7 Nov
Erfahrungsbericht von Raissa S.

Universidad de Vina del Mar


Land: Chile
Kontinent: Südamerika
Studienrichtung: Kommunikationswissenschaften
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 03/2016 bis 06/2016
Heimathochschule: Ansbach HS

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

„?Ay weon, cachaste los chilenismos o no po?“

Wer eigentlich Spanisch kann und das jetzt nicht verstanden hat- das ist normal so. In Chile gibt es unglaublich viele Ausdrücke, die man sonst in keinem anderen spanischsprachigen Land verwendet. Auch wenn das am Anfang etwas verwirrend ist, fängt man es doch irgendwann an zu lieben. Ich musste oft hören, dass Chile nicht gerade das perfekte Land ist, um Spanisch zu lernen. Die Chilenen sind bekannt dafür schnell und undeutlich zu reden. Aber wenn man es da geschafft hat, dann kann man es überall.

Die chilenische Kultur ist total anders, als die deutsche. Sie sind unpünktlich, tratschen gerne, faulenzen auf der Arbeit (auch hier gibt es extra einen Chilenismo für) und unglaublich liebenswert. Das merkt man zum Beispiel daran, dass die vielen Straßenhunde alle gut genährt sind und im Winter sogar Pullis angezogen bekommen. Außerdem war am Anfang von meinem Auslandssemester mein Spanisch nicht gut und trotzdem haben alle immer probiert mit mir zu reden. Es ist erstaunlich, dass die Kommunikation immer irgendwie funktioniert, auch wenn man nicht dieselbe Sprache spricht. Die Gastfamilien von meinen Freunden sind für sie wirklich wie eine zweite Familie geworden und viele sind mit ein paar Kilo mehr nach Hause zurück geflogen.

Die Universidad Vina del Mar ist eigentlich eine Uni mit 8000 Studenten, allerdings verteilen diese sich auf 30 verschiedene Campuse. Das war etwas schade, da ich so nicht so viel Kontakt zu chilenischen Studenten hatte und wir ‚Gringos‘ größtenteils unter uns blieben. Um das auszugleichen, bietet die Uni einen International Club an und vermittelt Sprachpartner. Mit dem International Club trifft man sich einmal die Woche, macht Exkursionen, spielt Spiele oder geht in eine Bar. Als Regel galt: Wenn man zu den Treffen eine halbe Stunde zu spät kam, war man immer noch zu früh.

Der Unterricht hat nicht den Charakter von Vorlesungen, sondern von Schule. In den Klassen waren 2-8 Leute, man hat regelmäßig Präsentationen gehalten, Tests geschrieben, Hausaufgaben aufbekommen. Durch diesen intensiven Unterricht wird das Spanisch schnell besser und die Lehrer reden zum Glück sehr langsam und deutlich.

Die Universität gibt einem die Möglichkeit, sich sozial zu engagieren, zum Beispiel in Waisenheimen oder als Englischlehrer an einer Schule. Ich habe das letztere gewählt und bin einmal die Woche in einen ärmeren Teil von Vina del Mar gefahren, um dort im Unterricht mit zu helfen. Es war eine interessante Erfahrung, wenn auch teilweise sehr frustrierend, die mir sehr viel über die chilenische Kultur beigebracht hat. 

Natürlich habe ich nicht nur studiert in Chile. Vina del Mar ist eine große Stadt, in der es einem sicher nicht langweilig wird. Man kann shoppen, Empanadas essen, ins Kino gehen, surfen, grillen am Strand,  Bier trinken, tauchen etc. Ganz in der Nähe sind auch die Sanddünen von Concon, auf denen man Sandboarden kann. Die Nachbarstadt Valparaiso mit seinen ganzen Straßen voller bunter Häuser und Graffiti hat ein super Nachtleben und ist nur etwa 15 Minuten entfernt. Die Partys haben oft ein Motto und es gibt gratis Verkleidungen Getränke. Spezialitäten wie Pisco (wird wie Wein aus Trauben hergestellt, ist aber sehr viel stärker) oder Terremotos (bedeutet Erdbeben, ist ein Getränk mit Eiscreme) sind sehr zu empfehlen. Was für mich etwas gewöhnungsbedürftig war, ist, dass in Chile alles erst später anfängt. Man trifft sich zum Vorglühen nicht um 9, sondern um 11 und nach Hause kommt man nicht um 3, sondern um 6.

Man hat neben den Vorlesungen auch noch genug Zeit zum Reisen und sollte das auch auf jeden Fall tun! Chile ist wunderschön und hat wirklich alles: Strände zum Surfen, Berge zum Wandern, Wüsten zum Staunen. Ich war unter anderem ganz unten im kalten Süden in Patagonien, habe dort Schneelawinen gesehen, in einem Gletschersee gebadet und hatte zum ersten Mal so richtig Spaß am Wandern. Dann war ich noch im Norden, in der Atacama Wüste, welche die trockenste der Welt ist, habe in heißen Quellen gebadet und nach fantastischen Sonnenuntergänge einen noch schöneren Sternenhimmel gesehen. Auch die Länder um Chile herum haben tolle Sachen zu bieten: die Salzwüste in Bolivien, die Wasserfälle von Iguazu in Brasilien oder die bunten Berge in Salta, Argentinien. Beim Reisen in die anderen Länder wurde mir dann auch wieder vor Augen geführt, wie anders das Spanisch in jedem Land ist und wie sehr ich die Chilenismos vermissen werde, cachaste po?