1 Jun 2017
Vorbilder gesucht und gefunden

Frauen in MINT

Karriere als Frau im MINT-Bereich? Na logisch! Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik bieten spannende Studien- und Berufsmöglichkeiten.

Männer werden Ingenieur, Frauen Grundschullehrerin? Das ist natürlich ein reichlich überspitzt formuliertes Rollenklischee – und doch ist der MINT-Bereich traditionell eher eine Männerdomäne. Frauen sind in vielen MINT-Fächern in der Unterzahl, insbesondere in den technischen und ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen.

Die Förderung von Frauen in diesem Bereich ist deshalb seit vielen Jahren ein großes Thema: Bund, Länder, Wirtschaft, Hochschulen und andere arbeiten gezielt daran, mehr Mädchen und Frauen an ein MINT-Studium oder eine Ausbildung in einem MINT-Beruf heranzuführen. Das ist auch ein Weg, dem gerade erst wieder im MINT-Report des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln konstatierten Fachkräftemangel in MINT-Berufen entgegenzuwirken. Bekannte Initiativen zur Frauenförderung in MINT sind zum Beispiel der Girls‘ Day oder „Komm, mach MINT“ – der Nationale Pakt für Frauen in MINT-Berufen, die größte Initiative dieser Art in Deutschland.

Für „Komm, mach MINT“ und die Frauenförderung im MINT-Bereich engagiert sich auch die Präsidentin der Technischen Hochschule Brandenburg, Prof. Dr.-Ing. Burghilde Wieneke-Toutaoui, ihres Zeichens selbst Maschinenbauingenieurin und Professorin für Industrial Engineering. Im Gespräch mit College Contact sieht sie verschiedene Gründe für den geringen Frauenanteil insbesondere in den Ingenieurwissenschaften. Ihrer Ansicht nach führen neben der speziellen Fachkultur und dem vorurteilsbehafteten Bild von Studenten dieser Disziplinen als „Nerds“ vor allem mangelhafte Kenntnisse über die Berufsperspektiven mit Studienabschlüssen in diesen Fächern dazu, dass sich vergleichsweise wenige junge Frauen für ein ingenieurwissenschaftlich-technisches Studium entscheiden. Auch werden aus ihrer Sicht Mädchen und jungen Frauen nicht genügend positive Beispiele für Frauen in MINT-Berufen vermittelt. „Wir brauchen mehr Vorbilder in Form von Frauen, die in diesem Bereich erfolgreich sind“, stellt sie deshalb fest.

Genau diese Vorbilder sollen auch im Zentrum dieses Artikels stehen. Im Folgenden stellen wir daher zwei Frauen vor, die an ganz unterschiedlichen Punkten ihrer Laufbahn als MINTlerinnen stehen. Gemeinsam haben sie nicht nur, dass sie sich für ein MINT-Studium entschieden haben. Beide haben auch den Schritt ins Ausland gewagt und uns für unsere Kampagne „Mit MINT ins Ausland“ von ihren Erfahrungen berichtet.

Als MINT-Studentin ins Ausland: Lisa Ankenbrand

Lisa absolvierte während ihres MINT-Studiums ein Auslandssemester in den USA und war hellauf begeistert.

In Lisa Ankenbrands MINT-Studium treffen sich Ingenieur- und Naturwissenschaften. Lisa hat ein Masterstudium in Fach Materialwissenschaft und Werkstofftechnik abgeschlossen und promoviert nun auf diesem Gebiet an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Schon von klein auf war sie fasziniert von Naturwissenschaften, insbesondere Chemie und Physik. Die Begeisterung dafür wurde ihr quasi in die Wiege gelegt, erzählt sie: „Meine Mutter ist sehr interessiert an Technik und Naturwissenschaften. Sie hat schon mit uns experimentiert, als wir klein waren. Das heißt, ich hatte irgendwie schon immer einen Zugang zu diesen Dingen und habe gern experimentiert und geforscht.“ Da war es nur konsequent, nach dem Abitur ein MINT-Studium aufzunehmen. Für das Fach Materialwissenschaft und Werkstofftechnik entschied Lisa sich dann vor allen Dingen aufgrund seiner Interdisziplinarität.

Im Rahmen ihres Masterstudiums absolvierte Lisa ein Auslandssemester an der University of California Santa Barbara. Sie belegte neben materialwissenschaftlichen Kursen auch im Lehrplan ihrer Heimatuniversität festgeschriebene Wahlfachkurse aus anderen Bereichen und konnte sich so im Auslandssemester in den USA auch in fachfremden Disziplinen weiterbilden.

Besonders gut gefallen hat Lisa eine Vorlesung zum Thema Verbundwerkstoffe am Materials Science Department der UCSB. Diese hatte sie gezielt gewählt, da sie sich bis dato in ihrem Studium noch nicht viel mit dieser Materie auseinandergesetzt hatte. Ein anderes Seminar aus den Werkstoffwissenschaften ist ihr besonders aufgrund der vielen darin integrierten Vorträge von verschiedenen Referenten, unter anderem aus der freien Wirtschaft, zu den Entwicklungen im Bereich Materialien in der Energietechnik in Erinnerung geblieben. „Es war toll, da einen Einblick zu bekommen“, sagt sie.

Zu ihrem Auslandssemester motiviert haben Lisa die positiven Erzählungen anderer Studenten und auch für sie selbst war das Semester an der UCSB rückblickend ein voller Erfolg.


Forschen und lehren im Ausland: Associate Professor Dr. Uta Wille

Von Kiel nach Melbourne: Uta Wille forscht an der University of Melbourne.

Nicht nur für MINT-Studentinnen, sondern auch für MINT-Absolventinnen gibt es im Ausland tolle Möglichkeiten. Associate Professor Dr. Uta Wille hat es dafür gleich ans andere Ende der Welt verschlagen. Die habilitierte Chemikerin forscht und lehrt an der renommierten University of Melbourne, die zu den australischen Elite-Universitäten der Group of Eight zählt. Mit ihrer eigenen Forschungsgruppe, der Wille Group, in der auch Doktoranden, Master- und Honours-Studenten mitarbeiten, forscht sie im Bereich der physikalisch-organischen Chemie, genauer gesagt der Radikalchemie.

Anders als Lisa begann Uta Wille ihr MINT-Studium nicht aus reiner Begeisterung für die Materie, sondern weil sie nach dem Abitur nicht genau wusste, was sie studieren sollte, wie sie ganz offen zugibt. Zum Chemiestudium entschloss sie sich auch, weil das Fach damals zulassungsfrei war. Im Nachhinein war diese Wahl ein Volltreffer: „Mein ursprünglicher Plan war, nach ein paar Semestern zu Biologie zu wechseln, aber dann fand ich Chemie sehr schnell so toll, dass ich dabei geblieben bin“, erinnert sie sich.

Im Anschluss an ihr Diplomstudium promovierte Uta Wille an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zunächst in der physikalischen Chemie, bevor sie sich der organischen Chemie zuwendete und in diesem Bereich habilitierte. Ihre Habilitationsstelle war Bestandteil eines speziellen Frauenförderungsprogramms des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Der Wechsel des Forschungsschwerpunktes in der Chemie kam somit eher zufällig, erinnert sie sich. Anfang des neuen Jahrtausends sah Uta Wille die Zeit für einen Tapetenwechsel und neue Impulse gekommen. Da kam das Stellenangebot der University of Melbourne wie gerufen, sodass der Umzug nach Australien erfolgte, wo Uta Wille seither ihre erfolgreiche akademische Karriere weiterverfolgt.


Ein Auslandsstudium als Frau in MINT

Ins Ausland gehen zumindest während des Studiums heute vergleichsweise wenige MINT-Studentinnen und -Studenten. Dem „Hochschul-Bildungs-Report 2020“ zufolge entschließen sich nur rund fünf Prozent dazu, einen Teil ihres Studiums im Ausland zu absolvieren. Dabei gibt es vieles, was dafür spricht, zum Beispiel ein Auslandssemester oder eine Summer Session in das Studium zu integrieren. „Grundsätzlich ist es erst einmal immer toll, über den eigenen Tellerrand zu schauen“, führt Uta Wille, nach den Vorteilen eines Auslandssemesters gefragt, aus. „Ein Semester wegzugehen und sich eine andere Uni anzugucken, zu sehen wie dort in dem Studienland gearbeitet wird, neue Freunde kennenzulernen, andere Sachen zu studieren oder das gleiche Fach anders zu studieren ist etwas, das unglaublich wichtig ist. Heutzutage ist es vielleicht noch viel wichtiger als früher, als ich studiert habe. Schließlich vernetzt sich die ganze Welt heute viel mehr und ist im Prinzip ein großes Dorf.“

Prof. Dr.-Ing. Burghilde Wieneke-Toutaoui weiß um die Vorteile eines studienbezogenen Auslandsaufenthaltes für MINT-Studentinnen und -Studenten.

Die Welt wird „kleiner“, Wissenschaft und Wirtschaft dadurch immer internationaler. Da ist Auslandserfahrung auch für MINT-Studenten zunehmend bedeutsam, findet auch Burghilde Wieneke-Toutaoui: „Ich halte es für unwahrscheinlich wichtig, dass man eine Zeit im Ausland verbracht hat, damit man sich auch in internationalen Kontexten – und selbst kleine Betriebe arbeiten inzwischen sehr oft in internationalen Kontexten – ein bisschen besser zurechtfinden kann.“ Sie selbst hat schon viele MINT-Studentinnen und -Studenten betreut, die sich für ein Teilstudium im Ausland entschieden haben. „Ich kenne niemanden, der nicht reicher zurückgekommen ist“, fasst sie ihre Erfahrungen damit zusammen.

Gleichzeitig zerstreut sie Ängste, durch ein Auslandssemester könnten infolge eines sich eventuell verlängernden Studiums Nachteile bei der Stellensuche entstehen: „Ich habe genug Personalverantwortliche und Abteilungsleiter gefragt: Niemand von ihnen würde es einem Studenten vorwerfen, wenn er aufgrund eines fachlich begründeten Auslandsaufenthaltes ein, zwei Semester länger studiert. Das wird niemand als Hindernis bei der Personalauswahl, sondern immer eher als etwas Positives sehen“, erläutert sie. Übrigens können Studierende sich die Studienleistungen aus einem Auslandssemester oftmals an ihrer Heimathochschule anerkennen lassen – ein oder zwei Semester im Ausland bedeuten also nicht zwingend eine Verlängerung der Studienzeit.

Zu den Gründen für ein Auslandsstudium im MINT-Bereich gehört auch die Verbesserung der Bewerbungschancen. Die Berufsaussichten für MINT-Absolventinnen und -Absolventen sind allgemein gut, und doch kann ein zusätzliches Plus im Lebenslauf bei der Bewerbung nie schaden – das gilt für Frauen noch mehr als für Männer, sagt Burghilde Wieneke-Toutaoui: „Frauen brauchen ja für den Bewerbungsprozess statistisch gesehen etwas länger als Männer. Je mehr Punkte sie dann in ihren Lebenslauf schreiben können, die in einem fachlichen Zusammenhang mit dem Studium stehen, umso besser.“

Ihr seid MINT-Studentinnen mit Fernweh und Wissensdurst und interessiert euch für ein Auslandssemester oder eine Summer Session? Oder ihr seid vielleicht sogar an einem kompletten MINT-Studium im Ausland interessiert? Dann könnt ihr euch gern bei uns melden. Wir beraten euch zu euren Möglichkeiten und unterstützen euch auf eurem Weg ins Ausland – kostenlos! Und übrigens: Unser Angebot gilt natürlich gleichermaßen für Frauen und für Männer.