18 Nov 2016
Live aus New Brunswick

College-Contact-Stipendiat Philipp Czakert im Interview

Er wollte „irgendwie raus“ - College-Contact-Stipendiat Philipp Czakert zählt zu den wenigen Ingenieurstudenten, die ein Semester im Ausland studieren.

Eine WG mit zwei waschechten Kanadiern, ein erfolgreich gemeistertes Thanksgiving-Dinner und erste eigene Rugby-Erfahrungen - unser Semesterstipendiat Philipp Czakert ist voll und ganz angekommen in seinem Auslandssemester in Kanada.

Im Gespräch mit College Contact spricht der Student der Biomedizinischen Technik über seine Erfahrungen als MINT-Student an der University of New Brunswick - Fredericton , die vielfältigen Sportmöglichkeiten in und um Fredericton und seine Chancen, am Co-op-Programm der UNB teilzunehmen.

College Contact:
Wie lebt es sich in Fredericton?

Philipp Czakert:
Sehr gut. Es ist eine sehr kompakte, kleine Stadt. Jemand der nach einer Großstadt sucht, wird sie wahrscheinlich nicht finden. Aber die Stadt ist nicht so weit gefächert. Man hat zwei Straßen, die sehr belebt sind, mit Bars und so weiter. Es ist alles sehr schön.


College Contact:
Hast du in Fredericton auch eine WG gefunden oder wie wohnst du?

Philipp Czakert:
Ja, genau. Ich habe erst eine WG gefunden, in der es nicht so gut geklappt hat. Das lag hauptsächlich daran, dass die beiden anderen ziemlich unordentlich waren und ich dachte mir: „Nein, das gebe ich mir jetzt nicht für ein Jahr.“ Jetzt wohne ich mit zwei Brüdern aus New Brunswick zusammen. Die habe ich vorher kennengelernt und wir haben uns super verstanden. Dann haben sie mich gefragt: „Hey, dir gefällt es doch dort nicht, wo du gerade bist, willst du nicht zu uns ziehen?“ Jetzt wohnen wir zusammen und das funktioniert wirklich gut.


College Contact:
Deine Mitbewohner sind beide Kanadier? Du hattest ja schon vor deinem Auslandssemester gehofft, Kontakte zu Einheimischen knüpfen zu können.

Philipp Czakert:
Genau, das sind zwei waschechte Kanadier. Ich habe auch schon die Family von den beiden kennengelernt. Die fünf Kanadier haben die Verantwortung des Thanksgiving-Dinners quasi mir überlassen, dem Deutschen. Und es hat ganz gut geklappt. Ich habe dann das komplette Thanksgiving-Dinner gemacht. Das war schon ein Stück fremde Kultur.


Ein Auslandssemester ist nicht nur eine fachliche Horizonterweiterung, sondern bietet auch die Chance, sich in neuen Sportarten zu probieren.

College Contact:
Wie ist es dir denn am Anfang in der Einfindungsphase oder auch während der Orientation Week ergangen?

Philipp Czakert:
Die Orientation Week habe ich nicht ganz so mitbekommen, weil ich auf einer Wanderung war. Als ich hier angekommen bin, habe ich im Flugzeug von Toronto nach Fredericton eine Pilotin kennengelernt, die dort zu einer Hochzeit gegangen ist. Es gibt ja dieses Klischee über Kanadier, dass sie super nett sind, offen und dich gleich irgendwohin mitnehmen. Ich kann das irgendwie nur bestätigen. Die Pilotin meinte dann zu mir: „Ach, am nächsten Tag, da machen wir was und da kommst du mit.“

Dann bin ich mit zum „Tubing“ gegangen. Da wird man mit dem Auto fast bis an eine Flussmündung gefahren und hüpft dort mit einem Ring, einem Autoreifen, in den Fluss. Vier Stunden später watschelt man dann wieder unten am Meeting Point raus. Das ist eine super Zeit auf dem Wasser gewesen. Und ich habe auch ganz viele Leute kennengelernt. Also der erste Monat hier war wirklich richtig gut.


College Contact:
Du bist ja ein großer Sportfan. Hast du auch schon andere Sportarten ausprobieren können?

Philipp Czakert:
Ich bin ja früher hier angekommen, Ende Juli. Deswegen habe ich mal geguckt, was die Stadt Fredericton so anbietet an Sportclubs und dergleichen. Ich habe mich schon immer für Rugby interessiert und deswegen habe ich angefangen, Rugby zu spielen. Und das war super. Die ersten drei Wochen und dann hatte ich auch schon mein erstes Spiel. Dummerweise hatte ich dann einen Unfall beziehungsweise mehrere Unfälle hintereinander und deswegen musste ich eine Pause machen.


College Contact:
Ist dein Stipendium also zum Sport treiben draufgegangen?

Philipp Czakert:
Nein, das Stipendium habe ich noch auf der hohen Kante. Ich werde es wahrscheinlich eher zum Reisen als zum Sport benutzen, weil man das Sportangebot hier relativ preisgünstig genießen kann - was gut ist.


College Contact:
Hast du da schon ein konkretes Ziel im Blick?

Philipp Czakert:
Ich glaube, dass es im Endeffekt doch wieder für etwas Sportliches draufgehen wird. Ich werde wahrscheinlich in ein gutes Fahrrad investieren und hier Fahrradtouren machen. Die haben hier unglaublich viele Wanderwege und zum Mountainbiken ist das ein Traum.


College Contact:
Was sagst du zum Campusleben?

Philipp Czakert:
Es ist so anders als in Deutschland, positiv anders. Das beste Beispiel ist Materialkunde. Ich habe den Kurs in Deutschland und an der UNB belegt, weil ich dachte, dass das ein guter Einstieg ist und wollte gucken, ob sie die gleichen Sachen machen oder nicht - und sie machen gleiche Sachen. Ich sehe das aber nicht als verschwendetes Fach.

In Deutschland und hier in Kanada sitzen ungefähr 150 Studenten im Hörsaal. In Deutschland war das alles sehr unpersönlich. Hier versucht sie sich - selbst bei dieser Zahl an Studenten - die Namen zu merken. Es fühlt sich ganz anders an, das ist erstaunlich. Man fühlt sich auch so, als ob man zusammenarbeitet. Und das zieht sich durch alle Fächer.


Fredericton ist eine malerische Kleinstadt mit rund 50.000 Einwohnern und besitzt wunderschöne Wohngebiete.

College Contact:
Sind dir bei deinen Kursen im Vergleich zur FH in Deutschland noch andere Unterschiede aufgefallen?

Philipp Czakert:
In den anderen Fächern sind wir weniger Studenten und die Klassenstärke liegt bei 30 Personen. Viele Beispiele aus der Industrie werden uns präsentiert und es ist auf jeden Fall einen Tick anders als in Deutschland. Man wird hier gut unterstützt. Es werden Office Hours angeboten und es gibt Tutorials. Das hatten wir aber in Deutschland auch.


College Contact:
Welchen Mehrwert hat ein Studium an der University of New Brunswick deiner Meinung nach für einen Ingenieurstudent aus Deutschland?

Philipp Czakert:
Die allgemeine Lernerfahrung ist positiver für mich hier, aber ich glaube nicht, dass das die Antwort auf die Frage ist. Ich würde sagen, Materialkunde ist vom Fach beziehungsweise vom Wissensstand her identisch. Die anderen Fächer sind neu, dementsprechend bekomme ich neues Wissen.

Die University of New Brunswick ist renommiert für ihre Ingenieurdisziplinen und ich kann das bisher bestätigen. Ich habe einen guten Eindruck. Vom Hörensagen weiß ich, dass die Fakultät für Biomedizinische Technik einen guten Ruf hat und dass die chemischen Ingenieure hier generell ein hohes Ansehen genießen, also von der Ausbildung her.


College Contact:
Ingenieur- und Naturwissenschaftler verschlägt es zum Studieren vergleichsweise selten ins Ausland. Was hat dich dazu bewegt, für zwei Semester in Kanada zu studieren?

Philipp Czakert:
Ich glaube, das ist einfach schon seit einer Weile in mir drin gewesen. Ich habe auch schon ganz früh angefangen, ein bisschen mehr flügge zu sein als meine Geschwister und wollte irgendwie raus. Das ist mein erster richtiger Versuch, eine dauerhafte Erfahrung zu sammeln - nicht so impulsiv, wie das sonst immer war. Ich glaube, es ist eine Typsache und ich kann mir nicht vorstellen, dass Leute ins Studium gehen und diese Option nicht vor Augen haben.


College Contact:
Die Sorge, dass deine im Ausland absolvierten Kurse in Deutschland nicht anerkannt werden könnten, hattest du nicht?

Philipp Czakert:
Das war für mich eigentlich überhaupt kein Thema. Ich wollte hauptsächlich hierherkommen und mein Englisch verbessern und gelernt wird trotzdem. Ich werde das irgendwann bestimmt mal anwenden können, wenn mir etwas nicht anerkannt wird. Das ist gewonnene Zeit, so oder so. Aber der Anerkennung steht eigentlich nichts im Weg.


College Contact:
Hast du dir für die kommenden Monate etwas Besonderes vorgenommen?

Philipp Czakert:
Im Sommer sind viele Exkursionen geplant, Wanderungen zum Beispiel. Vieles ergibt sich auch erst im zweiten Semester. Ich überlege ja, ob ich vielleicht mein Bachelorstudium hier beende. Das würde nur klappen, wenn ich ein Co-op-Programm mache, das heißt, dass ich ein Jahr von der Uni aus arbeite. Die Uni vermittelt das quasi und dann arbeite ich Vollzeit für ein Jahr und werde auch Vollzeit bezahlt. Also es ist nicht mit einem Praktikum in Deutschland zu vergleichen. Es wird sich zeigen, wie das verläuft. Wenn ein Platz frei ist, werde ich den wahrscheinlich auch bekommen.


Der Herbst bringt zwar auch in Fredericton verregnete Tage mit sich, dafür aber auch die Aussicht auf eine herrliche Schneelandschaft im Winter.

College Contact:
Welches Zwischenfazit ziehst du über deine bisherige Zeit in Kanada?

Philipp Czakert:
Die Uni ist insofern anders, als man viel mehr Hausarbeiten und Tests während des Semesters hat, was gut ist, weil einen das ein bisschen auf Spannung hält. Mit den Leuten hier in Kanada kann man super leicht in Kontakt treten. Die helfen einem, wenn man Hilfe braucht. Man fühlt sich sehr willkommen hier. Ja, das ist ein schönes Fazit: Ich fühle mich hier sehr willkommen.


College Contact:
Das ist ein schönes Schlusswort. Danke für das angenehme Gespräch, Philipp.

Ihr möchtet es Philipp gleichtun und in die kanadische Kultur eintauchen? Die University of New Brunswick - Fredericton hält ein vielfältiges Studienangebot im MINT-Bereich, aber auch in anderen Fachbereichen bereit. Unsere Studienexpertinnen beraten euch gerne zu den Studienmöglichkeiten an der UNB und begleiten euch auf eurem Weg ins Ausland.