29 Aug
Erfahrungsbericht von Paula S.

University of Essex

Hochschule: University of Essex
Stadt: Colchester
Studienrichtung: Kunst und Design, Literaturwissenschaften, Medien, Theaterwissenschaft
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 01/2012 bis 06/2012

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Ich habe den Summer- und Springterm an der University of Essex verbracht. Generell denke ich, dass das Auslandssemester eine positive persönliche Erfahrung war. Allerdings würde ich mich nicht noch einmal für die University of Essex entscheiden.

Der Hauptgrund dafür sind die Kurse und die Lernbedingungen an der Uni. Das Niveau der Kurse, die ich belegt habe, war sehr niedrig und die Unterrichtsinhalte sowie die Lehrmethoden entsprechen eher dem Niveau des vorletzten Schuljahres hier in Deutschland als dem einer Universität. Inhaltlich habe ich für mein Studium daher aus der Zeit nichts mitgenommen. Da ich Kurse aus dem Bereich Film Studies belegt habe, hatte ich trotz des geringen Niveaus viel zu tun: für jeden Kurs musste jede Woche ein Film geguckt und Texte gelesen werden. Da die mündliche Mitarbeit benotet wurde, fiel es auch auf, wenn man nicht vorbereitet war. Neben der mündlichen Mitarbeit musste ich für die Benotung einen Essay abgeben und eine Klausur schreiben. Das war deutlich mehr, als meine Freunde in anderen Fachbereichen machen mussten. Die Betreuung von zwei meiner Dozenten habe ich als sehr gut empfunden, die anderen beiden schienen allerdings eher genervt von Auslandsstudenten. Eine gab mir auch tatsächlich „nur“ ein gut auf meinen Essay, weil ihrer Meinung nach Austauschstudenten einfach keine First Class Noten bekommen sollten, weil sie grundsätzlich nicht das sprachliche Niveau der Muttersprachler erreichen können. Diese Ansicht empfinde ich als eine ziemliche Frechheit für einen Dozenten, der an einer Uni unterrichtet, die so stolz auf ihre internationale Ausrichtung ist. In den anderen Kursen habe ich diese Erfahrung allerdings nicht gemacht und das Gefühl gehabt, dass meine Arbeit fair bewertet wurde.

Ich hatte mich dafür entschieden, den Spring- und den Summerterm an der Uni zu belegen, um volle sechs Monate in England studieren zu können. Allerdings dauerten die Kurse nur den Springterm an und nach 10 Wochen waren schon die 4 Wochen Ferien. Nach den Ferien fanden zu unserer Überraschung keine Kurse mehr statt und in nur wenigen wurden die erste Woche nach den Ferien eine Revision Class angeboten. Die übrige Zeit war unterrichtsfrei zum Zweck der Klausurvorbereitung. Mehrere Studenten waren ein wenig verwundert darüber, dass wir dafür noch einmal dieselbe Summe an Studiengebühren zahlen mussten wie für den Springterm. Ein Freund, der das erklärt haben wollte, bekam die „freundliche“ Antwort, dass er vorher über die Kosten informiert wurde und deswegen auch dazu verpflichtet sei zu zahlen. Die Gebühren seien für die Revision Class in einem Kurs und für die Klausur. Wenn ihr euch also für Essex entscheidet, dann wählt den Autumn Term: in diesem werden extra Klausuren für die Semesterstudenten angeboten und trotzdem muss man dafür nicht noch einen ganzen Term bezahlen.

Ein weiterer, sehr entscheidender, Punkt, wieso ich mich nicht noch einmal für Essex entscheiden würde: Ich habe mich trotz der höheren Kosten und Mühen dafür entschieden, meinen Auslandsaufenthalt selbst zu organisieren, weil die Erasmusplätze für Großbritannien an meiner Heimatuni sehr rar und beliebt sind und ich unbedingt dorthin wollte, wo Englisch auch außerhalb der Universität gesprochen wird und ich die Chance habe, Muttersprachler kennen zu lernen. Das war jedoch die erste Enttäuschung in Essex: Kontakt mit Engländern hatte ich kaum. Es schien, als seien Auslandsstudenten und Engländer in den Wohnheimen getrennt untergebracht und da in meinem Fachbereich alle Kurse das ganze Jahr über andauern, war es unheimlich schwer, im Januar Anschluss zu finden. Die meisten Kontakte hatte ich daher über das Studentenwohnheim.

Drei meiner Mitbewohner waren Austauschstudenten wie ich (aus Tschechien, Japan und –immerhin ein Muttersprachler- Amerika) und die beiden anderen haben ihr ganzes Studium in Essex absolviert (aus Hong Kong). Was sehr schön war und was ich nur empfehlen kann: mit einigen meiner Mitbewohner habe ich jeden Abend zusammen gegessen. Abwechselnd hat jeder eine Woche für alle gekocht und dadurch war die Ernährung sehr viel abwechslungsreicher und auch das Einkaufen günstiger. Die so zusammen verbrachten Stunden behalte ich gerne in Erinnerung. Leider hatte ich nicht mit allen meinen Mitbewohnern so ein Glück: zwei von ihnen waren ziemlich asozial und respektlos. Abgesehen davon, dass sie sich an Dinge wie Küche sauber hinterlassen und abwechselnd den Müll rausbringen nicht gehalten haben, war Lautstärke in der Nacht das größte Problem. Meine anderen Mitbewohner und ich haben öfters versucht mit ihnen zu reden und auch mehrmals versucht uns Unterstützung seitens der Uni zu holen- leider hat sich niemand dafür interessiert oder verantwortlich gefühlt. Emails an die sogenannten House Assistants wurden nicht mal beantwortet. Stattdessen bekamen wir als ganze Wohnung Verwarnungen, die durchaus auch Geldstrafen androhten, für Dinge, die nur auf das Konto der beiden gingen (man sollte sich zum Beispiel nicht dabei erwischen lassen, den Feuerlöscher als Türstopper zu benutzen). Die Wohnsituation war somit sehr unbefriedigend und hat teilweise dazu geführt, dass ich es morgens nicht in meine Seminare geschafft habe. An dieser Stelle hat die Unterstützung der Uni wie gesagt sehr zu wünschen übrig gelassen und ich frage mich, wieso es Stellen wie das Residential Network, das für solche Probleme eigentlich da ist, gibt.

Auch in anderen Bereichen habe ich die Erfahrung gemacht, dass die University of Essex mit einigen Sachen wirbt, die sie so nicht erfüllt. Ein Grund, weshalb ich mich für Essex entschieden habe, waren die angebotenen Englischkurse, die man zusätzlich zu den Unikursen belegen kann. Besonders Academic Speaking und Grammar Review haben mich interessiert, da ich mir den ersten Kurs an meiner Heimatuni anrechnen lassen wollte und auch eine Englischprüfung ablegen muss, die viel zur Gesamtnote zählt. Allerdings waren die Kurse voll mit Leuten, die kaum Englisch verstanden haben und große Schwierigkeiten beim Sprechen hatten. Das Niveau der Kurse war dementsprechend niedrig, sodass es für mich keinen Sinn gemacht hat sie zu belegen. Schade, dass für diese Leute keine anderen Kurse angeboten wurden und das angestrebte Niveau eingehalten wurde. Ein weiteres Bespiel für Dinge, mit denen die Uni wirbt, sind die Leistungen des Health Centre auf dem Campus: jeder, der mindestens sechs Monate an der Uni ist, kann diese in Anspruch nehmen. Da wir aber vom 11.1. bis 30.6. in Essex waren, fehlten uns 11 Tage für die sechs Monate und so wurde eine Freundin von mir mit 42 Fieber abgewiesen und nicht behandelt. Auch nicht lohnenswert waren die meisten Societies- ich war in der Travelling, Photographic, Dance, Latin und Theatre Arts Society. Die ersten drei hätte ich mir sparen können: es fand kein einziger Trip der Travelling Society statt, von der Photographic Society habe ich nie etwas gehört außer wenn sie Freiwillige für irgendwelche Events gesucht haben und um an den Tanzkursen teilnehmen zu können, muss man auch Mitglied im Fitness Centre sein, da man sonst keinen Zugang zu den Räumen hat (das ist allerdings nirgendswo so richtig ersichtlich und ich habe es erst vor Ort erfahren). Was sich dagegen richtig gelohnt hat, war die Theatre Arts Society: jede Woche gab es einen Theaterworkshop mit einem Haufen verrückter Leute und dort waren tatsächlich auch Engländer dabei.

Auch wenn ich in diesem Bericht hauptsächlich über meine negativen Erfahrungen geschrieben habe, war natürlich nicht alles schlecht und ich behalte vieles in guter Erinnerung. Allerdings wurden, wie beschrieben, einige Erwartungen, die ich an das Auslandssemester und an die Uni hatte, nicht erfüllt. Besonders in Hinblick auf die Studiengebühren, die sich für diejenigen, die ab diesem Herbst anfangen, mehr als verdoppelt haben, kann ich die University of Essex daher nicht empfehlen.