21 Jan
Erfahrungsbericht von Nikola B.

Humboldt State University


Land: USA
Kontinent: Nordamerika
Studienrichtung: Sprach- und Kulturwissenschaften
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 08/2015 bis 12/2015
Heimathochschule: Münster U

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Bewerbung

Ich habe wirklich lange hin und her überlegt, welche Uni in Kalifornien es denn jetzt sein sollte. Die Auswahl war am Ende dann doch einfach zu groß. Zuletzt habe ich mich total auf mein Bauchgefühl verlassen, da die HSU und Arcata einfach so interessant klangen, dass ich beides unbedingt sehen wollte. Ich rate euch also, genügend Zeit für den Entscheidungsprozess einzuplanen, denn der dauert wesentlich länger als die eigentliche Bewerbung! Übrigens kann ich bestätigen, dass man am besten lange vorher anfängt, sein Auslandssemester zu planen. Das heißt, ein Jahr vorher anzufangen, sich Gedanken zu machen, ist absolut nicht verkehrt. Aus eigener Erfahrung kann ich dann aber auch sagen, dass man auch noch sehr viel später alles schafft, wenn man denn will. :)

Zur Bewerbung bekommt ihr von College Contact alle nötigen Unterlagen. Es ist wirklich nicht schwer, die auszufüllen. Ihr braucht einen Nachweis der Englischkenntnisse (DAAD-Sprachenzeugnis reicht) und einen Finanzierungsnachweis. Wenn ihr dann die Bestätigung von der Uni bekommt, dürft ihr den 1A-Visumsantragsprozess noch auf euch nehmen… Aber insgesamt ist die Bewerbung ziemlich simpel.

An der HSU muss man im Vergleich doch recht wenig Studiengebühren bezahlen (für uns in Deutschland aber immer noch unvorstellbar viel finde ich). Ich würde auf jeden Fall versuchen, Auslands-BAföG zu beantragen. Leider bekommt man die Erstattung der Studiengebühren erst nachdem man eine Immatrikulationsbescheinigung eingereicht hat, d.h. erstmal müsst ihr die selber bezahlen. Außerdem könnt ihr euch auch für ein PROMOS Stipendium bewerben.

Schon Fernweh bekommen?

Ansonsten haben wir noch viele weitere Erfahrungsberichte zu unseren Partnerhochschulen. Alternativ beraten wir dich auch gern und helfen dir, eine passende Hochschule für dich zu finden!

Weitere Erfahrungsberichte Kostenlose Beratung


Anreise

Kümmert euch früh genug um einen Flug! Dann wird er vielleicht nicht ganz so teuer. Ich habe mich basierend auf dem einen anderen Erfahrungsbericht dazu entschieden, bis San Francisco zu fliegen und von da den Greyhound zu nehmen. Es stimmt zwar, dass die Region um Arcata oft neblig oder regnerisch ist und deshalb Flüge verspätet starten oder ausfallen. Allerdings habe ich das nicht so oft mitbekommen und andere Studenten sind regelmäßig von Arcata geflogen. Der Greyhound ist aber sehr viel günstiger! Und man sieht ein bisschen was von Kalifornien auf der achtstündigen Fahrt. Meist könnt ihr aber erst den Bus am nächsten Tag nehmen, sodass ihr noch mindestens eine Nacht in SF bleiben und euch dafür eine Unterkunft suchen „müsst“. Ich kann Couchsurfing empfehlen. Ansonsten werdet ihr von Mitarbeiter_innen des Center for International Programs empfangen oder sogar vom Flughafen in Arcata abgeholt, wenn ihr euch bei ihnen meldet. Sowieso bietet das CIP auch relativ viele Veranstaltungen für Internationals an, z.B. gibt es auch eine Orientierungswoche mit ein paar Trips zu umliegenden Orten. Bei Fragen helfen die Mitarbeiter_innen auch immer gerne weiter!


Wohnen

Ich kann euch wirklich empfehlen, euch für eines der Studentenwohnheime auf dem Campus zu bewerben, auch wenn diese nicht ganz günstig sind. Erstmal ist es in Arcata ziemlich schwer, nur für ein Semester eine Wohnung oder ein Zimmer zu finden. Außerdem kommt ihr so einfach total schnell mit anderen Leuten in Kontakt und ihr seid ständig von irgendwelchen Veranstaltungen umgeben. Viele, bzw. fast alle der internationalen Student_innen werden ins International Living in den Creekview Apartments gesteckt. Warum auch immer (wahrscheinlich weil ich mal wieder zu spät dran war) bekam ich aber ein Zimmer in den Campus Apartments. Die sind zwar um einiges älter und kleiner, aber dafür zentral auf dem Campus. Ich fand sie total schnuckelig und habe mich sehr wohl gefühlt. Das liegt aber natürlich auch immer an den Mitbewohner_innen. Meist teilt ihr euch ein Zimmer mit einer anderen Person. Ihr werdet eine_n CA (community advocate) haben, an den ihr euch bei Fragen und Problemen wenden könnt. Housing veranstaltet allgemein super viele Sachen, von BBQs zu Movie Nights und Halloween Parties. Insgesamt habe ich mich dort sehr aufgehoben gefühlt, da sehr viel mehr für die Student_innen gemacht wird (auch was Unterstützung und Hilfestellungen angeht) als in deutschen Wohnheimen. Campus Apartments und College Creek gehören übrigens nicht zur „Dry Side“ des Campus, sodass man dort Alkohol trinken darf, wenn man denn will. Ruhezeiten gibt es aber natürlich trotzdem.

Auch ich hatte keinen Meal Plan und habe selber gekocht. Ich wurde aber öfter von anderen Student_innen eingeladen, da das Essen in der Mensa (The J) mit einem Meal Plan sehr günstig ist. Ohne aber fast unbezahlbar. Ich fand das Essen immer sehr gut. Es gibt immer vegane und vegetarische Optionen und eine große Salatbar. Außerdem könnt ihr mit den J-points des Meal Plans auch im Marketplace und im Cupboard bezahlen. Man kommt ohne Meal Plan gut zurecht, manchmal ist es aber sicherlich bequem, wenn man nicht selber kochen muss.


Ort

Arcata ist toll! Vielmehr muss ich gar nicht sagen. Obwohl der Ort nur an die 17.000 Einwohner_innen hat, gibt es ziemlich viele kulturelle Veranstaltungen. Oft treten irgendwo Bands auf oder es ist ein Festival oder irgendwas findet auf dem Plaza (dem zentralen Platz der Stadt) statt. Dort ist jeden Samstag (bis Ende Oktober) der Farmers' Market mit Live-Musik, Bio-Produkten in allen Facetten, Essen, guter Laune und tanzenden Menschen. Außerdem findet dort auch der North Country Fair statt und an Halloween gibt es das Trick or Treat on the Plaza. Auch die Geschäfte rundherum sind absolut sehenswert! Es werden ganz viele regional hergestellte und teilweise sehr alternative Sachen verkauft. Es gibt auch noch ein paar Bars, zwei Kinos und diverse Restaurants. Was es nicht gibt, sind bekannte Fast Food-Ketten oder Walmart. Das liegt daran, dass die sich aufgrund von einigen Regelungen, die die Stadt erlassen hat, nicht im Gebiet von Arcata ansiedeln dürfen. Lebensmittel könnt ihr ganz gut bei Safeway einkaufen (ungefähr 20 Minuten zu Fuß oder ihr habt eine_n Mitbewohner_in mit Auto), ich war aber auch gerne bei Wildberries. Das ist quasi direkt neben der Uni und man bekommt dort viele Bio-Lebensmittel aber auch konventionelle. Ihr merkt also, Arcata ist eine sehr alternative Stadt inmitten der sonst doch recht konservativen Umgebung. Etwa 20 Minuten südlich von Arcata liegt Eureka, eine etwas größere Stadt, die auch eine Mall hat. Ich war nicht sehr oft in Eureka und auch gar nicht in der Mall. Denn ehrlich gesagt, wenn ihr das „typische“ Kalifornien (also das was viele Deutsche sich unter Kalifornien vorstellen - Sonne, Strand, Meer usw.) haben wollt, dann glaube ich nicht, dass die HSU unbedingt das Richtige für euch ist. In Arcata regnet es, die Strände sind wunderschön, aber das Meer ist unglaublich kalt. Also kommt an die HSU, wenn ihr Regen, Nebel und Wald mögt!


Universität

Wenn ihr irgendeine Umweltwissenschaft studiert, seid ihr an der Humboldt State University genau richtig. Wildlife Management, Forestry, Marine Biology, Oceanography, Zoology, Botany, es gibt unglaublich viel Auswahl. Wenn ihr, so wie ich, aus der komplett anderen Richtung kommt, könnt ihr aber genauso gute Erfahrungen machen. Ihr müsst euch darüber im Klaren sein, dass ihr nicht an einer Elite-Uni studiert und auch nicht an einer der Top-Unis in Kalifornien (zumindest nicht im Bereich außerhalb der Naturwissenschaften). Gerade das hat mir aber im Nachhinein richtig gut gefallen. Ich war im Major Anthropology eingeschrieben, aber als internationaler Student könnt ihr ja Kurse aus allen Fachrichtungen belegen. Das Class Crashing hat bei mir super geklappt. So viel mit Class Crashing war da auch gar nicht. Man meldet sich mit den Mitarbeiter_innen des CIP bei den Kursen an und wenn dort noch Platz ist, wird man ganz normal aufgenommen. Wenn nicht, dann lassen einen die Dozent_innen aber meist trotzdem noch rein. Meine 12 Units reichten also für drei Kurse, die an zwei Tagen pro Woche stattfanden. Lasst euch nicht täuschen, die Kurse bringen sehr viel Arbeit mit sich. Ich habe zwei Kurse belegt, die in den Critical Race, Gender, and Sexuality Studies (CRGS) angeboten wurden. Falls ihr euch für diesen Bereich interessiert, nehmt Kurse aus dem Studiengang! Sie waren so unglaublich interessant und lehrreich! Ebenso empfehlen kann ich die Native American Studies, von denen ich sehr viel Gutes gehört habe. Diese Departments sind sehr auf Social Justice und Community Work fokussiert, was ihr an den Kursen, Professor_innen, Student_innen und den Veranstaltungen außerhalb des Unterrichts merken werdet. Und ja, die Uni und die Umgebung sind letztendlich auch für den Marihuana-Konsum bekannt. Sie hat aber doch sehr viel mehr zu bieten. Es gibt Sportveranstaltungen, ehrenamtliche Arbeit (fahrt mal mit zum Potawot Community Garden!), Musicals, Theaterstücke, Lesungen…


Freizeit

Ihr seid drei Minuten von den Redwoods entfernt?! Geht in den Wald! Immer! Jeden Tag! Im Ernst, ihr werdet ihn vermissen. Vieles, was ihr in eurer Freizeit machen könnt, habe ich schon erwähnt. Nehmt euch auf jeden Fall Zeit, Arcata zu erkunden: die Redwoods, den Arcata Marsh, den Plaza. In der näheren Umgebung findet ihr z.B. die Ma'lel Dunes, wunderschöne Strände (College Cove oder Moonstone Beach), Strawberry Rock, Mad River, die Lost Coast, Fern Canyon (in dem Star Wars und Jurassic Park gedreht wurden – just saying). Einige State Parks sind auch nicht so weit entfernt. Und wenn ihr ab November etwa eine halbe Stunde in den Osten fahrt, könnt ihr dort auch schon den ersten Schnee sehen. Wenn ihr die Natur mögt, seid ihr hier im Paradies.

Die nächste wirklich große Stadt ist tatsächlich erst San Francisco in sechs Autostunden Entfernung. In der gleichen Zeit seid ihr auch glaube ich schon in Oregon. Vier Stunden östlich liegt Redding, wo ihr zu In-n-Out gehen könnt… Dort findet ihr auch Kaliforniens Golden Hills und Mount Shasta.

Ansonsten empfehle ich euch, wirklich zu einigen Veranstaltungen auf dem Campus zu gehen. Center Arts und Center Activities bieten so viele Sachen an, von Konzerten über Comedy zu Backpacking Trips und Kayaking. Natürlich könnt ihr auch Sport machen (Quidditch!) oder einem der vielen Clubs und Studenteninitiativen beitreten. Oder ihr geht zwischendurch zu Blondies und hört euch eine Band an und probiert einige der unzähligen Biersorten, die in den lokalen Micro Breweries hergestellt werden.


Fazit

Die Humboldt State University war die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können. Ich habe einen der schönsten, interessantesten und ungewöhnlichsten Orte entdeckt und unglaublich tolle Menschen kennengelernt. Meine Kurse haben mein Studium und vor allem mich selber bereichert und das obwohl, oder gerade weil, die HSU eher klein und unbekannt ist und nicht unbedingt meiner Fachrichtung entspricht. An der HSU werdet ihr sicherlich ein eher ungewöhnliches kalifornisches Auslandssemester erleben. Wenn euch der Sinn danach steht, die USA abseits von großen Shopping-Centern kennenzulernen, seid ihr hier genau richtig. Ihr werdet euch auch daran gewöhnen, die Frage nach dem guten Wetter mit einem „Neeein, nicht ganz Kalifornien ist unglaublich heiß. Es gibt sogar Regen und Schnee.“ zu beantworten. Egal für welche Uni ihr euch entscheidet, es gehört natürlich immer ein bisschen Glück und natürlich ihr selbst und was ihr daraus macht dazu. Ich kann euch nur raten, wirklich ein bisschen auf euer Bauchgefühl zu hören!