College-Contact-Stipendiat Marvin Hötger im Interview
Daran, dass auf der anderen Seite des Erdballs auch die entgegengesetzte Jahreszeit herrscht, musste sich unser Semesterstipendiat Marvin Hötger zu Beginn seines Auslandssemesters an der University of Canterbury in Christchurch, Neuseeland erstmal gewöhnen. Land und Leute ebenso wie das neuseeländische Studiensystem haben ihn jedoch sofort überzeugt. Warum erzählt Marvin uns im Interview.
College Contact:
Hallo Marvin! Wie geht es dir in Christchurch?
Marvin:
Echt gut, wirklich! Ein Monat haben wir noch Uni, dann sind die Klausuren durch und dann wollen wir über die Nordinsel fahren.
College Contact:
Schön das zu hören! Du bist ja schon eine ganze Weile da und hast dich mittlerweile bestimmt gut eingelebt. Aber wie waren denn eigentlich deine ersten Tage an einem so ganz neuen Ort? Hast du dich gut zurecht gefunden?
Marvin:
Kalt war’s. Da muss man sich erstmal dran gewöhnen – wenn man im Juli aus Deutschland kommt, wo es 20 Grad sind und dann steigt man aus dem Flugzeug und es ist Winter. Außerdem komme ich ja vom Dorf. Es ist schon etwas ganz anderes hier in so einer großen Stadt zu leben und sich auch auf dem Campus erstmal zurechtzufinden. Das war schon echt eine große Herausforderung, nach zwei Wochen dann endlich mal zu wissen, wo man hin muss. Aber es gefällt mir gut, dass es so groß ist.
College Contact:
Und wo wohnst du?
Marvin:
Im Studentenwohnheim. Also wir sind ja zu zweit hier nach Neuseeland gekommen und wohnen jetzt noch mit drei anderen zusammen in einer Studentenbude, ganz in der Nähe der Uni, nur einmal über die Straße. Und wir sind hier auch gut eingerichtet: zwei Bäder, Küche, Sofa, Balkon.
College Contact:
Wie praktisch! Und hattest du denn auch schon Gelegenheit, Ausflüge zu machen?
Marvin:
Ja, am Anfang waren wir über die Feiertage am Lake Tekapo. Das war noch im Winter. Wir hatten uns nur ein Auto gemietet, alles war ziemlich knapp und dann haben wir gezeltet. Das war echt schweinekalt, aber es hat Spaß gemacht! Aber das Beste war eigentlich, als wir uns in einer zweiwöchigen Vorlesungspause einen Campervan gemietet haben und über die Südinsel gefahren sind. Also das war echt gut!
College Contact:
Das glaube ich dir. Was gibt es denn auf der Südinsel so alles zu entdecken?
Marvin:
Also, wir sind von Christchurch nach Dunedin gefahren, runter an der Küste entlang und haben uns Pinguine angeguckt. Dann sind wir ganz unten von der Südspitze Neuseelands aus auf eine Insel rübergefahren, wo wir eigentlich vorhatten, Kiwis zu sehen. Das hat zwar leider nicht geklappt, aber wir waren trotzdem zwei Tage dort und es war echt richtig schön! Das ist richtig Regenwald dort, wir haben sogar Papageien gesehen.
College Contact:
Toll! Und wie ging es dann weiter?
Marvin:
Danach sind wir nach Queenstown gefahren, da bin ich Ski gefahren, und die Westküste weiter hoch. Am Ende hatten wir dann noch einen Field Trip in Kaikoura, von unserem Kurs Maori-Science and Indigenous knowledge aus, das haben wir dann verbunden. Da haben wir Muscheln katalogisiert, weil 2016 hier ein großes Erdbeben war und jetzt kontrolliert werden soll, wie sich die Populationen verändern. Der Meeresspiegel ist bei dem Beben nämlich um einen Meter gesunken – oder besser gesagt, hat sich das Land um einen Meter angehoben.
College Contact:
Das klingt spannend!
Marvin:
Ja, und wir haben dort auch in einem traditionellen Maori Haus übernachtet und natürlich viel erzählt und gezeigt bekommen. Aber die Hauptattraktion war für mich wirklich das Muschelnsuchen.
College Contact:
Du interessierst dich ja auch für Biologie. Wolltest du nicht auch Bio-Kurse belegen?
Marvin:
Ja, ich bin auch in zwei Bio-Kursen. Mit dem einen waren wir im Zoo, das war stinklangweilig. Da mussten wir einfach nur 15 Minuten lang irgendwelche Tiere beobachten, wie oft sie sich bewegen oder wie lange sie essen. Aber ansonsten sind die Kurse interessant, ich verstehe das Meiste und an meiner Uni in Lippstadt habe ich eben nicht die Möglichkeit, Bio-Kurse zu wählen.
College Contact:
Und wie sind die Kurse vom Arbeitsaufwand her?
Marvin:
Ich bin ehrlich, ich mache nicht viel. Aber was sehr gut ist: Dadurch, dass wir zwischendurch schon Essays oder Mathetests schreiben, zählt die Abschlussklausur bei den meisten Fächern dann nur noch 40 Prozent. Dass es sich so über das ganze Semester aufteilt, ist zehnmal besser als bei uns, wo man in einer Stunde das ganze Semester abrufen muss.
College Contact:
Hast du noch mehr Unterschiede zum Studium in Deutschland bemerkt?
Marvin:
Der wichtigste Unterschied ist eigentlich, dass die Vorlesungen hier nur 50 Minuten dauern. Das hat mich echt gewundert. Ich finde es aber viel besser, weil man so immer wieder 10 Minuten Pause und einen Wechsel hat, anstatt 90 Minuten dem Gleichen zuzuhören. Man kann sich so viel besser konzentrieren. Dafür hat man dann eben zwei bis dreimal die Woche den Kurs. Mathe habe ich hier zum Beispiel jeden Tag.
College Contact:
Fühlst du dich von den Dozenten gut betreut?
Marvin:
Ja, da habe ich keine Probleme mit. Aber die Schüler machen hier nicht mit. Wenn die Dozenten eine Frage stellen, antwortet hier einfach keiner. Da interessiert sich keiner für. Dafür, muss ich aber sagen, ist es hier die ganze Vorlesung über ruhig. Ich habe das Gefühl, die Atmosphäre unter den Studierenden ist nicht so freundschaftlich. Ich habe in meinen Kursen zum Beispiel niemanden kennengelernt. Also das hat mich auch echt gewundert.
College Contact:
Oh schade, aber außerhalb der Kurse hast du Leute kennengelernt? Und mit der Kultur kommst du auch gut zurecht?
Marvin:
Ja, sehr gut! Übers Fußballspielen habe ich eine Menge Leute kennengelernt und auch beim Ausgehen. Mir kommt es so vor, als wären alle englischsprachigen Länder viel offener. Die Leute sind viel herzlicher hier, sie heißen einen immer sehr willkommen, versuchen einen miteinzubinden. Als wir das erste Mal zum Fußballspielen gekommen sind, wurden wir direkt gefragt „habt ihr Bock, wer seid ihr? Kommt ihr später noch mit in die Stadt?“ Also man fühlt sich sehr willkommen. Alle sind sehr nett und wirklich lockerer. Sie nehmen nicht alles so ernst. Allein schon die Professoren, die kannst du hier wirklich mit dem Vornamen ansprechen, als wäre es dein bester Freund.
College Contact:
Und wie sieht es mit der Sprache aus? Eins deiner Ziele für das Auslandssemester war ja, deine Englischkenntnisse zu verbessern. Macht sich das schon bemerkbar?
Marvin:
Auf jeden Fall, ja. Ich fühle mich nicht mehr so angespannt und habe nicht mehr so viel Angst wie am ersten Tag, etwas komplett Falsches zu sagen. Man redet einfach drauf los. Dadurch fühlt man sich irgendwann sicherer und dann wird es auch automatisch besser.
College Contact:
Schön! Ursprünglich hattest du ja vor, nach dem Semester noch Neuseeland und Australien zu erkunden, ist das immer noch der Plan?
Marvin:
Ja, aber anstatt Australien werde ich jetzt erstmal eine Woche Fidschis buchen, mit dem Stipendiengeld von College Contact. Da will ich nach Ende des Semesters hin. Und wenn ich dann von der Nordinsel Neuseelands genug gesehen und noch Geld übrig haben sollte, würde ich auch noch nach Australien fliegen. Aber das wird ganz spontan entschieden.
College Contact:
Kannst du schon ein Zwischenfazit ziehen, hat sich das Auslandssemester gelohnt?
Marvin:
Ja, selbstverständlich hat es sich gelohnt! Definitiv. Ich würde es immer wieder machen. Weil es einfach komplett neue Eindrücke sind. Man kommt hier nicht so schnell wieder her, es ist komplett auf der anderen Seite der Welt und von der Landschaft Neuseelands bin ich ernsthaft beeindruckt.
College Contact:
Dann genieße deine restliche Zeit noch und vielen Dank für das nette Gespräch!