Studien­system in Italien

La Dolce Vita, mediterranes Flair und atemberaubende Kunstschätze – nicht nur für einen Urlaub zieht es viele nach Bella Italia. In dem Land zu studieren, das als Wiege der europäischen Kultur gilt, ist für viele ein Traum. Ob Kurzzeitstudium wie ein Auslandssemester oder ein Vollstudium: Dank der Bologna-Reform ist die Anerkennung von Studienabschlüssen und Studienleistungen innerhalb der EU längst kein Problem mehr. Auch wenn die Abschlussbezeichnungen zunächst anderes vermuten lassen, denn im Gegensatz zu den meisten EU-Länder hat Italien die angelsächsischen Bezeichnungen „Bachelor“ und „Master“ nicht übernommen. In Italien hegt man nämlich gerne alte Traditionen, so auch zum Teil im Studiensystem. Im Folgenden erfahrt ihr, wie das Studiensystem in Italien aufgebaut ist.

Der Aufbau des Studien­systems in Italien

Das Studiensystem in Italien gleicht weitestgehend dem in Deutschland. Allerdings gibt es ein paar Besonderheiten.

Bereits 2001 setzte Italien den Bologna-Prozess um und führte das dreistufige Studiensystem ein. Davon ausgenommen blieben nur wenige Fachbereiche. Auch ist die Verwendung des European Credit Transfer System (ECTS) an allen Hochschulen Italiens üblich. Nichtsdestotrotz hält das Land mit der ältesten Hochschullandschaft Europas an gewissen Traditionen fest und behielt beispielsweise die Anspielung auf den römischen Lorbeerkranz in der Abschlussbezeichnung „Laurea“ bei. Ein Ehrensymbol, das die Absolventen am Tag der Abschlussfeier tragen und das sie sich auch redlich verdient haben.

Die Zulassungsvoraussetzung für ein grundständiges Studium in Italien ist die Hochschulreife, das Diploma di maturità. Internationale Bewerber benötigen natürlich ausreichende Italienischkenntnisse (in der Regel mindestens Niveau B2). National zulassungsbeschränkte Studiengänge sind Human-, Zahn- und Tiermedizin, Gesundheitswissenschaften, Architektur sowie Lehramt und ädagogik. Um für ein Studium in einem dieser Fachbereiche zugelassen zu werden, müssen die Bewerber einen Eignungstest, den test d’ingresso, bestehen. Dieser prüft neben den kognitiven Fähigkeiten die Allgemeinbildung und die fachlichen Vorkenntnisse der Bewerber in bestimmten Fächern. Auch andere Fachbereiche können gegebenenfalls zulassungsbeschränkt (a numero programmato) sein, wobei hier große regionale Unterschiede bestehen.

In Italien gliedert sich das akademische Jahr in Winter- und Sommersemester; ein Studienbeginn ist jedoch in der Regel nur zum Wintersemester möglich. Die Bewerbung für einen Studiengang an einer Italienischen Hochschule erfolgt dann in den Sommermonaten, wobei die Bewerbungsfrist bei den zulassungsbeschränkten Programmen häufig früher ist.

Alle Studiengänge sind in „Studienklassen“ (laure classe) gegliedert, die Teil von insgesamt vier Hauptstudienbereichen des gesamten Universitätssystems sind:

  • Gesundheitsbereich
  • Geisteswissenschaftlicher Bereich
  • Naturwissenschaftlich-technologischer Bereich und
  • Sozialbereich.

Die Studienklassen fassen eine Reihe an Studiengängen zusammen, die alle das gleiche Ausbildungsziel sowie die gleichen Ausbildungsaktivitäten haben und die auf nationaler Ebene durch das Ministerium für Bildung, Universitäten und Forschung (Ministerio dell’Istruzione, dell’Università e della Ricerca, MIUR) festgelegt sind. So gehören beispielsweise die Studiengänge „Consulente del lavoro“ oder „Diritto italiano e europeo“ zur Fächergruppe „Scienze die servizi giuridici“, was wiederum zum Sozialbereich gehört. Derzeit gibt es 43 solcher Klassen auf Bachelorniveau (Laurea Triennale) und 94 auf Masterniveau (Laurea Magistrale). Anders als hierzulande unterscheidet man in Italien also nicht zwischen einem Bachelor/Master of Arts und einem Bachelor/Master of Science. Auf der Website www.universitaly.it finden sich alle aktuell angebotenen Studiengänge an den Hochschulen in Italien.


Die klassischen Abschlüsse

Wie in Deutschland auch, ist das Medizinstudium in Italien nicht in eine Bachelor- und Masterstudium gegliedert.

Die klassischen Abschlüsse im Studiensystem in Italien sind in einen Undergraduate- und einen Postgraduate-Bereich gegliedert. Die einzelnen Studienabschnitte entsprechen den Beschlüssen der Bologna-Erklärung, wobei für diese allerdings nicht die angelsächsischen Begriffe „Bachelor“ und „Master“ eingeführt wurden. Wie auch in Deutschland lässt sich das italienische Studiensystem generell in drei Zyklen einteilen: Das grundständige Studium, das Aufbaustudium und die Promotion. Auch an den AFAM-Instituten (Alta formazione artistica e musicale), den italienischen Kunst- und Designhochschulen, gilt das dreistufige System, allerdings weichen die Abschlussbezeichnungen ab.

Laurea (Triennale) (Bachelor)

Der Corso di Laurea (Triennale) ist das dreijährige, grundständige Studium, das dem deutschen Bachelorstudium entspricht. Das Studium vermittelt die grundlegenden wissenschaftlichen Inhalte und Methoden eines bestimmten Studienfachs. Das Undergraduate-Studium umfasst insgesamt 180 ECTS und ist, wie auch in Deutschland, der erste berufsqualifizierende akademische Abschluss in Italien und befähigt zur Aufnahme eines Postgraduate-Studiums.

Zulassungsvoraussetzung für einen Corso di Laurea ist das Abitur und eventuell das Bestehen einer Eignungsprüfung. Während ihres Studiums besuchen die Studenten die im Studienplan (piano di studio) festgelegten Pflicht- und Wahlveranstaltungen. Die Leistungsüberprüfung findet studienbegleitend, meist durch mündliche Prüfungen, statt. Am Ende ihres Studiums schreiben die Studenten eine kleine Abschlussarbeit (tesi).

Sobald die Absolventen ihren ersten akademischen Grad, also die Laurea, erlangt haben, dürfen sie den Titel Dottore/Dottoressa führen. Dieser Umstand führt hierzulande häufig zu Verwirrung, da in Deutschland nur nach einer Promotion der Doktortitel geführt werden darf. Dieser heißt in Italien dann „Dottore/Dottoress di ricerca“.  
Undergraduate-Absolventen der AFAM-Institute erhalten den Abschluss Diploma accademico di primo livello, der ebenfalls einem deutschen Bachelorgrad entspricht.

Laurea Magistrale (Master)

Der Corso di Laurea Magistrale (bis 2004 Laurea Specialista) gehört zum zweiten Zyklus des italienischen Studiensystems. Er entspricht dem deutschen Masterstudium und bietet eine wissenschaftliche Vertiefung im Fachbereich des Laurea-Studiums. Ebenso wie hierzulande dauert dieses Postgraduate-Studium zwei Jahre, in denen die Studenten insgesamt 120 ECTS erwerben und am Ende eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreiben. Die Zulassungsvoraussetzung ist eine Laurea Triennale beziehungsweise ein Bachelorabschluss. Auch eine Aufnahmeprüfung kann möglich sein.

Nach dem Erhalt des akademischen Grades Laurea Magistrale (beziehungsweise Diploma accademico di secondo livello an AFAM-Instituten) ist man dazu berechtigt, den Titel „Dottore magistrale“ zu führen.

Besonderheit: Laurea magistrale a ciclo unico

Neben dem zweistufigen Undergraduate- und Postgraduate-System gibt es im Studiensystem in Italien mit der sogenannten Laurea magistrale a ciclo unico weiterhin ungegliederte Masterprogramme. Hierbei handelt es sich um fünf- bis sechsjährige Studiengänge in Fächern, die zumeist zur Ausübung eines reglementierten Berufs befähigen und bei denen die Gliederung in Bachelor- und Masterstudium wenig sinnvoll erscheint. Hierzu gehören beispielsweise die Bereiche Medizin, Pharmazie, Ingenieur- oder Rechtswissenschaften. Die Zulassung zu diesen Studiengängen ist landesweit durch Aufnahmeprüfungen gebunden.

Dottorato di ricerca (PhD, Promotion)

Wer in Italien promovieren möchte, hat es nicht leicht, denn die Promotionsplätze sind stark limitiert. Anders als hierzulande ist eine individuelle Promotion, die durch eigene Initiative von Promovenden und Doktorvater zustande kommt, in Italien nicht möglich. Dort werden alle Doktorate national ausgeschrieben (concorsi) und die Bewerber müssen eine schriftliche und mündliche Prüfung absolvieren.

Die Studiendauer beträgt drei bis maximal vier Jahre, wobei die Höchstdauer nicht überschritten werden darf. Die Promotion in Italien ist wesentlich verschulter, als man es aus Deutschland kennt, und ebenso besteht keine Publikationspflicht. In der Regel sind die Promovenden in die Lehre und Forschung des Instituts eingebunden. Eine große Anzahl der Promotionsplätze ist an ein Stipendium gekoppelt, denn auch die Doktoranden sind in Italien dazu verpflichtet, Studiengebühren zu zahlen.

Hauptbestandteil des Promotionsstudiums ist das Verfassen einer eigenständigen Forschungsarbeit, der tesi di dottorato und deren Verteidigung (disputation/discussione) vor einer Prüfungskommission. Der erworbene Doktorgrad berechtigt dazu, den Titel „Dottore/Dottoressa di ricerca“ zu führen. Die Promotion an den AFAM-Instituten schließt mit einem Diploma accademico di formazione alla ricerca ab.


Die landes­spezifischen Abschlüsse in Italien

Neben den klassischen Studienabschlüssen gibt es im italienischen Studiensystem drei verschiedene Typen von Aufbaustudiengängen auf Postgraduate-Level. Die beiden italienischen Studientypen Master universitario di 1°/2° livello entsprechen aber nicht dem deutschen Masterstudium, sondern ähneln eher angelsächsischen Studientypen wie MBA oder LLM.

Master universitario di 1° livello

Bei dem Master universitario di 1° livello handelt es sich um ein ein- bis zweijähriges Aufbaustudium mit mindestens 60 ECTS. Das Studium dient der wissenschaftlichen und vor allem der beruflichen Spezialisierung in einem bestimmten Fachbereich und bietet bessere Arbeitsmöglichkeiten. Es gehört zum zweiten Studienzyklus, befähigt aber nicht zur Promotion. Zulassungsvoraussetzung ist die Laurea (Triennale).

Master universitario di 2° livello

Auch bei dem Master universitario di 2° livello handelt es sich um ein Aufbaustudium, das innerhalb von ein bis zwei Jahren absolviert wird und der wissenschaftlichen und beruflichen Spezialisierung dient. Es gehört zum dritten Studienzyklus.

Zulassungsvoraussetzung ist die Laurea Magistrale und häufig das Bestehen einer Aufnahmeprüfung.

Diploma di specializzazione di 2° livello

Das Diploma die specializzazione di 2° livello gehört zum dritten Studienzyklus und ist ein zwei- bis sechsjähriges Aufbaustudium (130 bis 360 ECTS) für ausgewählte Fächer mit besonderen Berufszugangsvoraussetzung wie dies bei reglementierten Berufen der Fall ist. Angeboten werden sie zumeist von den „Scuole di Specializzazione“, wo den Studenten tiefgehende Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung hochspezialisierter Berufe vermittelt werden. Die Zulassungsvoraussetzung ist die Laurea Magistrale beziehungsweise ein Masterabschluss und das Bestehen der Aufnahmeprüfung. Die Studienplätze sind stark limitiert sind und werden landesweit öffentlich ausgeschrieben.


Kürzere Studien­aufenthalte in Italien

Wer ein Auslandssemester in Italien verbringt, lernt die Landessprache am besten.

Gerade wenn es um kürzere Studienaufenthalte, wie ein Sprachkurs oder ein Auslandssemester, geht ist Italien ganz besonders beliebt - hier fühlt sich das Studieren nämlich zugleich auch immer ein wenig nach Urlaub an. Viele italienische Universitäten bieten internationalen Studenten die Möglichkeit, ein oder zwei Semester als Gaststudenten Lehrveranstaltungen zu besuchen und dabei anrechenbare Credits zu sammeln. Neben dem bekannten Erasmus-Programm bietet sich auch die Option, sich den Traum vom Auslandssemester in Italien als Freemover zu erfüllen.


Das Studien­system in Italien im Vergleich zu Deutschland

Im Großen und Ganzen ist das Studiensystem in Italien mit dem in Deutschland vergleichbar. Auch dort wurden die Bestimmungen der Bologna-Erklärung weitestgehend umgesetzt und das dreistufige Studiensystem eingeführt. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass es in Italien nur einen Weg zur Promotion gibt, wohingegen in Deutschland auch eine freie Promotion in Absprache mit einem betreuenden Professor möglich und üblich ist. Weitere Besonderheiten im italienischen Studiensystem sind die Abschlüsse der Kunsthochschulen (AFAM) und die drei Studientypen auf Postgraduate-Niveau mit den Abschlüssen Master universitario di 1°/2° livello und Diploma die specializzazione di 2° livello.