21 Jul
Erfahrungsbericht von Mithra S.

Riga Stradins University


Stadt: Riga
Land: Lettland
Kontinent: Europa
Studienrichtung: Humanmedizin
Studientyp: Sonstige Studiengänge
Zeitraum: 09/2015 bis 07/2016

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Hallo an alle,

seit dem Wintersemester 2015/16 studiere ich in Riga Medizin

Ein Freund aus der Heimat studierte zu diesem Zeitpunkt bereits an der RSU in Riga. Dadurch konnte ich seine Erfahrungen aus erster Hand bewerten und versuchte mich, mit Hilfe von College Contact in Riga zu bewerben. Durch andere Bekannte aus meinem Heimatort erfuhr ich zuvor, dass College Contact sich kostenlos für den Bewerbungsprozess in Riga sehr engagieren würde. Dadurch nahm ich Kontakt auf und Laura Zester half mir tapfer bei jeglichen Fragen rund Bewerbungsprozess (wie man sein Motivationsschreiben verfeinern könnte, auf was man achten sollte etc.) und schickte meine Bewerbung letztendlich für mich ab. 

Da ich zuvor Zusagen aus Polen hatte und mich in Riga relativ spät bewarb, rechnete ich nicht mit Erfolg; schließlich kam aber eine Zusage durch Nachrückverfahren und ich musste mich sehr kurzfristig entscheiden, den Platz anzunehmen oder abzulehnen. Ein paar Tage später saß ich schon im Flieger und hatte leider die Orientierungswoche verpasst. Ich musste mich neben Unibeginn mit der Wohnungssuche beschäftigen und zudem spontan die Gruppe wechseln da ich versehentlich in eine nationale Gruppe gesteckt wurde (jeder Bewerber kann bei der Bewerbung selbst angeben, ob lieber in eine nationale oder internationale Unterrichtsgruppe gesteckt werden möchte).                                                      

Ich würde jedem Interessenten empfehlen, sich nicht zu spontan zu bewerben, da man nicht in Hektik in ein neues, unbekanntes Land reisen sollte. Zudem werden „frühe“ Bewerbungen eher angenommen. Die Wohnungssuche hat sich auch als nicht zu einfach entpuppt, da viele Zimmer bereits zum Semesterbeginn vergeben waren. Somit verweilte ich zunächst 2-3 Wochen in einem Hotelzimmer bis ich glücklicherweise nette Mitbewohnerinnen traf und ein gutes Zimmer fand. In Facebook gibt es aber auch 2-4 nützliche Wohnungsgruppen; dort werden immer nach neuen Mitbewohner oder Nachmietern gesucht. Wer Zeit hat, sollte vorher mal für ein paar Tage nach Riga fliegen, um sich selbst ein Bild von der Stadt zu machen und vielleicht schon mal in Ruhe einige Wohnungen ansehen. 

Das Medizinstudium in Riga ist etwas anders als das bekannte aus Deutschland. In den ersten zwei Semestern gibt es eine Vielzahl an Fächern; neben den üblichen Fächern muss man auch bspw. History of Medicine, Physik, Philosophie, Latein und Lettisch belegen. Viele Fächer werden als unnötig angesehen, da sie auch viel Zeit in Anspruch nehmen und generell eine Anwesenheitspflicht in einigen Vorlesungen, als natürlich auch in den praktischen Klassen, vorherrscht. Dabei sprechen die meisten Professoren gutes Englisch. Man wird in den praktischen Klassen in einer Gruppe unterrichtet, meist um die 15 Personen. Man muss also auch Glück mit seiner Klasse haben; notfalls kann man die Gruppe aber auch zum nächsten Semester wechseln. Im zweiten Semester hatte ich etwas Pech mit einigen Lehrern, da das Klassen-Klima oft von diesen abhängt. Manchmal stößt man dann auf ein unfaires Bewertungssystem, aber insgesamt sollte man sagen, dass die meisten Lehrer und Professoren nicht bösartig sind oder Studenten absichtlich durchfallen lassen. Der Unterricht wird aber meistens etwas zu ernst genommen und sogar bei Krankheit mit Attest muss man des Öfteren eine verpasste Stunde nachholen oder einen Zusatztest über die verpasste Stunde schreiben. 

Oft verzweifelt man schon an der Stoffmenge und dem Druck der wöchentlichen Zwischentests. Mit der Zeit gewöhnt man sich aber daran und muss lernen mit dem Stoff umzugehen und sich vielleicht eine geeignete Lernmethode anzueignen (manchmal ist es dann auch der Mut zur Lücke;)). Ich als Zweitstudent kann jedenfalls sagen, dass sich das Medizinstudium von einem üblichen Studium in Deutschland sehr unterscheidet und man sich gut überlegen sollte, ob man bereit ist viel Freizeit zu opfern. Es ist ein sehr zeit- und lernintensives Studium, zudem muss man sich erstmal an ein fremdes Land gewöhnen und kann nicht oft seine alten Freunde und die Familie besuchen. Wer Medizin unbedingt studieren möchte, wird sich da aber auch schon durchkämpfen können!

Hinsichtlich der Stadt muss man sagen, dass Riga eine charmante und schöne Stadt ist. Es ist nicht mit dem unüberschaubaren Berlin zu vergleichen; es ist keine riesig-überfüllte Stadt. Das Schauspiel findet eher im überschaubaren Zentrum statt; es gibt viele Cafés und Bars in der Altstadt sowie eine Vielzahl an Einkaufsmöglichkeiten. Beim Flanieren wird man bemerken, dass es sich um eine alte Stadt mit nicht modernisierten Häusern und Gebäuden hält, es gibt viele schöne Häuser im Jugendstil. Die Preise sind –wahrscheinlich auch durch den Studenten- und Touristeneinfluss der Europäer- im Laufe der Zeit gestiegen und meiner Meinung nach etwas höher als die üblichen deutschen Preise (die Mietkosten betragen ungefähr 250-400 Euro). In Riga kann man viel unternehmen, bspw. das Meer ist 25 Minuten per Zug vom Zentrum entfernt und es gibt viele Naturmöglichkeiten. Zeit ist dabei das einzige, was manchmal fehlt; diese sollte man sich aber ab und zu einräumen.

Insgesamt gibt es gute und auch schlechte Seiten am Medizinstudium. Hinsichtlich Lettland und Riga lässt sich wenig Schlechtes finden. Wenn man sich an die lettische Mentalität (die oft unfreundlich erscheint) gewöhnt hat, kann man sicherlich viel Spaß in Riga haben, da es sich um eine tolle Stadt handelt. Ein Studium ist immer mit viel Aufwand und Disziplin verbunden; man sollte sich also vorher gut überlegt haben, ob man bereit ist, das Medizinstudium für das nötige Kleingeld zu beginnen und durchzuziehen. Machbar ist aber alles, was man auch wirklich will!