2 Mai
Erfahrungsbericht von Alexandra L.

Università Cattolica del Sacro Cuore


Stadt: Mailand
Land: Italien
Kontinent: Europa
Studienrichtung: Internationale BWL
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 09/2018 bis 03/2019
Heimathochschule: Mülheim HRW

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Wie und warum weg? Mein Auslandssemester an der Universitá Cattolica di Sacro Cuore in Mailand. Ich habe Mailand ausgewählt, um meine Italienischkenntnisse zu verbessern und die Fashion-Metropole kennenzulernen. Zusätzlich hat mir mein Semester in Mailand Freunde fürs Leben und eine komplett neue und positive Einstellung zum Leben gebracht.

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Bewerbung

Die Bewerbung erfolgte mit Hilfe von College Contact. Da meine Hochschule leider noch keine Kooperation mit der Universitá Cattolica del Sacro Cuore (nachfolgend wie die Mailänder zu sagen pflegen einfach nur die „Cattolica“) hatte, habe ich mich als Freemover an einer der ältesten Hochschulen in Europa beworben.

Außer eines Motivationsschreibens und der aktuellen Notenübersicht gab es also nichts, was meinem Studium in Mailand im Wege stand.

Nach kurzem Hin und Her wegen meines reduzierten Semesterbeitrags aufgrund meiner italienischen Staatsbürgerschaft (empfehlenswert immer anzufragen) war dann auch dank der kompetenten und flotten Organisation der Agentur College Contact alles in den Startlöchern. Ich wurde nur zwei Wochen nach meiner endgültigen Bewerbung kontaktiert und habe erfreulicherweise (was aber durch College Contact fast gewährt war) angenommen. Mein Wintersemester, also September bis Februar (dazu später mehr), konnte nun in Mailand beginnen.


Wohnungssuche

Die Zusage bekam ich im Mai. Ich hatte mich schon sehr früh beworben, um sicher zu gehen, dass ich jetzt voller Tatendrang mich meiner Bleibe widmen kann. Während meines Urlaubs, und hin und wieder auch in der Uni, habe ich also ständig Ausschau gehalten nach „Monolocali“ (eine Art von Studio mit eigenem Bad und einer kleinen Küche für eine Person). Für mich stand eine WG von Anfang an außer Frage, weil ich mich erstens voll und ganz auf mein Studium konzentrieren wollte und mir meine Privatsphäre sehr wichtig war/ist. Leider realisierte ich schnell auf Seiten wie spotahome.com, bakeca.it, uniplaces.com, idealista.it und vielen mehr, dass die Mieten denen in München gleichen und manchmal auch in exorbitante Höhen gehen. Ich versuchte es also bei Facebook Gruppen, wo Studenten fleißig Nachmieter suchten.

Da ich mir das Auslandssemester selber finanzieren musste, schien es keinen anderen Ausweg zu geben, als mit großer Überwindung auch eine WG zu akzeptieren. Doch auch die Zimmerpreise schienen nicht wirklich viel günstiger zu sein. Vor allem wenn man bedenkt, dass man nur schlimme Sachen über die Mailänder ÖVM gehört hat und ich dementsprechend einen Laufmarsch zur Uni eher bevorzugte. Nachdem ich auch alle meine italienischen Kontakte spielen lassen hab, hat mein Vater auf der Seite bakeca.it eine Anzeige eines Monolocale der Größe 10 Quadratmeter in der Gegend der Navigli gefunden, für schlappe 500 € warm (dieser Preis war teilweise für Zimmermieten in 6er WGs nicht mal zu unterbieten).

Wir nahmen Kontakt auf mit dem Vermieter und vereinbarten einen Besichtigungstermin. Eine Bekannte schaute sich die Wohnung an, lernte den Vermieter kennen und wir beschlossen die Wohnung zu nehmen. Zur Sicherung, dass wir es ernst meinten und der Vermieter sicher sein konnte, dass er nun einen Mieter von September bis Februar hat, sollte ich eine Monatsmiete im Voraus zahlen. Die Kommunikation erfolgte nun nur noch per Email. Als die erste Monatsmiete überwiesen war, bekam ich paar Tage später die Nachricht, dass noch die Kaution offen stehe. Auch diese überwies ich. Da sich der Vermieter um Renovierungsarbeiten kümmern wollte, sollte ich noch eine Monatsmiete überweisen. Ich war skeptisch. Doch nach langem Hin und Her und der Ausgangslage, dass meine Bekannte den Vermieter und die Wohnung gesehen hatte, überwies ich auch diese Rate.

Mit der Sicherheit, dass nun wirklich alles für mein Auslandssemester vorbereitet war, genoss ich noch meinen Urlaub im August und stöberte im Modulkatalog nach den passenden Fächern. Kurz vor meiner Abreise, ich hatte den Luxus, dass ich mit dem Auto nach Mailand gefahren wurde, bekam ich eine E-Mail von der Frau des Vermieters. Diese teilte mir mit, dass ihr Ehemann nun wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis säße und die Wohnung von der „Finanza“ in Beschlag genommen wurde. Somit war ich in Mailand offiziell obdachlos. Ob die Ausrede stimmte, weiß ich nicht. Das Geld war auf jeden Fall weg und ich habe es bis heute nicht wie versprochen wiederbekommen; obwohl die „Polizia“ informiert ist. Moral der Geschichte: NIE, UNTER KEINEN UMSTÄNDEN, IM VORAUS IRGENDEINE MIETE ODER ÄHNLICHES BEZAHLEN!!!

Nun mit Sack und Pack fuhr ich in Begleitung nach Mailand im August, um den Pre-Session Kurs Italian zu besuchen, und wohnte drei Tage im Hotel. Am ersten Tag in der Uni hatte ich bereits Leute kennengelernt, bei denen ähnliche Probleme bei der Wohnungssuche aufgetaucht waren, aber die mir sofort sagen konnten, wo ich schauen soll. Ich nahm alles, was ich kriegen konnte, und so hatte ich das Glück, in einer komplett neu renovierten Wohnung, deren Sanierungsarbeiten am 1. September fertig waren, eine Bleibe zu finden. Es war jedoch alles anders als erwartet. Ich wohnte von nun an in einem Zimmer, dass von roomiemilano.it vermietet wurde, in einer 10er WG. Und es war nicht nur eine komplette Wohnung voller Studenten mit drei Bädern und einer großen Küche, sondern das ganze Gebäude, was ein ehemaliges philippinisches Konsulat war, war ausgestattet mit 5 WGs. Und es hätte mir nichts Besseres passieren können. Ich wohnte mit Leuten von aller Welt zusammen, lernte es mit den Gewohnheiten anderer umzugehen und habe Freunde fürs Leben gefunden. Vor allem am Anfang, wo man nur seine Kommilitonen kannte, war es ein Segen, Leute zu treffen, die Mailand genauso wie ich noch erkunden wollten, und deren Reise auch gerade angefangen hatte. Oder halt auch nicht und die einen mit jede Menge Insider-News füttern konnten.


Studium an der Cattolica

Das Studium an der Cattolica hat den typischen Touch einer privaten Universität. Die Module aus dem International Curriculum, die extra für internationale Studenten geboten werden, sind überschaubar und teilweise auch eine gute Abwechslung zum Heimstudium. Ich hatte die Fächer Business Ethics, Fashion Market – Structure and Players, Luxury Management und aus dem Academic Curriculum hatte ich das Fach Psychology applied to Social Marketing, dies jedoch auf Italienisch. Die Fächer aus dem International Curriculum waren in ihrem Umfang zu verkraften und waren im Gegensatz zu meiner Heimathochschule in Deutschland sehr „hands on“. Ich kann sagen, dass ich in diesen Fächern viel mehr für mein zukünftiges Arbeitsleben gelernt habe, als je zuvor.

Das Psychologiemodul war etwas anspruchsvoller und umfangreicher, so wie alle Acadamic Curriculum Fächer. Es war jedoch nicht weniger interessant oder weniger informativ. Für dieses Fach gab es ungefähr 3 Testimonianze („Zeugen“, die aus der Arbeitswelt kommen und von Erfahrungen in diesem Bereich sprechen oder uns sogar beauftragen mit einem Projekt, was man für sie entwickeln soll). Für die International Curriculum Fächer wurde man im Dezember geprüft und diese gaben je 6 ECTS mit Anwesenheitspflicht. Für die Academic Curriculum Fächer wurde man ab Januar bis Mai geprüft, den Prüfungstermin konnte man sich von einer Auswahl an Daten aussuchen. In meinem Fall war es eine mündliche Prüfung für 8 ECTS. Hier war die Anwesenheit in den Vorlesungen freiwillig. Wenn man aber die italienischen Studenten kennenlernen wollte und italienisch sprechen wollte, so war das die perfekte Möglichkeit. Dank der Projektarbeit, die freiwillig war, die ich aber jedem ans Herz lege, konnte man nochmal aus einem ganz anderen Blickwinkel die Stadt entdecken; sei es bei Tag zum Lernen oder bei Nacht zum Feiern. Das Englisch der Dozenten ließ sehr zu wünschen übrig teilweise; nicht jedoch die Kompetenz und der Enthusiasmus. Die Dozenten waren sehr erfahren und brachten den Stoff sehr realitätsnah und mit vielen Beispielen und Erfahrungen den Studenten bei.


Leben

Milan is a true metropolis: strong and fearless but welcoming, too. Little by little, I came to realize that I could become someone here. – Giorgio Armani

Dieses Zitat kann ich mit reinem Gewissen zu 100% unterstützen. Bevor ich nach Mailand zog, wurde mir von jedem gesagt, es sei eine weitere Metropole; dreckig und gefährlich, nur schön für Touristen. Doch lässt man sich auf diese Stadt von Anfang an ein und nimmt alles um sich herum auf, zieht sie dich sofort in ihren Bann. Sei es der Mailänder Dom, die Navigli (Kanäle in Mailand) oder Isola, das Künstlerviertel; jeder dieser Orte hat mehr als Tourismus zu bieten. In dieser Stadt wird in vollen Zügen gelebt. Über die Einstellung der Mailänder gegenüber Touristen und ihrer Bezeichnung als Workaholics mag man sich streiten, jedoch werden hier in Mailand keine halben Sachen gemacht. Jeder Ort hat seine eigenen Charakterzüge der Stadt zu bieten, die alle in einer Mailänder Seele sich einig werden – die Kunst des Lebens.

Wer behauptet Paris sei die Hauptstadt der Mode, war noch nie in Mailand. Innerhalb weniger Wochen kannte ich alle aktuellen Kampagnen der größten Modeschöpfer und die Vogue war nicht nur die Literatur und Basis für meine Unifächer, sondern auch ein kleiner Teil, der mich den Mailändern näher brachte. Künstler jeglicher Art schmückten die Stadt mit ihrer Variabilität und Events wie die Mailänder Fashion Week sind nicht nur Tage, an denen die Stadt noch lebendiger wird als sie war. All das ist quasi wie ein Geschäftsessen, bei dem man dabei sein muss, um sich dazuzugehören, nur dass es Spaß macht und dir die Stadt erklärt und verhilft, ein Teil von ihr zu werden.

Natürlich sind Metropolen auch dementsprechend teuer. Als Student vergleicht man ständig, um mit dem Budget klar zu kommen. Die Supermärkte, die nach Finanzanalyse also noch dabei waren, waren Esselunga und Pam. Ein super Preis-Leistungsverhältnis und man bekommt alles, was man braucht. Hat man das Glück Lidl in seiner Nachbarschaft zu haben, dann ist preistechnisch auf jeden Fall dem zu raten.


Nightlife

Die Mailänder arbeiten zwar viel/lange, aber egal aus welcher Branche oder Verdienstgruppe, eines hat ihr Feierabend gemeinsam. Der Aperitivo. Ein All you can eat Buffet mit einem (alkoholischen) Drink deiner Wahl stimmt ab 19-22 Uhr fast jedes Lokal in eine super Stimmung. Danach kann man noch den Abend am Wochenende, aber auch in der Woche ausklingen lassen. Für die, die noch weiterziehen wollen, gibt es eine Menge an Bars in Navigli. Einer meiner Lieblinge ist MAG für gute Cocktails und eine besondere Atmosphäre. Wenn man lieber Krüge Bier haben möchte und Kartenspiele bevorzugt, dann lege ich jedem Fontanella ans Herz. Für den Aperitivo empfehle ich die Spritz Bar im Navigli District. Wenn man dann schon in Navilgi ist und dann noch feiern oder günstig trinken will, ist die erste Anlaufstelle Colonne San Lorenzo, die man von Navigli aus zu Fuß erreicht. Von da aus kann man die Bahn zum Dom nehmen, wo die Welt der öffentlichen Verkehrsmittel einen überall hinbringt. Für diejenigen, die sich schick machen wollen, die finden die perfekte Party im Club des italienischen Designers Roberto Cavalli „Just Cavalli“ oder in der restaurierten Kirche „Gattopardo“.

Für diejenigen, die nicht so viel Geld ausgeben wollen, und trotzdem einen schönen Abend haben wollen, dann sind die bekanntesten Clubs dafür das Old Fashion, the Club, le Banque und Alccatraz. Für die Einheimischen würden eher The Rocket Club, Tom und Apollo in Frage kommen in Navigli. Um kein Event zu verpassen, empfehle ich von Anfang an der ESN Gruppe beizutreten. Auch der Mitgliedsbeitrag lohnt sich. Um nicht nur über das sagenumwobene Navigli zu reden, möchte ich auch noch Frida Bar und Chinese Box für einen guten Aperitivo in Isola empfehlen. Nach dem harten Feiern und all dem guten Essen lohnt sich immer ein gemütlicher Spaziergang durch den Parco Sempione und danach ein gesundes Frühstück bei Thats Vapore. 


Fazit

Bevor ich mich für Mailand entschieden habe, war ich noch am Grübeln, ob Shanghai nicht als Herausforderung doch besser wäre. Ich kann aber nur allen nahe legen, dass es im Endeffekt nicht auf den Ort ankommt, sondern auf die Einstellung, mit der man ins Auslandssemester geht. Lest euch nicht zu viele Erfahrungsberichte durch; diese werden euch in eurer freien Aufnahme der Erlebnisse einschränken. Geht da raus, erlebt euch selbst in euch fremden Situationen, macht Fehler, habt Spaß – macht all das! Aber macht es jetzt. Ihr werdet es nicht bereuen.

Und ganz wichtig: Macht euch um das Geld später Sorgen. Wenn ihr zurückkommt begrüßt der Arbeitsmarkt euch mit offenen Armen.