Kulturelle Besonderheiten in den USA

Amerikaner sind kulturlose Waffenfanatiker, sie ernähren sich ausschließlich von Fast-Food und sind grundsätzlich oberflächlich - so einige der gängigen Klischees über die USA. Wer ein Auslandssemester oder ein komplettes Studium in den Vereinigten Staaten absolviert, wird eines Besseren belehrt.

Allein ein Blick auf die multiethnische Bevölkerungsstruktur der USA gibt einen Hinweis auf die Vielzahl an kulturellen Einflüssen, die das Land prägen. Das U.S. Census Bureau sagt voraus, dass im Jahr 2044 mehr als die Hälfte aller US-Amerikaner einer ethnischen Minderheit angehören werden.

War zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch von den USA als „Melting Pot“ die Rede, gilt die Metapher heute als überholt. Die Idee des Schmelztiegels, in dem sämtliche kulturelle Einflüsse zu einem einheitlichen nationalen Gebilde verschmelzen, lässt keinen Raum für kulturelle Unterschiede. Daher folgten mit „Salad Bowl“ und „Quilt“ Konzepte, die stärker auf die verschiedenen kulturellen Einflüsse und ethnischen Gruppen in den USA eingehen.

Ursprünge der US-amerikanischen Kultur

Zu den kulturellen Besonderheiten in den USA gehört der ausgeprägte Nationalstolz vieler Amerikaner.

Der Beginn der Geschichte der USA wird häufig mit der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im Jahr 1492 gleichgesetzt. Allerdings lebten auf dem Gebiet der heutigen Vereinigten Staaten von Amerika schon tausende Jahre zuvor amerikanische Ureinwohner. Auch sollen die Wikinger rund 500 Jahre vor Kolumbus den amerikanischen Kontinent entdeckt haben.

Unabhängig davon, wo die Ursprünge amerikanischer Kultur liegen: Die Entdeckungsfahrten von Kolumbus markierten den Beginn der Eroberung des amerikanischen Kontinents durch die Europäer und bildeten den Startschuss für das Zeitalter des Kolonialismus.

Kolonialzeit Amerikas

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts setzte die erste große Einwanderungswelle von Europa nach Nordamerika ein. Insbesondere drei große Gruppen ließen sich in den heutigen Vereinigten Staaten nieder:

  • Spanier im heutigen Kalifornien
  • Franzosen im heutigen Kanada und Louisiana
  • Engländer in Virginia sowie im heutigen Neuengland.

Der erfolgreiche Tabakanbau in Jamestown veranlasste viele verarmte Bauern aus Europa, nach Amerika aufzubrechen. Sie erhofften sich ein besseres Leben in der neuen Welt. Um die Überfahrt finanzieren zu können, kamen viele Siedler als „indentured servants“ nach Amerika und verpflichteten sich für einen festgelegten Zeitraum als Arbeitskraft. Zusätzlich wurden ab 1619 erstmals afrikanische Sklaven nach Jamestown gebracht, was den Beginn der Sklaverei in den Vereinigten Staaten markierte.

Amerikanischer Gründungsmythos

Unter den Auswanderern, die nach Jamestown aufbrachen, befanden sich auch religiöse Gemeinschaften. Mitte des 16. Jahrhunderts bildete sich in England mit den Puritanern eine protestantische Glaubensgemeinschaft, die der anglikanischen Staatskirche ablehnend gegenüberstand. Die Puritaner betrachteten sich als von Gott auserwählt, sie schätzten harte Arbeit und strebten nach einer „reinen“ Kirche. Mit ihren Vorstellungen machten sie sich unbeliebt bei der staatlichen Church of England und sahen sich bald religiöser Verfolgung ausgesetzt.

Einige von ihnen reisten im September 1620 an Bord der „Mayflower“ nach Amerika, um ihre Lebensphilosophie von einem gottgefälligen und selbstbestimmten Leben umzusetzen. Noch auf dem Schiff setzten die sogenannten Pilgerväter den „Mayflower Compact“ auf, der als erstes Dokument amerikanischer Selbstregierung gilt. Die Pilgrims einigten sich mit den nicht-puritanischen Mitreisenden darauf, in der neuen Kolonie eine selbstverwaltete Gemeinschaft aufzubauen und vereinbarten ein gemeinsames Regelwerk.

Übrigens: Die amerikanische Tradition des Thanksgiving geht angeblich auf die Pilgerväter zurück. Da der erste Winter bevorstand, baten die Pilgrims die amerikanischen Ureinwohner nach ihrer Ankunft um Hilfe. Diese brachten die Pilgerväter durch die kalten Wintermonate und zeigten ihnen den Anbau von Mais und einheimischen Pflanzen. Zum Dank und angesichts der reichen Ernte im folgenden Herbst feierten die Pilgerväter dem Mythos nach ein Erntedankfest am 21. November.

Die puritanische Lebens- und Denkweise hat die USA nachhaltig geprägt. Bis heute sprechen US-Präsidenten in ihren Reden von den Vereinigten Staaten als einer von Gott auserwählten Nation. Der Glaube ist ein wichtiger Bestandteil der kulturellen Identität der USA. Er diente Einwanderern aus aller Welt als verbindendes Element.

Bis heute spielt die Religion im öffentlichen Leben eine wichtige Rolle - trotz verfassungsgemäßer Trennung von Kirche und Staat. Der Gedanke, dass jeder Einzelne durch harte Arbeit zu einem besseren Leben und wirtschaftlichem Erfolg gelangen kann, findet sich nicht zuletzt im „American Dream“ wieder.

Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika

Die Freiheitsstatue, ein Geschenk der Franzosen anlässlich des 100. Jahrestags der Unabhängigkeitserklärung, erinnert an die Ursprünge amerikanischer Kultur.

Durch die immer größere werdende Zahl an Kolonien waren Konflikte zwischen den europäischen Mächten vorprogrammiert. Nach Ende des French and Indian War (1754-1763) zwischen England und Frankreich sowie Spanien befand sich ein Großteil der Kolonien in englischer Hand. Die Kolonien strebten jedoch zunehmend nach wirtschaftlicher Unabhängigkeit.

Für wachsende Spannungen sorgte zudem der Versuch der britischen Krone, die Siedler durch die Einführung von Zöllen und Steuern an den Kriegsschulden zu beteiligen. Als Schlüsselereignis, das den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg einleitete, gilt die sogenannte Boston Tea Party im Dezember 1773.

Die folgenden Dokumente sind für die Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika von elementarer Bedeutung:

  • Declaration of Independence: Unabhängigkeitserklärung der 13 Kolonien von England und damit Geburtsstunde der Vereinigten Staaten von Amerika. In der Declaration of Independence vom 04. Juli 1776 werden erstmals der Gleichheitsgrundsatz sowie das Recht aufLeben, Freiheit und Streben nach Glück“ formuliert. Bis heute ist der 04. Juli der amerikanische Nationalfeiertag (Independence Day).
  • Constitution: In der amerikanischen Verfassung von 1787 werden erstmals die Gewaltenteilung als politisches Programm verkündet und die Regierungsorgane und deren Zuständigkeiten benannt.
  • Bill of Rights: Durch die im Jahr 1791 verabschiedeten 12 Zusatzartikel zur Verfassung erlangen die Amerikaner wichtige Freiheiten hinzu. Dazu zählen die Rede-, Religions-, Presse- und Versammlungsfreiheit sowie das Recht auf Waffenbesitz und auf ein ordentliches Gerichtsverfahren.

Im Verlauf der amerikanischen Geschichte wurden weitere Zusatzartikel verabschiedet, die beispielsweise zur Abschaffung der Sklaverei (1865) und zur Einführung des Frauenwahlrechts (1920) führten.

Das Recht auf ein Streben nach Glück, der Goldrausch sowie die Aussicht auf religiöse und politische Freiheit führten dazu, dass sich Millionen von Menschen im 19. und 20. Jahrhundert auf den Weg in die USA machten. Die Entwicklung der Vereinigten Staaten von Amerika ist somit untrennbar verbunden mit der Einwanderungsgeschichte des Landes und erklärt, weshalb das Land seit jeher als Einwanderungsnation gilt.


Merkmale der amerikanischen Kultur

Den typischen Amerikaner und die typische amerikanische Kultur gibt es nicht. Trotzdem existieren einige kulturelle Besonderheiten in den USA, die bis heute das Selbstverständnis vieler US-Amerikaner prägen. Diese Merkmale sagen nichts über die kulturelle Identität des Individuums aus. Sie können aber einen Eindruck vom Leben in den USA vermitteln und beispielsweise internationalen Studenten helfen, sich auf Land und Leute einzustellen.

Gleichheitsgedanke

Der langwierige Prozess der Nationsgründung und die mühsam erlangte Unabhängigkeit erklären, weshalb der Freiheits- und Gleichheitsgedanke in den USA bis heute so bedeutend sind. Der in der Unabhängigkeitserklärung formulierte Grundsatz, „all men are created equal“, bildet das Wertefundament der Vereinigten Staaten - auch wenn er zunächst im Widerspruch zur bis 1865 fortdauernden Sklaverei stand.

Der Grundsatz besagt, dass alle Menschen mit den gleichen Rechten geboren werden und die gleichen Ausgangschancen haben. Der Gleichheitsgedanke schlägt sich heute beispielsweise in Maßnahmen zur Antidiskriminierung nieder, etwa in „Affirmative Action“-Programmen oder Diversity-Grundsätzen von Unternehmen.

Freiheit und Individualismus

Die Vereinigten Staaten von Amerika gelten als individualistisch geprägte Gesellschaft. Die Freiheit zur Selbstbestimmung hat im „Land of the Freeoberste Priorität. In den USA herrscht allgemein die Ansicht, dass jeder Einzelne seines eigenen Glückes Schmied und verantwortlich für seine Erfolge ist. Zwar ist der Individualismus in den Vereinigten Staaten stark ausgeprägt, trotzdem sind viele Amerikaner sozial engagiert und ehrenamtlich aktiv, beispielsweise in der Nachbarschaft. Auch viele Studenten setzen sich im Studienalltag in Clubs oder studentischen Verbindungen für soziale Zwecke ein oder leisten Community Service.

Welche Bedeutung der persönlichen Freiheit in den USA zukommt, zeigt sich in verschiedensten Bereichen des öffentlichen Lebens. Besonders stark kommt der Freiheitsgedanke in der US-amerikanischen Debatte um schärfere Waffengesetze zum Ausdruck. Viele Amerikaner bestehen auf ihrem verfassungsgemäßen Recht, eine Waffe zu tragen. Sie sehen in einem Waffenverbot eine Einschränkung ihrer Freiheit und betrachten ein entsprechendes Gesetz als Gefahr für die persönliche und öffentliche Sicherheit.

Für viele Amerikaner vermittelt insbesondere das Auto ein Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit. Dies erklärt, weshalb der PKW das beliebteste und meistgenutzte Verkehrsmittel in den USA ist. Insbesondere außerhalb der Großstädte ist der öffentliche Nahverkehr oft nur spärlich ausgebaut. Um mobil zu sein, kaufen sich viele internationale Studenten während ihrer Studienzeit in den USA ein gebrauchtes Auto. Somit haben sie die Chance, das grenzenlose Freiheitsgefühl auf dem Highway nachzuempfinden.

Sportbegeisterung

Ob internationale Medienspektakel wie der Super Bowl, die Playoffs der vier großen Sportligen NFL, MLB, NBA und NHL oder Wettkämpfe im Collegesport - Sport spielt in der amerikanischen Gesellschaft eine wichtige Rolle. Viele Amerikaner verbringen einen großen Teil ihrer Freizeit mit Sport. Sie sind in Sportclubs aktiv oder begleiten sportliche Wettkämpfe als Zuschauer.

Zahlreiche Sportereignisse sind in den USA mit Ritualen verbunden. Vor Football-Spielen finden beispielsweise oftmals sogenannte Tailgate Partys statt. Dabei treffen sich Fans vor dem Anpfiff zum Essen und Trinken auf den Parkplätzen der Spielstätten. In vielen Fällen sind sie mit Grill und Campingstühlen ausgestattet. Besonders ausgelassen feiern die Amerikaner den Super Bowl, der mittlerweile als inoffizieller Feiertag gilt. Familie und Freunde verfolgen das Spektakel gemeinsam vor dem Fernseher. An jeder Ecke sind Super-Bowl-Partys zu finden.

In sportlichen Wettkämpfen geht es um Werte wie Fairness und Teamplay. Sport hat in den USA auch deshalb einen so hohen Stellenwert, da er schon lange als verbindendes Element zwischen den vielen kulturellen Gruppen dient. Dadurch, dass Sport Unterschiede wie ethnische oder soziale Zugehörigkeiten überwinden kann, stellt er ein wichtiges Mittel der Integration dar.

Offen und direkt: Kommunikationsverhalten in den USA

Amerikaner gelten im Vergleich zu Deutschen als extrovertiert und direkt. Im Café oder Einzelhandel kommt es durchaus vor, dass sich Bedienungen oder Verkäufer mit ihrem Namen vorstellen. Auch an Colleges und Universitäten in den USA ist es üblich, Dozenten und Professoren mit Vornamen anzusprechen.

Floskeln wie „How are you?“ oder „How’re u doin‘?“ begegnen einem in den USA in Studium und Freizeit. Diese Fragen sind nicht wörtlich gemeint, sondern ein Zeichen von Höflichkeit. Daher erwartet niemand eine ernsthafte Antwort darauf.

In den USA ist Smalltalk üblich - selbst mit Fremden. Diese Art der Kommunikation ist für Nicht-Amerikaner befremdlich und Grund für das sich hartnäckig haltende Klischee des oberflächlichen Amerikaners. Tatsächlich zielt Smalltalk darauf ab, mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen und eine angenehme Gesprächsatmosphäre aufzubauen. Vielen Amerikanern ist es unangenehm, sich gegenseitig anzuschweigen, daher neigen sie zum Smalltalk. Darin geht es überwiegend um unkomplizierte Themen wie das Wetter, Sport oder Autos, aber auch persönlichere Fragen zu Familie oder Hobbys können aufkommen.

Viele Amerikaner gehen gerne auf andere Menschen zu. Deshalb haben internationale Studenten oft den Eindruck, dass es ihnen in den USA leichter fällt, neue Kontakte zu knüpfen. Das anfänglich signalisierte Interesse sollte allerdings nicht fehlinterpretiert und direkt als Zeichen der Freundschaft gedeutet werden.


Verhaltenstipps für die USA

Amerikaner gelten allgemein als umgänglich. Nichtsdestotrotz gibt es auch in den USA bestimmte Verhaltensregeln. So haben beispielsweise politische, religiöse und soziale Themen in einem Smalltalk nichts zu suchen. Auch diskriminierende Äußerungen gegen Minderheiten sind tabu. Zudem sollten Studierende Vorsicht walten lassen bei nationalen Vergleichen. Der Nationalstolz ist in den USA stärker ausgeprägt als hierzulande. So kann ein harmlos gemeinter Vergleich möglicherweise dazu führen, dass sich der ein oder andere Amerikaner vor den Kopf gestoßen fühlt.

Darüber hinaus ist es ratsam, in den USA nicht alles wörtlich zu nehmen. Bei Verabschiedungen fallen beispielsweise häufiger Sätze wie „See you later“ oder “Feel free to call me anytime”. Was nach einer vermeintlichen Einladung klingt, ist oft ähnlich floskelhaft gemeint wie die Frage nach dem Befinden. Ein grober Anhaltspunkt: Nennt der Gesprächspartner einen Termin mit Datum und Uhrzeit, handelt sich tatsächlich um eine Einladung.

Egal, wie gründlich die kulturelle Vorbereitung ausfällt, kulturell bedingte Missverständnisse lassen sich manchmal nicht vermeiden. Doch wer Fehlern offen und positiv begegnet, kann in den USA nicht viel falsch machen. Die Methode des „Trial and Error“ ist in der Bevölkerung weit verbreitet und es herrscht allgemein eine Can-Do“-Mentalität.

Typisch USA: die wichtigsten Do's und Don'ts

Do's Don'ts
Smalltalk führen Soziale, politische und religiöse Themen im Smalltalk ansprechen
Gesprächspartnern aufmerksam zuhören und Interesse zeigen Alkohol in der Öffentlichkeit trinken
Auf eine Tischzuweisung im Restaurant warten Bei einer Polizeikontrolle aus dem Auto steigen
Positiv und offen mit Fehlern umgehen Kein oder nicht ausreichend Trinkgeld geben
Nur indirekte und sachbezogene Kritik äußern Rechnungen getrennt bezahlen
Seine Begleitung vorstellen (Vor)Drängeln
Sich übrig gebliebenes Essen im Restaurant einpacken lassen (Stichwort: „Doggybag“) Sich diskriminierend über Minderheiten äußern
Freundliche Grundeinstellung der Amerikaner beherzigen Nacktbaden