25 Jan
Erfahrungsbericht von Isabel N.

Universidad de Chile - Facultad de Economia y Negocios


Land: Chile
Kontinent: Südamerika
Studienrichtung: BWL
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 07/2015 bis 11/2015
Heimathochschule: Bonn-Rhein-Sieg HS

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Bewerbungsprozess

Nachdem ich während meiner Schulzeit bereits ein Jahr in den USA gelebt habe, habe ich für mein Auslandssemester nach einem neuen Abenteuer gesucht. Da ich schon fließend Englisch sprach und immer schon Spanisch lernen wollte, war der Kreis der Länder relativ schnell eingeschränkt. Spanien war mir persönlich zu nah und Deutschland zu ähnlich, somit sollte es Südamerika sein.

Auf unserem Uniserver habe ich einen Erfahrungsbericht einer Studentin gefunden, die letztes Jahr an der U de Chile studiert hat. Sie wurde über College Contact dorthin vermittelt, da unsere Uni keine Partneruni in Südamerika hat. Im Internet konnte ich alle nötigen Informationen finden und die Südamerika-Betreuerin Tatjana war auch sehr hilfsbereit und hat mir alle offenen Fragen schnell beantwortet.

Nach dem Ausfüllen der Bewerbung lief der Rest des Prozesses zwischen College Contact und FEN ab. Das nächste, was ich in der Hand hielt, war mein Annahmeschreiben im Mai. Somit sollte es schon kurze Zeit später im Juli losgehen - nach Chile, ein Land über das ich zu der Zeit noch absolut nichts wusste, außer, dass es weit weg ist, unglaublich lang und die ersten Treffer bei der Google Bildersuche wunderschön waren. Niemals hätte ich geahnt, dass meine quasi nicht vorhandenen Erwartungen so sehr übertroffen werden können.

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Studium

In Deutschland gehöre ich zu der Kategorie Student, die man während des Semesters in den Veranstaltungen antrifft, aber die im Grunde erst vier Wochen vor den Klausuren aktiv werden und fast in die Bib einziehen, um dann das ganze Semester nachzuarbeiten. Daher war das verschulte chilenische System definitiv eine Umstellung für mich. Nicht nur gab es Anwesenheitspflicht, sondern auch wöchentliche Abgaben, Gruppenreports, Präsentationen und Quizes. So dass man konstant semesterbegleitende Projekte hatte. Dafür waren die Exams am Ende nicht so auschlaggebend und wenn man aufgrund von Reiseplänen mal ein Assignment verpasst hat, war dies auch kein Weltuntergang.

Es gab sehr viel Zusammenarbeit in Gruppen, tendenziell interkulturellen Gruppen. Was manchmal nervenaufreibend und anstrengend aufgrund von Sprachbarrieren und unterschiedlichen Zeit- und Arbeitsverständnissen sein konnte, aber im Endeffekt eine der wertvollsten Erfahrungen meiner Zeit in Chile war.

Die Kurse waren deutlich überschaubarer als in deutschen Unis, so dass viele der Professoren nach einiger Zeit sogar die Namen der Studenten kannten. Dies war durchaus ein Vorteil, da so bei den Reiseplänen der Internationals gerne mal ein Auge zugedrückt wurde.


Gewählte Kurse

Ich habe vier Kurse gewählt. In Negocios I bin ich durch Zufall in der spanischen Section gelandet. Da diese jedoch nicht nur für mich perfekt in den Plan passte und letztendlich der halbe nicht spanischsprechende Kurs denselben Gedanken hatte, hat der Professor die Veranstaltung nachher auf Spanglisch gehalten. Wie gesagt, viele Professoren sind ziemlich kooperativ. Der Kurs an sich hat mir jedoch kein neues Wissen angeeignet, sondern nur an der Oberfläche jeglicher Themen von International Business gekratzt. Trotzdem war dies der Kurs mit dem größten Workload, in dem wir ständig Reports und Cases einreichen und präsentieren mussten.

Mein zweiter Kurs war Intercultural Business Challenges in Latin America, der aufgrund des engeren Bezugs zu Südamerika deutlich interessanter war. Wir haben über die Vergangenheit der einzelnen Länder und des gesamten Kontinents gesprochen, wie diese die Wirtschaft beeinflusst hat und wie man dem und den anderen kulturellen Werten und Normen entsprechend seine Strategien anpassen sollte.

Als dritten Kurs hatte ich Globalization, Treaties and Trade Agreements. Der Professor war definitiv unterhaltsam, jedoch konnten und mit der Zeit wollten ihm auch immer weniger Studenten folgen. Die meiste Zeit hat seine Assistentin die Veranstaltung gehalten oder es gab Vorträge von den Studenten. Im Vergleich zu den anderen Kursen konnte man hier immerhin mit sehr wenig Aufwand gute Noten bekommen.

Die drei Kurse wurden mir von meiner Uni als Schwerpunktfach „International Management“ anerkannt. Zudem musste ich noch einen weiteren Kurs belegen, in meinem Fall Urban Economics. Die Professorin war sehr gut und konnte ihre Inhalte interessant vermitteln. Abschließend denke ich, dass dies mein Lieblingskurs war und dass ich aus diesem Kurs am meisten mitgenommen habe, auch wenn er öfter mit dem Lesen von einigen hundert Seiten an ökonomischen Texten bis zu einer großen Abfrage in der nächsten Vorlesung verbunden war.


Betreuung vor Ort

Die Betreuung vor Ort haben Kaia und Stephanie übernommen. Bei jeglichen Fragen hat man innerhalb von kürzester Zeit eine Antwort in seinem Posteingang gehabt oder man konnte auch jederzeit so in ihr Büro laufen und persönlich fragen. Kaia hat ihre Aufgabe sehr ernst genommen und es manchmal fast zu gut gemeint. Sie kannte jeden Studenten, auch die, die sie nur einmal gesehen hat, bei Namen und hat uns wirklich von Anfang bis Ende unterstützt. Die beste Idee der beiden war es meiner Meinung nach, eine Facebook-Gruppe vor Anfang des Semesters zu gründen, wo man schon einmal die anderen Studenten gesehen hat und sich alle verabredet haben, um im selben Hostel zu wohnen.

Unterkunftssuche

In Santiago gibt es eine Facebook-Gruppe namens „Roommate and Flatfinder“ über die viele ihre Wohnungen und Studentenhäuser gefunden haben. Dort kann man selbst posten, dass man etwas sucht, und die Landlords stellen Anzeigen von freien Zimmern rein. Abgesehen davon gibt es einige Internetseiten, auf denen man nach freien Zimmern suchen kann z.B. compartodepto. Generell ist es relativ leicht eine Unterkunft zu finden, insbesondere, da die FEN-Studenten schon relativ früh dort sind und somit vor dem Großteil der anderen Austauschstudenten suchen.

Man sollte definitiv erst ein paar Tage im Hostel bleiben und vor Ort suchen. Sauberkeit und Ordnung sind in Chile nämlich etwas anders definiert und die Standards entsprechen auch nicht den deutschen. Daher wird man am Anfang vermutlich in einigen Bruchbuden landen und geschockt denken, dass man niemals eine gute Unterkunft finden wird, aber nicht aufgeben. Nach einigen Enttäuschungen haben alle ein schönes Heim gefunden.

Ich persönlich habe mich im Hostel bereits mit einer meiner zukünftigen Mitbewohnerinnen angefreundet und wir wussten, dass wir ungefähr dieselben Ansprüche hatten. Als sie gesagt hat, dass bei uns im Haus noch ein Zimmer frei wird, sie von dem sauberen Haus geschwärmt hatte und ich es mir noch am selben Abend anschauen konnte, hatte ich innerhalb von einer Woche eine schöne Bleibe gefunden. Meiner Meinung war es am einfachsten und so haben es auch viele andere gemacht, dass man über die anderen Austauschstudenten, die bereits ein Zuhause haben, ein Zimmer findet.

Die Chilenen sind sehr familiengebunden, zudem ist Wohnen recht teuer, so dass viele Chilenen bis sie 25 sind noch zu Hause wohnen. Daher haben die meisten von uns hauptsächlich mit anderen Internationals in Wohnungen oder Studentenhäusern gewohnt.

Ich habe mit sechs anderen Studenten aus aller Welt in einem großen Haus in Providencia gewohnt. Unsere Familia hatte ein super gutes Verhältnis: Man war niemals alleine, sondern man hat beim Frühstück, Kochen oder abends, wenn man noch einen Film im Wohnzimmer gucken wollte, immer Gesellschaft gefunden. Jeden Sonntagabend hat einer für die ganze Rasselbande gekocht und danach wurde noch eine Folge Narcos geguckt, gequatscht oder die nächste legendäre Party in unserem Haus geplant. Mit meinen Mitbewohnern hatte ich sehr viel Glück und einige von ihnen wurden schnell zu meinen engsten Freunden in Santiago.


Freizeit

Santiago ist eine Riesenmetropole und dort lässt sich alles finden, was das Herz begehrt. FEN selbst hat eine Gym, die umsonst benutzt werden kann. Abgesehen davon kann man Sportkurse wählen oder zu den Try Outs für die Uni Teams gehen. Sonst gibt es in der Stadt reichlich Fitnessstudios und von der Stadt werden ebenfalls Sportkurse umsonst angeboten. Dies sind die Leute, die man in einem der vielen Parks Zumba tanzen oder beim Aerobic sieht, die Zeiten und Orte kann man im Internet finden.

Sonst gibt es in Santiago unglaublich viele süße Cafes, schöne Restaurants und gemütliche Bars, in denen man sich treffen kann. Insbesondere in Providencia in der Gegend um Manuel Montt und Tobalaba, Barrio Lastarria oder meinem Lieblingsviertel Barrio Italia fällt es schwer, einen Ort auszusuchen, da einer schöner und einladender als der andere ist.

Jeden Mittwoch stand Miercoles Po auf dem Programm, eine Partyreihe für Internationals. Da für die meisten Uni am Donnerstag erst etwas später anfing und zumindest die offizielle Party um spätestens halb fünf zu Ende war, konnte man dies auch einfach mit der Uni unter einen Hut bekommen. Danach gab es meistens noch die Möglichkeit zu einer Afterparty in einem Studentenhaus zu gehen, dies waren generell die beliebtesten Partys. Es gab viele Bars und Clubs in Bellavista, doch für die Meisten waren die besten und unvergesslichsten Abende die langen Nächte in einem der Student Houses.


Reisen

Ausflugsmöglichkeiten gibt es unzählige. Chile ist ein unglaublich schönes und abwechslungsreiches Land. Es gibt kaum Züge, aber ein sehr gut ausgebautes Fernbussystem. Die Busse sind recht günstig und dafür sehr sauber und können definitiv mit den deutschen Bussen mithalten. Wenn man Glück hat, findet man auch günstige Flüge, die sich bis in die Atacamawüste oder insbesondere in das sonst unerreichbare Patagonien bezahlt machen. Flüge checken lohnt sich, da die Länge von Chile definitiv nicht zu unterschätzen ist.

Um Santiago kann man im Winter für einen Tag in den Anden Ski fahren. Im Casablanca Valley gibt es sehr viele gute Wineyards, wo man für wenig Geld ein Wine Tasting machen kann oder sich eine Flasche Wein kaufen und damit draußen picknicken kann. Worth a daytrip! Valparaiso ist ebenfalls nur zwei Stunden entfernt, aber so schön, dass man dort auch mindestens eine Nacht verbringen oder mehrmals vorbeischauen sollte.

Innerhalb von Chile gibt es unzählige Reiseziele für ein verlängertes Wochenende, sodass viele von uns Chile schon während des Semesters erkundet haben. Südamerika ist als gesamter Kontinent aber absolut atemberaubend und faszinierend. Wenn es das Budget und die Zeit irgendwie erlauben, würde ich auf jeden Fall nach dem Semester noch dort bleiben und die anderen Länder erkunden.

Ich bin nach dem Semester noch zwei Monate in Südamerika geblieben und bis zur Karibikküste in Kolumbien hoch und aufgrund der besseren Wetterbedingungen im Sommer erst dann bis nach Patagonien runtergeflogen. Diese Reise war eine unglaubliche Erfahrung! Nehmt euch wirklich noch Zeit, um etwas zu reisen, es gibt so viele tolle Ziele und ihr würdet es bereuen, wenn ihr dort seid, alle losfliegen und ihr schon zurück nach Deutschland müsst.

Mein Semester in Chile war ein einmaliges Erlebnis und ich würde mich jederzeit wieder dafür entscheiden. Die Kultur ist anders, es ist etwas chaotischer und langsamer, aber wenn man sich auf die andere Lebensweise einlässt, lernt man die entspannte Art mit der Zeit nicht nur zu akzeptieren, sondern selbst zu lieben. Chile als Land ist faszinierend und wunderschön, meine Eltern hatten zu Beginn erst Bedenken bezüglich der Sicherheit in Südamerika, aber wenn man sich dort mit genügend Vorsicht und etwas Menschenverstand verhält, ist es absolut sicher und man muss keinerlei Bedenken haben. Ich kann ein Semester in Chile wirklich nur weiterempfehlen!