10 Feb
Erfahrungsbericht von Fabian F.

University of California, Berkeley


Stadt: Berkeley
Land: USA
Kontinent: Nordamerika
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 08/2024 bis 12/2024
Heimathochschule: Aachen RWTH

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Planung

Mit der Planung meines Auslandssemesters begann ich etwa 1,5 Jahre vor Reiseantritt. Zunächst analysierte ich, welche Art des Aufenthalts – klassisches Auslandssemester oder Forschungsaufenthalt – am besten zu meinen Erwartungen und Zielen passte. Dabei nutzte ich Beratungsangebote der Uni, wie etwa Erasmus+, RWTHweltweit und andere Kooperationen, und recherchierte selbst intensiv nach Universitäten, Programmen und Standorten. Schließlich entschied ich mich für ein klassisches Auslandssemester in den USA, möglichst an einer renommierten Universität.

Während einer RWTHweltweit-Beratung wurde ich auf die Organisation College Contact aufmerksam, die Studierende bei der Planung und Organisation von Auslandsaufenthalten unterstützt. Da keine der RWTH-Kooperationen meinen Vorstellungen entsprach, entschied ich mich, mithilfe von College Contact als Free Mover am Berkeley Global Access Program der UC Berkeley teilzunehmen. Dies bot viele Vorteile gegenüber einer eigenständigen Organisation. Die Mitarbeitenden von College Contact halfen zuverlässig bei der Bewerbung, erinnerten an Deadlines und übernahmen die Kommunikation mit der Universität. Ich empfand die Betreuung als äußerst wertvoll und unkompliziert und kann College Contact uneingeschränkt empfehlen. Dennoch blieb die Bewerbung trotz der Unterstützung zeitintensiv: U.a. musste man mindestens ein ausgiebiges Essay nach klaren Vorgaben verfassen, das meines Wissens für die Auswahlkommission von großer Bedeutung ist, und seine Englischkenntnisse mit einem offiziellen Sprachtest nachweisen.

Nachdem ich die Zusage zur Teilnahme an dem Programm erhalten habe, galt es noch einige weitere Dinge zu organisieren. Unter anderem: Finanzierung (Auslandsförderung durch die Studienstiftung und Bewerbungen um weitere Stipendien), Unterkunft, Visum, Flüge, Impfungen und Gesundheitsnachweise, Untervermietung meiner Wohnung in Aachen, Pausieren oder Kündigen von Mitgliedschaften/ Verträgen/ Abos. Besonders zeitaufwändig waren die Unterkunftssuche und das Beantragen des Visums – hier würde ich definitiv empfehlen, frühzeitig aktiv zu werden.

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Uni: Inhalt und Ablauf

Mein Auslandssemester begann mit einer umfangreichen Welcome Week in Berkeley, die Teil meines Programms war. Es wurden zahlreiche Veranstaltungen wie Campusführungen, Schnitzeljagden, Meet-and-Greet-Events und gemeinsame Wanderungen in den Berkeley Hills organisiert. Auf diesen Events habe ich einige meiner engsten Freundinnen und Freunde kennengelernt und kann nur empfehlen, möglichst viele davon zu besuchen – auch wenn man manchmal wenig Lust hat oder es zäh erscheint.

Die Kurswahl fand kurz vor Semesterbeginn statt und erwies sich als recht frustrierend. Ärgerlicherweise ist man als Gaststudent das unterste Glied in der Berkeley-Nahrungskette, sodass man sich lediglich um Module bewerben kann, die übrig bleiben und nicht schon vollständig belegt sind. Darüber unterliegt der Kurswahlprozess vielen weiteren Einschränkungen und ist alles andere als geradlinig und einfach zu durchschauen. Deshalb kann ich hier nur die Empfehlung der Uni betonen: Es ist sinnvoll, sich frühzeitig mit dem Modulkatalog zu beschäftigen und sich dann mit Beginn der Bewerbungsphase auf möglichst viele Module zu bewerben. Ich habe schätzungsweise nicht einmal die Hälfte meiner Wunschmodule bekommen.

Die Kurse, die ich letztendlich belegt habe, waren dennoch interessant und lehrreich. Im Vergleich zu Aachen empfand ich meine Kurse als weniger theoretisch und deutlich kommunikationsbasierter. Statt klassischer Klausuren gab es mehr mündliche Prüfungen und Gruppenprojekte. Außerdem waren die Kurse deutlich kleiner, meist mit weniger als 30 Teilnehmern. Dadurch bot sich die Möglichkeit, leichter mit Professoren ins Gespräch zu kommen, zu diskutieren und Fragen zu stellen. Neu für mich waren die wöchentlichen Abgaben in fast allen Modulen, die während des gesamten Semesters anfielen. Diese waren oft recht zeitintensiv, sodass ich schätzungsweise auf eine durchschnittliche Arbeits- und Lernzeit von etwa 50 bis 55 Stunden pro Woche kam. Obwohl der Zeitaufwand also nicht zu unterschätzen ist, empfand ich das allgemeine Niveau der Kurse als vergleichsweise einfacher.


Unterkunft

Während meines Auslandssemesters habe ich im International House gewohnt, das ich bedingt empfehlen kann. Eine frühzeitige Bewerbung ist aufgrund der hohen Nachfrage unbedingt ratsam. Mit mehr als 2500 $ pro Monat ist die Miete vergleichsweise teuer, jedoch bietet das International House eine sehr gute Lage direkt neben dem Campus und ein umfangreiches Angebot an sozialen Events über das ganze Semester hinweg. Ebenfalls mit in der Miete inbegriffen sind drei All-You-Can-Eat-Mahlzeiten pro Tag in der Dining Hall gemeinsam mit den anderen Bewohnern des I-House. Dort habe ich insbesondere zu Beginn des Semesters mit jeder Mahlzeit neue Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen kennengelernt und die meisten meiner Freunde in Berkeley getroffen. Die Essensauswahl ist groß, jedoch ließ die Qualität meiner Meinung nach im Laufe des Semesters nach, und gegen Ende fand ich das Essen oft nicht mehr besonders lecker.

Die Zimmersituation kann variieren; ich selbst habe mir ein kleines Zimmer mit Doppelstockbett und rudimentärer Einrichtung geteilt. Für einen entsprechenden Aufpreis gibt es allerdings auch Einzelzimmer, auf die man sich bewerben kann. Darüber hinaus bietet das International House einige Gemeinschaftsräume, darunter eine eigene Bibliothek, eine Küche, einen Waschraum, einen Spieleraum und nicht zuletzt die „Great Hall“, einen großen Gemeinschaftsraum mit Klavier und vielen Sitzgelegenheiten.

Ich würde das International House eingeschränkt empfehlen – vor allem für diejenigen, die bereit sind, mehr Geld auszugeben, Abstriche bei der Zimmersituation machen können, offen für neue Menschen sind und regelmäßiges gemeinsames Essen schätzen.


Sonstiges Leben und Freizeit

Mir hat das Leben in der Bay Area außerordentlich gut gefallen. Besonders im Sommer war das Wetter ein Traum – jeden Tag warm und sonnig. Einige meiner Freunde haben ihre Wochenenden regelmäßig im Football-Stadium der Uni verbracht, um die Spiele der Cal Bears zu verfolgen. Auch wenn ich selbst kein großer American-Football-Fan bin, würde ich trotzdem jedem empfehlen, zumindest einmal ein Spiel im Cal Memorial Stadium mitzuerleben – die Atmosphäre ist etwas ganz Besonderes.

Die Wochenenden zu Beginn des Semesters habe ich vor allem für Ausflüge genutzt. Ich habe viele Tagestrips nach San Francisco unternommen, war einmal im Silicon Valley, habe einen Freund in San Diego besucht und ein Wochenende im Yosemite Nationalpark verbracht. Gerade den Yosemite Nationalpark kann ich wärmstens empfehlen: Er ist riesig und einfach wunderschön. Im Nachhinein hätte ich dort gerne ein oder zwei Tage länger verbracht, denn ein Wochenende reichte bei weitem nicht aus, um alle Highlights zu erleben – vor allem, wenn man wandern möchte.

San Francisco ist von Berkeley aus in etwa einer Stunde mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar, wobei die Fahrzeit je nach Ziel auch deutlich länger dauern kann. Besonders gut gefallen haben mir der Park und die Aussichtspunkte rund um die Golden Gate Bridge sowie der Golden Gate Park. Für Wanderfreunde ist der California Coastal Trail ein absolutes Muss – hier gibt es spektakuläre Aussichten auf den Pazifik und die Golden Gate Bridge.

Berkeley selbst hat neben dem Campus eine lebendige Innenstadt mit zahlreichen Bars, Imbissen und Restaurants. Zum Ausgehen kann ich besonders The Tap House und Raleigh’s Pub empfehlen. Außerdem war ich oft mit Freunden in den Berkeley Hills wandern, wo man fantastische Ausblicke auf die Bay Area genießen kann. Die Uni bietet darüber hinaus ein sehr vielfältiges Sportangebot – von mehreren Fitnessstudios bis hin zu nahezu jeder erdenklichen Sportart ist alles dabei.

Ein Punkt, der nicht unerwähnt bleiben sollte: Das Leben in der Bay Area ist insgesamt sehr teuer. Die Mieten sind hoch – unter 1200 $ im Monat findet man kaum etwas –, und auch die Lebensmittelpreise haben es in sich. Selbst an einem einfachen Imbiss zahlt man für eine normale Portion in der Regel über 12 $.


Fazit

Ich habe mein Auslandssemester in Berkeley in vollen Zügen genossen. Besonders spannend war für mich das Leben im International House, wo ich täglich Menschen aus der ganzen Welt kennenlernen durfte. Während der vielen Gespräche, gemeinsamen Abende und spontanen Aktivitäten habe ich so viele Menschen kennengelernt wie in meinem ganzen Bachelorstudium nicht und es war sehr inspirierend, so viele unterschiedliche Kulturen, Sichtweisen und Lebensgeschichten an einem Ort zu erleben.

Während des Semesters habe ich oft meine Komfortzone verlassen – sei es, um in sehr gemischten, bunten Teams zu arbeiten oder einfach spontan auf neue Menschen zuzugehen. Dadurch haben sich meine Englischkenntnisse und vor allem mein Selbstbewusstsein beim freien Sprechen enorm verbessert. Auch fachlich und persönlich habe ich unglaublich viel mitgenommen: Die Kurse, die intensiven Projektarbeiten und den ständigen Austausch mit meinen Kommilitonen habe ich wirklich sehr zu schätzen gelernt.

Die Uni selbst hat mich sehr beeindruckt, und ich denke, dass deutsche Hochschulen von Berkeleys Ansatz einiges lernen könnten. Besonders das kommunikationsorientierte System mit vielen Gruppenarbeiten, wöchentlichen Abgaben und einer insgesamt praxisnahen Ausrichtung hat mir sehr gefallen. Zwar war das Semester durch die regelmäßigen Deadlines und Pflichtveranstaltungen zeitlich anspruchsvoll, aber genau diese Struktur hat dazu geführt, dass ich mich kontinuierlich mit den Themen auseinandergesetzt und dadurch viel gelernt habe.

Nach meinem Semester kann ich mir jetzt gut vorstellen, später für einen längeren Zeitraum zurück in die USA zu gehen – vielleicht für einen MBA. Berkeley hat mir gezeigt, wie bereichernd es sein kann, in einem dynamischen, offenen und internationalen Umfeld zu studieren. Ich bin unglaublich dankbar für diese Erfahrung und sicher, dass sie mich sowohl beruflich als auch persönlich noch lange prägen wird.