Lehr­veranstaltungen in Großbritannien

Für internationale Studierende bedeutet das Auslandsstudium in Großbritannien mehr als nur eine neue Kultur und Sprache kennenzulernen. Auch bei den Lehrveranstaltungen gibt es an den Colleges und Universitäten in Großbritannien einige Unterschiede gegenüber der Heimatuniversität in Deutschland.

Bei der Wahl der Lehrveranstaltungen in Großbritannien, kann es helfen, sich im Vorfeld entweder in den Erfahrungsberichten ehemaliger Studenten oder aber bei einer Studienberatung oder Agentur zu informieren.

Die britischen Hochschulen sind für ihr qualitativ hochwertiges Studiensystem weltweit bekannt. Die hohen Standards in den Lehrveranstaltungen finden sich sowohl in den Bachelor- und Masterstudiengängen, aber auch in kurzfristigen Studienprogrammen wie Sprachkursen. Die folgenden Hinweise beinhalten einen Leitfaden, was alles bei der Vorbereitung und der Kurswahl beachtet werden sollte.

Arten von Lehr­veranstaltungen in Groß­britannien

Beteiligung erwüscht: In vielen Lehrveranstaltungen in Großbritannien wird viel und lebhaft diskutiert.

Im Gegensatz zu Deutschland wird in Lehrveranstaltungen in Großbritannien vor allem das selbstständige Arbeiten gefördert. Die einzelnen Lehrveranstaltungen werden auf der Insel nicht als „course“ sondern als „module“ bezeichnet. Das englische Wort „course“ beschreibt dagegen den Studiengang.

Je nach Studienprogramm kann die Anzahl der zu belegenden Module variieren. In der Regel belegen beispielsweise Bachelorstudenten drei Module, was einer Anzahl von sechs bis acht Semesterwochenstunden entspricht. Im Graduate-Bereich, wie zum Beispiel in einem forschungsbasierten Master by Research, werden teils noch weniger Module absolviert.

Abhängig von den Zulassungsvoraussetzungen für die jeweiligen Programme können sich international Studierende Kurse aussuchen, die zu ihrem Studienfach, Level und dem Interesse passen. Wie in Deutschland auch, erhalten Studenten für jedes „module“ eine bestimmte Anzahl an Credit Points. Je nach Fachrichtung gibt es in Großbritannien verschiedene Arten von Lehrveranstaltungen:

Seminar

Entspricht in etwa den deutschen Seminaren, allerdings mit zwei wesentlichen Unterschieden: Die Anzahl der Kursteilnehmer in britischen Seminaren ist oftmals kleiner und die Dozenten setzen eine aktive Mitarbeit voraus.

Lectures

Die Vorlesungen, in Großbritannien „Lectures“ genannt, dauern in der Regel nur eine Stunde und werden oft in Kombination mit einem Seminar oder einem Tutorial angeboten. In den Lectures wird vor allem theoretisches Wissen in einem Vortrag des Dozenten vermittelt. Die maximale Anzahl der Teilnehmer ist auch hier geringer als in Deutschland.

Laboratory and practical classes

In Fachrichtungen wie Ingenieurwissenschaften oder Biowissenschaften, in denen Studenten viel Zeit ihres Studiums mit Forschungsarbeit verbringen, gibt es in Großbritannien sogenannte Laboratory classes oder Practical classes. In der Beschreibung der Practicals im Kurskatalog wird darauf verwiesen, ob diese unabhängig von oder im Zusammenhang mit einer Vorlesung oder einem Seminar angeboten werden.

Field Trips

Besonders in den Naturwissenschaften aber auch in den Gesellschaftswissenschaften können Studenten im Rahmen von Exkursionen außerhalb des Campus praktische Erfahrungen sammeln. Auf Field Trips wird internationalen Studenten nicht nur die Möglichkeit geboten, ihr theoretisches Wissen anzuwenden, sondern auch britische Unternehmen und die Insel kennenzulernen.

Tutorials

Die Tutorials werden oft ergänzend zu theoretischen und komplexen Seminaren oder Vorlesungen angeboten. In kleinen Lerngruppen, die von einem Tutor betreut werden, wird der Lernstoff aus Vorlesungen und Seminaren gezielt aufgearbeitet.

Kurskataloge an britischen Hochschulen

Fast alle Kurskataloge in Großbritannien sind auch digital einsehbar. Etwa sechs Monate vor Beginn des neuen akademischen Jahres stehen auch die Kurskataloge für die Lehrveranstaltungen online. Der Kurskatalog enthält nicht nur Informationen über die Inhalte der Lehrveranstaltung, sondern auch über das jeweilige Level der Kurse sowie die Art der Lehrveranstaltung.

Im Zuge der Kurswahl im Auslandssemester sollte bei Lehrveranstaltungen im fortgeschrittenen Level vorab geprüft werden, ob der Student die benötigten Zulassungsvoraussetzungen erfüllt.

Achtung: Wer sich für einen Semesteraufenthalt in Großbritannien interessiert, sollte im Hinterkopf behalten, dass einzelne Fächer anders benannt sein könnten, als im Kurskatalog an der Heimatuniversität.


Prüfungs­formen und Noten­vergabe in Groß­britannien

"Learning by Doing": In Practical oder Laboratory classes in Großbritannien wenden Studenten das erlernte Wissen an.

Die Prüfungsleistungen in Großbritannien bestehen in vielen Fächern aus Hausarbeiten und Präsentationen. Seltener erfolgt ein Leistungsnachweis über das Schreiben von Klausuren oder Tests. Aus diesem Grund erfolgt auch die Notenvergabe nicht, wie in Deutschland im Bachelorstudium meist üblich, über eine zentrale Hausarbeit oder Klausur am Ende Semesters.

Je nach Studienfach unterscheidet sich die Prüfungsart. Die Bewertung der Prüfungen findet anhand eines in Großbritannien einheitlichen Notensystems statt. Die Note einer Lehrveranstaltung wird aus mehreren kleinen Leistungsnachweisen errechnet.

Ob die einzelnen Nachweise unterschiedlich oder gleich gewichtet in die Abschlussnote einfließen, sollte im Vorfeld bei dem Dozenten erfragt werden. Ebenso sollte bei der Planung eines Auslandssemesters die Anerkennung der Prüfungsleistungen an der Heimatuniversität geklärt werden.

Die Note einer Lehrveranstaltung setzt sich vielmehr aus den Leistungen zusammen, die kontinuierlich während des Semesters erbracht wurden. Zu den klassischen Leistungsnachweisen während eines Semesters in Großbritannien zählen:

  • Hausarbeiten
  • Präsentationen
  • Gruppenarbeiten
  • Klausuren
  • Praktische Tests
  • Essays.

Selbstorganisation und Zeitmanagement

Studenten aus Deutschland, die an ihrer Heimatuniversität Stundenpläne mit 16 Semesterstunden pro Woche oder mehr gewöhnt sind, werden zunächst von der geringen Präsenzzeit an der Uni überrascht sein.

In Großbritannien ist es üblich, dass Studenten – je nach Studienprogramm– in der Regel nur drei bis vier Kurse belegen. Eine Ausnahme bilden Kurse der Ingenieurwissenschaften, Medizin und Naturwissenschaften, die viel Präsenzzeit in Practical oder Laboratory classes erfordern.

Für die Lehrveranstaltungen in Großbritannien ist im Gegensatz zu Deutschland ein höherer Zeitaufwand im Eigenstudium notwendig. Wem es schwer fällt, den Lernstoff während des Studiums im Ausland selbst zu organisieren, der kann auf ein breites Serviceangebot an den britischen Universitäten zurückgreifen.


Atmosphäre in Lehr­veranstaltungen in Groß­britannien

Ein britisch höflicher Ton und Freude am Debattieren bestimmen die Atmosphäre an Universitäten und Colleges im Vereinigten Königreich und prägten über Jahrhunderte die Art der Lehrveranstaltungen. Der Verzicht auf die formelle Anrede des Dozenten mit dem akademischen Titel soll die Studenten bewusst ermutigen, ihre eigenen Ideen und Theorien zu äußern.

Zudem fördern und fordern Dozenten die Studenten mit einer umfassenden Betreuung – egal ob online oder persönlich. Die offene und freundliche Atmosphäre in den Lehrveranstaltungen wird zudem durch eine Begrenzung der Teilnehmerzahlen unterstützt.


Britische Lehr­veranstaltungen und Unterschiede zu Deutschland

Obwohl Großbritannien geographisch nicht weit entfernt liegt, gibt es dennoch einige Unterschiede zu beachten. Im Wesentlichen weichen die Lehrveranstaltungen in Großbritannien in folgenden Punkten von Kursen an deutschen Hochschulen ab:

  • In vielen Lehrveranstaltungen wird eine aktive Mitarbeit und eine gute Vor- und Nachbereitung vorausgesetzt.
  • Für den Teilnahmenachweis an den Lehrveranstaltungen besteht eine Anwesenheitspflicht.
  • Zu den Dozenten besteht oftmals ein viel persönlicheres Verhältnis, da es in britischen Lehrveranstaltungen weniger Teilnehmer gibt und die Dozenten oft einen umfassenden Beratungs- und Betreuungsservice bieten.
  • Die Notenvergabe erfolgt nicht anhand einer großen Prüfung am Ende des Semesters. Stattdessen werden während des ganzen Semesters kontinuierlich die Leistungen der Studenten abgefragt.
  • Als Prüfungsform werden Klausuren nur in kleiner Zahl eingesetzt.