15 Jun
Erfahrungsbericht von Xenia S.

University of California, Berkeley


Stadt: Berkeley
Land: USA
Kontinent: Nordamerika
Studienrichtung: Jura
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 01/2023 bis 05/2023
Heimathochschule: Hamburg U

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Von Januar bis Mai 2023 habe ich mein Jurastudium an der Universität Hamburg ausgesetzt, um für ein Semester an der University of California, Berkeley zu studieren und zu leben. Meine Erfahrungen und Empfehlungen in diesem Zusammenhang möchte ich gern im folgenden Bericht teilen.

Planung und Vorbereitung

Zunächst hatte ich mich bereits im Sommer 2020 und damit in meinem zweiten Semester dazu entschieden, dass ich wahrscheinlich gern ein Auslandssemester in den USA in mein Studium integrieren würde, sofern sich dies als möglich erweist, und hatte dementsprechend bereits frühzeitig den dafür notwendigen Toefl-Test absolviert. Da aber die Pandemielage zu dieser Zeit in ihrer Dauer noch nicht absehbar war, musste ich mein Vorhaben vorübergehend auf Eis legen und konnte infolgedessen erst im Frühjahr 2022, als ich mich im ersten Semester des Schwerpunktbereichsstudiums befand, mit den näheren Planungen beginnen. Da es für einen Zentralaustausch aufgrund des langen Bewerbungsvorlaufs vor Abschluss meines ersten Staatsexamens zum damaligen Zeitpunkt sodann allerdings schon zu spät war, blieb mir allein die Option, mich als Freemover auf eigene Faust an amerikanischen Universitäten zu bewerben, sodass ich mich schnellstmöglich an College Contact wandte, die fortan meinen Bewerbungsprozess betreuten.

Einige Monate und viel bürokratische Mühe später erhielt ich dann die Zusage von meiner Wunschuniversität in Berkeley und begann sogleich mit der Suche nach einer Unterkunft und der Beantragung eines Visums. Hier lohnt es sich in jedem Fall, mit allen notwendigen Schritten so früh wie irgend möglich zu beginnen, da Dinge wie die Ausstellung des Visums und der Bewerbungsprozess an der Gastuniversität durchaus sehr viel Zeit in Anspruch nehmen können.

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Universität und Lehre

Bezüglich der Kurse, welche ich während meines Auslandssemesters belegt habe, hatte ich nach meinem Empfinden gewissermaßen das Glück und Pech zugleich, dass im rechtswissenschaftlichen Studium von vornherein feststeht, dass keine Einheiten durch die Heimatuniversität angerechnet werden können, sodass jedenfalls ein gewisser Freiraum bei der Auswahl besteht. Möchte man sich die besuchten Vorlesungen aber auf den Freischuss anrechnen lassen, sollte man selbstverständlich dennoch darauf achten, dass es sich um Kurse aus dem Bereich der Rechtswissenschaften handelt.

Da man als internationaler Studierender für alle Bewerbungen erst nach den Vollzeitstudierenden in den USA berücksichtigt werden kann, muss man zu Beginn enorm viele Anmeldungen einreichen und sich während der ersten Wochen auch darum bemühen, so viele dieser Kurse wie möglich zu besuchen, da einige Bewerbungen bei Abwesenheit automatisch als zurückgezogen betrachtet werden. Dies hat dazu geführt, dass ich während der ersten vier Wochen mehr als dreimal so viele Kurse besucht habe, wie ich am Ende tatsächlich absolvieren wollte, was jedoch auch den Vorteil mit sich bringt, dass man sich zunächst einen guten ersten Eindruck davon verschaffen kann, welche Kurse tatsächlich von besonderem Interesse sein könnten. Vor allem aber sollte man versuchen, frühzeitig abzuschätzen, in welchen Kursen überhaupt noch Aufnahmekapazitäten bestehen könnten, da leider der Großteil der Vorlesungs- und Kursangebote von vornherein nur sehr begrenzte Kapazitäten hat.

Das Arbeitspensum ist während dieser ersten Wochen entsprechend enorm hoch, wie ich auch bei den anderen internationalen Studierenden wahrgenommen habe, lässt es jedoch im Laufe des Semesters ein wenig nach, sobald man sich für seine festen Kurse entschieden hat.

Letztlich habe ich persönlich mich für die Kurse Law and Public Policy, Law Politics and Policymaking und UN Unplugged eingeschrieben, die jeweils aus verschiedenen Fachbereichen stammten und allesamt sehr interessante Einblicke in das amerikanische Rechtssystem und die Universitäts- und Unterrichtskultur boten. Zudem habe ich auf persönliche Nachfrage bei einigen Professoren an der School of Law die Erlaubnis erhalten, auch dort Vorlesungen zu besuchen, auch wenn ich mich vor Absolvieren des ersten Staatsexamens noch nicht offiziell dort einschreiben konnte.

Einer der prägnantesten Unterschiede im Vergleich zu meinem Studium in Deutschland bestand ohne Zweifel darin, dass die Prüfungsleistungen über das gesamte Semester verteilt werden und zudem viel Wert auf Anwesenheit in den Vorlesungen gelegt wurde, da dort auch regelmäßig Gruppen- oder Präsentationsaufgaben erteilt wurden und zudem stets auch die Beteiligung benotet wird.

Die Vielfalt der Prüfungsleistungen reicht von Klausuren über Referate und Debatten bis zu Aufsätzen und Buchrezensionen und beginnt zudem bereits ab der vierten Woche nach dem Semesterbeginn. Dies war für mich zwar zunächst ungewohnt, da ich bis hierhin rein auf Klausuren und Hausarbeiten am Ende des Semesters geschult war, jedoch machte es den Aufenthalt in Berkeley zugleich auch abwechslungsreicher und entzerrte die Prüfungsphase am Ende ein wenig.

Insgesamt würde ich vor allem empfehlen, unabhängig vom Studienstand auch Graduate Level-Kurse zu besuchen, da diese häufig kleiner und weniger starr in der Organisation gestaltet sind, sodass man mehr Gelegenheit zur Beteiligung am Unterricht erhält. Hierzu ist indes die individuelle Zulassung durch den unterrichtenden Professoren erforderlich, was aber nach meiner Erfahrung kein Problem dargestellt hat.


Leben und Wohnen

Was das allgemeine Leben in Berkeley anbetrifft, so war ich zu Beginn doch etwas überrascht, dass es sich um eine eigentlich nur sehr kleine Stadt handelt, die nahezu ausgestorben wirkte, bevor das Semester begonnen hat und die auch sonst in ihrer gesamten Ausrichtung voll und ganz auf die vielen einheimischen und internationalen Studenten zugeschnitten zu sein scheint.

Eine besonders positive Erfahrung, im Rückblick wohl sogar eine der nachhaltig wertvollsten, war das Wohnen im International House, das ich jedem künftigen Austauschstudenten ans Herz legen möchte. Dort lebt man tagtäglich mit Studenten aus über 70 Ländern aus allen Teilen der Welt zusammen und erfährt in kurzer Zeit so viel über andere Kulturen wie zuvor wohlmöglich in meinem Fall im ganzen Leben nicht. Es herrscht eine sehr offene und lebendige Atmosphäre, man ist kaum jemals allein und schließt Freundschaften mit Menschen, mit denen man ansonsten eventuell nie ins Gespräch gekommen wäre. Man sollte sich dabei jedoch auch der Tatsache bewusst sein, dass in einer solch lebhaften Umgebung wenig Ruhe herrscht und man – abhängig davon, ob man in einem Doppel- oder Einzelzimmer lebt – kaum einen eigenen Rückzugsort haben wird. Für ein halbes Jahr ist es aber meiner Einschätzung nach, je nach Persönlichkeit und Vorlieben, sehr gut zu bewältigen und wird jedenfalls aufgewogen durch die vielen netten Begegnungen, die einem im Laufe des Semesters ermöglicht werden.

Auch die unmittelbare Nähe zur Großstadt San Francisco lädt zu Wochenendausflügen ein und im Laufe des Semesters haben sich zudem viele Gruppenreisen nach Los Angeles, San Diego, Yosemite, Las Vegas, Hawaii, Mexico etc. organisiert, sodass auch Gelegenheit besteht ein paar Reiseziele in kürzerer oder weiterer Entfernung kennenzulernen.


Fazit

Insgesamt komme ich zu dem Fazit, dass ein Auslandssemester an der UC Berkeley jedenfalls eine abwechslungs- und lehrreiche Erfahrung ist, durch die ich persönlich zweifelsohne selbstständiger und weltoffener geworden bin. Man lernt und lebt mit überaus begabten, ehrgeizigen und beindruckenden Studierenden aus aller Welt zusammen und erfährt gleichzeitig vieles über das Leben und die Kultur der Vereinigten Staaten als größte Volkswirtschaft der Welt, und das an der offiziell wohl besten öffentlichen Universität der Welt.

Auch das Lehrangebot ist vielfältig und ansprechend gestaltet, unglücklich für Jurastudierende ist nur, dass keine offizielle Kursteilnahme im Bereich der Law School möglich war, sodass ich letztlich zwar interessante und bereichernde, für mein Studium inhaltlich aber nicht unbedingt direkt relevante Kurse belegen konnte. Nichtsdestoweniger war sicherlich all das, was ich hier gelernt und erlebt habe nützlich und ein Leben lang prägend, sodass ich jedem, der sich mit dem Gedanken trägt, ein Auslandssemester in Berkeley zu absolvieren, aus ganzem Herzen dazu raten möchte.