30 Jan
Erfahrungsbericht von Verena M.

University of Winnipeg

Stadt: Winnipeg
Land: Kanada
Kontinent: Nordamerika
Studienrichtung: BWL, Politikwissenschaft
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 09/2014 bis 12/2014

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Ich habe das Wintersemester (Fall Term) 2014 in Winnipeg verbracht. Um meine Erfahrungen für jeden bestmöglich und verständlich darzustellen, werde ich diese in verschiedene Themen unterteilen.

Entscheidungsfindung

Eigentlich hatte ich das Thema Auslandssemester für mich schon abgehakt. Die meisten gehen ja eigentlich im 5. Semester ihres Bachelorstudiums ins Ausland. Ich studiere in Münster eigentlich nur Mathematik und da es an unserer Fakultät, soweit ich informiert gewesen bin, nur Studienplätze in nicht englischsprachigen Ländern gab, stand für mich sehr schnell fest, dass ich das Auslandsstudium selbst finanzieren musste. Da eine Freundin von mir ein Jahr zuvor auch mit College Contact nach Kanada gegangen war und sie sehr gute Erfahrungen gemacht hat bin ich dann auch zu einem Info-Abend gegangen und nach verschiedenen Abwägungen der englischsprachigen Länder und Universitäten (Semesterzeitpunkt, Kosten, Studienfachangebot, Akkreditierungsmöglichkeiten, usw) habe ich mich dann für Winnipeg entschieden. Diese Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen, da jeder andere Vorlieben oder Ansprüche und auch jeder ein anderes Budget hat. Winnipeg war nun eine der „günstigsten“ Universitäten, was ich nicht verstehe, da die Universität in Kanada einen sehr guten Ruf hat. Außerdem wollte ich gerne ein anderes Klima wie in Deutschland haben und da Halifax zum Beispiel doch sehr ähnliches Wetter hat, kam diese Uni dann auch nicht für mich in Frage. Außerdem hatte ich in den Erfahrungsberichten gelesen, dass in Winnipeg wenig deutsche Studierende sind, was für mich auch ein sehr wichtiger Punkt war. Dies stellte sich jedoch hinterher als Irrtum heraus aber dazu werde ich gleich noch mehr erzählen.

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Wohnen

In Winnipeg gibt es die Möglichkeit, in verschiedenen Residencen auf oder in der Nähe des Campus zu leben oder alternativ in einer Gastfamilie zu wohnen oder sich selbst eine Wohnung zu suchen. Rollen wir das ganze mal von hinten auf. Ich kannte persönlich nur zwei Mädels, die sich zusammen eine Wohnung gesucht haben, das allerdings auch schon, bevor sie in Winnipeg waren, daher kann ich nicht sagen, ob das eine gute Idee ist. In anderen Städten scheint das ja ganz gut zu funktionieren aber gerade weil die Stadt nicht gerade für ihre Sicherheit bekannt ist, würde ich dabei vorsichtig sein. Ich selbst habe in einer Gastfamilie gelebt.

In Kanada ist es sehr üblich, dass Leute Haustiere haben und so hatte ich auch zwei Hunde, was mich persönlich nicht so sehr gestört hat. Die Familie war sehr freundlich und es gab auch immer sehr gutes und gesundes Essen. Darüber konnte ich mich wirklich nicht beklagen. Es haben einige von uns in Gastfamilien gelebt und soweit ich das mitbekommen habe, hatte auch niemand andere Erfahrungen, was Verpflegung und Nettigkeit angeht, gemacht. Und falls es doch mal Probleme gibt, kann man wohl auch ohne Problem die Familie wechseln. Kanadier haben einen anderen Sinn von Sauberkeit. Darüber sollte man sich vorher bewusst sein und damit leben können, dass es in der Familie nicht unbedingt immer perfekt sauber und aufgeräumt ist. Was mich am meisten an der Familie gestört hat war, dass einem mehr oder  weniger versprochen wurde, dass man einen schnellen Weg zur Uni hat. Ich musste nun jeden Morgen mit dem Bus fahren und auf Grund der Wetterverhältnisse und der Rushhour musste ich auch um Viertel nach aus dem Haus gehen, um zur nächsten vollen Stunde in der Uni zu sein. Das nervt nicht nur im Unialltag, sondern auch in der Freizeit. Ich hätte deswegen natürlich auch meine Familie wechseln können aber das war es mir nicht wert. Und es gab auch andere, die direkt neben der Uni gelebt haben, von daher kann man da auch wieder Glück und Pech haben. Dadurch, dass zu der Zeit, wo ich da gewesen bin, 50(!!!!) Deutsche in Winnipeg waren, war ich froh, in der Familie zu wohnen, um dort dann die Möglichkeit zum Englisch sprechen zu haben. Das war nämlich in den Residenzen auch anders.

Die meisten haben im Lions oder McFeators gewohnt. Und dort wurde dann wirklich oft nur Deutsch gesprochen. Zum Lions kann ich nur sagen, es ist ein altes Gebäude, was schon seit Jahren immer wieder angeblich renoviert werden soll, es gab einige Probleme (Wasser kommt aus der Sprinkleranlage ohne Grund und du hast eine Badewanne in deinem Zimmer), kein Wasser, verstopfte Rohre, Bettwanzen, … das war natürlich nicht in jedem Zimmer so aber es gab schon einige Probleme, die nicht vernünftig bzw erst sehr spät behandelt wurden. Dadurch, dass man aber einen Gemeinschaftsraum mit Küche und somit ein Treffpunkt hatte, kam schnell Jugendherbergsfeeling auf und ich glaube, das hat auch seine Vorteile. Gegen das McF ist nichts auszusetzen, außer dass es teuer ist. Der Meal Plan muss genommen werden und es gab Leute die damit wohl Probleme hatten, diesen komplett aufzubrauchen (man hat eine Guthabenkarte bei der man in einigen „Restaurants“ essen kann.


Campus

Die Uni selbst hat, wie schon gesagt, einen sehr guten Ruf. Sie ist gut ausgestattet, manche Gebäude sind mehr und manche weniger modern, so wie es wahrscheinlich in jeder anderen Uni auch normal ist. Dass man ein Gym inklusiv hatte fand ich persönlich sehr gut, wobei die Cardio-Geräte im Laufe des Semesters nach und nach den Geist aufgegeben haben. Es gab aber eigentlich trotzdem immer irgendwelche funktionierenden freien Geräte. Die Bibliothek fand ich sehr unübersichtlich aber ich brauchte sie auch nicht wirklich oft nutzen, von daher kann ich nicht sagen, ob sich das mit der Zeit vielleicht legt. Es gibt im Keller des Hauptgebäudes einen Gebraucht-Bücherladen. Dort kann man das Semester über Bücher kaufen und verkaufen. Ihr kennt das ja, der frühe Vogel fängt den Wurm, das heißt, ihr schaut besser sehr früh, wenn ihr wisst, welche Bücher ihr braucht, dort nach, ob diese vorhanden sind. Da Bücher in Kanada sehr sehr sehr sehr teuer sind, kann ich das nur wärmstens empfehlen!!


Kurse

Die Kurswahl verlief relativ einfach. Man musste Kurse auswählen, die Auswahl an eine Mitarbeiterin schicken, die dich dazu aber auch angeschrieben hatte, und dazu dann teilweise Voraussetzungen nachweisen. Ich habe alle Kurse bekommen, die ich wollte:

Introduction to Business I: Der Kurs war sehr grundlegend und von daher hatte man auch das Gefühl, dass er sehr einfach sein könnte. Leider stellte sich jedoch heraus, dass der Professor die Fragen so stellte, dass man nur gute Punkte bekam, wenn man auch wirklich alles auswendig gelernt hatte. Also ähnlich wie in Deutschland BWL und von daher bei diesem Kurs nicht unbedingt einfacher (ich durfte auch kein Wörterbuch benutzen, was einem teilweise zum Verhängnis wurde, da man ja nicht immer alle Vokabeln im Kopf haben kann).

Corporate Finance I: Dieser Kurs war ganz anders wie CF in Münster. Wir musste im Endeffekt nur Zeitwerte berechnen, was sich als sehr einfach herausstellte und somit ein A relativ einfach zu bekommen war. Das Buch, welches man laut Kursbeschreibung kaufen sollte, brauchten wir bei diesem Professor (Dennis Ng) nicht, von daher empfehle ich auf jeden Fall, die erste Vorlesung abzuwarten, bevor man Bücher kauft.

Aboriginal Politics in Canada: Ganz schrecklicher Kurs :D Also ich dachte, ich wähle diesen, weil ich einen von meinem Fach unabhängigen Kurs belegen musste und es ja vielleicht ganz interessant ist, sich über die Ureinwohner Kanadas zu informieren. Die Professorin war total unorganisiert, hat nie den Zeitplan eingehalten geschweige denn Deadlines, Noten für Abgaben, von denen es gefühlte tausend gab, gab es erst nach dreifacher Nachfrage und auch sonst wurde eigentlich immer nur gesagt, dass die Ureinwohner ja so arm dran sind und schlecht behandelt werden. Um das zu sehen, braucht man eigentlich nur durch Winnipeg gehen und nicht einen 1400$ teuren Kurs besuchen. Aber naja, da er mir angerechnet wurde, habe ich ihn durchgezogen. Professorin war übrigens Jennifer Keith.


Freizeit

So lange es noch warm ist (unter Umständen bis Mitte Oktober), würde ich empfehlen, die umliegenden (bis zu 4 Stunden Autofahrt) Nationalparks zu besuchen. Die sind wirklich sehr schön und gerade in größeren Gruppen ist so ein Wochenendtrip dann auch nicht teuer. Wir haben zum Beispiel im Whiteshell in einer Cabin gewohnt zu vier Leuten und für Auto, Sprit und Wohnen ca. 70 € pro Person bezahlt für ein Wochenende.

Winnipeg an sich ist schon eine sehr hässliche Stadt, aber wenn man sich mal ein bisschen einlebt, gibt es auch Einiges zu unternehmen. Wie halt in anderen Kleinstädten in Deutschland auch, wobei es hier auch eine Oper und ein Musical gibt.

Unterschätzt auf jeden Fall die Kälte nicht!!! Es kann wirklich sehr kalt werden: Ich habe einmal -36 Grad gehabt und ich bin am 13. Dezember abgereist, es kann also noch kälter werden ;)

In einer Gastfamilie trifft man auf jeden Fall andere Leute wie an der Uni. Wenn man mehr Social Life von der Uni mitbekommen möchte, empfiehlt sich also vielleicht wirklich eine der Residenzen.


Kosten

Kanada ist teuer. Punkt. Das ist einfach so und darauf muss man sich einlassen. Trinkgeld, teurer Alkohol, teure Partys, teure Bücher, teure Studiengebühren, Steuern, die immer erst im Nachhinein dazu kommen, teure Inlandsflüge etc.. Und die Uni Winnipeg findet es übrigens auch immer sehr witzig, für alles was man macht, eine Gebühr zu erheben, gerade wenn man mit Kreditkarte bezahlt, also sollte man immer versuchen, was das angeht, sich genauestens zu informieren. Wenn man ein bisschen von Kanada sehen möchte, kann ich empfehlen, das vorher zu machen. Ich hab vorher eine Reise mit gadventures durch die Rocky Mountains gemacht, die einfach der Wahnsinn war. Die Reise an sich war zwar teuer aber wenn ich das von Winnipeg aus gemacht hätte, hätte ich für Flüge usw mit Sicherheit mehr bezahlt. Außerdem kommt der Schnee in den Rockies noch früher und daher sollte man das wirklich vor September machen, weil sonst teilweise die Straßen gesperrt sind und man nicht alles sehen kann, und das wäre wirklich sehr sehr sehr sehr schade!!!!


Fazit

Kanada ist ein wunderbares Land und die Kanadier sind sehr freundlich. Winnipeg an sich ist leider eine nicht so schöne Stadt, aber mit den richtigen Leuten kann sie auch zu einem Erlebnis werden. Was die Unsicherheit angeht, von der viele sprechen, es gibt wahre und nicht so wahre Punkte. Ich denke, wir als Europäer sind auf jeden Fall sicherer aufgehoben als die Ureinwohner (die, die wie Indianer aussehen). Gegen die wird nämlich sehr rassistisch vorgegangen. Trotzdem sollte man sich auf der Portage Avenue (Hauptstraße vor der Uni) nicht unbedingt zu lange alleine aufhalten. Also entweder schnell in den Bus oder ein Taxi nehmen (wobei mir die Taxifahrer auch manchmal Angst gemacht haben). Winnipeg liegt leider auch mitten im Nirgendwo. Daher würde ich bei Wiederholung wahrscheinlich eine andere Stadt wählen. Um viele Deutsche kommt man glaube ich nirgendwo mehr drum herum, das heißt, wählt eure Uni nicht danach aus!! Dieses Jahr waren wirklich überall sehr viele Deutsche, ich habe nämlich auf meiner Reise nach Winnipeg (Toronto und New York) noch einige aus anderen Universitäten getroffen, die nichts anderes erzählt haben. Wenn ihr Geld sparen wollt, solltet ihr euch entweder ein anderes Land aussuchen oder dann wirklich nach Winnipeg gehen. Man kann hier auch Spaß haben. Die Uni ist es auf jeden Fall Wert!!