Hochschul­landschaft in Kanada

Kanada erfreut sich als Studienland zunehmend an Beliebtheit. Gründe dafür gibt es viele. Einer der Hauptgründe liegt wohl darin, dass an so gut wie jeder Hochschule die Qualitätsstandards ausgesprochen hoch sind. Und das, obwohl es keine einheitliche Qualitätssicherung in Kanada gibt. Bildung gehört für die Kanadier zu einem wertvollen Allgemeingut und aus diesem Grund investieren der Staat und die einzelnen Provinzen und Territorien viel in diesen Bereich.

Die Hochschullandschaft in Kanada ist äußerst vielfältig und erscheint auf den ersten Blick ein wenig unübersichtlich. Da Kanada ein föderalistischer Staat ist, sind die zehn Provinzen und drei Territorien jeweils selbst für das Bildungs- beziehungsweise Studiensystem verantwortlich. Die Hochschullandschaft ist überwiegend staatlich geprägt, wobei die Universitäten jedoch im höchsten Maße autonom sind. Private Universitäten gibt es, vor allem im Vergleich zur Hochschullandschaft in den USA, nur sehr wenige. Allerdings lässt sich in den letzten Jahren ein langsamer aber stetiger Zuwachs feststellen.

Hochschultypen in Kanada

Wie die meisten Hochschulen in der Hochschullandschaft in Kanada ist auch die noch junge Kwantlen Polytechnic University in British Columbia eine staatliche Einrichtung.

Anders als in Deutschland, wird in Kanada zwischen akademischer (academic) und beruflicher (professional) Ausbildung zunächst kein großer Unterschied gemacht. Beides gehört zum großen Bereich der Postsecondary Education und kann von ein und derselben Einrichtung angeboten werden. Ein Hochschulabschluss ist in Kanada nichts Außergewöhnliches und es kommt letztlich eher auf die Abschlussart an.

Grob betrachtet gibt es in der kanadischen Hochschullandschaft zwei Hochschultypen:

 

  • Universitäten in Kanada (Universities): Sie vergeben sowohl Undergraduate- als auch Graduate-Abschlüsse und konzentrieren sich überwiegend auf die akademische Ausbildung und auf die Forschung. Häufig bieten sie ebenfalls berufsausbildende Programme mit Certificate- oder Diploma-Abschluss an.
  • Colleges in Kanada: Ihre Programme sind vor allen Dingen praxisorientiert und bereiten auf einen direkten Einstieg in den Beruf vor. Ursprünglich verliehen sie ausschließlich Certificates und Diplomas. Einige Colleges bieten mittlerweile jedoch auch akademisch ausgerichtete Programme und Abschlüsse an, wie beispielsweise Transfer Programs, Associate Degrees und sogar spezielle Bachelor- und Masterabschlüsse.

Es gibt es eine Reihe an Kriterien, die die einzelnen Hochschulen näher beschreiben und voneinander unterscheiden sollen. Sie dienen den Bewerbern und Interessenten vor allen Dingen als Maßstab und als Orientierung innerhalb der Hochschullandschaft in Kanada.

Degree-granting Institutions vs. Non degree-granting Institutions

In Kanada wird im Hochschulbereich zwischen Degree-granting Institutions und Non-degree-granting Institutions unterschieden. Hier geht es darum, ob eine Hochschule dazu berechtigt ist, akademische Grade (Bachelor, Master, PhD) zu verleihen oder nicht. Universitäten sind grundsätzlich Degree-granting Institutions. Colleges verleihen in der Regel keine akademischen Grade und fallen daher unter die Kategorie der Non degree-granting Institutions. Die Grenzen sind in den letzten Jahren in der kanadischen Hochschullandschaft allerdings zunehmend durchlässiger geworden:

  • Vielfach gibt es Kooperationen zwischen Universitäten und Colleges, die einen einfachen Transfer ermöglichen.
  • Manche Colleges bieten mittlerweile selbst akademische Grade im Undergraduate-Bereich mit angewandtem Fokus an, beispielsweise den Applied Bachelor’s Degree.
  • Einige wenige Colleges haben sogar, in Kooperation mit Universitäten, spezifische, praxisorientierte Masterabschlüsse (Applied Master’s Degree) im Angebot.

Colleges sind also nicht grundsätzlich Non degree-granting Institutions. Diejenigen Colleges, die neben den berufsbildenden Certificates und Diplomas auch akademische Abschlüsse verleihen, sind zusammen mit den Universitäten in der Association of Universities and Colleges of Canada (AUCC) zusammengefasst.

Degree-granting Institutions

In den einzelnen Provinzen gibt es unterschiedliche Degree-granting Institutions:

  • Universitäten
  • Colleges
  • Institutes of Technology
  • Specialized Institutions

Das Angebot reicht hier also von kleinen Liberal-Arts-Hochschulen bis zu großen Universitäten mit einer breit gefächerten Auswahl an Undergraduate-, Graduate- und berufsorientierten Programmen. Insgesamt gibt es in Kanada mehr als 10.000 Undergraduate- und Graduate-Programme.

Non degree-granting Institutions

Bei den sogenannten Non degree-granting Institutions handelt es sich vor allen Dingen um die vielen verschiedenen Colleges innerhalb der der Hochschullandschaft in Kanada. Sie gehören der Association of Canadian Community Colleges (ACCC) an. Da sie „nur“ Certificates und Diplomas vergeben und eben keine akademischen Grade, wie den Bachelor oder Master, fallen sie in diese Kategorie. Sie sind in erster Linie für die berufliche Erst- und Weiterbildung zuständig. Die Programme sind stark auf den Arbeitsmarkt zugeschnitten und beinhalten häufig sogenannten Work Terms, also Praxisphasen.

Je nach Provinz oder Territorium heißen die öffentlichen Non-degree granting Institutions unterschiedlich:

  • College
  • Regional College
  • Centre
  • College of applied arts and technology
  • Community College
  • Institute
  • CÉGEP

Recognized, authorized oder registered / licensed

Hierbei handelt es sich um den rechtlichen Status einer öffentlichen oder privaten Hochschule innerhalb der kanadischen Hochschullandschaft. Er bezieht sich darauf, ob und in welchem Maße diese dazu berechtigt ist, akademische Abschlüsse zu verleihen:

  • Recognized (anerkannt): Die öffentliche / private Hochschule ist grundsätzlich dazu berechtigt, akademische Titel und andere Abschlüsse zu verleihen, wobei die Qualität der angebotenen Programme garantiert wird.
  • Authorized (autorisiert, berechtigt): Die öffentliche / private Hochschule ist dazu berechtigt, in einem begrenztem Maße akademische Titel, Diplomas oder andere Abschlüsse zu verleihen, und zwar für bestimmte Programme, deren Qualität auch garantiert werden kann.
  • Registered (eingetragen, registriert) / Licensed (lizensiert, zugelassen): Diese ausschließlich privaten Einrichtungen haben den Status von Wirtschaftsunternehmen, die Fort- und Weiterbildungsprogramme ohne offiziellen Abschluss anbieten. Die Provinzregierungen überprüfen, ob die Einrichtungen und deren Programme bestimmte Anforderungen erfüllen.
  • Non-registered: Hier handelt es sich ausschließlich um private Einrichtungen, deren Lehrangebote in ihrer Qualität nicht geprüft und daher auch nicht garantiert werden.

Öffentliche, private und kirchliche Institutionen

Bei der Unterscheidung von öffentlichen, privaten und kirchlichen Institutionen geht es um den administrativen Status. Die Hochschullandschaft in Kanada ist überwiegend staatlich geprägt. Die Mehrheit der Universitäten und Colleges sind also öffentlich.

Es gibt gerade einmal fünf private, anerkannte (recognized) Universitäten, die große Anzahl der theologisch ausgerichteten Universitäten nicht miteingerechnet.

  • Public: Kontrolliert / verwaltet von einer Körperschaft, deren Mitglieder unter der Aufsicht einer öffentlichen Stelle gewählt oder von einer öffentlichen Stelle bestellt wurden.
  • Private not-for-profit: Kontrolliert / verwaltet von einer Körperschaft, deren Mitglieder nicht von einer öffentliche Stelle ausgewählt wurden. Die Einrichtung wurde jedoch nicht gegründet, um Gewinne für Einzelne (wie Eigentümer, Gesellschafter, Aktionäre o.ä.) zu erwirtschaften.
  • Private for-profit: Kontrolliert / verwaltet von einer Körperschaft, deren Mitglieder von keiner öffentlichen Stelle gewählt wurden. Die Einrichtung wurde zum dem Zweck gegründet, Gewinne für Einzelne zu erwirtschaften.

Es gibt eine Reihe an privaten Universitäten (profit und non profit), die zwar nicht recognized, aber authorized sind. Das heißt, sie sind dazu berechtigt, spezifische akademische Grade im Rahmen spezifischer Studiengänge zu verleihen.

Einige öffentliche und private Universitäten und University Colleges haben eine religiöse / konfessionelle Zugehörigkeit. Sie bieten theologische Studiengänge an, die die Studenten auf ihren späteren Beruf als Geistliche vorbereiten. Manche dieser Einrichtungen haben auch andere Studienfächer im Programm.

In der Hochschullandschaft Kanadas gibt es eine große Anzahl privater Colleges. Sie vergeben in der Regel Certificates und Diplomas. Die meisten sind unternehmerisch tätig und bieten sehr spezialisierte berufsbezogene Kurse und Programme an. Sie heißen oftmals Career Training Institutes, Vocational Schools oder Academies.


Finanzierung

Die einzelnen Provinzen / Territorien finanzieren die öffentlichen Hochschulen direkt. Dafür erhalten sie Gelder von der kanadischen Bundesregierung in Ontario. Die Universitäten finanzieren sich jedoch auch zunehmend über Forschungsgelder aus der Wirtschaft und Industrie und über internationale Kooperationen.

Alle postsekundären Einrichtungen in Kanada, außer die CÉGEPs in Quebec, erheben Studiengebühren. Diese können erheblich voneinander abweichen und hängen sowohl von der Hochschule als auch vom gewählten Programm ab. An den meisten Hochschulen sind die Studiengebühren für internationale Studenten erheblich teurer als für einheimische Studierende. Private Einrichtungen erheben in der Regel höhere Gebühren als öffentliche, da sie keine staatlichen Zuschüsse erhalten.


Qualitätssicherung und Akkreditierungen

In Kanada existiert keine nationale Organisation, die für die Qualitätssicherung und für die Akkreditierung von Programmen verantwortlich ist. Die Zuständigkeit liegt hier wieder bei den Provinzen und Territorien. Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielt allerdings die Association of Universities and Colleges of Canada (AUCC). Hier sind alle Hochschulen Kanadas zusammengeschlossen, die akademische Grade verleihen dürfen.

Auch offizielle Rankings gibt es in Kanada nicht. Allerdings erscheint jährlich der Maclean’s Guide to Canadian Universities, der in diesem Bereich eine einflussreiche Rolle einnimmt. Er bietet umfassende Informationen zu den einzelnen Hochschulen und bewertet diese nach bestimmten Kriterien.

Designated Learning Institutions

Die kanadische Regierung hat diverse Maßnahmen ergriffen, um die für Ausländer unübersichtlich erscheinende kanadische Hochschullandschaft zugänglicher und noch attraktiver zu machen. Die Regierung möchte sicherstellen, dass die internationalen Studierenden auch die qualitätsvolle Ausbildung erhalten, die sie von den Hochschulen des Landes erwarten. Denn auch hier gibt es natürlich „schwarze Schafe“. So erhalten Studierende aus dem Ausland nur noch eine Study Permit für ihr Studium in Kanada, wenn sie an einer sogenannten Designated Learning Institution (DLI) eingeschrieben sind. Auf dieser Liste stehen nur Einrichtungen, deren Programme bestimmten Standards entsprechen. Die aktuelle DLI Liste findet sich auf der Website des Council of Immigration Canada (CIC).


Internationalisierung und Wettbewerb

Die Internationalität der Studentenschaft spielt in der kanadischen Hochschullandschaft zunehmend eine wichtige Rolle.

Im Zuge der Globalisierung sind die kanadischen Unis und Colleges zunehmend darum bemüht, Studierende aus dem Ausland zu rekrutieren und sich stärker zu internationalisieren. Unter dem Stichwort Diversity Management fordert die Bundesregierung die Hochschulen dazu auf, First Nations stärker zu integrieren und internationale Studierende anzulocken.

Diversität ist zu einem entscheidenden Qualitätsmerkmal von Hochschulen geworden und Internationalisierung stellt mittlerweile ein primäres Ziel der Hochschulen dar. Sie bemühen sich zusehends darum, internationale, globale und interkulturelle Dimensionen in ihr Profil zu integrieren. Sei es im Bereich der Lehre, der Forschung oder im Bereich der Dienstleistung. So locken sie mit international ausgerichteten Studiengängen Bachelor- und Masterstudenten aus aller Welt an, wobei die LLM- und MBA-Programme besonders populär sind.

Im Zusammenhang mit der angestrebten Internationalisierung lässt sich ein aufkeimender Wettbewerb zwischen den Hochschulen feststellen. Aufgrund der staatlich geprägten Hochschullandschaft hat der Wettbewerbsgedanke in Kanada - im Gegensatz zur ausgeprägten Wettbewerbssituation in den USA - zuvor eigentlich kaum eine Rolle gespielt.

Weitere Besonderheiten der Hochschullandschaft in Kanada

  • Außerhalb Quebecs haben viele Provinzen mindestens eine französischsprachige Hochschule, die Degree-Programme anbietet. In Quebec gibt es eine Reihe englischsprachiger Hochschulen.
  • In einigen Provinzen gibt es Universitäten, Colleges und Institutes, die speziell an First Nations und Métis gerichtete Programme anbieten.
  • Kanada gehört zu den führenden Nationen, wenn es um Distributed Learning (Fern- und Onlinestudium) geht und dadurch den Zugang zu höherer Bildung zu erweitern. Alle Provinzen haben entsprechende Angebote.