20 Jan
Erfahrungsbericht von Sabrina P.

Vancouver Island University

Stadt: Nanaimo
Land: Kanada
Kontinent: Nordamerika
Studienrichtung: Internationale BWL
Studientyp: Masterstudium
Zeitraum: 09/2010 bis 10/2011

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Anstatt eines Auslandssemesters hatte ich mich entschieden an einem vollständigen Program teilzunehmen. Der Master an der Vancouver Island University (VIU) ist ein doppel Abschluss von der VIU und der University in Hertfordshire in England in den Fachbereichen Business Administration und International Business. Die Bewerbungsvoraussetzungen sind überschaubar: im Grunde werden nur ausreichende Englishkenntnisse in Form eines Toefl- oder IELTS-test verlangt und der Nachweis von einem Bachelor Abschluss mit guter Endnote.

Dadurch dass das Program im Verhältnis zu anderen, mit 14 – 16 Monaten recht kurz ist, sind die Freizeitmöglichkeiten neben der Uni recht begrenzt. Es bleibt Zeit für Sport und gelegentliches Ausgehen mit Kommolitonen, aber mit Sicherheit nicht in dem Maße, wie man sich manchmal zur Ablenkung wünschen würde.

Für jemanden, der in der kurzfristigen Vergangenheit seinen Bachelor in Business gemacht hat, würde ich von der Teilnahme von diesem Program abraten. Das erste Semester besteht fast vollständig aus der Wiederholung von Studieninhalten aus dem Bachelor wie: VWL, Accounting oder Marketing. Ansonsten sind im weiteren Verlauf des Programs noch weitere Wiederholungen von Studieninhalten Alltag. Das Studieren in einer Fremdsprache empfand ich doch als weitaus größere Herausforderung als vorher angenommen, besonders wenn man einen gewissen Notendurchschnitt erreichen möchte. Fachmaterial auf Englisch zu lesen und darüber Hausarbeiten zu schreiben oder Präsentationen zu halten, ist auf dem Masterniveau nicht zu unterschätzen.

Da ich vorher an einer FH studiert hatte, war ich an das Anfertigen von Hausarbeiten gewöhnt, allerdings wird an der VIU mit für uns ungebräuchlicher Zitierweise und manchmal auch Formatierungen gearbeitet, die recht gewöhnungsbedürftig sein können. Von einigen Professoren werden in regelmäßigen Abständen sogenannte Multiple-Choice-Tests geschrieben, die ich bis dato nur aus dem Fernsehen kannte. Anfangs konnte ich mich damit nur schwer anfreunden. Trotz der sich teilweise wiederholenden Studieninhalte ist das wöchentliche Lesepensum für jedes Fach imens und nur mit recht strenger Disziplin zu bewältigen. Leider nutzt es einem auch wenig, wenn man beispielsweise nur die Kapitel für bestimmte Fächer liest, da am Ende jedes Semesters Klausuren über den gesamten Stoff des jeweiligen Faches geschrieben werden.

Auf der Website des MBA programs der VIU wird angegeben, dass die Uni für das vierte Semester – das viermonatige Praktikum – über Industriekontakte verfüge und bei der Praktikumssuche die Studenten aktiv überstützen würde. Leider wiederspricht dieses Aussage meiner persönlichen Erfahrung.
Beginnend mit dem ersten Semester hat man neben den „normalen“ Vorlesungen zusätzlich einmal wöchentlich einen Internship-Kurs. Hier wird gelehrt, wie die Vorgaben für einen Lebenslauf oder ein Anschreiben in Kanada aussehen oder welche möglichen Interviewfragen auf einen zukommen könnten. Ansonsten ist man bei der Praktikumssuche relativ auf sich allein gestellt. Zusätzlich sind der Großteil der Praktikumsplätze bei voller Arbeitszeit unbezahlt. Dieser Aspekt muss auch bei der finanziellen Planung des Auslandsaufenthaltes eingeplant werden. Mein Rat wäre, so früh wie möglich mit der Suche anfangen! Vorallem außerhalb Nanaimos, da es dort nur wenig potenzielle Firmen gibt im Verhältnis zu Vancouver oder Calgary.

Die Universität ansich ist recht weitläufig und gut gelegen. Die Bibliothek bietet viele Einzel- und Gruppenarbeitsplätze zum Lernen und Zusammenarbeiten, sowie diverse Computerplätze für Rescherche o. Ä.
Die Mitarbeiter von der International Education sind in der Zeit des Studiums für internationale Studenten zuständig und waren mit gegenüber immer sehr hilfreich, unabhängig mit welchen Fragen ich vorstellig wurde. Es werden eine Vielzahl an Aktivitäten von der Uni angeboten: Ausflüge in die Umgebung sowie eine große Auswahl an Wanderungen, Outdoor und Indoor Sportkursen, alles zu sehr vernünftigen Preisen. Die Gym (Fitness-Studio) steht jedem Studenten während des Studienaufenthaltes kostenlos zur Verfügung.
Ansonsten bietet die Universität zwei Mensen auf dem Campus an, die für das leibliche Wohl sorgen sollen. Jeden Tag werden verschiedene Gerichte angeboten. Leider musste ich feststellen, das die Preise, anders als bei uns, recht hoch sind und das Essen den Preis leider nicht rechtfertigt. Ich würde jedem Empfehlen, sich täglich die Mühe zu machen und selber Mittagessen mit zu bringen. Die Universität verfügt auch über diverse Mikrowellen in den Mensen und den Fakultätsgebäuden, so das man sein Essen auch problemlos aufwärmen kann.

Während des Auslandsaufenthaltes habe ich mich in Deutschland beim Bürgeramt abgemeldet. Das ist einfach und kostet nichts. Dadurch ist man dann nicht mehr dazu verpflichtet Mitglied in einer deutschen Krankenkasse zu sein. Dadruch kann man umgehen, in Dtld. für einen Service zu bezahlen, den man eh nicht in Anspruch nehmen kann. Auslandskrankenkassen sind für einen längeren Aufenthalt auch keine Lösung, da sie zu kostspielig sind.
In Kanada angekommen, kann man über die Uni für die ersten 3 Monate eine private Krankenkasse abschließen und ist danach berechtigt die allgemeine Krankenkasse: BC Health Insurance abzuschließen (standard Versicherung für alle). Diese übernimmt nur Grundbehandlungen wie einen Arztbesuch und die damit verbundene Diagnose. Daraus resultierende Medikamente werden von der Kasse nicht erstattet.

Die VIU hat dafür einen speziellen Vertrag mit einer privaten Krankenkasse ausgehandelt: Greenshield. Diese ist für 12 Monate gültig und kostet knapp $300. Dadurch, dass das Masterprogram 14 – 16 Monate dauert, ist man jedoch nur in den 12 Monaten des „Hauptstudiums“ durch Greenshield versichert. Während der 2-monatigen Phase des Pre-MBA, und dem Ende des Praktikums (ausgehend von der Regelstudienzeit) ist man nur grundversichert. Dies kann in Kanada im Krankheitsfall recht kostspielig werden, wie ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Zuständig für die Greenschield Zusatzversicherung ist die Students Union. Leider war weder die Students Union noch die Universität bereit über das Schließen dieser Diskrepanz nachzudenken. Deshalb rate ich frühzeitig, versicherungstechnisch dafür eine Lösung zu finden und für die fehlende Zeit eine Zusatzversicherung abzuschließen.

Je nach dem, was der Einzelne sucht, gibt es gute Möglichkeiten für eine Unterkunft während des Studiums. Die Universität bietet limitierte Plätze für das Studentenwohnheim auf dem Campus. Eine frühzeitige Bewerbung auf einen Platz ist ratsam. Durch Besuche von Kommolitonen dort weiss ich, dass die Einrichtung recht spartanisch ist. Zusätzlich wird vorausgesetzt, dass man seine eigenen Küchenutensilien: Geschirr, Töpfe, etc. selbst stellt. Abgesehen davon, lebt man mit anderen Studenten recht unabhängig zusammen, was auch bedeuten kann, dass die Studenten über einem die ganze Nacht feiern, wenn man am nächsten Tag eine Klausur schreibst und schlafen möchte.
Neben dem Studentenwohnheim und der klassischen Gastfamilie gibt es aber auch noch andere preisgünstige Möglichkeiten. Viele Kanadier vermieten in ihren Häusern Zimmer an Studenten. Einerseits lebt man in einer Familie und ist dadurch nachmittags nach der Uni nicht völlig auf sich allein gestellt, hat aber auf der anderen Seite alle Freiheiten, die man sich vielleicht wünscht (z.b. teilt man sich die Küche mit der Familie, kocht aber für sich selbst). Diese Möglichkeit ist sehr gängig in Nanaimo, auch unter kanadischen Studenten, da sie abhängig von den persönlichen Ansprüchen recht erschwinglich ist. Eine gute Website um sich vorab schon mal umzuschauen und vielleicht auch schon erste potenzielle Vermieter zu kontaktieren ist nanaimo.cragslist.ca.

Nanaimo ist eine recht kleine, aber dafür sehr schön am Meer gelegene Stadt. Neben den üblichen Freizeitaktivitäten (Kino, shopping, Feiern in Clubs oder gemütliches Beisammensein in Bars) ist Natur pur direkt vor der Haustür. Bei spaziergängen am Meer habe ich beispielsweise regelmäßig Robben oder Seelöwen gesehen.
In Nanaimo von einem Ende zum anderen zu kommen kann recht zeitaufwendig sein, da Busse jeder Buslinie normalerweise nur einmal die Stunde fahren. Das kann besonders ärgerlich sein, wenn man umsteigen muss, und der Anschlussbus erst in 30 min oder länger kommt. Aus diesem Grund würde ich jedem ohne Auto raten am besten in Laufnähe oder nur eine kurze Fahrt mit einem Bus entfernt von der Uni eine Unterkunft zu beziehen.

Bevor ich meinen ersten Tag an der VIU hatte, ging ich davon aus, dass ich als Internationaler Student in der Minderheit sein würde. Zu meiner großen Überraschung bestand mein Jahrgang von etwa 100 Studenten, aufgeteilt in drei Klassen, zu 90% aus Studenten aus aller Welt. Mit so vielen Menschen aus aller Welt täglich zusammen zu sein und auf ein Ziel hinzuarbeiten, war eine unglaubliche Erfahrung, die ich um nichts in der Welt missen wollen würde.

Rückblickend war mein Studium hier eine einmalige Erfahrung. Allerdings, wenn man sich die Höhe der Studiengebühren, Bücher und Lebenshaltungskosten anschaut, ist es auch eine recht kostspielige Erfahrung. Aus heutiger Sicht, würde ich wahrscheinlich eher zu einem Auslandssemester oder einem Auslandsjahr während des Bachelors raten, als den Master an der VIU zu machen, da dies dann doch deutlich günstiger ist und man trotzdem sein Auslandsabenteuer erleben kann. In Deutschland kann man Masterprogramme immer noch zu überschaubaren Preisen belegen, anders als in Nordamerika.