Kulturelle Besonder­heiten in China

Ein Auslandsstudium in China stellt für viele ein echtes Abenteuer dar. Nicht nur, weil China ziemlich weit weg ist. Es ist auch allgemein bekannt, dass die chinesische und die deutsche Kultur ganz schön verschieden sind. Studierende, die in die Kultur Chinas eintauchen, kommen mit zahlreichen kulturellen Besonderheiten in Berührung. Dadurch erlangen sie im Auslandssemester oder Vollstudium in China nicht nur neues Fachwissen, sondern stärken auch ihre interkulturelle Kompetenz. Gerade im Hinblick auf die Bedeutung Chinas für die internationale Wirtschaft können Bewerber mit Kenntnissen über die chinesische Kultur bei Arbeitgebern punkten.

Ursprünge der chinesischen Kultur

Es gibt zahlreiche kulturelle Besonderheiten in China. Ein ganz wichtiges Kulturgut sind die chinesischen Schriftzeichen.

Die Geschichte der chinesischen Kultur ist lang; sie zählt zu den ältesten Kulturen der Welt. Schriftzeugen der Kultur Chinas gibt es seit etwa 3500 Jahren, doch ihr Ursprung liegt noch weiter zurück. Ihre Wurzeln hat sie wohl in den Zivilisationen am Jangtse-Fluss und am Gelben Fluss sowie in der nordischen Steppenkultur.

Relativ früh in der langen Geschichte Chinas, im 5 Jahrhundert v. Chr., entstand mit dem Konfuzianismus eine der drei die Kultur Chinas prägenden Lehren. Fast zeitgleich entwickelte sich mit dem Daoismus die zweite der Drei Lehren.

Die dritte Lehre, der Buddhismus, hielt etwa um das Jahr Null das erste Mal Einzug in China. Diese Religion hat ihren Ursprünge in Indien, wurde jedoch an den chinesischen Kulturkreis angepasst. Das gilt übrigens für fast alle äußeren Einflüsse, mit denen die chinesische Kultur über tausende von Jahren konfrontiert wurde. Während der Einfluss anderer Kulturen auf China gering war, prägte es selbst viele asiatische Kulturen entscheidend mit.

Ein großer kultureller Umbruch fand in China nach der Entstehung der Drei Lehren über fast zwei Jahrtausende lang nicht statt. Erst der Kommunismus nahm im 20. Jahrhundert wieder entscheidenden Einfluss auf die Kultur Chinas. In diese Epoche fällt die sogenannte „Kulturrevolution“, ein Kampf unter anderem auch gegen die alten kulturellen Werte Chinas.

Trotz dieses Einschnitts ist das kulturelle Erbe Chinas heute noch präsent. Es lässt sich allerdings beobachten, dass Rituale und Religion heute eine weniger große Bedeutung in China haben als in anderen chinesischen Kulturen wie zum Beispiel in Hongkong. Dieses und andere Gebiete aus dem chinesischen Kulturraum waren von der Kulturrevolution ausgenommen. Durch die Globalisierung und Chinas Rolle als Wirtschaftsmacht gelangen heute auch vermehrt äußere Einflüsse nach China.

China ist heute ein Vielvölkerstaat mit insgesamt 56 Nationalitäten. Die meisten Einwohner sind Han-Chinesen, sie machen 92 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.

Kulturgüter

Eines der wichtigsten chinesischen Kulturgüter ist die jahrtausendealte chinesische Schrift. Aus den chinesischen Schriftzeichen haben sich auch andere asiatische Schriften entwickelt, etwa diverse japanische Schriften. Auch die wertvollen Kunstschätze Chinas, wie die berühmten Ming-Vasen, sind wichtige und typische Kulturgüter Chinas. Zu diesen gehören ebenso chinesische Literatur und die unverwechselbare chinesische Malerei.

Für die Kultur in China ist außerdem die chinesische Teekultur von großer Bedeutung. Dabei handelt es sich um die älteste Teekultur der Welt. Die chinesische Kampfkunst Kung Fu und die Unterform Tai Chi sind ebenfalls klassische Elemente der Kultur des ostasiatischen Landes. Das gilt auch für die traditionelle chinesische Medizin, deren hierzulande bekannteste Heilmethode wohl die Akupunktur ist.

Feiertage

Der chinesische Kulturkreis hat verschiedene Feiertage. Der bedeutendste Feiertag im Reich der Mitte ist das Neujahrsfest, das man auch unter dem Namen Frühlingsfest kennt. Anders als in unserem Kulturkreis wird hier das neue Jahr nicht am ersten Januar begrüßt. Stattdessen fällt das Fest auf einen Kalendertag mit Neumond, der zwischen dem 21. Januar und dem 21. Februar liegt. Der Jahreswechsel in China richtet sich nach dem so genannten Bauernkalender.

Es gibt ein Feuerwerk und häufig tritt bei den Feierlichkeiten zum neuen Jahr auch ein aus kostümierten Menschen gebildeter bunter chinesischer Drache in Erscheinung. Der Drache ist eines der wichtigsten Symbole Chinas. Anlässlich des Familienfestes haben die Chinesen eine ganze Woche lang frei. Wahrlich eine kulturelle Besonderheit in China ist es, dass die Jahre nach Tieren benannt werden. 2017 zum Beispiel ist das Jahr des Feuerhahns.

Weitere traditionelle Feiertage in China sind unter anderem das Laternenfest, das Totengedenkfest, das Drachenbootfest und das Mondfest.


Merkmale der chinesischen Kultur

Schulischer, akademischer und beruflicher Erfolg sind in der chinesischen Kultur sehr bedeutsam.

In jedem Land gibt es kulturelle Besonderheiten, durch die sich eine Kultur von anderen unterscheidet. Die Merkmale von Kulturen können einander aber auch ähneln, sodass sie Besuchern durchaus vertraut erscheinen.

Die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und China sind vergleichsweise groß. Dies kann nicht nur zu Missverständnissen im Alltag in China führen, sondern auch einen so genannten Kulturschock verursachen.

Damit ihr euch für euer Auslandsabenteuer in China nicht nur praktisch, sondern auch kulturell vorbereiten könnt, möchten wie hier auf einige für Studenten interessante kulturelle Besonderheiten in China eingehen.

Das Gesicht wahren, Harmoniestreben, Indirektheit

In China sind die Menschen stets darauf bedacht, dass sie oder ihr Gegenüber nicht „das Gesicht verlieren“. Der Ruf, den eine Person hat, und die Wertschätzung, die sie genießt, sollen nicht beschädigt werden. Sein Gesicht verliert, wer persönliche Defizite offenbaren muss, etwa weil er oder sie verschiedenen Anforderungen nicht genügen kann.

Auch Menschen, die Emotionen wie Wut offen zeigen, verlieren nach den Maßstäben der chinesischen Kultur ihr Gesicht – ebenso wie die Person, gegen die sich der Zorn richtet. In China ist es üblich, Konflikte stets zu vermeiden, um so die Harmonie im Umgang miteinander zu wahren. Dieses Gebot gilt allerdings nur in der so genannten In-Group und nicht in der Out-Group. Wer sich in der Öffentlichkeit Fremden gegenüber ruppig verhält, etwa durch Drängeln oder Ignorieren von Personen, verstößt nicht gegen das Gebot der Harmonie. Auch sind Chinesen in der Regel der Harmonie zuliebe stets darauf bedacht, zwischenmenschliche Probleme durch Kompromisse zu lösen.

Mit der Wahrung des Gesichts und dem Harmonieprinzip geht auch eine kulturelle Besonderheit in China einher, die für deutsche Gäste – zum Beispiel im Rahmen einer Gruppenarbeit für die Uni – schnell mal einen Fallstrick darstellen kann: Anders als in Deutschland ist es in China verpönt, andere Personen offen zu kritisieren.

Das zieht nämlich eine Störung der Harmonie und einen Gesichtsverlust der kritisierten Person nach sich. Kritik wird nur „nett verpackt“ geübt. Generell kommunizieren die meisten Chinesen sehr viel indirekter als Deutsche.

Große Machtdistanz

Das große Bewusstsein für gesellschaftliche Hierarchien ist eine weitere kulturelle Besonderheit in China. Gehorsam und Respekt gegenüber Personen von höherer Stellung sind in der chinesischen Kultur auch heute noch sehr bedeutsam. Im Vergleich zu China sind die gesellschaftlichen Hierarchien in Deutschland sehr viel geringer ausgeprägt.

Bedeutung von Ritualen

Ritualisierte Handlungen und Prozesse sind ein wichtiger Bestandteil des chinesischen Alltags. Die Rituale sind in der Regel durch die Tradition legitimiert und somit auch durch die Ahnen. In der hierarchiebewussten chinesischen Gesellschaft ist den Vorgaben der Vorfahren Folge zu leisten, sodass diese Rituale weitergeführt werden. Zu den ritualisierten Handlungen in China gehört etwa die Art und Weise, wie Chinesen Visitenkarten überreichen. Auch die Teezeremonien sind ein Beispiel für ritualisiertes Handeln.

Ritualisierte Handlungen gehen auch immer mit dem Wiederholen bewährter Muster einher. Der Hang zur Wiederholung schlägt sich auch an Schulen und in Unis in China nieder: Hier nimmt das Auswendiglernen des Lehrstoffes eine zentrale Bedeutung ein. Die Fähigkeit, selbst Antworten auf Problemstellungen zu finden, wird dabei nicht wirklich verlangt oder gefördert. Bestehendes zu kopieren ist also in der chinesischen Kultur nichts schlechtes, sondern wird in der Regel gutgeheißen. Auch in dieser Sichtweise sind die kulturellen Unterschiede zwischen China und Deutschland offensichtlich.

Leistungsorientierung

Als so genannte maskuline Kultur ist die chinesische Kultur sehr leistungsorientiert. Freizeit nimmt gegenüber der Schule, dem Studium oder der Arbeit eine untergeordnete Rolle ein. Dementsprechend hoch ist auch der Leistungsdruck für Schüler und Studenten: So ermöglicht etwa nur ein gutes Ergebnis in der zentralen Universitätseingangsprüfung Gaokao chinesischen Schulabgängern ein Studium. Deswegen bereiten sich die Schüler akribisch darauf vor. Auch im Studium sind gute Noten für junge Chinesen sehr wichtig, denn nur diese verheißen Erfolg.

Kollektivismus

China hat eine sehr kollektivistische Gesellschaft. Das Wohl der Gemeinschaft ist in der Regel dem Wohl des Individuums übergeordnet. Eine solche Gemeinschaft kann etwa eine Familie, eine Hochschule oder ein Unternehmen sein. Wie wichtig der gemeinschaftliche Aspekt für viele Chinesen ist, zeigt auch die Beliebtheit von Gruppenaktivitäten.


Verhaltenstipps für China

In China ist es Sitte, beim Essen immer einen Bissen übrig zu lassen.

Die beträchtlichen Unterschiede zwischen chinesischer und deutscher Kultur werden natürlich auch im Alltag in China und im Umgang mit Chinesen deutlich. Schnell können Gäste aus Unwissenheit in kleinere oder größere Fettnäpfchen treten. Doch keine Angst. Gerade Chinesen, die häufig Kontakt mit Besuchern aus anderen Ländern haben, sind sich der kulturellen Unterschiede bewusst und dementsprechend nachsichtig. Doch je mehr man über die kulturellen Besonderheiten im alltäglichen Leben in China weiß, desto besser. Deshalb wollen wir euch noch ein paar Verhaltenstipps mit auf die Reise geben.

Höflichkeit und Selbstbeherrschung haben in China einen hohen Stellenwert. Dementsprechend sollte man sein Gegenüber mit Respekt behandeln und Wutausbrüche in der Öffentlichkeit vermeiden. Da das Höflichkeitsgebot auf die sogenannte In-Group beschränkt ist, wird es durch das verbreitete Drängeln und Rempeln im öffentlichen Raum nicht verletzt.

Auf Drängler sollte man sich also einstellen. Empörtes Zurechtweisen in solchen Situationen sollten ausländische Besucher unterlassen. Schließlich kommt dies, wie jegliche direkt vorgebrachte Kritik, einer Bloßstellung der anderen Person gleich, die es im zwischenmenschlichen Umgang stets zu vermeiden gilt.

In China gilt es als äußert unfein, sich in der Öffentlichkeit oder gar am Esstisch die Nase zu putzen. Wer nicht auffallen möchte, sollte dies also so dezent wie möglich tun und sich dafür wenn möglich zurückziehen. Während öffentliches Naseputzen bei Chinesen Verwunderung hervorrufen mag, sind ausländische Gäste wohl darüber irritiert, dass es in China völlig in Ordnung ist, bei Tisch zu rülpsen und zu schmatzen oder in der Öffentlichkeit auf den Boden zu spucken. Dies ist von Besuchern aus dem Ausland also nicht als Respektlosigkeit oder Unsitte zu begreifen.

Zu den bekanntesten kulturellen Besonderheiten in China gehört, dass Gäste bei einem Essen nie alle dargebotenen Speisen komplett verzehren sollten. Dies bringt die chinesischen Gastgeber in Verlegenheit, denn es bedeutet, dass er oder sie den Gästen nicht ausreichend umfangreich aufgetischt hat. Es ist also üblich, beim Essen stets einen Happen übrig zu lassen – egal, wie gut es schmeckt. Außerdem sollte man in China nie die Essstäbchen in die Reisschüssel stecken.

Dies ist ein Beerdigungsritual und somit unangebracht – und überdies ein Todesomen. In chinesischen Restaurants Trinkgeld zu geben, ist ebenfalls außergewöhnlich. Gäste, die beim Essen keinen Alkohol trinken möchten, sollten eine Ausrede parat haben. Ohne Erklärung etwas einfach abzulehnen, wäre unhöflich.

Ist man bei Chinesen zum Essen eingeladen, gehört es zum guten Ton, ein Gastgeschenk mitzubringen. Anders als in Deutschland sind Blumen kein geeignetes Geschenk, denn diese sind eine typische Gabe bei Trauerfällen. Das obligatorische Geschenkpapier sollte nicht weiß sein, denn in China ist nicht schwarz, sondern weiß die Trauerfarbe. Wer ein Geschenk bekommt, öffnet dies anders als in Deutschland erst zu einem späteren Zeitpunkt ohne die Schenkenden. So können Letztere ihr Gesicht nicht verlieren, wenn das Geschenk nicht gefällt.

In jedem Land gibt es Themen, die man beim Smalltalk besser nicht ansprechen sollte. In China gehören dazu zum Beispiel Politik, die chinesische Kulturrevolution, die Situation in Tibet, Menschenrechte, Religion und Sex. Unverfänglich sind hingegen Themen wie Familie oder Kultur.

Nicht selten werden Ausländer in China angestarrt. Je „exotischer“ sie aus chinesischer Sicht aussehen, desto wahrscheinlicher sind neugierige Blicke. Wer zum Beispiel groß und blond ist, wird das schnell merken. Auf solche Situationen sollten Gäste in China mit Gelassenheit reagieren.

Mit dem Finger auf andere Leute zu zeigen stellt in China ebenso eine Unhöflichkeit dar wie hierzulande. Ungewöhnlicher ist da schon die „Regel“, nicht mit den Füßen auf jemanden oder etwas zu deuten oder Dinge vor sich herzuschieben.

Do’s and Don’ts in China im Überblick

Do's Don'ts
Stets auf Harmonie bedacht sein Kritik auf direkte Art und Weise üben
Mitmenschen mit Höflichkeit und Respekt behandeln Die Beherrschung verlieren
Smalltalk zu unverfänglichen Themen wie Familie oder Kultur Unhöfliches Verhalten
Bei Einladungen zum Essen ein Präsent mitbringen Öffentlich die Nase schäuzen

Den Teller leer essen

Angebotene Speisen und Getränke ohne Begründung ablehnen

Geschenke direkt vor dem Schenkenden öffnen

weißes Geschenkpapier benutzen

Blumen schenken

Mit den Finger auf andere Leute zeigen

Mit dem Fuß auf Personen oder Sachen deuten oder Dinge vor sich herschieben