Lehrveranstaltungen in Neuseeland

Sobald das neue akademische Jahr in Neuseeland ansteht, warten viele Studierende gespannt auf das aktualisierte Vorlesungsverzeichnis. Zu Beginn des Semesters oder Trimesters wählen die Studenten aus dem umfangreichen Angebot der neuseeländischen Hochschulen ihre passenden Lehrveranstaltungen aus.

Für internationale Studierende, die ein Auslandssemester in Neuseeland verbringen, ist das aus den USA bekannte Class Crashing nicht notwendig. Sie nennen ihre Wunschkurse meist schon bei der Bewerbung und passen diese gegebenenfalls vor Ort an. Die praxisnahen und fast familiären Lehrveranstaltungen stellen für viele internationale Studierende einen der vielen Gründe für ein Studium in Neuseeland dar.

Arten von Lehrveranstaltungen in Neuseeland

In Neuseeland wählen Studierende ihre Lehrveranstaltungen aus einem breit gefächerten Kursangebot, passend zur angestrebten Qualifikation. Vor allem an den Universitäten stellen sie ihren Stundenplan selbst zusammen. In den Undergraduate-Kursen belegen die Studierenden in den ersten Semestern Vorlesungen und die zugehörigen Tutorien. Je nach Studienfach kann die praktische Ergänzung auch aus Laborarbeit oder Praktika bestehen. Später kommen immer mehr Seminare und Projektarbeit hinzu, sodass sich die Studierenden noch intensiver auf ihren jeweiligen Studienschwerpunkt oder das zukünftige Berufsfeld konzentrieren. Studierende eines Masters by thesis belegen allerdings in der Regel keine Lehrveranstaltungen.

Neben Vorlesungen, Praktika oder Laborarbeit gehört auch das klassische Seminar zu den Lehrveranstaltungen in Neuseeland.

Für das Studium an einer Universität wählen Studierende ein Subject, also ein Fach, als Major. Dieses Hauptfach macht etwa zwei Drittel der benötigten Kurse aus. Beispielsweise ist Geschichte ein Hauptfach eines Bachelor of Arts. Teilweise wählen Studierende zwei Majors, um ein interdisziplinäres Studium zu absolvieren. Zusätzlich zum Major ist die Wahl eines Minors möglich. Das Studium eines solchen Nebenfachs ist allerdings optional.

Das Studium in Neuseeland besteht aus Kursen:

  • Courses oder Papers: Dabei handelt es sich um die Bausteine eines Studienprogrammes für die angestrebte Qualifikation. Studierende belegen Courses oder Paper während ein oder zwei Semestern und sammeln Credit Points bei Bestehen. Jeder Kurs entspricht dabei einem bestimmten Level.
  • Core oderCompulsory Courses: Diese Pflichtveranstaltungen werden als Teil des Majors oder Minors belegt.
  • Elective Courses: Kurse aus anderen Fachbereichen oder Themengebieten, die nicht verpflichtend für den gewählten Major oder Minor sind.
  • Bridging oderFoundation Courses: Diese voruniversitären Kurse vermitteln bestimmte Fähigkeiten und Hintergrundwissen, um Studierende auf ein Studium im tertiären Bildungssektor Neuseelands vorzubereiten.

Die Kurse in Neuseeland beinhalten folgende Arten von Lehrveranstaltungen:

  • Lecture: Bei dieser Lehrveranstaltung unterrichtet ein Dozent alle Studenten, die sich für den Kurs eingeschrieben haben. Diese Form ist vergleichbar mit einer Vorlesung an einer deutschen Hochschule. Bei einer großen Menge an Studenten teilt die Hochschule den Kurs allerdings in Gruppen oder Streams auf. Die Veranstaltung ist etwa 50 Minuten lang.
  • Tutorials: Diese interaktiven Lehrveranstaltungen finden zusätzlich zu den Courses oder Lectures statt. Die meist einstündigen Sessions beinhalten Laboratories, Workshops und Online Discussions.
  • Laboratory Session: Vor allem in naturwissenschaftlichen oder medizinischen Studiengängen sind diese Sessions obligatorischer Teil der entsprechenden Kurse. Unter Aufsicht forschen und experimentieren die Studenten im Labor.
  • Field Trip: Während dieser Lehrveranstaltung besuchen Studierende mit den Dozenten Forschungsstätten oder unternehmen Exkursionen im Kontext ihres Kurses. Teilweise begleiten die Teilnehmer besonders außergewöhnliche Aktivitäten online aus dem Kursraum heraus, wie beispielsweise ein Flug mit einem Sanitätsflugzeug. Diese praxisnahen Lehrveranstaltungen sind sehr beliebt an den neuseeländischen Hochschulen.
  • Practicum: Studierende sammeln praktische Erfahrung bei einem kooperierenden Betrieb und bringen sich aktiv in den Arbeitsablauf ein. Sowohl der Betrieb als auch die Hochschule begleiten die Teilnehmer.
  • Supervisory Session: Studierende erhalten Feedback über ihre Arbeit und besprechen diese mit einem Betreuer. Das kann die abschließende thesis, aber auch ein Praktikum oder ein eigenes Forschungsprojekt sein.

Die Lehrveranstaltungen in Neuseeland finden üblicherweise in der Vorlesungszeit von Februar bis November oder in speziellen Summer Sessions statt. Manche Kurse werden jedes Semester angeboten, andere hängen mehr vom Lehrpersonal oder den Kapazitäten der Hochschule ab.

Internationale Studierende, die ein Auslandssemester in Neuseeland verbringen, sollten ihre Kurswahl vorab mit ihrer Heimathochschule besprechen, um die spätere Anerkennung sicherzustellen. Dabei ist es ratsam mehr Kurse als benötigt in die Auswahl zu nehmen, damit auch ein Wechsel vor Ort möglich ist. Üblich sind entsprechend dem neuseeländischen Studentenvisum drei bis vier Lehrveranstaltungen während eines Semesters. An einigen Universitäten bestimmt die Anzahl der Kurse die Höhe der Studiengebühren. Anwesenheitspflicht gilt an allen neuseeländischen Hochschulen und ein sichtbarer Fortschritt des Studiums ist Voraussetzung für das Studentenvisum in Neuseeland.


Kurskataloge an neuseeländischen Hochschulen

Die Lehrveranstaltungen einer Hochschule finden sich gesammelt im Kurskatalog. An den neuseeländischen Hochschulen bauen die Lehrveranstaltungen entsprechend dem angestrebten Abschluss aufeinander auf. Anhand eines mindestens dreistelligen Course Code ist der Level und anhand von Buchstaben der Fachbereich eines Kurses zu erkennen. An den Universitäten gilt überwiegend: die Bezeichnung 100-level steht für Kurse aus dem ersten Studienjahr, Bachelor of Honour’s Kurse sind meist 500-level, Masterkurse 600-level und PhD-Kurse 700-level. Beispielsweise beschreibt BTEC101 einen Einführungskurs in die Biotechnologie an der Victoria University of Wellington. Gerade im Masterbereich weichen einige neuseeländische Universitäten jedoch von diesem System ab und entwickeln eigene Niveaustufen.

Die Institutes of Technology and Polytechnics (ITPs) und Private Training Establishments (PTEs) richten sich üblicherweise nach den Level des NZQF. Dieses System ordnet alle offiziellen neuseeländischen Studienabschlüsse einem bestimmten Niveau (Level) von eins (Certificate) über sieben (Bachelor) bis zehn (Doktorgrad) zu. Die Kursbezeichnung ETH615 steht beispielsweise für den Bachelorkurs Business Ethics am Nelson Marlborough Institute of Technology. Die genaue Einstufung unterscheidet sich teilweise an den Hochschulen und ist auf der jeweiligen Webseite nachzulesen. Durch eine weitestgehend vereinheitlichte Zuordnung stellt das neuseeländische Studiensystem jedoch die Vergleichbarkeit und entsprechend hohe Qualität der Abschlüsse sicher.

In vielen Fällen ordnen die Hochschulen in Neuseeland den Lehrveranstaltungen einen zusätzlichen Occurrence Code zu. Die Kennung beschreibt, in welchem Jahr des Studiums oder in welchem Semester der Kurs stattfindet. Das erleichtert es den Studierenden, ihren Stundenplan entsprechend ihrem Studienniveau zusammenzustellen und das Studium zu planen. Ein möglicher Site Code gibt Auskunft über den Ort der Lehrveranstaltung. Das ist vor allem an Hochschulen mit mehreren Standorten hilfreich.


Prüfungsformen und Notenvergabe in Neuseeland

Die Lehrveranstaltungen in Neuseeland erfordern Leistungsnachweise, um Credit Points für den angestrebten Abschluss zu sammeln. Je nachdem, welche Qualifikation Studierende erhalten wollen, variiert die benötigte Anzahl der Credit Points und das entsprechende Studienniveau.

An neuseeländischen Hochschulen dienen kleinere Assignments im Laufe des Semesters und eine Abschlussklausur oder ein Abschlussprojekt als Leistungsnachweis einer Lehrveranstaltung. Dazu zählen kleine Hausarbeiten, Essays, Paper oder Reports sowie Tests und Klausuren. Üblich sind etwa drei Assignments pro Kurs. Dadurch investieren Studierende in Neuseeland für eine gute Note viel Zeit während des Semesters in die Lehrveranstaltungen.

Genau wie die Lehrveranstaltungen erhalten die abgegebenen Paper in der Regel einen Code, der sie Level und Fachbereich eindeutig zuordnet.

Das neuseeländische Notensystem bewertet die Leistungsnachweise nach Letter Grades von A+ bis E, die entsprechende Prozentspannen abdecken. Das Studium in Neuseeland erfordert kontinuierliche Leistung im Laufe des Semesters für eine entsprechend gute Note. Die kleineren Leistungsnachweise ergeben etwa 30% bis 50% der Abschlussnote der jeweiligen Lehrveranstaltung. Die Abschlussprüfung macht den restlichen Anteil dieser Note aus. Das hat den Vorteil, dass die Endnote einer Lehrveranstaltung in Neuseeland ein ganzes Semester und nicht eine jeweilige Tagesform abbildet.


Atmosphäre in den Lehrveranstaltungen in Neuseeland

Keine Massenveranstaltungen in überfüllten Hörsälen: In Neuseeland setzt man auf kleinere Lerngruppen und individuelle Förderung.

Die neuseeländischen Hochschulen sind bekannt für eine exzellente Lehratmosphäre. Kleine Gruppen, Praxisnähe und eine moderne Ausstattung ermöglichen zeitgemäße und individuelle Lehrveranstaltungen. Der Kontakt zum Lehrpersonal ist oft sehr persönlich und Dozenten sind offen für neue Sichtweisen. Um Studierende selbst in den Vorlesungen zur aktiven Mitarbeit zu motivieren, setzt die AUT University beispielsweise auf runde Tische statt starrer Bankreihen. Diese Lehratmosphäre fordert und fördert die Studierenden, die immer am Ball bleiben müssen, um mitreden zu können.

Für neuseeländische Studenten ist es selbstverständlich, die Kurse im Selbststudium vor- und nachzubereiten. Bei Projektarbeiten oder Referaten wählen sie ihre Themen oft frei und nach eigenen Recherchen in Rücksprache mit den Dozenten. Die serviceorientierten hochschuleigenen Einrichtungen bieten Studierenden Platz und Ressourcen zum selbständigen Arbeiten und Forschen. In den Lehrveranstaltungen besprechen die Teilnehmer oft aktuelle Forschungsergebnisse der Hochschule und profitieren von den Erfahrungen der Dozenten.

Die Praxisprojekte, vor allem an den ITPs, betreuen auch die kooperierenden Betriebe mit viel Engagement. Oft fertigen Studierende hier ihre Abschlussprojekte an. Dabei stehen ihnen zusätzlich eigene Academic Supervisor der Hochschule zur Seite. Praktika sind an allen neuseeländischen Hochschulen möglich und Teil des akademischen Semesters.


Neuseeländische Lehrveranstaltungen im Vergleich zu Deutschland

  • Ähnlich zum deutschen Studium an einer Universität stellen Studierende in Neuseeland ihren Stundenplan selbst zusammen
  • Aufgrund der Kursnummer sind Lehrveranstaltungen eindeutig einem bestimmten Niveau zuzuordnen
  • Neuseeländische Hochschulen fördern eine offene Atmosphäre und Interaktivität in den Lehrveranstaltungen
  • Wie in Deutschland besteht das Studium in Neuseeland aus Vorlesungen, Tutorien und Seminaren
  • Vor allem durch Praktika und Field Trips ist das neuseeländische Studium besonders praxisnah
  • Die Abschlussnote einer Lehrveranstaltung bildet sich in Neuseeland aus mehreren einzelnen Leistungsnachweisen
  • Ein Studienfach- oder Hochschulwechsel ist auch in Neuseeland durch vergleichbare Abschlüsse möglich

Weitere hilfreiche Eindrücke zu den Lehrveranstaltungen findet ihr in den Erfahrungsberichten aus Neuseeland.