21 Mär
Erfahrungsbericht von Tobias L.

University of California, Los Angeles

Stadt: Los Angeles
Land: USA
Kontinent: Nordamerika
Studientyp: Sonstige Studiengänge
Zeitraum: 08/2004 bis 09/2004

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Den Campus kann man wohl am besten als "Stadt in der Stadt" beschreiben: riesig (man braucht bestimmt 15 bis 20 Minuten, um einmal vom einen Ende zum anderen Ende zu laufen), viele schöne Gebäude, viele Grünflächen/Parks, Einkaufszentrum, Frisör, Restaurants, Mensen usw. usf. Einfach Wahnsinn! Zudem gibt es dort zwei riesige Büchereien mit Fachabteilungen zu allen erdenklichen Themen. Da ich während der Semesterferien so und so eine Hausarbeit über ein Politik-Thema in Korea (ich studiere eine Kombination aus Ostasienwissenschaften und BWL in Bochum) schreiben musste, habe ich es kurzerhand dort getan. An einem der ersten Tage bin ich ohne größere Recherche mal reingegangen und gleich mit einem Arm voll Bücher wieder rausgekommen. Im Nachhinein habe ich deutschlandweit nach den Büchern gesucht - ich hätte durch das ganze Bundesgebiet fahren müssen... Wer also ähnlich vorhat, ist dort genau richtig.

Da ich mir kurz vor meinen Summer Sessions einen Fuß gebrochen hatte (wurde erst dort festgestellt, was insgesamt auch drei Besuche im UCLA Medical Center bedeutete), war ich fast die ganze Zeit mehr oder weniger an den Campus gebunden und kann eigentlich nicht allzu viel dazu sagen. Bis zum Strand braucht man mit dem Bus ca. 45 min. Ansonsten ist L.A. eine typische amerik. Großstadt mit etlichen Hochhäusern, riesigen, oftmals acht- oder zehnspurigen, Verkehrsschneisen, ein paar sozialen Problemen (geht aber) und einem schlechten öffentlichen Nahverkehr. Ein Auto ist also im Prinzip Pflicht, nur lohnt es sich für sechs Wochen einfach nicht (und bei meinem Fuß erst recht nicht). Ein richtiges Zentrum hat L.A. auch nicht, dafür aber einige Highlights wie Getty Center, die vor kurzem eröffnete Walt Disney Concert Hall (allein die Architektur sollte man schon mal gesehen haben) oder das Petersen Automotive Museum (für Auto-Freaks). Zudem liegt L.A. ziemlich zentral in Kalifornien, so dass man mit dem Auto binnen weniger Stunden in San Diego/Mexiko, San Francisco, Las Vegas, Death Valley oder Yosemite National Park ist. Langeweile sollte also nicht aufkommen, ansonsten hat man ja noch Pool oder Fitnessstudio auf dem Campus. Ach ja, "It never rains in Southern California!" und Fahrräder und Surfbretter gibt es auch am Strand auszuleihen.

Da es die Summer Sessions waren, war der Campus ziemlich verwaist, was den Vorteil hatte, dass man fast jederzeit an einen Computer konnte (Internet gibt es als Netzwerkanschluss im Zimmer, im Dorm-Computerpool oder in der Bibliothek), der Pool (fürs Schwimmen!) vergleichsweise leer und man in der Bibliothek fast alleine war (v.a. wenn man nach sowas exotischen sucht wie ich). Andererseits sind die Öffnungszeiten der Bibliothek und anderer Einrichtungen beschränkt und allzu viele Amerikaner laufen einem auch nicht über den Weg. Teilweise wird die Sommerpause für Bauarbeiten genutzt, was manchmal zu Einschränkungen führt. Und um die Gebäude doch noch weitestgehend auszulasten, werden verschiedene Konferenzen usw. an der UCLA abgehalten, darunter auch irgendwelche "Cheerleader-Conventions", so dass wir am Anfang von hunderten 16...18jährigen Mädchen "begrüßt" wurden. Insgesamt war es aber absolut ok. Der Arbeitsaufwand für die einzelnen Kurse ist deutlich höher als in Deutschland: Wenn man alle vorgeschlagenen Hausaufgaben, Textlektüre und Gruppenarbeiten macht, kann man durchaus mit drei bis vier Stunden Vor- und Nachbereitung pro Kurs und Sitzung rechnen, zumal es während der Summer Sessions ja Intensivkurse sind. Die mid-terms und finals, die ja bei sechs Wochen auch im Dreiwochenrhythmus folgen, tragen auch nicht gerade zur Arbeitsentlastung bei. Ich hatte ursprünglich drei Kurse gebucht, musste dann einen aber wieder aufgeben und war mit den zwei Kursen und der Hausarbeit für Deutschland komplett ausgelastet (wegen meinem Fuß konnte ich ja nicht soviel rumreisen). Was andererseits wieder entlastet ist die gute Organisation - fast alles läuft online: Man wählt die Kurse online aus, man kann sie online wieder absagen, man kann seine Kontaktdaten online ändern, Bücher online anfordern und verlängern und die Noten online einsehen - im Gegensatz zur mancher (auch meiner) deutschen Uni eine echte Wohltat. Ein Wermutstropfen ist eher die beschränkte Fächerauswahl während der Summer Sessions: Für Management wird in der Zeit überhaupt keine graduate courses angeboten, weshalb die Summer Sessions für Leute kurz vor ihrem Diplom kaum Sinn machen. Dafür sind die Kurse sehr klein mit so um die zwanzig Leuten. In den Kursen selber waren die Amerikaner die absolute Überzahl, im Wohnheim waren die internationalen Studenten mehr oder weniger unter sich: Ca. zwei Drittel von den Wohnheimbewohnern waren Japaner, die nächst größte Gruppe waren Deutsche, dann etliche Italiener, ein paar Franzosen, Schweizer, Österreicher, Koreaner, Taiwanesen, Chinesen und natürlich auch ein paar Amerikaner. Viele gerade von den Asiaten besuchten "nur" die Englisch-Kurse - mit entsprechenden Englischkenntnissen. Da ich schon von Studien wegen ziemlich gut Japanisch spreche, hatte ich mit dem hohen Japaneranteil weniger ein Problem und konnte umgekehrt etliche ziemlich verdutzte Gesichter genießen, wenn dann plötzlich ein Westler auf Japanisch anfängt...

Ich war in der Dykstra Hall, dem ältesten und billigsten Dorm auf dem Campus, untergebracht, das schon ziemlich Holzklasse war: Das Zimmer bestand aus zwei Betten, zwei Schränken und zwei Schreibtischen, keine Klimaanlage, aber wenigstens Netzwerkanschluss. Auf dem Gang mit jeweils fünfzig Zimmer (gleich 100 Studenten) gibt es für Männer und Frauen jeweils nur einen(!) Waschraum mit Toiletten, Duschen usw. Unter dem Fenster laufen 24 Stunden am Tag irgendwelche Kompressoren von Klimaanlagen und da unter dem Fenster auch noch eine Versorgungsstraße war, beginnen teilweise morgens halb sieben irgendwelche Müllautos zu rangieren (und amerik. Trucks piepen, wenn sie rückwärts fahren!), so dass dann auch nicht mehr an Schlaf zu denken ist. Dieses Dorm kann ich also absolut nicht empfehlen. Alle anderen Dorm auf dem Campus haben Klimaanlagen und liegen nicht so falsch an der Straße, so dass sie schon eine deutlich bessere Wahl sind. Man kann auch off-campus wohnen, was Bekannte ganz praktisch fanden. Oder, wenn man genügend Zeit und Nerven hat, kann man versuchen, sich eine amerik. WG vor Ort zu suchen... Der Vorteil von Dykstra war, dass dort fast alle untergebracht waren und man somit schnell Kontakt mit anderen Studenten findet. Die Mensen sind auch sehr gut mit jeweils einem riesigen Buffet morgens, mittags und abends, nur nach einer Weile wiederholt es sich ganz schön.

Insgesamt haben mir die sechs Wochen sehr gut gefallen, sie waren sehr produktiv und manche Sachen von meinem Auditing Course verwende ich gerade wieder in einem Vortrag hier in Bochum. Durch die teilweise ziemlich eingeschränkte Kursauswahl - ich hätte gerne mal eine graduate course gehört - war es aber in mancher Hinsicht eher ein "Appetitsanreger für mehr" ... ein Master oder gar ein MBA an der UCLA wären schon ein Traum...