Hochschul­landschaft in Frankreich

Die Hochschullandschaft in Frankreich ist sehr facettenreich und geprägt von einer Vielzahl verschiedener Hochschultypen. Die Hochschulgeschichte Frankreichs reicht weit in die Vergangenheit zurück. Mit der Universität von Paris, heute unterteilt in 13 selbstständige Universitäten, verfügt Frankreich über eine der ältesten Universitäten der Welt. Bereits Anfang des 13. Jahrhunderts öffnete diese ihre Pforten.

Mittlerweile verfügt Frankreich über rund 3500 Hochschuleinrichtungen und zählt 2,5 Millionen Studierende. Dass sich die Französische Republik auch zu einem zunehmend attraktiven Studienland für internationale Studenten entwickelt, verdeutlichen die Studierendenzahlen der letzten Jahre. So hat sich seit Ende der 1990er Jahre die Zahl der internationalen Studenten nahezu verdoppelt. Ihr Anteil liegt heute bei etwa zwölf Prozent.

Auch viele Studierende aus Deutschland verschlägt es für ein Studium oder einen studienbezogenen Auslandsaufenthalt nach Frankreich. Neben Österreich, den Niederlanden, Großbritannien, der Schweiz und den USA zählt Frankreich zu den beliebtesten Studienzielen von deutschen Studierenden.

Hochschultypen in Frankreich

Von namhaften Universitäten bis hin zu prestigeträchtigen Grandes Écoles - die facettenreiche Hochschullandschaft Frankreichs präsentiert sich in Paris in ihrer ganzen Breite.

Die zweigeteilte Hochschullandschaft Frankreichs ist in ihrer Form einzigartig und verdeutlicht, dass die Elitenförderung bis heute eine wichtige Stellung innerhalb des französischen Hochschulsystems einnimmt.

Auf der einen Seite existieren die für eine breite Öffentlichkeit zugänglichen, nicht zulassungsbeschränkten Universitäten (Universités). Auf der anderen Seite stehen die elitären, außeruniversitären Grandes Écoles. Letztere sind die Bildungsinstitutionen mit dem höchsten Prestige in Frankreich und fungieren als Ausbildungsstätte für den Führungsnachwuchs des Landes.

Universitäten in Frankreich

Frankreich verfügt über 74 Universitäten, die allesamt dem französischen Bildungsministerium (Ministère de l’Éducation national, de l’Enseignement supérieur et de la Recherche) unterstehen.

Erklärtes Ziel der französischen Regierung ist es seit vielen Jahren, die landeseigenen Universitäten wettbewerbsfähiger zu machen. Um den Hochschulen mehr Handlungsspielraum zu gewähren, wurden ihnen schrittweise größere Autonomierechte übertragen. Dadurch sollen sie konkurrenzfähiger werden, nicht nur gegenüber den Grandes Écoles, sondern auch im internationalen Vergleich. Heute können die Universitäten beispielsweise ihr Gesamtbudget eigenständig verwalten, über ihr Personal verfügen und eigene Forschungsstrategien verfolgen.

Die staatlichen Universitäten in Frankreich sind traditionell für Lehre und Forschung zuständig. Entsprechend bieten sie Abschlüsse auf Bachelor-, Master-, und Promotionsniveau an. Die Umsetzung des Bologna-Prozesses ist in Frankreich auch unter dem Stichwort LMD bekannt. Der Name leitet sich von den französischsprachigen Bezeichnungen der Studienabschlüsse ab: Licence (Bachelor), Master und Doctorat (Promotion).

Universitäten in Frankreich zeichnen sich durch ein breites Fächerspektrum aus. Ähnlich wie deutsche Hochschulen, untergliedern sich Universitäten in Frankreich in Fakultäten (Facultés) und Fachbereiche (Unités de Formation et de Recherche). Der Zugang zum Bachelor- und Masterstudium ist an den öffentlichen Universitäten kaum reglementiert.

Angegliedert an die staatlichen Universitäten sind die sogenannten Instituts Universitaires de Technologie (IUT) und die Instituts Universitaires Professionalisés (IUP). Diese Institute gehören zwar formal den Universitäten an. Sie agieren jedoch weitgehend selbstständig. Die Programme der IUT und IUP haben einen hohen Praxisbezug und führen zu fach- und berufsorientierten Abschlüssen.

Instituts Universitaires de Technologie

Um die Ausbildung technischer Führungskräfte in Frankreich voranzutreiben, wurden 1965 die ersten universitären Institute für Technologie gegründet. Die IUT sind bis heute für ihre technischen Kurzstudiengänge bekannt. Sie bieten überwiegend Ausbildungen im Dienstleistungs- und Produktionsbereich sowie in der angewandten Forschung an. Die Entwicklung der Studiengänge erfolgt in Kooperation mit Unternehmen, Ausbildungszentren und Wirtschaftsvertretern. Dies erklärt den hohen Anwendungsbezug der Programme. In der Regel sind Betriebspraktika in die Lehrpläne integriert.

Darüber hinaus weisen die IUT folgende Charakteristika auf:

  • Art des Studiums: zweijährige Kurzstudiengänge (Filières Courtes)
  • Abschluss: Diplôme Universitaire de Technologie (DUT)
  • Perspektiven: Berufstätigkeit; einjähriges berufsbezogenes Bachelorstudium (Licence Professionelle).

Für ein Studium an einem IUT sind sehr gute Französischkenntnisse erforderlich (Niveau B2 gemäß CEFR). Zudem beziehen die IUT, anders als die Universitäten, bei der Auswahl der Studierenden die fachbezogenen Leistungen der Bewerber mit ein. Oftmals finden Bewerbungsgespräche oder Aufnahmetests statt.

Instituts Universitaires Professionalisés

In Anlehnung an die deutschen Fachhochschulen etablierte die französische Regierung 1991 die universitären Institute für berufsorientierte, technologische Ausbildungen. Sie sollen eine Alternative zum fachlich spezialisierten Studium an einer Grande École darstellen. Das Studienangebot der IUP stammt überwiegend aus dem kaufmännischen, technischen und naturwissenschaftlichen Bereich und wird gemeinsam mit Vertretern der verschiedenen Berufszweige entwickelt. Daher zeichnet es sich ebenfalls durch einen hohen Praxisbezug aus. Sowohl Universitätsdozenten als auch Wirtschaftsvertreter sind in der Lehre tätig.

Die Programme der IUP sind zugänglich für Abiturienten mit einem oder zwei Jahren Studienerfahrung. Seit der Umstellung des Studiensystems auf das LMD-System können Studierende an den IUP einen berufsorientierten Master erlangen. Nach einem Jahr erwerben sie üblicherweise zunächst die Licence und nach weiteren zwei Jahren den Master Professionel.

Instituts catholiques

Universitätsähnlich aufgebaut, aber nicht mit den Universitäten zu verwechseln, sind die Instituts catholiques. Sie befinden sich in Trägerschaft der katholischen Kirche, orientieren sich aber genauso wie die Universitäten am LMD-System. Entsprechend vergeben sie dieselben staatlich anerkannten Studienabschlüsse. Insgesamt gibt es in Frankreich fünf Instituts catholiques.

Grandes Écoles

Die französischen Grandes Écoles, auch Écoles Supérieures genannt, sind die Kaderschmieden für die künftige Führungselite in Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Militär und Kultur. Die ersten „Großen Schulen“ entstanden im Zuge der Französischen Revolution als Reaktion auf die Schließung der geistlich verwalteten Universitäten. Sie sollten der Ausbildung hochqualifizierter Fachbeamter dienen.

Die staatlichen Grandes Écoles sind untereinander unabhängig und unterstehen größtenteils einzelnen Fachministerien. Dies hat den Vorteil, dass sich die Ministerien so ihre künftigen Führungskräfte selbst ausbilden können. Neben den staatlichen Grandes Écoles gibt es heute eine Vielzahl von Einrichtungen in privater oder öffentlich-rechtlicher Trägerschaft. So existieren beispielsweise private Handelshochschulen (Écoles de Commerce), die für die Ausbildung künftiger Manager zuständig sind.

Je nach Fachrichtung lassen sich verschiedene Typen von Grandes Écoles unterscheiden. Zu den bekanntesten Hochschularten zählen:

  • Écoles d’Ingénieurs: Ingenieurschulen
  • Écoles de Commerce: Handels-, Management und Wirtschaftshochschulen
  • Instituts d’études politiques: Institute für Politik- und Sozialwissenschaften
  • Écoles Normales Supérieures: Elitehochschulen zur Ausbildung von Professoren, Lehrern und Forschern
  • Écoles vétérinaires: Hochschulen für Tiermedizin

Allen Grandes Écoles ist ihr striktes Zulassungsverfahren (Concours) gemeinsam. Auf die anspruchsvollen schriftlichen und mündlichen Aufnahmeprüfungen bereiten sich Abiturienten in Frankreich zwei Jahre lang im Rahmen der oft verpflichtenden Classes Préparatoires vor. Für ausländische Studierende führen die Grandes Écoles zum Teil abweichende Auswahlverfahren durch und bieten verschiedene Möglichkeiten für einen Quereinstieg.

Die französischen Elitehochschulen zeichnen sich allgemein durch niedrige Studentenzahlen und eine enge persönliche Betreuung durch die Dozenten aus. Das Studium ist international ausgerichtet und die Institutionen arbeiten oft mit ausländischen Partnerhochschulen zusammen. Da sie darauf ausgelegt sind, den Nachwuchs der Führungspositionen heranzuziehen, steht an den Grandes Écoles die Berufspraxis im Vordergrund. Eigene Forschung spielt im Vergleich zu den Universitäten meist eine untergeordnete Rolle.

Écoles Specialisées

Die sogenannten Écoles Specialisées bilden einen dritten Pfeiler der französischen Hochschullandschaft. Sie sind vergleichbar mit Musikakademien, Architekturschulen und Kunsthochschulen und bieten fachspezifische Studiengänge an. Auch Ausbildungen zu Berufen im Gastronomie- und Kommunikationsbereich sowie im Gesundheits- und Sozialwesen gehören zum Studienangebot der Écoles Specialisées. Die Studiendauer unterscheidet sich je nach Fach und Studienart und liegt meist zwischen zwei und fünf Jahren.

Die Bewerberauswahl an den Écoles Specialisées erfolgt in der Regel über ein Auswahlverfahren, das dem Concours der Grandes Écoles ähnelt. Die Écoles Specialisées vergeben staatlich anerkannte Diplome, teilweise jedoch auch Abschlüsse, die nicht durch das Bildungsministerium anerkannt sind. Studieninteressierte sollten sich daher vorab informieren, inwiefern die Anerkennung des Studienabschlusses in Deutschland gewährleistet ist.


Qualität von Forschung und Lehre

Seit 2014 gestaltet das französische Ministerium für Bildung, Hochschulwesen und Forschung (MENESR) die Politik im Bereich Bildung und Forschung und wird dabei von fünf Ministerien unterstützt.

Zusätzlich existieren in Frankreich mehrere Evaluierungsinstanzen in Form von Räten, Komitees und Kommissionen, die dem Bildungsministerium beratend zur Seite stehen. Besonders hervorzuheben ist der seit 2014 bestehende Hohe Evaluierungsrat, HCERES (Haut conseil d’évaluation de la recherche et de l’enseignement supérieur).

Der HCERES bewertet in erster Linie die Evaluierungsverfahren anderer Einrichtungen und stellt so deren Qualität sicher. Er begutachtet Hochschulen und Forschungsinstitutionen, Forschergruppen und Studiengänge. Auch überprüft er, ob bei zu akkreditierenden Studiengängen die nationalen Vorgaben eingehalten und die Studierenden an der Evaluierung beteiligt werden.


Internationalisierung an französischen Hochschulen

Erklärtes Ziel Frankreichs ist es, die internationale Sichtbarkeit und Attraktivität seiner Hochschulen zu verbessern. Im Gesetz für Hochschulen und Forschung (Loi ESR) von 2013 wurde daher beschlossen, die französischen Hochschulen zu mehreren großen Einheiten zusammenzuführen. Dahinter steckt der Gedanke, dass größere, wettbewerbsfähigere Einrichtungen in internationalen Rankings bessere Ergebnisse erzielen. Dies soll wiederum mehr hochqualifizierte Studierende und Wissenschaftler aus dem Ausland auf die französischen Hochschulen aufmerksam machen.

Inzwischen existieren 25 solcher Zusammenschlüsse, größtenteils sogenannte Communautés d’universités. An den COMUES beteiligen sich nicht nur Universitäten und Grandes Écoles, sondern auch Forschungseinrichtungen und Bildungsinstitutionen wie Museen.

Im Rahmen der 2015 veröffentlichten ersten Nationalen Hochschulstrategie Frankreichs wurden zudem mehrere Empfehlungen für die Europäisierung und Internationalisierung des französischen Hochschulwesens formuliert:

  • Internationale Studienabschlüsse weiterentwickeln
  • Mobilität von Studierenden und Wissenschaftlern erhöhen und Gastwissenschaftler besser betreuen
  • Fremdsprachenkenntnisse und interkulturelle Kompetenzen der Studierenden verbessern
  • Internationale Kooperationen stärker fördern und besser organisieren.

Zu den Internationalisierungsaktivitäten Frankreichs zählen außerdem eine Vielzahl von bi- und multilateralen Programmen sowie zahlreiche Kooperationen im Hochschul- und Wissenschaftsbereich. All dies verdeutlicht die weitreichende internationale Vernetzung französischer Hochschulen und Forschungsinstitutionen.