19 Mär
Erfahrungsbericht von Felix R.

University of California, Santa Barbara


Stadt: Santa Barbara
Land: USA
Kontinent: Nordamerika
Studienrichtung: Elektrotechnik
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 09/2019 bis 12/2019
Heimathochschule: Aachen RWTH

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Kalifornien – „The Golden State“ – klingt erst einmal sehr weit weg, ist aber eigentlich einer der Orte, die man schon immer kannte, ob durch Film & Fernsehen oder durch Musik, denn die Liste von Künstlern (Red Hot Chilli Peppers, Eagles, Linkin Park…), die hier beheimatet sind, ist sehr lang. Dieser Staat, der mit Superreichen und super vielen Obdachlosen von Gegensätzen geprägt ist, beherbergt die größten Tech-Firmen der Welt, beeinflusst auch dadurch maßgeblich unser Leben und hat ironischerweise doch ein sehr marodes Stromnetz. Aber auf einiges kann man sich gerade in Santa Barbara sehr wohl verlassen: blauer Himmel, Sonnenuntergänge, freundliche Menschen und jede nur erdenkliche Outdoor-Sportart. Mit einem Wort lässt sich das wohl nur mit „Reizüberflutung“ beschreiben, denn hier ist so ziemlich alles möglich: Morgens zum Sonnenaufgang mit den Wanderschuhen auf einen der Berge rauf und nachmittags mit dem Neoprenanzug in die Wellen, egal ob klassisches Surfen, Stand-up-Paddling oder Kayak.

Santa Barbara wirkt im Vergleich zur zwei Autostunden entfernten Metropolregion Los Angeles fast schon winzig und könnte mit den roten Dächern, weißen Hausfassaden und den umgebenen Weingebieten ebenso am Mittelmeer gelegen sein. Folgt man der Küste etwas weiter westlich, passiert man den UCSB Campus, der malerisch direkt am Pazifik liegt—und daneben findet man Isla Vista, die kleine 99%ige Studentenstadt.

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Unterkunft

Ich war nur für das Fall Quarter an der UCSB, was sich auf die Wohnungssuche als eher ungünstig ausgewirkt hat. Dies liegt zum einen daran, dass die Freshmen ihr Studium zu diesem Quarter hin beginnen und daher die Studentenwohnheime zu großen Teilen in Anspruch nehmen, sodass diese nicht für Extension-Students freigegeben werden. Zum anderen werden auf dem privaten Wohnungsmarkt bei Start im September beziehungsweise August vorzugsweise Verträge von 10 Monaten oder länger geschlossen, sodass es hier schwierig sein kann, eine Miete auf drei bis vier Monate zu begrenzen. Die beste Möglichkeit besteht darin, eine Untermiete über die Facebookgruppen „UCSB HOUSING“, „IV Housing for UCSB Students“ oder „Free & For Sale (UCSB)“ zu finden. Nicht nur, weil diese Option über eine begrenzte Dauer läuft, sondern auch, weil man dadurch direkt in eine Wohngemeinschaft eingebunden ist. Eine Alternative kann auch darin bestehen, einen Vertrag für das gesamte Studienjahr zu unterzeichnen und nach Ende des eigenen Aufenthalts jemanden zu finden, der den Vertrag übernimmt.
Auch über „Craigslist“ können Zimmer oder sogar Ferienwohnungen (insbesondere in Downtown) gefunden werden, jedoch ist hier durch die größere Anonymität Vorsicht geboten. Das Mietniveau ist insgesamt sehr hoch und liegt bei circa $900 aufwärts für ein Einzelzimmer.

Bislang hatte ich Unterkünfte erst nach Ankunft vor Ort gesucht, da man so sicher sein kann, nicht betrogen zu werden. In Santa Barbara ist die Wohnsituation (zum Fall Quarter hin) jedoch derart schwierig, dass es sich definitiv lohnt, bereits ein paar Monate vor Abreise Angebote einzuholen. Zwar ist es auch möglich, zunächst in einem Hostel, Motel oder Airbnb zu übernachten, jedoch sind diese durch die Urlaubszeit im Spätsommer stark nachgefragt und nicht günstig. Am ehesten lohnt sich dabei das als Student Hotel genutzte Wohnheim auf dem Campus, welches bis zum Beginn des Quarters offen für alle Studenten ist und für $57 die Nacht gebucht werden kann, bevor die eigentlichen Bewohner einziehen.


UCSB

Wenn man den von Palmen gesäumten Campus der UCSB das erste Mal betritt, braucht man tatsächlich einen sehr langen Moment, um zu realisieren, wie schön dieser Ort ist. An der Ostseite grenzen die Hochschulgebäude direkt an den Ozean und wer möchte, kann sich hier vor Beginn der Vorlesungen den Sonnenaufgang auf einer der Terrassen (z.B. Brenn Hall) ansehen. An der Südseite trennt die Lagoon die Universität von dem dahinterliegenden Strand (Campus Point Beach) und lädt zum Faulenzen in der Mittagspause ein. Der gesamte Campus ist von Fahrradwegen durchzogen und zu Stoßzeiten ist hier etwas Vorsicht geboten, denn nicht alle fahren wirklich achtsam und einen Helm trägt hier auch keiner. Wer sich anfangs mal verläuft, kann auf der „Go Gaucho“-App schnell eine Karte abrufen oder auch die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen in der Bibliothek überprüfen. Diese befindet sich im Zentrum des Campus und bietet auf acht Etagen verschiedene Räumlichkeiten zum Lernen. Ein Highlight ist dabei die höchste Etage, da man von hier eine tolle Aussicht über Berge und Meer genießen und sich zudem einen eigenen Überblick über den Campus schaffen kann. Dabei fällt beim Rundgang schnell das große Recreation Center ins Auge, welches als Sportzentrum bis spät abends für alle Studenten geöffnet ist und neben Schwimmbecken, Sporthallen, Fitnessstudios, einer Kletterwand und Tennis bzw. Squash Courts eine Vielzahl an Möglichkeiten bietet. Ob mit oder ohne sportliche Aktivität kann man den Tag hier auch im heißen Jacuzzi ausklingen lassen. Neben dem Recreation Center befindet sich das Harder Stadium, in welchem z.B. die Fußballspiele der Uni-Mannschaft ausgetragen werden und zu denen alle Studenten umsonst Zugang erhalten. Ebenso können auch im Thunderdome Basketball- und Volleyballspiele verfolgt werden. Mit Blick auf das Campusgelände fällt auch der Storke Tower direkt auf, welcher zur vollen Stunde zusätzlich akustisch durch Glockengeläut auf sich aufmerksam macht. Daneben im University Center trifft man sich häufig zum Mittagsessen, wobei außerhalb der Dining Halls hauptsächlich Fast Food angeboten wird. Sehr zu empfehlen ist daher die Food Bank, wo rationiert pro Person Lebensmittel an Studenten ausgegeben werden. Bei den Preisen im Supermarkt kann dies den Geldbeutel zumindest etwas entlasten.


Kurse

Als Extension-Student dürfen für die bezahlten Gebühren maximal 12 CP im Undergraduate oder 8 CP im Graduate Bereich belegt werden (oder 12 bei einer Kombination von beiden), ansonsten muss finanziell draufgelegt werden. Ich habe hier abschließend zwei Kurse mit je 4 CP als Wahlfächer des Masterstudiums belegt: ECE 230A bzw. ME 243 Linear Systems und ECE 277 Pattern Recognition (ME 243 steht dabei für die äquivalente Bezeichnung im Katalog der Maschinenbaufakultät). Das Einschreiben verlief im Fall von ECE230A unproblematisch, da ich die benötigten Unterschriften von Professor und Fakultät direkt erhielt. Generell sind in Elektrotechnik-Kursen häufig Plätze frei und die Professoren sind überwiegend sehr offen für zusätzliche Studenten aus Übersee. Der Kurs ECE 277 war zu Anfang jedoch bereits voll, sodass ich mich parallel in einen weiteren Kurs eingeschrieben habe, bis Plätze frei wurden. Vom Beginn des Semesters an haben die Studenten glücklicherweise mehrere Wochen Zeit, bis endgültig festgelegt werden muss, welche Kurse für das Quarter belegt werden. Wichtig ist dabei, dass die Bedingungen für ein Vollzeitstudium (Belegung von 12 CP Undergraduate bzw. 8 CP Graduate) eingehalten werden, weil dies eine Voraussetzung für die Aufrechterhaltung des Studentenvisums ist.

ECE 230A bzw. ME 243 Linear Systems (Francesco Bullo)

Die Vorlesung über Regelungstechnik orientierte sich an einem Lehrbuch, welches im Online-Bestand der Bibliothek verfügbar war und auch die wöchentlichen Hausaufgaben wurden aus den Anwendungsbeispielen dieses Werks ausgewählt. Die Aufgaben mussten eigenverantwortlich nebenbei ohne dafür im Stundenplan vorgesehene Übungsstunden gelöst und eingereicht werden. Der Professor ist einer der nettesten Dozenten, die ich kenne und hat zwei ausgefallene Vorlesungen abends mit einem zusätzlichen Catering nachgeholt.

ECE 277 Pattern Recognition (Kenneth Rose)

Hierbei gab es kein Script, sodass die Vorlesungen unbedingt besucht werden sollten und es schadet dabei nicht, sich weiter nach vorne zu setzen, um ohne Stirnfalten die Schrift auf der Tafel entziffern zu können. Auch hier mussten wöchentlich Hausaufgaben abgegeben werden. Zehn Tage vor der Prüfung sagte mir der Professor plötzlich, dass ich in seinem Notensystem nicht eingetragen sei und er daher anzweifelt, dass ich überhaupt eingeschrieben bin. Nach Rücksprache mit dem Extension-Office konnte der Umstand aber zum Glück beigelegt werden.

In beiden Kursen ergab sich die Gesamtnote durch Punktzahlen in Hausaufgaben, Mid-Term und Final-Exam mit individuellen Schwerpunkten.


Freizeit in Isla Vista

Die am besten investierten $30 des Quarters waren ganz klar die für den Mitgliedsbeitrag des Excursion Clubs, denn dieser bietet nicht nur das Ausleihen von Wetsuits, Surfbrettern, Kayaks, Camping- und Ski-Ausrüstung, sondern auch einen vollen Terminplan an Aktionen über die Woche verteilt. Von Bergsteigen über Yoga und Jam-Sessions. Das Club-Haus ist direkt am Devereux Beach, sodass die Bretter nicht sehr weit bis zum kühlen Nass getragen werden müssen und wer sich vorab über die Bedingungen informieren möchte, kann dies mit Apps wie „Surfline“ oder, im Fall des Campus Point Beachs, mit der Webcam erledigen. Aufpassen sollte man beim Surfen in jedem Fall auf die vielen Felsen an den Stränden, gerade bei einem niedrigen Wasserstand während der Ebbe. Am Sands Beach können zudem die Wellen sehr groß werden und sind in dem Fall mit Vorsicht zu genießen. Darüber hinaus ist bezüglich der Freizeitgestaltung auch der Salsa und Bachata Club sehr zu empfehlen! Dieser trifft sich einmal in der Woche, um neue Schritte zu lernen und dabei ist es nicht nötig, einen Partner mitzubringen. Die Küstenregion eignet sich natürlich auch super dafür, um bei der guten Seeluft eine Runde Joggen zu gehen.


Reisen

Von Isla Vista aus ist man definitiv in der Pole Position für alle möglichen Reiseunterfangen! Der Flughafen mitsamt Mietwagenanbietern, der Bahnhof von Goleta und der Highway liegen praktisch in der Nachbarschaft. In Downtown können zusätzlich Greyhounds oder (seit Juni 2019) auch Flixbusse bestiegen werden und, falls die Kampfpreise noch aktuell sind, kann Los Angeles für $5 von Santa Barbara aus mit einem der grünen Busse erreicht werden.

Am meisten Spaß macht jedoch die Gruppenreise mit einem Auto und wer dabei beispielsweise nach San Francisco möchte, braucht nur einmal auf den US-101 zu fahren und kann danach entspannt für 300 Meilen der gleichen Straße folgen, denn eben diese überquert nach kurzer Unterbrechung im Stadtzentrum schlussendlich die Golden Gate Bridge. Genug Zeit für die Reise einplanen, den Tempomat auf 65/70 mph stellen und zurücklehnen. Da links- und rechtsseitiges Überholen erlaubt ist, braucht es kaum Spurwechsel und auch das Tempolimit sorgt mit den endlos geraden Straßen dafür, dass Autofahren sehr viel angenehmer als hier in Deutschland erscheint. Von einzelnen Staus abgesehen, sind die Straßen Richtung Norden gut befahrbar, im Süden gerade um LA herum braucht es dagegen etwas mehr Geduld, vor allen Dingen an Feiertagen. Für Reisen mit dem Auto sind zudem Apps wie „Spotangels“ empfehlenswert, in denen kostenlose Parkplätze von anderen Nutzern ausgewiesen werden. Ein Vorteil an der Lage um IV ist zusätzlich, dass man nicht erst stundenlang aus einer Stadt herausfahren muss, um eine Reise beginnen zu können.

Fahrten mit dem Zug in Kalifornien (Amtrak) sind zwar recht teuer, aber sie sind es dennoch wert. Der doppelstöckige Pacific Surfliner fährt von San Luis Obispo über Santa Barbara bis runter nach San Diego zum Santa Fe Depot und dabei nicht selten direkt am Meer entlang. „America’s Finest City“ sollte man sich nicht entgehen lassen und ein Abstecher zum Strand Ja Jolla ist sehr zu empfehlen! Aber auch weiter landeinwärts hat Kalifornien mit den verschiedenen Nationalparks (Yosemite, Joshua Tree, Sequoia) sehr viel zu bieten. Bei allen Unternehmungen ist es dennoch ratsam, etwas mehr auf seine Habseligkeiten zu achten und falls möglich, innerhalb einer Gruppe auf Reisen gehen.

Als Musikliebhaber sollte man zwischendurch mal mit einem Auge auf den Veranstaltungskalender schielen, denn kein Act, der auf Nordamerika-Tour ist, macht einen Bogen um Südkalifornien, sodass man nebenbei die Chance hat, die ganz Großen im Konzert zu erleben. Und auch abgesehen davon sind insbesondere die Bars um Hollywood herum eine super Adresse für gute Live-Musik. Dort lohnt sich neben dem „Walk of Fame“ auch ein Besuch von Amoeba Music, dem (eigenen Angaben nach) weltgrößten Laden für Schallplatten und CDs.


Fazit

Das Studium an der UCSB, das Wohnen in Santa Barbara und das Reisen ist natürlich mit sehr hohen Kosten verbunden, aber dafür hat man die einmalige Chance, direkt am Pazifik zu studieren und jeden Tag in die Wellen springen zu können. Gerade hier können die Unternehmungslustigen ihre Zeit wegen des oftmals guten Wetters optimal nutzen und Kalifornien in alle Richtungen erkunden. Mir bleibt die Zeit in sehr guter Erinnerung und das liegt nicht nur an den offenen Menschen, mit denen man sich an jeder Fußgängerampel unterhalten kann, sondern auch an der wunderschönen Landschaft und den imposanten Städten. Neben dem Fachwissen des Studiums wird auch durch die vorherige Bewerbungsprozedur die eigene Planungskompetenz erweitert und man schließt weltweit neue Freundschaften. Trägt man ein Kleidungsstück der UCSB wird man schnell an den verschiedensten Ecken in Kalifornien von Alumni angesprochen, die begeistert von der eigenen Studienzeit berichten und man kann mittlerweile gut nachvollziehen, warum das so ist.