James Cook University Singapore
Wer eine aufregende Zeit in Südostasien sucht – und dazu noch die Englischskills ausbauen möchte, der ist in Singapur genau richtig. Ich bin nun seit knapp einem Monat zurück in Deutschland und kann über mein zurückliegendes Auslandssemester in Singapur sagen: ich habe viel erlebt. Zunächst zum Leben in Singapur:
Singapur ist als Stadtstadt zwar eine riesen Metropole, der Kern ist aber doch überschaubar. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind genial und absolut bezahlbar. Leider ganz im Gegensatz zu vielen anderen Aktivitäten, die ziemlich teuer sind. So zum Beispiel Wohnen, Feiern, teilweise Essen. Dennoch spürt man in der Stadt eine pulsierende Dynamik, die mitreißt; die fast vier Monate vor Ort vergingen wie im Flug. Auch gesellschaftlich ist Singapur sehr interessant und einzigartig. Es leben viele unterschiedliche Kulturen und Religionen auf engstem Raum friedlich miteinander (Singapur ist in etwa „nur“ so groß wie Hamburg). So lernt man auf einen Schlag die chinesischen, malaysischen, indischen, indonesischen und „westlichen“ Stereotypen – besser noch: die kulinarische Vielfalt – kennen. Ich habe relativ schnell ein WG-Zimmer in einem vom Staat gebauten Wohnblock gefunden. Das WG-Leben mit einem chinesischen Singapurianer und einem Briten hat wunderbar funktioniert. Für das 15 qm große Zimmer musste ich circa 600 Euro bezahlen, was für Singapur ein guter Fang war. Die Mieten dort sind schon enorm, manchmal kostet ein fensterloses 7 qm Zimmer mehr. Man sollte darauf achten, dass eine Klimaanlage vorhanden ist, weil die spätestens nach zwei Wochen zum allerbesten Freund wird – das Klima ist brutal, aber wenigstens nicht kalt.
Für allerlei Aktivitäten ist in Singapur gesorgt; Bankenviertel, die Sentosa-Halbinsel, Wanderwege, Parks, anliegende Inseln, Museen, Food Courts, und und und. Der Lebensstandard ist meiner Einschätzung nach vergleichbar mit dem in einer europäischen Großstadt. Leider ist alles halbwegs steril, was aber vielen auch gefällt. Die harten Gesetze, die Kaugummikauen, über die Straße laufen und Speisen in öffentlichen Verkehrsmitteln unter drakonische Strafen setzt, scheinen in den Köpfen der Menschen fest verankert zu sein – heimlich schmuggelt aber jeder Kaugummis aus den Nachbarländern rein. Es ist auch mal eine witzige Erfahrung, sich ein wenig kriminell zu fühlen, wenn man in der Metro heimlich mit Kaugummi im Mund ein Schluck Wasser zu sich nimmt. Wohl das Beste an Singapur ist aber gar nicht Singapur. Die Anbindung an alle Südostasiatischen Länder ist optimal und nicht allzu teuer. Ich konnte während des Semesters für jeweils lange Wochenenden nach Vietnam und Myanmar fliegen. Nach den Klausuren bin ich noch zwei Monate als Backpacker durch Kambodscha, Laos, Malaysia und Thailand gereist. Dass das Spaß macht, kann sich jeder vorstellen. Wollen wir aber nicht vergessen, dass man auch ein wenig studieren musste...
Da ich in Deutschland an einer großen öffentlichen Universität studiere, war das Study Abroad Program an der James Cook University Singapore wirklich ein Kontrastprogramm – mit allen Vor- und Nachteilen. Gefallen hat mir die sehr überschaubare Größe des Campus und der Kursteilnehmer. An der Servicementalität der Mitarbeiter merkt man, dass es eine private Hochschule ist. Ein nagelneues Gebäude mit guter Mensa und tollen Studiermöglichkeiten, mitten in Geylang, einem Vergnügungsviertel, waren sehr angenehm. Die Stimmung unter den Studenten war überragend. Wir waren um die 100 internationale Studierende, wobei Study Abroad’ler und diejenigen, die den kompletten Bachelor oder Master dort machen, sich schnell vermischen. Ich habe unglaubliche viele verschiedene interessante Leute kennengelernt und es wurde viel gemeinsam gefeiert. Da die meisten Wohnanlagen mit Pools, BBQs und Gyms ausgestattet ist, findet man schnell die richtigen Locations zum After-Uni-Leben.
Ausbaufähig ist dagegen die Kompetenz der Dozenten und die inhaltliche Tiefe der Kurse. Natürlich kann ich nur von meinen vier BWL-Kursen sprechen. Und will ich mich auch nicht beschweren, denn das Studium hat im Auslandssemester sicherlich nicht die oberste Priorität. Wer aber Spitzenlehre – oder Forschung – sucht, ist hier fehl am Platz. Die Art des Unterrichts ähnelt vielmehr der einer Oberstufe. Allerdings sollte man den Workload nicht unterschätzen. In jedem Fach werden in der Regel vier Leistungen gefordert, damit man den Kurs besteht. Es geht also recht schnell mit Gruppenarbeiten, Präsentationen und Essays los und schließt mit jeweils einer finalen Prüfung ab. Ich habe die geforderten Aufgaben eher als Fleißarbeit wahrgenommen. Die vielen Gruppenarbeiten und Präsentationen mit den unterschiedlichsten Landsleuten ist aber definitiv eine Bereicherung. Mit ein paar Wochen Lernaufwand sind die Klausuren gut zu schaffen. Sehr gewöhnungsbedürftig war die Anwesenheitspflicht, die ja auch per Fingerabdruck täglich kontrolliert wird. Das Gefühl, sich sowohl auf dem Campus als auch in den Klassenzimmern „einzutappen“, bleibt mulmig oder zumindest nervig. Es handelt sich hierbei aber hauptsächlich darum, dass der Staat damit eine Tätigkeit eines Studenten in einem Unternehmen unterbinden möchte; die sind da ziemlich protektionistisch. Was auch durchaus positiv ist: die Uni veranstaltet viele Events, wo man gemeinsam essen und zusammenkommen kann. Im Gegensatz zur folgenden Anekdote, kann ich bei diesen Events den Sinn sehen, dass James Cook University Geld für interkulturelle Veranstaltungen ausgibt. Das wir allerdings als Willkommensgeschenk mit JCU-Logo gebrandete Selfiesticks geschenkt bekommen haben, hat mich wirklich geärgert. Ich hätte mir gewünscht, dass von unseren hohen Gebühren, die dort ja verlangt werden, lieber in gute Professoren investiert wird – anstatt in Selfiesticks! In Asien war ich mit dieser Einstellung aber zugegebenermaßen in der Minderheit.
Alles in allem war es trotz der Kritik eine ganz tolle Zeit, in der man viel über andere Kulturen und noch mehr über die Eigene lernt. Ich würde jederzeit wieder nach Singapur gehen und kann es auch jedem empfehlen sich im heißen und spannenden Südostasien für ein paar Monate mitreißen zu lassen.