College-Contact-Stipendiat Tom Thiemig im Interview
Während so mancher angesichts des nun langsam nahenden Winters gern die Koffer packen und zum Überwintern in den Süden fliegen würde, freut sich unser Semesterstipendiat Tom Thiemig in Kanada schon richtig auf den Wintereinbruch.
Der Lehramtsstudent weilt derzeit für ein Auslandssemester an der University of Winnipeg und hat mit uns über seine bisherige Zeit in Kanada gesprochen.
College Contact:
Du studierst jetzt schon seit Anfang September an der University of Winnipeg. Wie gefällt es dir denn da bisher?
Tom:
Die Uni ist super. Also, ich finde das ganz cool, weil die Professoren alle relativ entspannt sind und auch sehr studentenzentriert. Das Verhältnis zwischen den Studenten und den Professoren ist sehr vertraut. Wir dürfen die ganz oft mit Vornamen ansprechen. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich Englisch und Spanisch studiere. Bei den Sprachlern sind die, glaube ich, allgemein ein bisschen entspannter. Dann sind die sehr jung. Also meine beiden Englischdozenten sind, glaube ich, Ende 20, Anfang 30. Und in dem Spanischkurs, den ich habe, da sind wir nur zu dritt, das ist auch sehr entspannt, weil das quasi eine Eins-zu-Eins-Betreuung ist, mehr oder weniger. Dann ist die Uni an sich halt super ausgestattet. Was ich super finde, ist, dass das Fitnessstudio zum Beispiel in den Studiengebühren mit drin ist. Von der technischen Ausstattung her ist die Uni super, Bib ist voll in Ordnung. Also es mangelt eigentlich an nichts.
College Contact:
Und gibt es denn auch viele Freizeitangebote über das Fitnessstudio hinaus, vielleicht Ausflüge oder so etwas ist der Art?
Tom:
Ja, der International Student Service organisiert relativ viel. Einmal im Monat gibt es einen International Brunch. Ganz am Anfang haben die halt relativ viel organisiert für die ganzen neuen internationalen Studenten. Das legt sich natürlich mit der Zeit, weil man sich natürlich dann irgendwann in Freundeskreisen findet, und man da selber ja auch viel unternimmt. Aber zum Beispiel haben die eine City-Tour durch Winnipeg organisiert, die war auch umsonst, und ein Mittagsbuffet in einem indischen Restaurant. Ausflüge, glaub ich, außerhalb eher weniger, wenn, dann vor allem halt in der Stadt. Also auf jeden Fall organisieren die immer irgendwelche Aktivitäten. Heute zum Beispiel gibt es noch eine Veranstaltung: „How to survive a Manitoban winter“. Sagt ja alles – allerdings hat es noch nicht geschneit hier. Das ist sehr schade.
College Contact:
Eines deiner Ziele war es ja, dich in deinem Auslandssemester mit der kanadischen Literatur und Kultur zu befassen. Welche Kurse hast du denn dazu gewählt und welche Kurse hast du sonst noch auf deinem Stundenplan stehen?
Tom:
Ich habe ja drei Kurse. Das ist einmal Topics in Canadian Literature and Culture und dann einmal Englische Literatur von 770-1660 und dann noch Sprachgeschichte der spanischen Sprache. Der Kurs ist auch auf Spanisch, das wollte ich auch machen, und den kann ich mir hoffentlich auch in Deutschland anrechnen lassen, das ist ganz praktisch.
Der Kurs Topics in Canadian Literature and Culture ist halt super, weil man da echt sehr viel über die kanadische Geschichte erfährt – sowohl im Positiven als auch im Negativen.
Also ich wusste zum Beispiel nicht, dass es diese Residential Schools hier in Kanada gab. Die gab es halt vor allem in den Fünfzigern bis in die Siebziger hinein, die letzte wurde erst 1996 geschlossen. Da wurden die ganzen Kinder der kanadischen Ureinwohner drauf geschickt, die mussten da drauf gehen, wurden dann natürlich von ihren Eltern entfremdet, durften nicht mehr ihre Muttersprache sprechen, sondern mussten Englisch lernen, haben dann natürlich keine Möglichkeit mehr gehabt, mit ihren Eltern zu kommunizieren, weil sie verschiedene Sprachen gesprochen haben. Das finde ich schon krass und das wusste ich vorher nicht.
Wir lesen sehr viele Bücher. Was wir gerade gelesen haben, ist Obasan. Da geht es darum, wie die japanischen Einwanderer in Kanada während des zweiten Weltkriegs behandelt wurden. Das ist auch krass, weil die auch enteignet und in Lager gesteckt wurden. Das war sehr interessant, weil ich mich da vorher überhaupt nicht mit auseinandergesetzt habe. Mein kanadischer Dozent reflektiert darüber sehr kritisch und idealisiert das Land nicht so, wie ich das vielleicht vor meinem Auslandssemester gemacht habe.
College Contact:
Sind dir denn generell an der University of Winnipeg jetzt schon Unterschiede zum Studium in Deutschland aufgefallen?
Tom:
Ja, dass es ein bisschen verschulter ist, auch mit Hausaufgaben und so weiter. Also wir haben zum Beispiel Mid-Terms, sprich, dass wir halt im Semester Klausuren haben, nicht am Ende. Wir haben zwischendurch relativ viele Assignments in den Kursen, also ich muss insgesamt sieben Essays schreiben, in drei Kursen, das ist schon krass. Das ist halt schon ein bisschen mehr, weil man in Deutschland immer am Ende des Kurses oder am Ende des Semesters eine Klausur oder ein Essay schreibt und hier verteilt es sich immer so ein bisschen aufs Semester.
College Contact:
Du wohnst ja in Winnipeg in einer Gastfamilie, wie gefällt dir das so?
Tom Thiemig:
Am Anfang war meine Erfahrung eher negativ. Ich musste einmal die Gastfamilie wechseln. Jetzt bin ich bei einer philippinischen Familie, also philippinische Einwanderer, die haben zwei süße Kinder. Manchmal ist es ein bisschen laut, weil mein Zimmer direkt unterm Wohnzimmer ist und die Kids tagsüber ziemlich aktiv sind. Und mein Zimmer ist im Keller. Aber ist so halt super ausgestattet. Mir fehlt es hier an nichts. Im Keller neben mir in dem Zimmer, da ist ein nigerianischer College-Student, der auch an der University of Winnipeg ist, aber halt College-Student ist.
Meine Gastfamilie ist super nett. Also die kochen immer super, das ist halt das Praktische, weil man sich nicht ums Essen kümmern muss und immer Essen da ist und ich mich da einfach immer bedienen kann und auch abends mal gekocht wird. Also es gibt immer etwas zu essen abends, was frisch ist, was Neues. Ich bin zufrieden eigentlich.
College Contact:
Du wolltest ja vor Beginn des Semesters mit dem College-Contact-Stipendium Kanada bereisen. Hat das geklappt?
Tom:
Ja, das hat geklappt, genau. Ich bin am vierten August nach Vancouver geflogen, war dann zwei Nächte in Vancouver, bin dann mit der Fähre weiter nach Vancouver Island rübergefahren. Da bin ich dann in Campbell River bei einem Bekannten untergekommen. Der hat mir dann auch ein bisschen die Gegend gezeigt, das war super. Dann hat man auch ein bisschen was von Vancouver Island gesehen, also Mount Washington, und dann waren wir auch einmal auf dem Meer, haben Wale gesehen, weil seine Eltern halt ein Boot hatten, das war super. Dann bin ich wieder zurück nach Vancouver und dann bin ich von dort aus nach drei Tagen mit einem Kumpel aus Münster, der ist auch bei euch in Vancouver an der Uni, und noch einer Freundin durch die Rockies gefahren, nach Calgary. Und da waren wir dann halt in Whistler, in Jasper, in Banff und haben da jede Menge coole Sachen gesehen und waren viel wandern. Und ja, also die Landschaft ist atemberaubend.
College Contact:
Und ist noch etwas übrig geblieben von dem Stipendium oder ist das alles dafür draufgegangen?
Tom:
Ein bisschen ist noch übrig geblieben. Ich glaube, die Hälfte bis zwei Drittel so ungefähr sind draufgegangen für den Urlaub. Und den Rest habe ich dann halt auch hier noch so ein bisschen für alles Mögliche mit verbraucht. Also ich war dann auch vorletzte Woche in Chicago und Minneapolis. Da haben wir uns einen Mietwagen geholt und sind dann mit dem Auto nach Minneapolis gefahren. Zu dritt, das eine war halt eine Kanadierin, die kommt eigentlich aus Winnipeg, aber mit ihren Eltern und ihren Geschwistern ist die halt nach Minneapolis gezogen, war da auf der High-School, ist dann zurück nach Winnipeg zum Studium, und wir konnten halt da jetzt in Minneapolis umsonst unterkommen und sind dann drei Tage da gewesen. Und dann sind wir weiter mit dem Auto nach Chicago gefahren. In Chicago waren wir drei Tage, das war richtig cool. Und dann sind wir mit dem Auto wieder zurück nach Minneapolis und dann wieder einen Tag später nach Winnipeg.
College Contact:
Das klingt doch toll. Und was denkst du, wirst du so allgemein von deinem Auslandssemester für die Zukunft mitnehmen?
Tom:
Also an sich natürlich erstmal ganz viel persönliche Reife. Ich finde halt, dass ich mich persönlich weiterentwickeln konnte, dadurch dass man auch ein bisschen Zeit hatte, Deutschland hinter sich zu lassen, alles, was man so kennt, und sich komplett auf etwas Neues einzulassen, dass man da wirklich Zeit hat, auch in sich zu gehen und sich zu finden, wenn man sich vielleicht vorher nicht gefunden hat oder so. Außerdem denke ich, dass man auch offener wird, wenn man mit jeder Menge internationaler Studenten in Kontakt kommt. Also ich hätte auch gedacht, dass ich mehr mit Kanadiern zusammen sein werde, aber das hat sich unter den internationalen Studenten halt so schnell vermengt, weil man nur mit den internationalen Studenten abgehangen hat, mehr oder weniger, weil es so extrem international ist, mit Brasilianern, Indern, ganz vielen Deutschen, aber auch Kanadiern. Außerdem lernt man, sich auf mehr Dinge einzulassen.
College Contact:
Das ist ja schon eine ganze Menge. Vielen Dank für das Interview, Tom.
Wenn ihr jetzt Lust bekommen habt, selbst an der University of Winnipeg zu studieren, könnt ihr euch gern bei uns melden. Unsere Studienberaterinnen beantworten euch alle Fragen zur Hochschule und unterstützen euch bei der Bewerbung. Weitere Infos zur Uni bietet das Hochschulprofil auf unserer Website.