19 Aug
Erfahrungsbericht von Philipp K.

University of California Berkeley Extension


Stadt: Berkeley
Land: USA
Kontinent: Nordamerika
Studienrichtung: Informatik, Mechatronik
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 08/2019 bis 05/2020
Heimathochschule: Esslingen HS

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Mein Name ist Philipp und ich habe im Winter 2019 und Sommer 2020 zwei Semester durch das Berkeley Global Access Programm an der UC Berkeley studiert. Darauf habe ich mich über College Contact beworben, was mit nur sehr wenig Aufwand verbunden war.

Bevor ich etwas zu meinem Programm oder der Universität sage: Wenn Du über eine Zeit im Ausland nachdenkst – mach‘ es! Man lernt unglaublich viel (nicht nur akademisch, sondern auch über die Welt und vor allem auch über sich selbst)! Auch wenn jedes Vorhaben immer gute und schlechte Seiten mit sich bringt und oft eine große Herausforderung stellt, kann ich nur jedem raten, diese Herausforderung anzunehmen und daran zu wachsen.

Mein Vorhaben war meines Erachtens eher ungewöhnlich, allerdings hat es so für mich enorm gut gepasst. Gleichzeitig muss ich aber sagen, dass mein Vorhaben vielen Anderen wohl nicht gefallen hätte. Statt deshalb wie in gewöhnlichen Erfahrungsberichten auf einzelne Kategorien einzugehen, würde ich gerne meine Motivation für das Vorhaben begründen, gute wie auch schlechte Punkte aufzeigen und ein Fazit ziehen, für wen ein solches Vorhaben interessant sein könnte.

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Hintergrund und Motivation

Ich studiere Mechatronik an der Hochschule Esslingen und fokussiere mich stark auf Softwareentwicklung. Seit Jahren habe ich davon geträumt, im Silicon Valley zu leben und die dortige Mentalität hautnah mitzuerleben. Deshalb nahm ich mich vor, mein Praxissemester sowie ein oder zwei Semester in der kalifornischen Bay Area zu verbringen. Dabei war mir erstklassige Bildung, eine Uni mit gutem Namen, sowie die örtliche Nähe zum Silicon Valley wichtig.

Das Auslandsjahr hatte außerdem den Zweck, mich noch etwas weiter zu orientieren, ob ich meinen Master noch weiter Richtung Informatik/Software machen soll und ob ein Master in den USA interessant wäre.


Positive Aspekte meines Vorhabens

  • Die UC Berkeley bietet erstklassige Bildung mit einem enorm guten Namen (Rühmt sich selbst als „World’s Best Public University“).
  • Vor allem das Computer Science Department ist weltbekannt und hat schon einiges hervorgebracht - man profitiert danach also selbst vom Ansehen der Uni.
  • Berkeley profitiert vom erweiterten Ökosystem des Silicon Valleys. Quasi alle Absolventen im Bereich Informatik landen später bei Top Tech-Unternehmen wie Google und Apple.
  • Berkeley ist sehr liberal und weltoffen, was mir sehr wichtig war. Man kommt sich oft eher wie in Europa vor als in den USA – eine typische US-College-Kultur gibt es dort eher weniger.
  • Der Campus ist sehr groß und schön.
  • Das BGA Programm hat mir erlaubt, kreuz und quer Kurse zu wählen, solange ich eine Mindestanzahl an Credits erfülle.
  • Sehr international und multikulturell.
  • Die Aufnahmebedingungen für das Programm sind sehr niedrig im Vergleich zum Renommee der Uni (Wenn ich mich richtig erinnere, hatte man mit einem Schnitt besser als 2,5 gute Chancen). Das liegt daran, dass Berkeley durch das Programm sehr gut verdient.
  • Die Bewerbung durch College Contact war sehr einfach und war nur wenig Aufwand.

Negative Aspekte des Vorhabens

  • Das BGA Programm ist ein sogenanntes Extension Programm: Bei der Kurswahl hat man niedrigste Priorität neben allen anderen Studenten. Man darf einen Kurs nur besuchen, wenn, nachdem alle festen Studenten gewählt haben, noch ein Platz frei ist. In beliebten Kursen kommt das selten bis gar nicht vor, hängt jedoch auch immer vom Semester ab. Kommt man für ein Semester nach Berkeley und will einen bestimmten Kurs besuchen, sind die Chancen auch tatsächlich reinzukommen recht gering, vor allem für Kurse im Informatik-Bereich, da diese sehr gefragt sind. Ist man flexibel, findet man jedoch sicherlich irgendetwas Passendes. Die ersten drei Semesterwochen sind dadurch stressig, weil man relativ viele Kurse gleichzeitig besuchen muss, da sich erst nach circa vier Wochen zeigt, in welche Kurse man tatsächlich reinkommt.
  • Das kann Probleme bei der späteren Anrechnung von Credits an der Heimuniversität geben. Aufgrund sehr guter Studienleistungen waren meine Profs zu Hause sehr kulant und haben mir alles angerechnet, auch wenn es inhaltlich nicht unbedingt übereingestimmt hat. Kommt man von einer Uni und nicht von einer Fachhochschule, könnte das noch eher Probleme geben, da Unis bekanntlich da nicht so flexibel sind.
  • Man wurde zwar darüber im Vorfeld aufgeklärt, allerdings nahm ich das unter dem Motto „das klappt schon irgendwie“ auf die leichte Schulter. Ein hohes Maß an Flexibilität und Spontanität ist bei der Kurswahl also gefragt.
  • Man besucht recht wenig Kurse. Mit 3 bis 4 Kursen pro Semester ist man komplett ausgelastet (mehr als in Deutschland mit 6 Kursen). Will man sich also viel anrechnen lassen, könnte das dadurch weiterhin schwierig werden.
  • Das Vorhaben war sehr kostspielig. Die Studiengebühren hängen davon ab, wie viele Kurse man besucht, aber realistisch kann man mit circa 14.000 bis 17.000 Euro pro Semester an Studiengebühren rechnen. Pro Monat kommen dann nochmal rund 1000 bis 2500 Euro Miete dazu. Das International House ist dabei sehr beliebt, allerdings zahlt man dort mal locker 2300 Euro Miete. Ich selbst habe 10 Minuten zu Fuß in einer WG gewohnt und habe für mein Zimmer US$1100 pro Monat bezahlt.
  • Pro Semester kann man also mit circa 25.000 bis 30.000 Euro rechnen.
  • Glücklicherweise hatte ich durch den DAAD ein Jahresstipendium, welches insgesamt 30.000 Euro übernommen hat – dadurch war aber nur gut die Hälfte gedeckt.
  • Außerdem war es bei mir nur eine Ausnahme, dass ich das Stipendium bekommen habe, denn normal unterstützt der DAAD solche Extension Programme nicht, da bekannt ist, dass es mit der Kurswahl oft Probleme gibt. Die Ausnahme konnte gewährt werden, da mein Dekan ein Schreiben verfasst hat, in dem er mitgeteilt hat, dass alle meine Leistungen aus Berkeley anerkannt werden und das Vorhaben nicht studienverlängernd wirkt.
  • Ohne Stipendium hätte ich mir das Vorhaben ohne Kredit nicht leisten können – und das wäre es mir dann auch nicht wert gewesen.
  • Hoher Arbeitsaufwand: Wer erstklassige Bildung und hohes Ansehen will, der muss eben auch hart arbeiten. Dementsprechend sind viele Kurse besonders im Informatik-Bereich mit immensem Arbeitsaufwand verbunden. Für mich war das in Ordnung. Will man aber eher eine ruhige Kugel schieben, ist Berkeley sicher nicht der richtige Ort.
  • Quasi keine Unterstützung bei der Durchführung. Es gab eine zweistündige Infoveranstaltung zu Beginn, aber danach war man auf sich allein gestellt. Dadurch fand ich die ersten Wochen sehr stressig, bis alle meine Kurse endgültig feststanden und ich mich auf das Wesentliche konzentrieren konnte.

Mein Fazit

Das Vorhaben war für mich ein großer Erfolg, denn es erlaubte mir sehr interessante Informatik-Vorlesungen in Berkeley zu besuchen und wertvolles Wissen zu erlangen, das mir sonst im Bachelorstudium verwehrt geblieben wäre.

Kann ich mein Vorhaben jedem empfehlen? Klares Nein. Ohne Stipendium oder ohne die Flexibilität bei der Kurswahl durch meine Heimuniversität oder ohne hohe Arbeitsbereitschaft auf meiner Seite wäre es definitiv nicht erfolgreich gewesen.


Wem kann ich ein ähnliches Vorhaben empfehlen?

  • Jemandem, der entweder ein Stipendium ergattert oder bereit ist 50.000 bis 60.000 Euro für ein Jahr zu investieren.
  • Jemandem, der später weiß, diese Investition durch daraus entstehende (berufliche) Chancen zu nutzen.
  • Jemandem, der breit Kurse wählen kann und die Unterstützung der Heimuniversität in Bezug auf Kursanrechnung hat.
  • Jemand, der Lust hat, im Auslandssemester ordentlich was zu leisten, statt nur abends wegzugehen und Party zu machen.
  • Jemandem, dem das typische US-College-Klima mit Frat Parties, Football und Beer Pong nicht so wichtig ist – gibt es in Berkeley zwar auch im kleinen Rahmen, ist aber an anderen Unis deutlich verbreiteter.

Generell habe ich in Berkeley festgestellt, dass es vor allem im STEM-Bereich eine Art Hassliebe mit Berkeley gibt: Viele sind nach dem Abschluss auf die Uni schlecht zu sprechen, da die Vorlesungen hart sind und das Studentenleben dort allgemein sehr viel abverlangt. Dafür bekommt man sehr gute Bildung und eine Uni auf dem Lebenslauf, mit dem einem danach alle Türen offenstehen.


Zusatz bezüglich Corona

Während meines zweiten Semesters (Sommersemester 2020) kam im Februar/März das Coronavirus hinzu. Die Uni hat das, zumindest in der Fakultät Informatik, enorm gut aufgenommen und innerhalb von rund einer Woche den kompletten Lehrbetrieb auf das Onlinemedium umgestellt. Ich habe das Semester voll dort fertig gemacht, viele andere internationale Studenten sind aber vorzeitig abgereist.