4 Apr
Erfahrungsbericht von Katharina B.

University of California, Los Angeles Extension


Stadt: Los Angeles
Land: USA
Kontinent: Nordamerika
Studienrichtung: Psychologie
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 09/2018 bis 12/2018
Heimathochschule: Münster U

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Vorbereitung

Da die Westfälische Wilhelms-Universität Münster leider keine Kooperation mit der UCLA hat, habe ich diesen Auslandsaufenthalt als Free Mover organisiert. Die einzige Möglichkeit, ohne klassisches Partneruniversitäten-Austauschprogramm an die UCLA zu kommen ist über eine Bewerbung an der UCLA Extension. Dies ist ein an die UCLA angegliedertes Ausbildungsinstitut, das sich vor allem an internationale Studierende richtet. Die Bewerbung und Organisation laufen also über die Extension, vor Ort ist es dann jedoch möglich ganz regulär die UCLA Kurse zu belegen.

Über die Organisation College Contact bekam ich entsprechende Unterstützung und hatte immer einen Ansprechpartner bei der Planung und auch vor Ort. Der Service von College Contact ist kostenlos, da sie Provisionen von den Universitäten bekommen, wenn ein Studierender die Bewerbung erfolgreich abschließt. Mir hat es sehr geholfen, immer schnell meine Ansprechpartner bei CC per Mail oder Telefon zu erreichen. Alle waren sehr hilfsbereit und standen für Fragen zur Verfügung, das hat die Organisation definitiv erleichtert.

Für die Bewerbung ist es vor allem wichtig zu beachten, dass der TOEFL-Test mit sehr guten Ergebnissen abgeschlossen wird. Zudem ist es wichtig, sich frühzeitig mit der Heimatuniversität bezüglich der Kurse und deren Anrechnung zu besprechen. Ansonsten lief die Bewerbung relativ unkompliziert ab und Anfang Juni habe ich dann meine Zusage erhalten.

Nach der offiziellen Zusage ging es in die intensivere Vorbereitungsphase. Das Visum musste beantragt und eine Unterkunft vor Ort gefunden werden. Für meinen Studienaufenthalt benötigte ich ein F1-Visum, welches beim Amerikanischen Konsulat in Frankfurt oder der Botschaft in Berlin beantragt werden kann.  Als alle erforderlichen Unterlagen vorlagen, stand dieser obligatorische Besuch der Botschaft/des Konsulats an und es wurden mir vor Ort einige Fragen zu meinem Vorhaben, meinem Studium und eventuellen Reiseplänen gestellt. Das Visum wird dann innerhalb von ein bis zwei Wochen nach Hause geschickt. Es sollte also entsprechend Zeit eingeplant werden zwischen dem Termin und der Abreise.

Die Wohnungssuche in Los Angeles, insbesondere im Stadtteil Westwood rund um die Uni, gestaltete sich als etwas schwierig. Ich habe über diverse Facebookgruppen Gesuche gestartet und habe letztlich einen Platz in einem Zweier-Zimmer, welches ich mir mit einer Amerikanerin geteilt habe, in einer WG fußläufig zur Uni gefunden. Die Preise in der Gegend liegen - für die USA typisch - sehr hoch (mein Doppelzimmer hat circa 900 Dollar pro Monat und pro Person gekostet).

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Orientierung

Ich bin eine Woche vor Vorlesungsbeginn angereist, um ausreichend Zeit zu haben, mich einzuleben, in der Stadt zurechtzufinden und bereits erste Kontakte zu knüpfen. Darüber war ich sehr froh, denn so konnte ich ganz in Ruhe Los Angeles kennenlernen, mich bereits etwas mit dem Campus vertraut machen und z.B. einen Handyvertrag abschließen.

Der erste Tag der „Zero Week“ bestand nur aus einer kurzen Orientierung an der Extension, bei der uns einige Formalien zur Kurswahl und wichtige Informationen zum Campusleben erklärt wurden. Dort hatten wir die Möglichkeit andere Studierende aus aller Welt kennenzulernen. Einen richtigen Eindruck von der Uni und allen Möglichkeiten und Angeboten, erhält man jedoch erst nach und nach. Die Uni ist wie eine kleine Welt für sich und der Campus so riesig, dass es am Anfang nicht ungewöhnlich ist, sich auch mal zu verlaufen. Vom Kunstmuseum, über Schwimmbäder und Kletterpark bis hin zum Kino und Supermarkt bietet die Uni alles, um das Studentenleben auch außerhalb der Vorlesungen spannend zu gestalten.

Da das Wetter beinahe das gesamte Quarter über sehr schön und sonnig war, konnte man auch die vielen Sitzgelegenheiten draußen nutzen, um dort seine Pause zu verbringen oder zu lernen. Die Uni hat auch eine sehr große Bibliothek mit langen Öffnungszeiten, wo man in Ruhe sitzen und seine Aufgaben erledigen kann. Wichtig ist jedoch zu erwähnen, dass man als Extension StudentIn nicht die gleichen Rechte hat, wie ein regulärer Student. Zunächst wurde mir der Eintritt ins Gym verweigert, was sich dann nach ein paar E-Mails und Telefonaten als Missverständnis herausgestellt hatte. Auch andere Services für Studierende wie das „Writing Center“ (Hilfe bei Hausarbeiten) standen uns nicht zur Verfügung. Die größte Frechheit war meiner Meinung nach die Regel, dass Extension Studierende sich in der Prüfungsphase nach 19 Uhr nicht mehr in der Bibliothek aufhalten dürfen. Dafür werden die Studentenausweise vom Security Personal kontrolliert und man wird dann mehr oder weniger freundlich gebeten, die Bibliothek zu verlassen, da sonst nicht genügend Platz für andere Studierende wären. Dass wir als Extension Students die regulären UCLA Kurse belegen und entsprechend für die gleichen Klausuren lernen, galt dies nicht als Argument. Ich hatte ein sehr unschönes Erlebnis, wo ich wie eine Schwerverbrecherin aus der Bibliothek eskortiert wurde. Im Anschluss habe ich mich auf vielen Ebenen beschwert und schlussendlich hat sich die Bibliotheksleitung bei mir entschuldigt und versprochen, diese Regelung nochmals zu überdenken. Ich bin gespannt…Ich finde es jedenfalls nicht fair, dass Studierende von Partnerhochschulen, die keine Studiengebühren zahlen müssen, viel mehr Rechte haben, als Extension Students, die so hohe Gebühren zahlen.


Akademisches & Kurse

Für mein Psychologie-Studium in Deutschland wollte ich mir gerne die „Pädagogische Vertiefung“ und das „Nicht-psychologische Wahlfach“ anrechnen lassen und war deshalb auf
der Suche nach äquivalenten Kursen an der UCLA. Für meine Bewerbung hatte ich bereits eine Vorauswahl von 10 Kursen treffen müssen und mich deshalb bereits von zuhause aus intensiv mit dem riesigen Angebot an Kursen auseinandergesetzt.

Das F1-Visum erfordert die Belegung von Kursen mit insgesamt mindestens 12 Credits, dies sollte bei der Wahl auf jeden Fall beachtet werden. Die Kurswahl für Visiting Students über das Programm der Extension gestaltete sich leider als ziemlich aufwendig und zum Teil auch sehr frustrierend. Während reguläre Studierende ihre Kurse bereits Monate im Voraus online „buchen“ können, mussten wir das sogenannte „Class Crashing“ durchführen. Dies bedeutet, dass man in der ersten und zum Teil auch noch zweiten Woche alle Kurse, die infrage kommen, besucht und im Anschluss das Gespräch mit dem Dozenten sucht. Dort muss dann gefragt werden, ob es eine Möglichkeit gibt, am Kurs teilzunehmen.  Leider sind zu dem Zeitpunkt natürlich schon viele Kurse voll und haben bereits lange Wartelisten. Mich hat dieses Verfahren sehr frustriert und ich hatte das Gefühl, dass internationale Studierende (bzw. Studierende der Extension) wie Menschen 2. Klasse behandelt wurden. Es war sehr mühevoll und anstrengend und zwischenzeitlich habe ich stark daran bezweifelt überhaupt noch Kurse zu finden, die ich mir zuhause anrechnen lassen kann und die mir auch gefallen. Bei Studiengebühren von circa. 10.000 Euro finde ich das etwas unangemessen, dass man um seine Kurse betteln muss.

Man sollte sich vorher genau Gedanken machen, welche Kurse höchste Priorität haben und auch schon mal im Internet recherchieren, ob diese Kurse auch noch freie Plätze haben. Generell sind die Chancen auf jeden Fall höher, wenn man sich persönlich an die Dozenten wendet und die Situation schildert als per E-Mail o.ä. Wenn es noch einen freien Platz gibt, müssen die Dozenten dann ein Formular ausfüllen, welches wiederum bei der Extension eingereicht werden muss. Die Bezahlung der Kurse wird dann auch erst vor Ort nach erfolgreicher Aufnahme durchgeführt.

Das Quarter besteht nur aus 10 Wochen, deshalb wird bereits von der ersten Sitzung an intensiv ins Thema eingestiegen und es gibt keine „Warmlauf-Zeit“. Die ersten zwei Wochen waren deshalb besonders stressig, da ich insgesamt zehn Kurse besucht und solange ich keine Plätze sicher hatte, musste ich für alle diese Kurse „am Ball bleiben“, um keine Punkte zu verlieren.  Letztendlich hatte ich dann doch großes Glück und habe zwei meiner Wunschkurse aus dem Education Bereich bekommen und einen Sociology Kurs, auf den ich erst vor Ort aufmerksam geworden war.

Insgesamt lässt sich zu allen Kursen sagen, dass der Workload höher ist als in Deutschland. Insbesondere da die Note nicht aus einer Abschlussprüfung besteht, wie ich es von zuhause gewohnt war, sondern sich aus diversen Studienleistungen über das Quarter verteilt zusammensetzt, hatte ich jede Woche mehrere Abgaben. Auf der anderen Seite habe ich das aber auch als sehr angenehm empfunden, da am Ende des Semesters entsprechend viel weniger Druck herrschte. Mir hat auch sehr gefallen, dass ich hier viel mehr Papers, Reflexionen und sonstige Texte geschrieben habe als zuhause. Jede Woche musste ich für alle Kurse mehrere Seiten schreiben und habe das Gefühl, dass ich somit ein viel besseres Verständnis für die einzelnen Themen entwickeln konnte, da ich mich intensiver damit auseinandergesetzt und in Themen hineingedacht habe, als es beim puren Auswendiglernen der Fall ist. Schön ist auch, dass ich für jede eingereichte Hausaufgabe ein ausführliches Feedback von den Professoren persönlich und oftmals auch zusätzlich von Teaching Assistants bekommen habe. Somit habe ich bei mir selbst im Verlauf des Quarters eine deutliche Lernkurve bemerkt und fühle mich jetzt auch deutlich besser auf das Schreiben meiner Bachelor-Arbeit vorbereitet.

EDUC XLC M194C: Culture, Communications, and Human Development Research Group Seminars

Dieses von Professor Majorie Orellana geleitete Seminar bestand aus einem theoretischen und einem praktischen Teil und war eine einzigartige Erfahrung, die sich von allen bisher erlebten Seminaren und Vorlesungen an Universitäten deutlich abhob. Der Kurs ist Teil eines großen Rechercheprojektes, bei dem sowohl UCLA Studierende, als auch SchülerInnen der UCLA Community School und ein Team aus Instruktoren mitwirken. Schwerpunktthemen waren vor allem Lernen, Sprache, Kultur, Geschlecht und Entwicklung. Diese Themen wurden durch wöchentliche Literatur, die in Vorbereitung auf die dreistündige Sitzung gelesen wurde, in der Theorie erarbeitet und dann gemeinsam diskutiert. Die Literatur fokussierte sich u.a. auf Kinder mit Migrationshintergrund, die Rolle von Lehrern als soziokulturelle Mediatoren und Lernen als kultureller Prozess. Prof. Orellana legte besonders viel Wert auf Individualität und gegenseitigen Respekt. Sie zeigte sich als „Gegnerin“ des klassischen Frontalunterrichts und baute oftmals alternative Lehrmethoden mit ein. So lernten wir beispielsweise Methoden des „Theaters der Unterdrückten“ von Augusto Boal kennen, die vor allem in der politischen Bildung praktiziert werden. Ziel ist es durch die Kombination von Kunst und Selbsterfahrung politisch „Probe zu handeln“. Soziale und kommunikative Ressourcen, die im Alltag oftmals vernachlässigt werden, kommen hier zum Tragen und wir hatten die Möglichkeit so auf eine ganz andere Art brisante Themen wie beispielsweise „Rassismus in Schulen“ zu erforschen.

Ein weiterer Schwerpunkt des Kurses war das Erlernen ethnografischer Methoden. Diese wurden dann im praktischen Teil des Seminares ausprobiert und vertieft. Einen Nachmittag in der Woche gestalteten wir ein zweistündiges Nachmittagsprogramm für 3.-5.-Klässler an der UCLA Community School. Dieses „Bruin Club“ genannte Programm beinhaltet diverse Freizeitaktivitäten. Wir boten den Kindern in jeder Woche verschiedene Möglichkeiten zum freien Spiel, Basteln, Sport treiben und Ausleben kreativer Ideen an. Außerdem haben wir regelmäßig Aktivitäten wie z.B. naturwissenschaftliche Experimente vorbereitet. Neben der Beschäftigung mit den Kindern war es unsere Aufgabe, kulturelle Produktion in menschlicher Aktivität zu beobachten und unsere Beobachtungen über einzelne Verhaltensweisen und Interaktionen zu notieren. Basierend auf den Beobachtungen musste jede Woche ein mindestens vierseitiger Bericht geschrieben werden, der das Erlebte aus dem Blickwinkel der Literatur reflektierte.

Weitere Kursleistungen waren die Organisation eines eigenen Projektes (ich habe beispielsweise ein siebenminütiges Video mit den Kindern erstellt, in dem wir im „Tutorial Stil“ erklären und demonstrieren, wie man Feuer machen kann und gleichzeitig die zu der Zeit herrschenden Waldbrände in Kalifornien thematisieren) und eine abschließende Lernanalyse und Reflexion. Die Kombination aus Theorie und Praxis und die damit verbundene Anwendung von Gelerntem in der Interaktion mit den Kindern macht dieses Research Seminar zu etwas ganz Besonderem.

EDUC XLC 187: Variable Topics in Education: Educational Perspectives of Relational Practices in Modern Medicine

Dieses Seminar wurde von Professor Federica Raia und Professor Dr. Mario Deng (einer der weltweit führenden Kardiologen und Spezialisten in Herztransplantationen) geleitet. Das Thema des Kurses waren das Menschsein und Körperkonzepte im Kontext von asymmetrischen Interaktionen und Beziehungen zwischen Patienten und Medizinern in der modernen High-Tech Medizin. Konkret ging es um die Rolle und Wahrnehmung des Selbst, sowie Personalisierung der Gesundheitsfürsorge vor allem hinsichtlich Kommunikationsmodelle, Interaktion und Ethik. Besonders spannend war die Verknüpfung philosophischer Perspektiven mit den Praktiken in der modernen Medizin in Diskussionen im Kurs. Das Seminar fand zweimal pro Woche statt. Pro Woche mussten diverse Texte (u.a. Heidegger, Dreyfuss, Barry) sowie Ausschnitte aus dem Buch „Relational Medicine“ der beiden Professoren gelesen und eine einseitige Reflexion über die Texte geschrieben werden.

Wahrscheinlich wichtigster und intensivster Teil des Kurses waren die sogenannten „Cogenarative Dialouge Sessions“, die einmal in der Woche stattfanden. Oftmals kamen herzinsuffiziente Patienten ins Seminar, die uns von ihrer Erfahrung vor, nach und während der Herztransplantation berichteten. Diese Vorträge und Gespräche waren sehr prägend und ich bin dankbar, diese besonderen Einblicke bekommen zu haben.  In anderen Wochen schauten wir uns Videoaufnahmen von Herztransplantationen an oder entsprechende Audioaufnahmen. Diese Aufnahmen waren im Rahmen des Forschungsprojektes aufgenommen worden und zeigten jeweils Operationen, in denen Prof. Dr. Deng involviert war.

Basierend auf der Literatur und unserem im Seminar gesammeltem Wissen wurden diese Aufnahmen dann diskutiert und besprochen. Zuhause musste dann eine mindestens dreiseitige Reflexion geschrieben werden. Den Abschluss des Seminares bildete ein finales Research-Paper, welches sich auf einen bestimmten Aspekt fokussieren und die theoretischen Konstrukte sowie Patienten-Beobachtungen inkludieren sollte. Ich habe mich dafür auf Fürsorge („Care“) und die  „Lifeworld“ fokussiert und erarbeitet, wie man im Kontext von Operationen und medizinischen Untersuchungen den Patienten als ganzen Menschen wahrnimmt und auch als solchen behandelt.

SOCIOL XLC 191 P: Undergraduate Seminar: Politics of Reproduction, Gender, and Family

Das von Professor Gail Kligman durchgeführte Seminar beschäftigte sich in dreistündigen diskussionsintensiven Sitzungen mit diversen Aspekten rund um die menschliche Reproduktion und vor allem der Kreuzung von Öffentlichkeit und Privatleben. Aus soziologischer und politischer Perspektive wurden Themen wie beispielsweise Abtreibung und Verhütung, kontrollierte Reproduktion, Leihmutterschaft und künstliche reproduktive Technologien beleuchtet und besprochen.

Ein besonderer Fokus lag auch auf verschiedenen Kulturen und Ländern: So war die Ein-Kind-Ehe in China ebenso Thema wie Antinatalismus im nationalsozialistischen Deutschland. Auch die verschiedenen Geschlechterrollen, sowie Mutter- und Vaterschaft als soziale Konstrukte wurden behandelt.

Das Seminar war besonders spannend, da es oft dramatisch aktuellen Bezug hatte und wir viele Artikel aus Zeitungen miteinbeziehen konnten. So konnten wir im Seminar oft aktuelle Ereignisse aus der Politik ansprechen wie beispielsweise die Debatte über das Geburtsrecht in den USA. Mir hat es besonders gut gefallen, dass jeweils verschiedene Aspekte und Perspektiven Raum hatten und in dem sehr kleinen Kurs eine angenehme Diskussionskultur herrschte. Viele im Seminar gelernte Fakten haben mich schockiert und nachhaltig zum Nachdenken angeregt. So habe ich beispielsweise mein Mid-Term Paper über die Zwangssterilisation von lateinamerikanischen und afroamerikanischen Frauen in den USA geschrieben- eine Praxis die noch bis in die 70er Jahre in erschreckend hohen Zahlen durchgeführt wurde. Neben dem Midterm Paper musste auch ein zehnseitiges Final-Paper geschrieben werden.

Hier wählte ich als Thema “Women as migrant workers: Consequences for the individual woman’s life and her family” und hatte viel Spaß an der intensiven Recherche. Über die wöchentliche Literatur musste jeweils ein zweiseitiges Paper geschrieben werden, das die einzelnen Texte in Relation zueinander setzte.


Extracurriculars & Soziales

In den ersten Tagen des neuen Semesters findet eine Messe für alle Studierendenorganisationen statt, die es sich auf jeden Fall zu besuchen lohnt. Bei tausenden von verschiedenen Organisationen war ich zunächst etwas überwältigt, aber man kann sich sicher sein, dass für jeden Geschmack etwas dabei ist. Schauspieler, Sportbegeisterte, Naturliebhaber, Sprachtalente – hier kommt jeder auf seine Kosten.

Bei vielen Organisationen kann man einfach und locker sein Interesse bekunden und dann entsprechend an Aktionen teilnehmen. Andere Organisationen erfordern eine schriftliche (Online-) Bewerbung und haben ein Bewerbungsverfahren mit Vorstellungsgespräch, nach welchem sie dann über die Aufnahme entscheiden.  

Ich wurde glücklicherweise in meiner Wunsch-Studierendenorganisation „The Hunger Project at UCLA“ aufgenommen. Dies ist eine Gruppe, deren Ziel es ist, sowohl grundlegende Akuthilfe für obdachlose Menschen im Großraum LA zu geben, als auch unterstützend für eine langfristige Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu wirken. Auch Öffentlichkeitsarbeit und die Sensibilisierung der Gesellschaft ist eines der Aufgabenfelder der Gruppe. Alle zwei Wochen hatten wir ein verpflichtendes Treffen, bei dem aktuelle Projekte, neue Ideen und politische Themen im Kontext besprochen wurden. Zusätzlich haben wir jede Woche in Zusammenarbeit mit anderen außeruniversitären Gruppen und Vereinen (z.B. „The Shower of Hope“, „Safe Space for Youth“ und „People Assisting The Homeless“) Projekte unterstützt, wie z.B. mobile Duschen bereitgestellt oder gemeinsam mit Obdachlosen gekocht und gegessen. Der Kontakt zu den obdachlosen Menschen hat mir intensiv einige Probleme der amerikanischen Politik und Gesellschaft demonstriert und vor allem die Kontraste, die in Los Angeles extremer erscheinen als an anderen Orten. Da mir diese Aufgaben sehr viel Freude bereitet haben, habe ich mich außerdem einen Tag in der Woche bei der „Midnight Mission“ engagiert. Dieser Homeless-Shelter auf der sogenannten Skid-Row, einem kleinen Stadtbezirk in Downtown, in dem schätzungsweise 30.000 Menschen auf der Straße leben, zeichnet sich sowohl durch tägliche Essensausgaben als auch durch Rehabilitierungsprogramme aus. Ich habe dort jeden Montag bei der Zubereitung der Mahlzeiten geholfen und in der Essensausgabe und habe durch die Stunden und den Kontakt zu den verschiedensten Menschen mit individuellen Lebensgeschichten sehr viel lernen können.

An der Uni wurde ich außerdem Mitglied des „Bruin Naturalist Clubs“, einer Studierendeninitative vom „Institute of Environment and Sustainability“, die sich vor allem mit Themen der Natur auseinandersetzt und regelmäßige Ausflüge zur Vogelbeobachtung, Camping etc. organisiert hat, die jeweils einen besonderen Fokus auf Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein legte. Über die Organisation „EuroBruins“, habe ich außerdem viele andere Internationals kennengelernt. Gegründet wurden die „EuroBruins“ von europäischen Studierenden, die eine Plattform zum Austausch schaffen wollten. Einmal pro Woche wurde ein Treffen organisiert.

Neben diesen meisten von Studierenden organisierten Gruppen und Initiativen bietet die Uni natürlich auch ein breites Angebot und man sollte regelmäßig den Veranstaltungskalender checken, um keine spannenden Vorträge, Diskussionsrunden oder andere kulturelle Veranstaltungen zu verpassen.

Als Studierender hat man außerdem kostenlosen Zugang zum Fitnessstudio und einem breiten Angebot an Sportarten. Für einen geringen Aufpreis kann man auch an diversen Kursen teilnehmen. So habe ich mir beispielsweise einen „Yoga-Pass“ zu Beginn des Quarters gekauft.


Ansonsten habe ich, aus dem beschaulichen Münster kommend, es sehr genossen in einer so großen Stadt wie LA zu leben. Was die Stadt so besonders macht, ist die Vielseitigkeit. Beinahe jedes Viertel hat seinen komplett eigenen Charme und Charakter. Ich habe mich keine Sekunde gelangweilt, da es so ein reichhaltiges Angebot an Kultur und Kunst gibt. Besonders gefallen haben mir das „The Broad Museum“ und das „Museum of Contemporary Art“. Auch beim einfachen Spaziergang durch die Straßen kann man sich sicher sein, immer etwas Interessantes zu finden: Mal ist es ein Banksy-Graffiti, mal auch einfach das Aufschnappen einer fremden Sprache. Auch die Nähe zum Strand (Santa Monica, Venice und Malibu) ist wunderbar und die Berge rund um das Hollywood Sign und das Griffith Observatory laden zum Wandern ein. In Westwood selbst hat man jedoch gar nicht das Gefühl, in einer Großstadt zu leben, denn dieser Stadtteil ist fast ausschließlich von College-Studierenden bewohnt und hat das Flair einer Studentenstadt.


Persönliches Fazit

Das Quarter an der UCLA war zwar sehr kurz, aber dafür so intensiv, dass es für mich prägender war, als ich es für möglich gehalten hätte. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Kurswahl und insbesondere auch mit der Art des Unterrichtens. Alle vier meiner Professoren waren erstklassige Researcher und Lehrer, die ihre Begeisterung für die besprochenen Themen auf uns Studierende übertragen konnten. Glücklicherweise hatte ich ausschließlich Seminare und in den kleinen Gruppen, die nie aus mehr als 20 Studierenden bestanden, kamen ausgesprochen intensive Diskussionen und ein sehr umfangreicher Informationsaustausch zustande.Hier zu Lernen hat besonders viel Spaß gemacht, da ich das Gefühl hatte, dass alle sehr motiviert waren, vorbereitet in den Unterricht kommen und auch Interesse daran haben, sich einzubringen.Der Kontakt zu den Professoren ist sehr eng, und man hat gemerkt, dass Lehre hier einen anderen Stellenwert hat und nicht als „Bürde“ empfunden wird.  

Schade war lediglich, dass man als internationale Studentin über die Extension nicht alle Rechte hat, die ein regulärer Studierender hat. Zum Teil erschienen mir diese Regelungen äußerst willkürlich und nicht angemessen.

Der Auslandsaufenthalt als Ganzen durch die Kurse, aber auch die Begegnung mit vielen spannenden Persönlichkeiten (u.a. auch durch die Studienstiftung) hat meinen Horizont definitiv erweitert und mir neue Perspektiven für meine Zukunftsplanung gegeben.