Auslands­studium mit Behinderungen

Die Reisevorbereitung, der Umzug und nicht zuletzt die Studienbedingungen: Das alles ist für Studierende mit viel Planung und Kosten verbunden - egal ob mit oder ohne Beeinträchtigungen. Dennoch schrecken Studenten mit Behinderung schnell vor der Planung eines Auslandsstudiums zurück. Dabei lohnt sich ein Auslandsstudium insbesonders für Studenten mit Behinderung.

Es ist zum einen für jeden Studenten ein Mehrwert innerhalb der akademischen Laufbahn und erfüllt den Wunsch, in fremde Kulturen einzutauchen und Länder zu erforschen. Zum anderen genießen Studierende mit gesundheitlicher Beeinträchtigung in vielen Studienländern an der Universität eine größere Unterstützung als in Deutschland.

Vielfach erfordert es allerdings nicht nur Mut, sondern auch Geduld und Durchhaltevermögen, sich mit der Organisation und den Finanzierungsmöglichkeiten eines Auslandsstudiums mit Behinderung auseinanderzusetzen. Vorab sollten einige Schritte bei der Vorbereitung berücksichtigt werden.

Organisaton eines Auslands­studiums mit Behinderung

Für ein Auslandsstudium mit Behinderungen stehen vor Ort in der Regel passende Ansprechpartner zur Verfügung.

Der Dreh- und Angelpunkt eines erfolgreich absolvierten Auslandsstudiums mit Behinderung ist die frühzeitige Planung. Die Organisation eines Auslandsaufenthaltes sollte mindestens zehn bis zwölf Monate im Voraus erfolgen.

Steht das Zielland bereits fest, ist es empfehlenswert sich einen Überblick über die geeigneten Studienprogramme in einem Auslandstudium zu verschaffen:

Zielland und ein passendes Studienprogramm sind gefunden? Dann ist es für einen erfolgreichen Auslandsaufenthalt im weiteren Verlauf essentiell, individuelle Fragen zu sammeln und abzuklären. Aus diesem Grund sollte noch vor der Bewerbung an einer Hochschule im Ausland der Kontakt mit dem jeweiligen Ansprechpartner an der Heimat-Uni hergestellt werden. Eine zentrale Anlaufstelle für alle länderspezifische Informationen ist die Datenbank der European Agency for Development in Special Needs Education.

Homepage der European Agency for Development in Special Needs Education:
https://www.european-agency.org/country-information

Kostenlose Beratungsagenturen wie College Contact informieren nicht nur zu der Hochschule, sondern können in vielen Fällen auch einen ersten Kontakt zu den Behindertenbeauftragen an der Wunschuni im Ausland herstellen.

Eine frühzeitige Klärung von offenen Fragen ist besonders dann wichtig, wenn ein Auslandsaufenthalt durch die Studienordnung des Studienfachs verbindlich vorgeschrieben ist. Vielfach profitieren Studierende auch von Gesprächen mit auslandserfahrenen Studierenden mit gesundheitlicher Beeinträchtigung oder Erfahrungsberichten, die Informationen aus „erster Hand“ bereitstellen.

Unterkunft während eines Auslands­studiums mit Behinderung

Bei der Wohnungswahl während des Auslandsstudiums mit Behinderung kann es mitunter – je nach Studienort – zu langen Suchzeiten kommen. Dieser Fall tritt vor allem dann ein, wenn nach einer barrierefreien Wohnung gesucht wird und die Wunschhochschule im Ausland selbst keine Unterkünfte zur Verfügung stellt. Oftmals bieten die Hochschulen aber in diesem Fall Hilfe bei der Wohnungsvermittlung beziehungsweise können weitere Ansprechpartner nennen.

Hinweise für Reise und Verkehr

Für ein erfolgreiches Auslandsstudium ist zudem die Frage der Mobilität zu beachten. Wichtig für ein Auslandssemester ohne Mobilitätseinschränkung ist eine gute Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel des barrierefreien Nahverkehrs, eine behinderungsgerechte Infrastruktur sowie die soziale Anbindung.

Falls keine universitätsnahe Wohnung gefunden werden kann und keine Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel besteht oder genutzt werden kann, sollte der tägliche Weg zur Universität geklärt werden. Beeinträchtigungsbedingte Zusatzkosten, wie zum Beispiel für alternative Transportmöglichkeiten wie einen eigenen PKW oder Taxigutscheine, können bezuschusst werden. Hierzu zählen auch alle Mehrkosten, die während der Hin- und Rückreise mit dem Flugzeug, Schiff oder Bahn durch die Beeinträchtigung entstehen.

Tipps für die Kurswahl

Im Zuge der Kurswahl gilt es, sicherzustellen, dass alle belegten Kurse besucht werden können und trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung im vollen Umfang daran teilgenommen werden kann. Studierenden mit Behinderung stehen in der Regel Begleitangebote der psychologischen Beratungsstellen zur Verfügung. Entsprechende Anträge auf Prüfungserleichterung können bei Bedarf an der jeweils zuständigen Stelle eingereicht sowie Hilfsmittel bereits vor der Ausreise beantragt werden.


Kosten für ein Auslands­studium mit Behinderung

Während eines Studiums im Ausland können je nach Land und je nach Beeinträchtigung hohe Zusatzkosten entstehen. Zum einen handelt es dabei im geringen Umfang um Zusatzkosten für studienbezogene Hilfsmittel wie eine Studienassistenz. Ferner entstehen aber auch – abhängig von der Art der Beeinträchtigung – Kosten für Mobilitätshilfen oder technische Hilfen.

Zum anderen entstehen, bedingt durch die Beeinträchtigung, Zusatzkosten im alltäglichen Leben, die wesentlich höher ausfallen als die studienbedingten Zusatzkosten. Diese Zusatzkosten umfassen beispielsweise Arztbesuche, Psychotherapie und Medikamente, deren Kosten nicht von den Krankenkassen übernommen werden.

Studierende mit einer Körper­behinderung

Studierende, die im Rollstuhl unterwegs sind, können Studienassistenzen und Begleitangebote beantragen, um beeinträchtigungsbedingte Nachteile im Hochschulalltag zu kompensieren. Dazu zählt gegebenenfalls auch eine 24-Stunden-Assistenz, die sowohl im alltäglichen Leben als auch im Unialltag unterstützt. Studierende, die mit Rollstuhl unterwegs, können darüber hinaus folgende Leistungen beantragen:

  • Haushaltshilfe
  • Hygieneartikel
  • Physiotherapie
  • angepasste Kleidung
  • angepasste Wohnung

Achtung: Selbst an Hochschulen, deren Hauptgebäuden oftmals barrierefreie Zugänge bieten und die deshalb als barrierefrei ausgeschrieben werden, gilt das nicht immer auch für die Nebengebäude. An den meisten Hochschulen im englischsprachigen Ausland werden Studenten, die mit Rollstuhl unterwegs sind, barrierefreie Zugänge zu Vorlesungsräumen und Kursräumen ermöglicht. Dazu zählen die Bereitstellung von Behindertenparkplätzen, stufenlose Zugänge, Aufzüge und Behinderten-WCs.

Studierende mit Seh­beeinträchtigung oder blinde Studierende

Je nach Grad der Beeinträchtigung können Studierende mit Sehbeeinträchtigung oder blinde Studierende Studienassistenzen, wie zum Beispiel Vorlesekräfte, anfordern. Für Studenten mit einer Sehbeeinträchtigung oder blinde Studierende können außerdem je nach Bedarf beispielsweise technische Hilfsmittel wie ein Notebook mit portabler Kamera und Screenreader, ein Bildschirmlesegerät oder Drucker und Scanner angefordert werden. An vielen Universitäten im englischsprachigen Ausland gibt es gesonderte Ausleihbedingungen in Bibliotheken und die Bereitstellung von barrierefrei gestalteten Dokumenten im Internet (Literaturumsetzung).

Hörgeschädigte oder gehörlose Studierende

Studenten, deren Gehörsinn beeinträchtigt ist, können für den Ausgleich von Nachteilen im Hochschulalltag einen Antrag auf eine Kommunikationsassistenz stellen. Außerdem stellen viele Universitäten im Ausland hörgeschädigten oder gehörlosen Studenten mit Hörimplantat zur Auswahl, dass sie in Vorlesungsräume mit T-Schleife kommen.

Zudem werden zum Teil sogenannte LectureCaps zur Verfügung gestellt, um die Vorlesung nachzubereiten. Für Reisen sollte die Akkuladezeit eines Gehörimplantates beachtet und überprüft werden, ob das Implanat / der Akku hitze- und wasserresistent ist.


Finanzierung eines Auslands­studiums mit Behinderung

Um die allgemeinen Kosten eines Auslandsstudiums zu decken, sind die meisten Studenten mit Beeinträchtigung in der Regel auf die Eltern sowie Auslands-BAföG angewiesen. Die im Alltag an der ausländischen Hochschule anfallenden Kosten sowie Studiengebühren können damit entweder vollständig oder teilweise abgedeckt werden.

Eine zusätzliche Finanzierungsquelle wird vor allem für die Übernahme der Kosten der medizinischen Versorgung sowie der Studienassistenzen, Mobilitätshilfen, Gebärdensprachdolmetschern und anderen studienbezogenen Hilfen benötigt.

Pflegegeld der Pflege­versicherung

Bei einzelnen Mehrkosten besteht die Möglichkeit, diese von der zuständigen Pflegekasse bezuschussen zu lassen. Diese Möglichkeit besteht allerdings nur für Studenten, die ein Auslandsstudium in einem Land der EU beziehungsweise des EWR sowie der Schweiz planen. Sie können genau wie bei einem Studium im Inland Pflegegeld und Pflegesachleistungen beziehen.

In allen anderen Ländern kann das Pflegegeld nur bis zu maximal sechs Wochen in Anspruch genommen werden. Ebenso besteht dort nur sechs Wochen während des Auslandsaufenthaltes ein Anspruch auf eine Pflegekraft, die in der Regel die Pflegesachleistung erbringt.

Pflegegeld nach Landesgesetzen

Eine wichtige Voraussetzung für den Bezug von Landespflege- und Landesblindengeld ist der feste Wohnsitz in Deutschland, wogegen der Auslandsaufenthalt nur von vorrübergehender Natur ist. Wer Ansprüche auf Pflegegeld hat, ist in jeweiligen Landesgesetzen festgelegt.

Zuschuss des DAAD

Über den DAAD können behinderte oder chronisch kranke Studenten einen Antrag auf eine Bezuschussung durch Sondermittel stellen, wenn der Aufenthalt im Ausland über ein Erasmusabkommen erfolgt. Dafür müssen Studierende ein Antragsformular an ihrer Heimathochschule einreichen, welches an den DAAD weitergeleitet wird.

Um den Antrag vollständig einzureichen, ist es erforderlich, dass Schwerbehinderte und chronisch kranke Studierende eine Kopie ihres Schwerbehindertenausweises vorlegen. Außerdem sollten auslands- und behindertenbedingte Mehrkosten vorab auf der Basis von Internetrecherchen kalkuliert und eingereicht werden. Ein Zuschuss seitens des DAAD kann auch nur dann erfolgen, wenn die Kosten nicht durch andere Stellen bereits gedeckt wurden. Hierzu zählen Landschaftsverbände, Sozialämter oder Krankenkassen.

Stipendien

Studierende mit Beeinträchtigung können ihr Auslandsstudium zudem über Stipendien finanzieren. Die Vergabe der Stipendien erfolgt je nach Stipendiengeber:

Viele ausländische Hochschulen im englischsprachigen Raum bieten eine Reihe von (Teil-)Stipendien für Studierende mit Beeinträchtigung an. Für einen Aufenthalt in den USA oder Kanada können sich hörgeschädigte Studierende beispielsweise für das Anders Tjellström Scholarship bewerben.

Achtung: Auslands-BAföG ist nur mit leistungsbezogenen Stipendien kombinierbar.


Die richtige Versicherung für ein Auslands­studium mit Behinderung finden

Es handelt sich sicherlich nicht um einen der spannendsten Punkte bei der Vorbereitung eines Auslandsstudiums, doch der Abschluss einer privaten Auslandskrankenversicherung ist für die Organisation eines Auslandsstudiums unverzichtbar. Gerade für Studierende mit Behinderung hat die Wahl der richtigen Krankenversicherung hohe Priorität, da sich der Leistungsumfang von Police zu Police stark unterscheiden kann.

Die Wahl der passenden Krankenversicherung für ein Auslandsstudium mit Behinderung sollte daher ganz am Anfang erfolgen, damit die medizinische Versorgung während des Auslandsstudiums an der Zielhochschule in jedem Fall sichergestellt ist.

Gründe für den Abschluss einer privaten Auslands­kranken­versicherung

Eine Voraussetzung dafür, dass die gesetzliche Krankenkasse im Ausland für ärztliche Behandlungen aufkommt, ist ein bestehendes Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland.

Mit allen EU- und EWR-Staaten und beispielsweise auch mit der Türkei unterhält der deutsche Staat ein Sozialversicherungsabkommen. Dies hat zur Folge, dass die gesetzliche Krankenkasse in all diesen Ländern die Kosten jener Leistungen zahlt, die im Inland entstanden wären. Eventuell entstehende Mehrkosten müssen von den Studierenden selbst getragen werden.

Dagegen werden medizinische Kosten nicht übernommen, wenn sie in Staaten anfallen, mit denen Deutschland kein Sozialversicherungsabkommen unterhält. Die entstehenden Kosten müssen folglich aus eigener Tasche bezahlt werden. Daher ist es in jedem Fall ratsam, eine private Auslandskrankenversicherung für ein Auslandsstudium mit Behinderungen abzuschließen. Nur wenige Policen bieten einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz für Studierende mit Behinderung an.

Unter Umständen kann es die Suche erleichtern, wenn sich Studenten die Reisefähigkeit vorab vom Arzt bescheinigen lassen. In jedem Fall sollte ausreichend Zeit für die Suche nach der passenden Auslandskrankenversicherung für ein Auslandsstudium mit Behinderung eingeplant werden, schließlich soll die Versicherung genau auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sein.

Anhaltspunkte für die Wahl der richtigen Auslandskranken­versicherung

Wie findet man die bestmögliche Versicherungspolice? Es gibt einige Anhaltspunkte, die bei der Wahl der Krankenversicherung für ein Auslandsstudium mit Behinderung helfen können. Unabhängig von der Wahl des Studienlandes gilt: Eine Auslandskrankenversicherung übernimmt verschiedene Zusatzleistungen, wie zum Beispiel einen medizinisch erforderlichen Rücktransport.

Es ist ratsam, im Vorhinein genau zu prüfen, welche Leistungen durch die Auslandskrankenversicherung abgedeckt werden. Studierende mit Behinderung sollten besonders darauf achten, dass Leistungen auch bei bestehenden körperlichen Beeinträchtigungen erbracht werden, wenn diese Vorerkrankungen der Grund für einen Arztbesuch im Ausland sein sollten.

Studierende mit Behinderung sollten sich zudem von ihrem Hausarzt ein Attest über eventuell erforderliche Medikamente oder physiotherapeutische Maßnahmen sowie über ihren aktuellen Gesundheitszustand ausstellen lassen, bevor sie ihren Auslandsaufenthalt antreten oder eine Versicherung abschließen. Es ist empfehlenswert, diesen Nachweis in die Landessprache des Studienlandes zu übersetzen.


Leistungen für Studenten mit Behinderung während des Auslands­studiums

Welche Sachleistungen von der Krankenkasse erbracht werden, ist von Land zu Land unterschiedlich. Das bedeutet, dass sich die eigenen Leistungsansprüche stets an dem im Studienland vorgeschriebenen Leistungskatalog orientieren. So lassen sich beispielsweise Unterschiede bei der medizinischen Betreuung in vielen Ländern feststellen: In einigen Ländern werden Arztpraxen durch Gesundheitszentren ersetzt oder Medikamente und medizinische Leistungen sind nur gegen Bargeld erhältlich.

Dies kann dazu führen, dass auf Studierende hohe Zuzahlungen zukommen, die sich jedoch im landesüblichen Rahmen bewegen. Die gesetzlichen Krankenversicherungen sind nicht dazu verpflichtet, diese Zuzahlungen zu übernehmen.

Wichtiger Hinweis: Studierende gelten nur dann als versicherungspflichtig, wenn sie für die Zeit ihres Auslandsstudiums weiterhin an ihrer Heimathochschule eingeschrieben sind. Der ständige Wohnsitz muss somit in Deutschland liegen und der Studienaufenthalt im Ausland befristet sein.

Auslandsstudium mit Behinderung innerhalb der EU

Die gesetzlichen Krankenkassenleistungen werden im europäischen Ausland grundsätzlich ebenfalls erbracht. Studierende mit Behinderung, die auf regelmäßige medizinische Leistungen angewiesen sind, sollten vorab abklären, dass die medizinische Versorgung auch während des Auslandsstudiums gesichert ist.

Die Krankenkasse sowie der behandelnde Arzt sind in diesem Fall die richtigen Ansprechpartner.

Auslandsstudium mit Behinderung außerhalb der EU

In Staaten, mit welchen kein Sozialversicherungsabkommen besteht, das den Krankenversicherungsschutz einschließt, erbringt die gesetzliche Krankenversicherung bei einem Auslandsstudium mit Behinderung in der Regel keine Leistungen.

Für Studierende mit Behinderung, die einen studienbezogenen Auslandsaufenthalt in einem dieser Länder planen, ist eine private Auslandskrankenversicherung unerlässlich. In einigen Ländern geben die Zielhochschulen häufig eine spezifische Auslandskrankenversicherung vor. Studierende sollten in diesem Fall genau prüfen, ob durch die Versicherung alle benötigten Leistungen abgedeckt werden oder ob eventuell eine zusätzliche Auslandskrankenversicherung erforderlich ist. Für eine tiefergehende Beratung hinsichtlich der Konditionen und Deckungssummen wenden sich Studierende mit Behinderung am besten an die Krankenkasse des Ziellandes.