15 Feb
Erfahrungsbericht von Julia W.

Vancouver Island University


Stadt: Nanaimo
Land: Kanada
Kontinent: Nordamerika
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 09/2009 bis 12/2009

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Mein Auslandssemester an der Vancouver Island University in Kanada war eine sehr lehrreiche Zeit. Anders als die Professoren es uns vorher gepredigt haben war die Bewerbung und die restliche Organisation, bevor es losging, gar nicht so unmenschlich schwierig. Als College-Contact bei mir an der Uni eine Informationsstunde abhielt bin ich natürlich direkt hin und habe mir Informationen geholt. Es war schon immer ein Traum von mir in ein kälteres Land ins Auslandssemester zu fahren. Daher grenzte ich meine Wunschländer auf Skandinavien und Nordamerika ein. Kanada war schlussendlich mein Topfavorit.

Ich bewarb mich auf zwei Kanadischen Unis. Nanaimo (Vancouver Island) und in Winnipeg. Auf beiden Universitäten wurde ich angenommen. Wie bereits gesagt, die Bewerbung war nicht unmöglich schwer. Ich brauchte einen Leistungsnachweis meiner Universität, einen Nachweis über ausreichende Sprachkenntnisse, ein Lichtbild und einige weitere Dokumente. Durch die Informationen von College-contact und dem sehr schnellen e-Mail Verkehr hatte ich meine Zusagen schon innerhalb zweier Monate vorliegen. Dazu kam noch der Antrag auf das Auslandsbafög. Den habe ich zwar 5 anstelle von 6 Monaten im Voraus gestellt, aber auch da hat College-contact gut geholfen und Papiere an die ausländische Uni für mich gefaxt und unterschrieben wieder zurück an mich gesandt. So ging das ganze doch schneller und mein Bafög und das Geld für den Flug habe ich rechtzeitig bekommen.

Nachdem es klar war, dass ich an die VIU (Vancouver Island University) gehe und mein Auslands-Bafög zugesagt war, buchte ich den Flug und kümmerte mich um eine Unterkunft. Ich habe mich für das Homestayprogramm meiner Uni entschieden und das bereue ich kein Stück. Ich würde es jedem da draußen an’s Herz legen. Anders als in einem eigenen Appartement oder einem Studentenwohnheim ist man der Sprache rund um die Uhr „ausgeliefert“. Es gab keinen einzigen Tag, selbst wenn ich nicht an der Uni war, wo ich kein Englisch um mich hatte. Zudem lernte ich durch meine Gastfamilie Freunde fürs Leben kennen. Auch hierfür war die Organisation nicht schwierig. Ich hatte ein Formular auszufüllen, mit Essensvorlieben und meinen Wünschen bezüglich Rauchmöglichkeiten, Tieren, Sport etc.. Dieses Formular schickte ich dann an College-contact und sie leiteten es weiter ans Homestay Amt. Einige Wochen vor meiner Abreise bekam ich den Namen und die Adresse meiner Gastfamilie. Ich suchte das Haus natürlich direkt über Google Earth und trat mit ihnen in e-Mail Kontakt. Das nahm mir die Angst vor dem ersten Tag bei einer ganz fremden Familie. Ich bin zwar schon 23 Jahre alt, aber hey, ein neues Land, sogar ein neuer Kontinent, das ist doch schon etwas beängstigend.

Es ging alles erstaunlich gut. Ich hatte eine gute Anreise, zusammen mit einer Kommilitonin, die sich auch über College-contact beworben hatte. Meine Gastfamilie war einfach super und total so, wie man es sich vorstellt. Meine Gasteltern leben in einem schönen großen Haus und haben zwei Töchter. Ich habe mich seit dem ersten Tag wohl gefühlt und konnte gleich gut mit meiner Gastfamilie kommunizieren. Es wohnte zur selben Zeit noch eine weitere Schülerin, aus Japan bei uns. Sie war noch an der HighSchool und blieb für ein ganzes Jahr.

Schon einige Tag nach meiner Ankunft gingen die Veranstaltungen los. Die ersten drei Tage waren zur Orientierung und waren super gut organisiert. Überall auf dem Campus liefen Peer Helper rum und erklärten einem Wege, oder halfen einem anderweitig. Mir wurde zum Beispiel nicht erklärt wo der nächste EC Automat ist (übrigens, die Sparkassenkarte funktionierte problemlos mit den ATMs), nein, ich wurde persönlich hingebracht.
Der Campus liegt auf einem Berg und man kann aus den Klassenräumen bis nach Vancouver rüber schauen. Es ist zwar ansträngend, wenn man in einem der Gebäude oben auf der Spitze des Berges Unterricht hat, aber der Campus ist wirklich sehr schön. (Siehe Foto „Campus VIU“).

Bis Mitte Oktober hielt sich zudem noch super gutes Wetter. Ich konnte ganz lange in kurzer Hose rumlaufen und die schöne Insel erkunden, siehe Foto „Ich bei gutem Wetter“ (das sind die Schauplätze der Twilight Filme). Ich habe viele Ausflüge mit meiner Gastfamilie unternommen. Sie haben mich allgemein viel in ihr Familienleben einbezogen. Ich ging mit einkaufen, ins Kino, wir haben zu Hause DVD Abende gemacht und alle haben sich bemüht meinen Aufenthalt so schön wie möglich zu gestalten.

Das Studieren an sich, ist etwas anders als in Deutschland. Ich komme von der Bremer Universität und bin Vorlesungen mit mehreren hundert Studenten gewohnt (natürlich auch Seminare mit nur 20 Studenten), aber auf der VIU hatte ich Kurse mit maximal 12 Studenten. Diese Zahlen wurden sogar noch kleiner, nach dem die Add&Drop Frist um war. Die Studenten dort haben nämlich die Angewohnheit zu Anfang ganz viele Kurse zu belegen und dürfen sich bis Anfang November entscheiden, ob sie welche fallen lassen wollen. Ich habe zu Anfang 5 Kurse ausgewählt und habe dann selber einen auf Audition umstellen müssen, weil der Arbeitsaufwand doch zu groß für mich wurde. Ich war sehr überrascht, dass ich mit den 5 Kursen nicht klarkam, wo ich in Deutschland doch bis zu 12 Kurse pro Semester besuchte und da viel mehr Zeit hatte. Später hab ich mir von kanadischen Kommilitonen erzählen lassen, dass man höchstens 3 Kurse pro Semester belegt; das sei besser hinzukriegen. Man muss extrem viel für die Kurse lesen. In Deutschland konzentrieren wir uns eher auf Diskussionen, aber auf der VIU hatte ich das Gefühl stumpf lesen und wiedergeben zu müssen. Ich habe rund 300 CAD für Bücher ausgegeben, wobei dies nicht hätte sein müssen. Ich habe leider vorher nicht gewusst, dass oft nur einzelne Teile oder Gedichte aus vielen Büchern vorkommen. Man findet diese Bücher oft viel billiger im Internet, oder kann sie gar umsonst im Internet lesen. Zum Beispiel die Canterbury Tales von Chaucer, für die ich fast 100 Dollar ausgegeben habe. Schaut euch also vorher um, ob ihr das Buch nicht günstiger kriegen könnt, als im Buchladen auf dem Campus. Die Professoren teilen in den ersten Stunden Kurspläne aus, auf denen sehr genau steht wann ihr was zu lesen habt, so habt ihr genug Zeit etwas im Internet zu suchen was euch kein Vermögen kostet.
Die VIU verfügt über eine gute Bibliothek mit sehr vielen PC Arbeitsplätzen (man hat einen eigenen DiscoveryAccount, auf dem seine Dokumente gespeichert bleiben). Es werden Hilfen zum Aufsatzschreiben angeboten, die man nutzen sollte, sofern man Zeit findet. Die Kursauswahl, das Umstellen eines Kurses und die Notenvergabe erfolgt über das Studentenkonto im Internet.
Die Mensa ist etwas teuer, ich habe daher nur einmal dort gegessen. Sie wird von den Studenten betrieben, die Kochen belegen.
Der Buchladen/Unishop ist eine wahre Goldgrube und man sollte öfter vorbei schauen. Dort kann man sich sehr gut mit Souvenirs eindecken und es gibt hin und wieder tolle Rabattaktionen; also Augen offen halten. Schreibwahren bekommt man aber anderswo um einiges günstiger.
Die Professoren sind nicht viel anders als die an meiner Heimatuni in Bremen. Sie sind hilfsbereit und man kann gut mit ihnen reden, wobei e-Mail Kontakt von allen hoch geschätzt wird.

Abseits vom Campus musste ich am allermeisten mit dem Bussystem kämpfen. Das war ein richtiges Desaster. Ich war sehr überrascht, dass es nicht überall tatsächliche Haltestellen gibt. Wenn man nicht grade an der Hauptstraße ist, hat man oft nur einen Baum oder einen Elektrizitätsmasten mit rumgewickeltem Klebeband wo ein Bus drauf ist, als Haltestelle. Nirgends stehen die Haltestellennamen drauf. Sie werden nicht in den Bussen aufgerufen oder irgendwo gekennzeichnet. Selbst der Fahrplan ist nur mit groben Zeitangaben und Haltestellennamen ausgestattet. Ich bin die ersten paar Tage sehr daran verzweifelt und habe mich immer wieder verfahren. Allgemein denke ich, dass man mit einem Auto in Nanaimo besser aufgehoben ist. Die Busse kommen in sehr weiten Zeitabständen und sind bei weitem nicht auf dem Standard, den man aus Deutschland oder anderen europäischen Ländern kennt. Ganz einfach, weil in dort drüben alles aufs Auto fixiert ist. Es gibt überall Drive thrus. Selbst Banken haben welche. Die Entfernunen sind ohnehin viel zu groß um mal eben bis zur nächsten Tankstelle zu laufen. Geh- und Fahrradwege gibt es ebenfalls nicht überall.

Neben der Uni habe ich in Kanada, Fußball im Verein gespielt. Ich habe bis November bei der Uniauswahl mit trainiert und als da die Saison vorbei war, habe ich im normalen Team von Nanaimo United gespielt. Es gibt einiges an Sportmöglichkeiten. Selbst der Campus verfügt über ein Gym, was es in sich hat. Nur ein Schwimmbad gibt es nicht direkt auf dem Campus. Allerdings ist das Aquatic Centre unweit von der Uni. Es gibt auch eine Schlittschuhalle und einige Parks in Nanaimo, wo man sich sportlich betätigen kann (ich habe beim vorbeifahren Tennisplätze und Basketballanlagen sehen können). Meine Gastfamilie beispielsweise hat viel Zeit im Tanzstudio verbracht. Die Töchter haben sogar auf sehr hohem Wettbewerbsniveau getanzt.

Es gibt viele Einkaufsmöglichkeiten in Nanaimo. Auch wenn die Einkaufszentren nicht unbedingt groß sind, es scheint eine Lieblingsbeschäftigung der Kanadier zu sein, dort abzuhängen. In Nanaimo gibt es einige dieser Malls. Die Woodgrove Mall war die, die ich am besten fand. Dort waren die besten Geschäfte. Es gibt zwei Kinos in Nanaimo (soweit ich weiß). Was mich überrascht hat, war, dass man beim Kauf der Karte keinen Platz kauft. Es herrscht das Prinzip wer zuerst kommt malt zuerst. Das sollte man vielleicht wissen, wenn man nicht unbedingt in der allerersten Reihe sitzen will.
Zurück zum Studieren. Die Klausurenphase ist aufgrund des nur viermonatigen Semesters Anfang Dezember angelegt. Ich hatte nur drei Klausuren, denn einige Professoren haben sich für andere Prüfungsarten entschieden, beispielsweise einen weiteren langen Aufsatz. Es gilt nicht das, was ich aus Deutschland kenne: die Abschlussklausur und die Anwesenheit alleine zählen. Die Professoren an der VIU haben zu Anfang des Semesters Bögen ausgeteilt auf denen genau steht, wie die Endnote zustande kommt. Meist waren es Anwesenheit und Professionalität (= Pünktlichkeit, Vorbereitung, Mitarbeit), Mid-Term Exam, 1. Kürzerer Aufsatz (bis zu 1000 Wörter) 2. langer Aufsatz (bis zu 5000 Wörter) und schlussendlich das Final Exam.

Alles in Allem, war es eine wichtige Erfahrung, die ich in Kanada auf der Vancouver Island University gesammelt habe. Es ist zwar anders als in Deutschland, aber man kann sich gut zurechtfinden und kommt auch sonst gut beim Studium mit, wenn man sich Mühe gibt.