18 Mär
Erfahrungsbericht von Lena M.

San José State University


Stadt: San José
Land: USA
Kontinent: Nordamerika
Studienrichtung: Wirtschaftsinformatik
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 08/2018 bis 01/2019
Heimathochschule: Dresden HTW

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Vorbereitung

Ich habe mich schon zu Beginn meines Studiums an dazu entschieden, im 5. Semester ein Auslandsaufenthalt zu absolvieren. Daher habe ich eine sehr lange Vorlaufzeit gehabt, um mich entsprechend zu informieren, zu entscheiden und letztendlich alles vorzubereiten.

Von Anfang an war für mich klar, dass ich gerne in Übersee in einem englisch sprachigen Land studieren möchte. Wenn möglich zu meinem Studiengang Wirtschaftsinformatik passend. Ziemlich schnell war mir klar, dass ich in die USA möchte, da ich mit meiner Familie dort schon als Kind gelebt hatte.

Im Sommer 2017 hatte ich die Möglichkeit, mir schon verschiedene Universitäten im Westen der USA anzusehen. Zum einen die Partneruni von meiner Heimatuniversität, in Flagstaff, Arizona und zum anderen die San José State University, kurz SJSU, im Herzen des Silicon Valley, nur 20min entfernt von Standford, 10min entfernt von Google, Facebook & Co.

Am Ende hat das Kursangebot der SJSU besser zu meinen Kursen gepasst, die ich regulär im 5. Semester hätte ablegen müssen.

Da die SJSU keine Partneruniversität meiner Heimatuniversität ist und ich dadurch ein wenig mehr organisatorischen Aufwand hatte, da ich nun als sogenannter „Free Mover“ gehen würde, habe ich mich für „College Contact“ als Unterstützung entschieden und wurde von der Hochschulwahl bis hin zur Ankunft in den USA und durch das gesamte Semester sehr gut betreut.

Durch die gute Vorbereitung von College Contact und die hervorragende Betreuung durch die SJSU waren die vielen organisatorischen Sachen deutlich strukturierter und es fiel mir leicht, alles entsprechend dem Zeitplan zu erledigen.

Die Bewerbung verlief sehr einfach online, nachdem ich mir vom Sprachzentrum meiner Hochschule mein Englisch Sprachzertifikat ausstellen habe lassen. Mitte Januar kam dann die Zusage der SJSU, womit es dann in die heiße Phase der Vorbereitungen ging.

Als erstes habe ich meinen Flug gebucht, welcher von Berlin Schönefeld über Island nach San Francisco ging.

Anschließend ging die Suche nach einer Unterkunft los, bei welcher ich tatkräftige Unterstützung von der „Housing“ Beauftragten der SJSU hatte. Uns war von Seiten der SJSU eine Betreuerin gestellt, welche fast rund um die Uhr für Fragen und Antworten beiseite stand.

Schwieriger gestaltete sich dann die Kurswahl, da in den USA das sogenannte „Class Crashing“ System normal ist und man erst vor Ort die Zu – oder Absage für die Wunschkurse bekommt. Das wurde dann zu einer Zitterpartie für mich, da gerade die SJSU sehr beliebt für ihre Wirtschaft – und Informatikkurse ist. Um mein Learning Agreement auszufüllen, stand mir unser Dekan und unser Prüfungsvorsitzende zur Seite und nachdem ich mir die Kurse aus der Kursliste der SJSU ausgesucht hatte, habe ich dies mit unserem Studiendekan besprochen und sein Okay bekommen.

Leider war die Fakultät an meiner Heimatuniversität nicht sonderlich flexibel, was die Integration eines Studienaufenthaltes ins Ausland in mein laufendes Studium betrifft. Hier hat mich zum Glück College Contact gut unterstütz, ohne die ich nicht gewusst hätte, was meine Heimathochschule alles ausstellen muss.

Der Antrag auf Urlaubssemester und die Formalien für das akademische Auslandsamt waren dank entsprechender Hilfe auch schnell ausgefüllt. Insgesamt sind es viele Unterschriften und Formblätter, aber wenn man sich gut organisiert und informiert geht es relativ einfach und schnell.

Anstrengender war dafür die Bewerbung für das USA F1-Studentenvisum, wofür man extra in die amerikanische Botschaft nach Berlin reisen muss. Nach einer zwei-stündigen Befragung im Internet zu meinem Visum stellte ich fest, dass die USA ein anderes Passfoto Format haben, als wir, weshalb ich dann noch schnell die passenden Passfotos machen musste.

Generell ist es viel unübersichtlicher Papierkram, welcher ausgefüllt und zum Visa Termin mitgebracht werden muss. In der Botschaft selbst darf man weder Smartphone oder ähnliches mitbringen und bevor man überhaupt zu seinem Termin kommt, muss man durch einen strengen Security Check. Die Wartezeit in der Botschaft war auch sehr lange, das Gespräch mit dem entsprechenden Botschafter dauerte allerdings nur 5 Min. Dort bekam ich noch nicht die Zusage für das Visum, sondern mein Pass würde mit der Zu – oder Absage zugeschickt werden.

Die vier Wochen, bis mein Pass zu Hause eintraf, haben mir einige schlaflose Nächte beschert. Man kann das Visum auch erst beantragen, wenn man von der Universität die Zusage hat, anschließend dauert es gute 1-2 Wochen bis zu dem Termin in der Botschaft und noch einmal 4 Wochen, bis das Visum da ist – plant hier also sehr großzügig Zeit ein.

Schon Fernweh bekommen?

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Unterkunft im Gastland

Da das Silicon Valley eine der teuersten und beliebtesten Wohngegenden der Welt ist, war es sehr schwer eine Unterkunft zu finden. Damit wir internationalen Studenten nicht an Betrüger geraten, hat uns die SJSU eine Betreuerin zur Seite gestellt. Ich habe mich dazu entschieden, „Off Campus“ zu wohnen, da die Studentenwohnheime erst Zimmer vergeben, wenn die einheimischen Studenten untergebracht sind. Für die Wohnheime muss man sich auch im Vorfeld bewerben und die Zusage kommt in der Regel sehr kurz vor Semesterbeginn – zu warten, bis ich vor Ort bin und dann zu suchen, war für mich keine Option. Zwei meiner Freunde haben dies gemacht und hatten beide sehr starke Probleme und sehr hohe Hotelkosten.

An der SJSU gibt es noch das sogenannte „International House“, welches eine Unterkunft für internationale Studenten bietet. Jedoch gibt es hier nur die für die USA typischen Doppelzimmer, heißt, man teilt sich das Zimmer mit einer wahllos von der Uni zugeordneten Person. Das International House verpflichtet seine Mitbewohner auch, bei Veranstaltungen und Ausflügen anwesend zu sein.

Durch langes Recherchieren bin ich dann auf ein Studentenwohnheim, 5 Gehminuten entfernt vom Campus, gekommen. Hier muss man sich auf eine lange Bewerberliste setzen lassen, da es sehr beliebt ist. Man konnte zwischen verschiedenen Konfigurationen wählen, wie Doppelzimmer mit Bad, Einzelzimmer in einer WG mit geteiltem Bad oder privates Bad. Ich hatte mich dort gleich Ende Januar beworben und habe im Mai die Zusage bekommen. Freunde von mir hatten sich erst im April beworben und waren damit zu spät. Generell ist die Wohnsituation um die SJSU sehr schwierig und sehr teuer - 1 Zimmer Apartments kosten hier um die 1500 – 2000$. Mein WG Zimmer lag bei rund 1200$, was immer noch viel Geld im Vergleich zu deutschen Mietpreisen ist. Die Möbel waren zum Glück schon im Zimmer, genauso wie Waschmaschine und Trockner. Außerdem gab es einen großen Pool mit Grillplatz, Fitnesscenter und viele weitere – typisch amerikanische – Extras.


Studium an der Gasthochschule

Die SJSU hat einen sehr schönen Campus und ich habe mich dort gleich mehr als wohl gefühlt. Die Vielfalt an Menschen ist sehr multikulturell und es ist sehr schwer, jemand, ohne nicht amerikanische Wurzeln zu finden. Mir hat diese Vielfalt sehr gut gefallen. Die Leute waren alle sehr nett und hilfsbereit. Im Grunde kann man seinen ganzen Tag auf dem Campus verbringen, denn es gibt neben den Unterrichtsräumen ein Fitnessstudio, ein Health Center mit Ärzten, viele Sportangebote, einen Bookstore in welchem man nahezu alles bekommt und letztendlich eine großzügig angelegte Essmeile. Hier fehlt leider ab und an das gesunde Essen, aber von Japanisch über mexikanisch hin zum typischen amerikanischen Burger und Starbucks ist alles vertreten.

Das oben schon genannte Class Crashing war sehr nervenaufreibend und in den ersten zwei Wochen bin ich zu etlichen Vorlesungen gewesen, nur um am Ende wieder keinen Code zu bekommen. Für das Fach „Entwicklung webbasierter Anwendungen“ und „International Business Strategy“ habe ich durch meine tolle Betreuerin an der SJSU schon im Juli die Zusage bekommen.

Für „Marketing“ musste ich eine A4-Seite schreiben, warum ich den Kurs gerne belegen möchte und habe auch hier schnell die Zusage bekommen – generell freuen sich viele Professoren, wenn sie Deutsche in ihren Kursen haben. Leider konnte ich das Fach „Managementtechniken“ nicht ersetzen, da es einer der gefragtesten Kurse der SJSU ist. Nach Rücksprache mit meiner Heimatuni konnte ich aber eine noch offene – Rechnernetze und Kommunikationssysteme - Prüfung aus dem 3. Semester belegen. Hier habe ich dann in der 3. Semesterwoche die Zusage bekommen.

Generell wurde mir berichtet, dass die Kurse in den USA nicht vergleichbar sind zu den deutschen Modulen, da das Niveau deutlich niedriger wäre. Dies kann ich an der SJSU nicht bestätigen – die Kurse waren allesamt sehr anspruchsvoll und gerade die Klassen „International Business“ und „Network Management“ waren sehr schwer. Die Professoren kamen beide von namhaften Unternehmen. Hier musste man auch nahezu jede Woche eine Art Hausaufgabe machen, dazu kamen sogenannte Midterms (Zwischenprüfungen) und Gruppenprojekte. Generell ist das System in den USA mehr wie ein Schulsystem, als in Deutschland. In jedem Kurs hatten wir ein großes Gruppenprojekt, was für mich am Anfang sehr befremdlich war, aber mir im Endeffekt sehr viel Spaß gemacht hat. Jedoch hat man hier schnell gemerkt, dass wir Deutschen tatsächlich „pünktlich und zuverlässig“ sind, man darf von seinen amerikanischen Gruppenmitgliedern hier nicht dieselbe Gründlichkeit verlangen, wie von seinen deutschen Kommilitonen.

Mir wurde allerdings im Laufe des Semesters von mehreren Seiten erzählt, dass ich die angeblich „schwierigsten“ Fächer der SJSU belegt hätte. Marketing und Web Based Computing war im Vergleich zu den anderen beiden Kursen wie erwartet deutlich einfacher, als die in Deutschland gehaltenen Module zu den Fächern.

Alles in allem hat mir die SJSU sehr gut gefallen, auch wenn der Lern (und Frust) – Aufwand in manchen Phasen des Semesters schon sehr hoch war. Hierfür steht aber mit der Martin Luther King Library ein ganz toller Ort zum Lernen zur Verfügung.  


Alltag und Freizeit

Entgegen meinem deutschen Unialltag gibt es keinen vollen Stundenplan, sondern man hat in der Regel nur 2-3 Tage Uni. Das macht den ganzen Alltag ein wenig ungeplanter und die unangekündigten Hausaufgaben machen es zeitweise sehr schwer, seine Freizeit im Voraus zu planen, da man immer darauf gefasst sein muss, seine freien Tage für Hausaufgaben oder die Gruppenprojekte nutzen zu müssen.

Abseits der Uni bietet Kalifornien allerdings sehr viel. So haben wir Ausflüge in den Yosemite National Park gemacht, nach San Diego, Standford, San Francisco, Los Angeles und viele weitere Orte, die Kalifornien zu bieten hat. Aber auch in San Jose selber gibt es etliche Freizeitmöglichkeiten und viele von den typischen Outlets, in welchen man viel zu viele Schnäppchen finden kann. Es gibt unheimlich viele Museen und generell findet man jeden Tag eine neue interessante Ecke oder einen Tipp von amerikanischen Kommilitonen, was man unternehmen kann.

Leider kommt man in den USA nicht weit ohne Auto, da die öffentlichen Verkehrsmittel stark beschränkt und auch teilweise gefährlich sind. Da ich das vorher wusste, habe ich mich schon aus Deutschland mit der Hilfe eines in San Jose lebenden Freundes, um ein Auto gekümmert.

10 Autominuten entfernt von San Jose befindet sich der „Alum Rock Park“, in welchem man kurze bis hin zu Tageswanderungen unternehmen kann. Von dort hat man fast überall einen traumhaften Blick über das Silicon Valley.
 
Die amerikanischen Studenten sind sehr nett und ich habe schnell Freundschaften schließen können und mir wurde nie langweilig. Neben Freizeitaktivitäten haben wir uns auch fast alle Footballspiele der SJSU angeschaut, welche mich sehr an amerikanische College Filme erinnert haben. Die Partyszene in San José und Umgebung ist sehr vielfältig und für jeden etwas dabei. Da meine Freunde und ich alle über 21 Jahre alt waren, hatten wir hier nie Einschränkungen. Jedoch sollte man gerade als Mädchen nicht nachts allein in San José unterwegs sein. Raubüberfälle, Obdachlose die einen ansprechen, Schlägereien und Schießereien sind hier leider Alltag, was durch eine sehr hohe Polizeipräsenz unterstrichen wird. In meiner Zeit an der SJSU wurden zwei  Studenten entführt, mein Auto aufgebrochen und ich habe drei Schießereien gesehen. Wenn man allerdings vorsichtig und immer als Gruppe unterwegs ist, passiert in der Regel nichts. Die SJSU hat hierfür auch einen eigenen Polizeiservice, die einen auch nach Hause begleiten, wenn man allein ist. Die vielen Obdachlosen sind am Anfang sehr befremdlich, aber man gewöhnt sich daran. Jedoch habe ich mich nie 100 Prozent sicher gefühlt, wenn ich nachts unterwegs war und habe mich dann dazu entschlossen ein Training zum Umgang mit Pfefferspray zu besuchen. Geht man in den etwas teureren Vierteln um San José (Mountain View, Palo Alto, etc.) weg, fühlt man sich um einiges sicherer.

Neben den „gängigen“ Orten, die man unbedingt sehen sollte, haben wir auch in einem kleinen Ort, etwa 30 Autominuten entfernt von San José, ein Rodeo angeschaut, was für mich ein sehr schönes Erlebnis war.


Kompetenz und Lernerfolg

Die SJSU hat sehr anspruchsvolle Kurse und gerade aus meinen Wirtschaftskursen konnte ich sehr viel Inhalt mitnehmen. Neben den inhaltlichen Lernerfolgen habe ich vor allem einen riesen Lernerfolg in Englisch machen können. Generell die Erfahrung, im Silicon Valley zu sein und IT-Fortschritte aus erster Hand zu sehen war für mich eine großartige Erfahrung.


Fazit

Neben 5kg mehr, nehme ich unendlich viele tolle Eindrücke und Erfahrung mit zurück nach Hause. Leider ist meine Zeit in Amerika viel zu schnell verflogen und ich wäre gerne noch viel länger geblieben. Die vielen Eindrücke, Erlebnisse und Ausflüge werde ich nie vergessen und ich würde gerne alle noch einmal wiederholen. Heimweh kam bei mir nur sehr selten auf, eigentlich nur, wenn ich wieder vor dem Brotregal im Supermarkt stand, in welchem nur viel zu weiches Toastbrot ist. Generell empfehle ich jedem die Anschaffung eines Toasters zu Beginn, denn Amerikaner kennen kein Brot oder Semmeln, wie wir sie in Europa essen. Dem amerikanischen Essen bin ich aber – neben Brot – komplett verfallen und ich konnte mich oft nicht entscheiden, wo ich am liebsten Essen gehen würde. Entgegen der Vorstellung von Burgern und fettigen Pommes (welche es natürlich auch zur Genüge gibt), bietet speziell San Jose und Umgebung durch die kulturelle Vielfalt nahezu alle Formen von Essen an. Am liebsten bin ich allerdings zu den mexikanischen Restaurants gegangen. Alles in allem war es eine der aufregendsten Zeiten in meinem Leben inklusive vieler wertvoller Erfahrungen. Ich kann jedem, der über die finanziellen Mittel verfügt, nur bestens empfehlen, an die SJSU zu gehen.