenseitig. Innerhalb der ersten Woche, die ich in einem Hostel, zusammen mit vielen anderen ausländischen Studierenden verbrachte, konnte ich auf diese Weise ohne Probleme ein Zimmer in der Nähe des Campus finden. Die Preise ähneln dabei denen in Deutschland, auch wenn man sich darauf einstellen muss, einen geringeren Standard zu erhalten. Für den Winter sollte man darauf vorbereitet sein, dass es weder Fensterisolation noch ein vollwertiges Heizungssystem gibt und daher lieber ein paar mehr warme Pullover mitbringen oder sich auf einem der traditionellen Märkte mit Alpaka-Shirts eindecken.


Reisen

Nur eine Stunde entfernt von Santiago, liegen die beiden Städte Valparaiso und Vina del Mar direkt an der Küste. Jede der Beiden hat ihre Vorzüge und man hat die Möglichkeit, die frische Meeresluft zu genießen, sei es am Strand von Vina del Mar oder schlendernd durch die Gassen von Valparaiso, deren Häuserfassaden geschmückt sind mit den tollsten Graffiti. Wer Zeit hat, dem kann ich eine Weinprobe im Valle Casablanca auf einem der Weingüter empfehlen, die auf dem Weg von Santiago Richtung Valparaiso liegen.

Um den Rest des Landes zu bereisen, sollte man sich Zeit nehmen. Ausflüge für ein paar Tage lohnen sich zum Beispiel in den Süden nach Pucòn, welches bekannt ist für die vielen Outdoor-Aktivitäten wie Rafting, Reiten oder das Besteigen des Vulkanes Villarrica, oder in den Norden nach La Serena. Dort kann man den Strand genießen oder bei einer Tour ins Landesinnere die Landwirtschaft näher kennen lernen und erfahren, wie Pisco hergestellt wird. Kostproben sind natürlich auch immer mit eingeschlossen.

Für längere Trips kann ich die Atacama-Wüste empfehlen. Die trockenste Wüste der Erde ist beeindruckend und es gibt neben den berühmten Tälern Valle de la Muerte und Valle de la Luna auch Lagunen und Geysire zu bestaunen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, eine mehrtätige Tour in einem Jeep nach Bolivien zu machen, wo es vorbei geht an unzähligen Lagunen und Vulkanen und man sich letztendlich in der größten Salzwüste der Welt wiederfindet.

Im Süden von Chile gibt es einen großen Anteil an deutschstämmiger Bevölkerung, was nicht nur am Baustil der Häuser, sondern auch an der Qualität des Bieres schnell feststellt. Die Distanzen sollte man hier auf keinen Fall unterschätzen. Insbesondere auf der Carretera Austral gibt es nur unregelmäßige Busverbindungen und immer wieder muss man eine Fähre nehmen, da das Festland mehr und mehr von Fjorden durchzogen ist. Die Landschaft ist dünn besiedelt und erinnert nicht selten an Österreich oder die Schweiz. Je südlicher die Reise geht, desto weniger Menschen und mehr wildlebenden Tiere begegnet man. Ein Highlight ist der Nationalpark Torres del Paine, der verschiedene Wanderrouten bietet. Die Natur ist unberührt und bietet türkisfarbene Seen, Gletscher, Felsformationen und saftig grüne Wälder. Bedenken sollte man nur, dass es während des Sommers sehr teuer wird und man in jedem Fall Lebensmittel für die gesamte Wanderung mitnehmen sollte. Mit jedem Tag wird der Rucksack schließlich ein bisschen leichter und man kommt immer wieder an kleinen Flüssen vorbei, um seine Wasserflaschen aufzufüllen. Die Aussichten belohnen letztendlich jede Anstrengung.

Auch wenn Chile allein schon keine Wünsche offen lässt, kann ich doch empfehlen, auch andere Länder zu besuchen. Wenn man sich in den Süden aufmacht, muss man häufig zwangsläufig die Grenze zu Argentinien überqueren und bekommt wieder neue Eindrücke von Menschen und Landschaft. Da das Leben und Reisen in Chile nicht unbedingt günstig sind, bieten sich vor allem Trips nach Bolivien und Peru an. Die Landschaften sind beeindruckend, ebenso wie das traditionelle Leben der Bevölkerung. Beide Länder sind im Vergleich zu Chile noch sehr rückständig, was sich in erheblich geringeren Preisen zeigt. Im Klaren sollte man sich jedoch auch darüber sein, dass der Lebensstandard entsprechend geringer ist und es teilweise weder Strom, noch fließendes Wasser gibt. Für mich persönlich waren die Reisen nach Bolivien und Peru sehr besonders und ich fand es interessant und beeindruckend, mehr über die Traditionen und den Alltag der Menschen dort zu erfahren. Abgesehen davon, gibt es natürlich unglaublich schöne Orte, wie das Salar de Uyuni, den Titikaka-See und Macchu Pichu zu sehen.


Kosten und Finanzierung

Das Leben in Chile kann kostenmäßig mit dem in Deutschland verglichen werden. Zwar gibt es in einigen Bereichen günstigere Preise, wie zum Bespiel Taxifahrten, auf der anderen Seite sind unter anderem Lebensmittel vergleichsweise teuer. Um die Studiengebühren, die monatlichen Kosten wie Miete, Lebensmittel und Ausgehen sowie das Reisen finanzieren zu können, habe ich zunächst lange gespart. Eine weitere Möglichkeit bietet das Auslands-BAföG. Wer in Deutschland schon vom Staat unterstützt wird, der bekommt mit Sicherheit auch außerhalb eine finanzielle Hilfestellung. Ich habe mich außerdem um Stipendien beworben und letztendlich eines vom DAAD erhalten, wodurch die Finanzierung um einiges erleichtert wurde. Auch College Contact bietet verschiedene Möglichkeiten an, um die man sich mit einem Motivationsschreiben bewerben kann. Kreativität wird dabei immer besonders honoriert. Generell sollte man sich über den Kostenumfang vor Beginn des Studiums im Klaren sein, um sich entsprechend vorbereiten zu können und keine böse Überraschung zu erleben.


Fazit

Was mir besonders gut gefallen hat an meiner Zeit in Chile, ist, dass ich praktische Erfahrungen machen konnte, die auch in den Vorlesungen thematisiert wurden. In allen Kursen wurde immer wieder die Wichtigkeit kultureller Unterschiede hervorgehoben. Da wir fast alle in großen Wohngemeinschaften mit Studenten aus den verschiedensten Ländern zusammen wohnten, konnten wir die Auswirkungen, sowohl positive als auch negative, am eigenen Leib erfahren.

Fachlich gesehen habe ich viele neue Methoden des Lernens kennengelernt und insbesondere die viele Gruppenarbeit hat uns positiv herausgefordert, sei es aufgrund kultureller oder sprachlicher Unterschiede der einzelnen Mitglieder. Auch das Studium auf Englisch war für mich völlig neu und ich konnte meine Kenntnisse dahingehend um einiges verbessern.

Das Leben in einem fremden Land hat mich persönlich sehr viel weiter gebracht. Auch wenn es alltägliche Herausforderungen gibt, so lernt man, sich auf andere Umstände und Lebensverhältnisse einzulassen. Man gewinnt an Flexibilität, Verständnis und lernt, sich anzupassen. Zudem werden einem viele Annehmlichkeiten bewusst, die man im täglichen Leben in Deutschland oft nicht zu schätzen weiß. Das Leben und Reisen mit Menschen aus aller Welt stellt außerdem eine immense Erweiterung des eigenen Horizontes dar.

Wie bereits erwähnt, habe ich mich an der Facultad de Economìa y Negocios zu jeder Zeit wohl betreut gefühlt. Gleiches gilt für die Unterstützung durch College Contact. Wir bekamen vielseitige Informationen zum Ablauf des Studiums und dem Leben in Santiago. Bei Fragen konnten wir uns stets an das International Office wenden und bekamen schnell eine Antwort. Auch im Falle von persönlichen Problemen fand  sich stets ein Ansprechpartner, welcher uns mit Rat und Tat zur Seite stand. Daher habe ich mich von Anfang an wohl gefühlt und die Unterstützung der Betreuer gab uns immer ein Stück Sicherheit, sodass wir unsere Zeit in Südamerika vollkommen genießen konnten.

Als Land ist Chile mehr als abwechslungsreich. Wie erwähnt sollte man sich jedoch im Klaren sein, dass Städte teilweise hunderte Kilometer auseinander liegen und man auch mehr Zeit braucht, diese Distanzen zurückzulegen. Außerdem sollte man in jedem Fall zumindest Grundkenntnisse im Spanischen haben, da nur wenig Englisch gesprochen wird. Der sehr starke chilenische Akzent macht es anfangs nicht leicht, sich mit den Einheimischen zu verständigen, aber nach einiger Zeit kann man sich auch daran mit etwas Übung gewöhnen.

Ich würde mich jederzeit wieder für ein Semester in Chile entscheiden und kann es jedem empfehlen.