28 Mär 2017
Punkten mit Persönlichkeit

Auslandsstudium für Ingenieurwissenschaftler

Ein Auslandsstudium ist für angehende Ingenieure eine tolle Gelegenheit ihr internationales Profil zu schärfen.

Selbstfahrende Autos entwickeln, Raketenantriebe optimieren oder die Prozesse komplexer Industrieanlagen steuern – der Ingenieurberuf ist vielseitig und Fachkräfte werden händeringend gesucht. Vor allem die deutsche Ingenieursausbildung genießt weltweit ein hohes Ansehen und Absolventen sind weltweit gefragt. Wie aber bereitet man sich auf das internationale Arbeitsumfeld am besten vor?

Aufgrund der vielversprechenden Berufsaussichten wollen viele Ingenieurstudenten so schnell wie möglich das Studium durchziehen. Für die zukünftigen Arbeitgeber zählen jedoch auch andere Kompetenzen. „Wir empfehlen den Studierenden, unbedingt einen Auslandsaufenthalt in Erwägung zu ziehen“, erklärt Lars Funk, Bereichsleiter „Beruf und Gesellschaft“ beim Verein Deutscher Ingenieure (VDI). Auch wenn das Studium dadurch länger dauerte, machten Studierende im Ausland die wichtige Erfahrung, sich in einer anderen Kultur und einem anderen Land zurechtgefunden zu haben. „Von der Wohnungssuche, der Organisation des Studiums, dem Sprechen fremder Sprachen bis zum Aufbauen neue Kontakte − das sind alles ganz wichtige Erfahrungen, die Unternehmen sehr schätzen.“, fügt Lars Funk hinzu.

Ein Auslandsstudium fördert die Persönlichkeit und ermöglicht neue Blickwinkel auf die eigene Kultur und Technik. Je nach Fachrichtung, Studienverlauf oder Budget gibt es verschiedene Optionen, um diese einmalige Chance zu verwirklichen.

Auslandssemester oder Summer Sessions für Ingenieure

Die beliebteste Studienoption für ein Studium im Ausland ist das Auslandssemester. Spezielle Fachkenntnisse, Networking oder neue Interessensgebiete − die Gründe für ein oder zwei Semester fern der Heimat sind vielseitig. College-Contact-Stipendiat Philipp Czakert entschied sich vor allem dafür, um sein Englisch zu verbessern. Der angehende Ingenieur studiert zwei Semester an der renommierten Fakultät für Biomedizinische Technik an der University of New Brunswick-Fredericton und berichtete uns vor kurzem von seinen Erfahrungen. Auch wenn ihm einzelne Studienleistungen nicht anerkannt werden sollten, weiß Philipp: „Das ist gewonnene Zeit, so oder so.“

Ein Auslandssemester oder Summer Sessions sind vor allem in den Ingenieurwissenschaften ideal, um den internationalen Blick zu schärfen.

Lars Funk betont ebenfalls, dass eine verlängerte Studienzeit oder die Sorge, dass Studienleistungen nicht vollständig in Deutschland anerkannt werden könnten, keine Gründe sein sollten, auf das Auslandssemester zu verzichten. „Englisch braucht heutzutage jeder Ingenieur“, stellt er fest. Auch hinsichtlich des besten Zeitpunkts für das Auslandssemester hat er klare Empfehlungen parat. Seiner Ansicht nach eignen sich vor allem die zweite Hälfte des Bachelorstudiums oder die mittleren beiden Semester des Masterstudiums für ein Auslandssemester, da die Studierenden zu dem Zeitpunkt schon einen guten Überblick über ihr Fach haben und wissen, welche Richtung sie vertiefen wollen.

Dass ein Auslandssemester der Startschuss für eine international ausgerichtete Karriere sein kann, bestätigte uns Dr. David James von der Sheffield Hallam University im Interview. Er unterrichtet Masterkurse am weltweit größten Forschungszentrum für Sportingenieurwesen mit Kollegen aus aller Welt. Spätestens seit seinem Auslandsjahr in Frankreich hat er die Bedeutung einer globalen Sichtweise in der international ausgerichteten Spitzentechnologie, wie der Sportindustrie, verinnerlicht.

Wer verschiedene Länder kennenlernen und die Semesterferien für einen Auslandsaufenthalt nutzen möchte, kann sich an vielen Hochschulen für Summer Sessions einschreiben. Vor allem Ingenieure lernen hier in kurzer Zeit viele neue Themen kennen oder profitieren von speziellen Forschungsprojekten. Auch für Studierende, die sich noch nicht sicher sind, ob ein längerer Auslandsaufenthalt das Richtige für sie ist, bietet sich eine Summer Session oder Summer School an, um ein bisschen in das Thema Auslandsstudium hineinzuschnuppern.


Den Abschluss als Ingenieur im Ausland machen?

Gerade weil das Ingenieurstudium in Deutschland so renommiert ist, sehen viele einem kompletten ingenieurwissenschaftlichen Studium im Ausland skeptisch entgegen. Die Berufsbezeichnung als Ingenieur ist hierzulande geschützt, sodass Absolventen aus dem Ausland ihre gleichwertige Qualifikation nachweisen müssen. Das sollte allerdings kein Hindernis für ein Ingenieurstudium im Ausland darstellen. Die Hochschulen in Europa, Asien, Nordamerika oder Ozeanien bieten aufgrund ihrer Standorte und Kooperationen oft spannende Möglichkeiten im Ingenieurbereich, die es in Deutschland so nicht gibt. Da die ingenieurwissenschaftliche Forschung im höchsten Maße international vernetzt ist, bietet es sich an, für den Master oder die Promotion dahin zu gehen, wo es die spannendsten Forschungsbereiche und -projekte gibt – egal, ob dies nun in Deutschland oder irgendwo anders auf der Welt ist.

Während eines kompletten Studiums der Ingenieurwissenschaften im Ausland erhalten Studierende Einblicke in neue Forschungsbereiche.

Volker Pickert, Professor für Power Electronics an der Newcastle University, schrieb seine Diplomarbeit in Cambridge und ist bis heute mit der Hochschule beruflich verbunden. Zur Promotion blieb er einfach in Großbritannien und wechselte zur Newcastle University. Im Interview mit College Contact beschrieb er den entscheidenden Vorteil eines Auslandsstudiums: „Es ist einfach interessant zu sehen, wie andere denken.“

Doch auch für die Arbeit in Deutschland hat ein neuer Blickwinkel einen inspirierenden Effekt. Der VDI unterstützt diese Offenheit und initiiert einen länderübergreifenden Erfahrungsaustausch. Seit mittlerweile vier Jahren pflegt der Verband ein Austauschprogramm mit der amerikanischen Vereinigung American Society for Mechanical Engineers. Dabei tauschen sich die Studierenden beispielsweise zu den Themen Additive Manufacturing, also 3D-Druck, oder Energieversorgung über den jeweiligen Technologiestand aus. „Wir schaffen Vorbilder“, erklärt Lars Funk. „Dadurch reflektieren die Teilnehmer die Entwicklung im eigenen Land.“

Indem sich Studierende der Ingenieurwissenschaften für ein Auslandsstudium entscheiden, unterstützen und befördern sie also den internationalen Austausch. Sie erhalten neue Einblicke und es entstehen möglicherweise weitaus effektivere Kooperationsprojekte, die ein Land allein nicht umsetzen könnte. Lars Funk resümiert: „Das ist für junge Menschen eine tolle Möglichkeit, ein Land näher kennenzulernen, was sie besonders interessiert. Diese Chance sollten sie dann auch nutzen.“


Finanzierungsmöglichkeiten eines Auslandsstudiums für Ingenieure

Wer sich schließlich noch über die Finanzierung eines Auslandssemesters oder -studiums Gedanken macht, dem seien staatliche Förderungen wie das Auslands-BAföG oder eines der vielen MINT-Stipendien ans Herz gelegt. In Datenbanken wie dem Stipendienlotsen finden Ingenieurwissenschaftler leicht das richtige Stipendium für ihr Auslandsvorhaben. Auch College Contact vergibt jedes Jahr zwei Teilstipendien an Studenten der Ingenieurwissenschaften.

Erster Ansprechpartner für viele Ingenieursstudenten mit Interesse am Auslandsstudium ist erst einmal das heimische Auslandsamt. „Und wenn keine Hochschulkooperation besteht, gibt es Vermittlungsagenturen wie College Contact, die Partnerunis weltweit vertreten“, ergänzt Lars Funk.

Auch ihr wollt eure Karriereaussichten verbessern und den Schritt ins Ausland wagen? Unsere Studienberaterinnen helfen euch kostenlos dabei, ein Auslandssemester in den Ingenieurwissenschaften an einer unserer knapp 100 Partnerunis weltweit anzutreten. – persönlich, via E-Mail und am Telefon.