3 Jan
Erfahrungsbericht von Stephan W.

Thompson Rivers University

Stadt: Kamloops
Land: Kanada
Kontinent: Nordamerika
Studienrichtung: Journalismus
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 08/2006 bis 12/2006

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Ich entschloss mich im April des Jahres 2006 für ein Auslandssemester an der Thompson Rivers University in Kamloops. Dass ich bereits fünf Monate später im „International Building“ der Einführungsveranstaltung für internationale Studenten lauschte, zeigt, dass alles schnell und reibungslos verlief. Einfach Zeugnis übersetzen, eine Liste der besuchten universitären Veranstaltungen erstellen und das TOEFL-Ergebnis dazu und fertig ist die Bewerbung. Kurze Zeit später flattert die Bestätigung der Uni nach Hause. Nun heißt es Flug buchen und sich um eine Bleibe in Kamloops kümmern (über letzteres sollte gründlich philosophiert werden).

Ich entschied mich für eine Gastfamilie, was nach meiner Beurteilung die beste und preisgünstigste Entscheidung ist. Zwar zahlt man ca. $200 mehr gegenüber dem Platz im Studentenwohnheim, doch dafür gibt’s kostenlos Essen und Trinken. Ein preislicher und zeitlicher Vorteil angesichts exorbitant hoher Lebensmittelpreise in Kanada. Die Studentenbuden (UCH und McGill) sind karg eingerichtet, teilweise unsauber und sehr klein. Selber Essen kochen ist praktisch unmöglich. Essen gehen ist auch keine adäquate Alternative, es sei denn, die Portokassen sind gut gefüllt.
Eins sei aber noch angemerkt: Prüft vorher die Lage Eurer zugewiesenen Gastfamilie. Teilweise braucht es eine dreiviertel Stunde Busfahrt, um zur Uni zu gelangen. Ich habe mir ein gebrauchtes Fahrrad gekauft – nur am Rande, es war das Geschäft meines Lebens ($50 für ein tolles Mountainbike. Ich gebe aber zu Bedenken, Kamloops ist bekannt für seine gewaltigen Höhenunterschiede. Downtown macht seinem Namen alle Ehre und liegt ca. 200 Höhenmeter tiefer als die Uni – viel Spaß beim Strampeln.

Hat man den Campus aber einmal erreicht, kommt man per pedes gut voran. Die Gebäude sind modern eingerichtet. Trinkwasserautomaten laden zum Verweilen ein. Besonders im Sommer, wenn sich selbst Klimaanlagen bei mehr als 35 Grad vergebens abmühen. Das bringt mich zum Thema Freizeit, was wohl auch bei Euch den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen wird. Die Umgebung ist traumhaft. Kamloops, gelegen in British Columbia, nur drei Autostunden östlich von Vancouver, bietet zwar architektonisch und kulturell nicht mehr als Zwickau oder Bottrop, doch es ist eingebettet in Grasland, dichten Wald und umsäumt von unzähligen Bergseen. Outdoor-Enthusiasten kommen voll auf ihre Kosten. Wandern, Kajak-Fahren, Mountainbiking oder Sightseeing in Vancouver, auf Vancouver Island – überhaupt kein Problem. Und wo kann man am besten von seinen Erlebnissen berichten und gleichzeitig seine Fremdsprachenkenntnisse auffrischen? Richtig, in der Uni. Deshalb wollt Ihr auch alle nach Kanada.

Ich studierte für ein Semester Journalistik und belegte fünf Kurse, die sich jeweils aus einer zweistündigen Vorlesung und einem gleichlangen Seminar zusammensetzen. An dieser Stelle gleich ein Tipp vorweg. Die International Student Advisors tragen Euch in Kurse ein. Bei mir war’s so, dass ich da gar nicht rein wollte, obwohl ich dies mehrfach betonte. Letztendlich habe ich alles vor Ort mit den Professoren selbst geregelt. Alle waren sehr umgänglich, freundlich und kooperativ. Ich bekam alle gewünschten Kurse.
Insgesamt war das Niveau anspruchsvoll, was wohl auch an meinen anfänglich maroden Sprachkenntnissen lag. Die Journalistikkurse sind sehr praxisorientiert. Man muss viel Schreiben. Ist man gut, kann man sogar die Beiträge veröffentlichen. Die Professoren haben gute Kontakte zu lokalen Journalisten.
Gleichwohl hängt vieles davon ab, wie gut man sich integrieren kann. Kanadische Professoren bekommen leuchtende Augen und große Ohren, wenn man mit ihnen diskutiert.
Insgesamt ist der Arbeitsaufwand für fünf Kurse sehr hoch, besonders wenn man wie ich die Wochenenden zum Reisen nutzt, was ich aber jedem ausdrücklich empfehle.

Seit Euch auch darüber im Klaren, dass Ihr Bücher kaufen müsst. Zu jedem Kurs werden Bücher als Pflichtlektüre vorausgesetzt. Wöchentliche Multiple Choice Tests verdeutlichen sehr schnell, wer sparen wollte. Wer denkt clever zu sein, kopiert sich Bücher, doch das ist in Kanada verboten.

Zum Schluss noch ein paar Anmerkungen zum Gefühlsleben. Am Anfang war alles spannend und neu. Man ist abgelenkt, denkt vielleicht nicht ganz soviel über Heimat und Freunde nach. Doch spätestens nach ein paar Wochen werdet Ihr Euch nach Aldi oder Lidl sehnen. Nach Euren Lieben vermutlich auch. Kanadier sind sehr kontaktfreudig aber oberflächlich, tiefere Freundschaften sind schwierig aufzubauen. Natürlich liegt das alles immer im persönlichen Auftreten jedes Einzelnen. Umgänglich und freundlich sind sie letzen Endes alle. Besonders die Journalisten, was wohl auch an den kommunikationsfreundlichen Gegebenheiten vor Ort liegt. Zwischen den Kursen treffen sich alle im Journalism Lab und philosophieren bei einem Starbucks Coffee über Partys, Professoren und Bären.
So gibt’s von mir das Prädikat: empfehlenswert für die Thompson Rivers University in Kamloops. Wer weitere Fragen zum Studium oder anderen Punkten hat, sollte sich ermutigt fühlen mich zur schreiben. You’re welcome! So endet übrigens fast jeder zweite Satz in Kanada.

In diesem Sinne viel Erfolg.

Stephan Weidling (Stephan.Weidling@t-online.de)