16 Jan
Erfahrungsbericht von Sharin B.

Universidad San Ignacio de Loyola - Lima


Stadt: Lima
Land: Peru
Kontinent: Südamerika
Studienrichtung: BWL
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 08/2012 bis 12/2012

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Ein Jahr voller Abenteuer und schöner Momente

Warum gerade Peru? Diese Frage habe ich unzählige Male beantworten müssen. Für mich stand bereits zu Beginn fest, dass ich mein Auslandssemester in Südamerika verbringen möchte. Die Gründe dafür waren die andere Lebensweise, die Sprache und die vielen, fernen Reiseziele. Ich habe mich daher zunächst informiert welche Länder nicht allzu gefährlich sind und Universitäten haben, die englische Kurse anbieten. Dabei kamen nur die Länder Peru und Chile in die engere Auswahl. Chile ist deutlich teurer und bietet meiner Meinung nach nicht die Vielfalt Perus. Die Universidad San Ignacio de Loyola (USIL) in Lima habe ich über College Contact gefunden und es konnte alles zum Glück sehr schnell organisiert werden.

Das Kursangebot an der USIL schien zuerst sehr vielfältig. Es werden Kurse sowohl auf Spanisch als auch auf Englisch angeboten. Gemäß der Prüfungsordnung meiner Hochschule, müssen an der ausländischen Universität Kurse im Umfang von 15 Credits (ETCS) belegt werden, die dann mit 1,6 vergütet werden. Ein peruanischer Credit zählt 2 ETCS (bei manchen deutschen Universitäten auch nur 1,5 ETCS). Die meisten Kurse zählen 3 oder 4 peruanische Credits, sodass sogar nur 2 Kurse belegt werden müssen. Ich habe 3 Kurse belegt und hatte dadurch immer noch sehr viel Freizeit und das Arbeitspensum war in Ordnung. Im Großen und Ganzen ist der Schwierigkeitsgrad meiner Meinung nach nicht so hoch wie in Deutschland und die Klausuren sind gut zu meistern, allerdings muss während des Semesters mit einem höheren Arbeitsaufwand gerechnet werden. Hausarbeiten, fast wöchentliche Tests sowie Readings sind völlig normal und so muss man seine Ausflüge gut planen um diese nicht zu verpassen, da sie mit zur Endnote zählen. Vor dem Unterricht wird die Anwesenheit kontrolliert und es besteht Anwesenheitspflicht. Allerdings darf man in allen Kursen, ausgenommen der Sprachkurse bis zu 30% fehlen.

In Anbetracht der relativ hohen Studiengebühren von 5200 USD war ich etwas enttäuscht von der USIL. Jedoch habe ich da noch nicht genau berücksichtigt, dass man was Bildung an geht in Deutschland mit den nahezu kostenlosen, öffentlichen Universitäten geradezu verwöhnt wird. In Südamerika zählt die USIL zu den besten Universitäten. Nur die gehobenen Gesellschaften Perus können sich diese Universität leisten.
Die recht übersichtliche Klassenstärke von ca. 8-20 Studenten pro Kurs ist ein großer Vorteil. So hat man zu einem die Chance seine Mitstudenten genauer kennenzulernen und viel zu lernen. Die USIL bietet verhältnismäßig viele Kurse auf Englisch. Zwar verfügt die USIL bei weitem nicht über das Spektrum an englischsprachigen Kursen, wie mir vor dem Tag der Kurswahl versprochen wurde, jedoch müsste sich bei etwas Flexibilität im Stundenplan oder in den zu wählenden Kursen ein komplett englischsprachiges Semester realisieren lassen. Ich hätte super gerne Kurse auf Spanisch belegt, allerdings hatte ich einen gewissen Notendruck und habe mir nicht dieselben Leistungen in Spanisch, wie in Englisch zugetraut. Ob man Kurse auf Englisch oder Spanisch wählt hängt natürlich auch davon ab, wie die Heimatuniversität das Auslandssemester anrechnet. Muss man wie bei vielen anderen der Fall, lediglich seine Kurse bestehen, würde ich jedem die Wahl von spanischsprachigen Kursen empfehlen, da man auch ohne große Vorkenntnisse schnell die groben Inhalte versteht. Werden hingegen die Noten der Kurse im Auslandssemester in die Gesamtnote des Abschlusses mit eingerechnet, so sind definitiv die englischsprachigen Kurse vorzuziehen.
Die Betreuung der ausländischen Studenten an der USIL war nicht so gut organisiert wie z.B. in Deutschland. Viele Informationen habe ich mir also von peruanischen Studenten geholt, was gleich ein guter Weg war neue Leute kennen zu lernen. Anfangs gab es eine Begrüßungsveranstaltung wo alle wichtigen Angelegenheiten wie Stundenplan, Klausurplan und Infoblätter bereitgestellt wurden.
Außerdem erhält jeder Student einen sogenannten Buddy, der einem die ersten Tage in Peru viel hilft. Die Buddies sind Studenten, die sich ehrenamtlich um die Austauschstudenten kümmern. Mein Buddy stand mir das gesamte Semester per E-Mail oder auch persönlich bei Fragen immer zur Verfügung. Die Ausstattung der Klassenräume ist sehr modern. Alle Räume sind mit Beamern, mindestens einem Rechner sowie Kameras zur Projektion ausgestattet.
Ich würde sagen, dass Spanischkenntnisse in Südamerika unbedingt notwendig sind, nicht nur für die Uni, auch wenn man vorhat, noch allein zu reisen, sollte man sich einfach verständigen können. Natürlich ist es auch aus Sicherheitsgründen von Vorteil, wenn man die Sprache beherrscht. Wenn das Spanisch also ein bisschen eingerostet ist, ist ein Sprachkurs vor Reiseantritt auf jeden Fall sinnvoll
In die Stadt Lima sowie vor allem das Land Peru habe ich mich total verliebt. Lima ist eine verrückte Stadt, man liebt sie oder man hasst sie. Sie ist meist grau, im Winter sieht man monatelang die Sonne nicht, der Verkehr und das Chaos können einen verrückt machen. Mag man keine Großstädte, wird man in Lima nicht glücklich. Trotz allem hat die Stadt seinen Charme. Die Menschen sind einzigartig und jeder Stadtteil hat seine ganz eigenen Vorzüge. Die 10 Millionen Metropole ist sehr vielseitig und hat mehr zu bieten, als nur der Ausgangspunkt einer Perureise zu sein. Man darf jedoch nicht erwarten, dass in Lima stets gutes Wetter herrscht. Durch den „garúa“, einem dichten Küstennebel, kommt die Sonne von Juni bis November so gut wie nie durch und das Wetter ist wirklich sehr trist.

In Lima ist jedoch generell immer sehr viel los. Die Stadt bietet unzählige Konzerte (auch bekannter Künstler), Bars, Diskotheken, Museen, Denkmäler und eine wunderschöne Innenstadt. Die Preise sind zwar stark steigend aber immer noch sehr günstig. Das gilt auch für die Mieten. Ich habe trotz der großen Entfernung zur Universität und der wohl höchsten Mieten in Lima in der Nähe des Stadtteils Miraflores gewohnt. Miraflores ist sehr sicher und europäisch. Hier trifft man auf viele Ausländer und hat sehr viele Freizeitmöglichkeiten: Surfen, Klettern, Feiern gehen und zahlreiche Shoppingmöglichkeiten. Der „circuito de playas“ besteht aus unzähligen Parks direkt an der Steilküste Limas und man kann dort super joggen oder spazieren gehen.
Der Flug nach Lima dauert über 15 Stunden. Leider gibt es keinen Direktflug, sodass immer ein Stopp entweder in Amsterdam, Madrid oder den USA nötig ist. Die Flugkosten variieren je nach Buchungszeitraum zwischen 900-1200€. Ich entschied mit für den günstigsten Flug mit Iberia ab Frankfurt über Madrid nach Lima. Der Zwischenstopp nach Madrid war recht angenehm, um die Beine zu vertreten und ist nur zu empfehlen. Iberia ist nicht die beste Fluggesellschaft und falls der Preisunterschied nicht allzu groß ist, würde ich beim nächsten Mal mit einer anderen Gesellschaft fliegen.
Der internationale Flughafen Jorge Chávez befindet sich in der Provinz Callao, 40 Minuten vom Zentrum Limas entfernt. Schon dort ist große Vorsicht geboten. Sobald man das Flughafengebäude verlässt, stürmen unzählige Taxifahrer auf einen zu. Hier sollte man sich vorher genau über die Preise informieren, da man sonst gnadenlos über den Tisch gezogen wird. Ebenfalls empfiehlt es sich, ein Taxi innerhalb des Flughafens zu wählen; sie sind zwar teurer als die Taxis außerhalb des Flughafengeländes, jedoch auch erheblich sicherer. Man sollte darauf achten, ob der Taxifahrer einen Fotoausweis bei sich führt.
In Lima bewegt man sich entweder mit den Combis (Bussen) oder mit Taxen fort. Ich bin fast ausschließlich Combi gefahren. Anfangs bin ich an dem Bussystem ohne System fast verzweifelt. Einen Busfahrplan mit täglichen Abfahrtszeiten wie in Deutschland gibt es nicht. Bushaltestellten funktionieren auch nicht wie in Deutschland, man hält die Busse einfach an der Straße an, wenn man sie braucht. Ohne die Hilfe einiger Peruaner, wäre ich in Lima vollkommen verloren gewesen. Nach einiger Zeit kennt man aber die wichtigen Straßen Limas und erkennt je nach Aufschrift der Combis wohin diese fahren. Man muss sich in dieser 10 Millionen Metropole einfach damit abfinden, dass man nicht mal eben überall sein kann. Sich spontan mit jemandem verabreden, der am anderen Ende der Stadt wohnt, geht einfach nicht. Mit einigen Sicherheitsvorkehrungen kann man auch für sehr kleines Geld alleine, bedenkenlos damit durch die sicheren Stadtteile Limas fahren. Die 45minütige Fahrt zu meiner Uni kostete mich umgerechnet 35 Cent. Abends muss man sich aber auf jeden Fall ein sicheres Taxi per Telefon bestellen. Dies ist am Anfang ziemlich mühsam, aber gerade wenn man alleine unterwegs ist unbedingt notwendig.
Weiterhin gibt es die Möglichkeit mit der Metro zu fahren, die erst seit Anfang 2012 eröffnet wurden ist. Die Metro ist eine U-Bahn, die vom Süden in den Norden Limas fährt. Leider reicht diese eine Strecke bei weitem nicht aus und man kann sie nur selten nutzen.
Peruanische Studenten sind manchmal ziemlich neidisch auf ihre Kommilitonen aus dem Ausland: Wohngemeinschaften, die bei uns in Deutschland eine gängige und weit verbreitete Form der Unterkunft für Studenten sind, kennt man in Lima in dieser Form nicht. Es ist üblich, dass man auch während des Studiums im Elternhaus wohnt, daher gibt es auch keine Studentenwohnheime. Für junge Menschen aus dem Ausland, die zum Studieren oder für ein Praktikum nach Lima kommen, gibt es sie aber, die „pisos compartidos“. Viele ausländische Studenten kommen in Limas Touristenbezirk Miraflores unter. Dieser Stadtteil liegt aber gut 45 Minuten von der USIL weg. Wenn man in Uninähe wohnen möchte, kommen die Stadtteile La Molina und San Borja in Betracht.
Während meines Auslandssemesters wohnte ich in einer der sogenannten “APU“-Wohnungen. Dies sind Wohnungen in den touristischen Stadtteilen Miraflores und Surco, die speziell für ausländische Studenten und Praktikanten sind. Die „APU“-Zimmer gehören nicht zu den günstigsten Unterkünften in Lima. Ich bezahlte 950 Soles pro Monat, das entsprach ungefähr 280 Euro. Die APU-Wohnungen sind nicht die Neusten und ich hatte einfach mehr erwartet für das Geld. Ich wohnte mit Studenten aus den verschiedensten Ländern zusammen und es war eine tolle Erfahrung. Viele ausländische Studenten haben auch in Gastfamilien gewohnt und hatten so gleich einen super Start.
Die USIL bietet zusätzlich für alle ausländischen Studenten eine Unterkunftsmöglichkeit an. Das „Casa de Don Ignacio“ befindet sich ebenfalls im Stadtteil Miraflores und ist eine Art Studentenwohnheim. Die Kosten liegen im etwas auch bei 250€. Hier muss man sich ein Zimmer mit einer weiteren Person teilen und man hat somit sehr wenig Privatsphäre. Weitere Informationen findet ihr unter: http://www.casadedonignacio.com/.
Sicherheit ist zwar etwas, das man in Peru unbedingt beachten sollte. Es sollte jedoch aus meiner Sicht kein Hinderungsgrund für den Besuch des Landes. Vielen Leuten wurden wertvolle Gegenstände gestohlen. Dies ist jedoch in fast allen Fällen auf Unachtsamkeit oder Provokation zurückzuführen. Ich war stets aufmerksam und somit ist mir nichts weggekommen. Gewalttaten sind mir jedoch zum Glück nur sehr selten zu Ohren gekommen. Wenn man ein Land wie Peru besucht, sollte man sich bewusst sein, dass man gewisse Vorsichtmaßnahmen einhalten muss. Dann sehe ich den Aufenthalt als nicht gefährlich an und man kann sich auf die schönen Seiten Perus konzentrieren.
Schöne Orte bietet Peru nämlich im Überfluss. Ich habe es selbst in meinen fünf Monaten Aufenthalt nicht geschafft, alle zu besuchen. Peru hat so viel zu bieten, dass man 10 Seiten schreiben müsste, um alles festzuhalten. Um ein paar Beispiele zu nennen für beliebte Reiseziele: die Nazca- Linien, die Wüstenoase bei Ica, Trujillo und Chiclayo, wo man etwas über die Prä - Inkakulturen lernen kann, Arequipa und der Cañon de Colca mit seinen Kondoren, auf den Spuren der Inkas in Cusco und der Inkatrail zum Machu Picchu, Lamas und Alpakas in den Anden beobachten, Puno und der höchstgelegene See der Welt, der Titicacasee. Trekking in Huaraz zu blauen Lagunen auf über 4000m Höhe, Surfen in Mancora und zuletzt Iquitos und die Umgebung im Amazonasgebiet. Ich habe noch nie zuvor ein Land mit einer derartigen Vielfalt und Schönheit erlebt, das sich auch noch so gut bereisen lässt. Das empfohlene Reisemittel ist in Peru der Fernreisebus. Die Busunternehmen dort sind deutlich komfortabler als vergleichbare Unternehmen in Europa und der Preis ist im Vergleich zu den Flügen meist sehr gut.

Südamerika bietet zudem aber noch viele andere wunderbare Länder und so kann man wahrscheinlich sein ganzes Leben dort mit Herumreisen verbringen. Ich hatte die Chance, Teile von Panama, Ecuador, Kolumbien und Chile zu sehen und habe noch lange nicht genug davon.
Die peruanische Küche ist eine der besten Südamerikas. Typische Gerichte sind Lomo saltado, Chicharrón, Ceviche, Anticuchos oder Palta, sowie die vielen leckeren Suppen und Eintöpfe. Man kann viele exotische Früchte wie die Lucuma; Camu Camu oder Granadilla probieren. Das Nationalgetränk ist der Pisco Sour.
Die Peruaner sind ein sehr offenes, hilfsbereites und gastfreundliches Volk. Allerdings kann man sagen, dass die Andenbevölkerung etwas schüchterner ist, als die Limeños (Bewohner Limas). Gerade am Anfang meiner Zeit traf ich auf so viele hilfsbereite, interessierte und einfach warmherzige Mensch, die mir meinen Einstieg in Peru so einfach und den Abschied so schwer machten.

Zusammenfassend kann ich nur jedem Peru, Lima und auch die USIL empfehlen. Das dortige Lebensgefühl, die Menschen, die Atmosphäre und die Landschaften sind mit Bildern oder Worten nicht annährend auszudrücken. Ich hätte nie erwartet, dass mir absolut nichts Negatives passiert und ich mit Tränen dieses Land verlasse. Für Leute, die Lust auf ein Abenteuer haben und offen für Neues sind, gibt es nichts Besseres. Peru verändert euer Leben! Ich kann mir im Nachhinein keinen besseren Ort für mein Auslandssemester vorstellen und hoffe, dass es nach mir noch vielen weiteren Studenten so gehen wird. Traut euch!