30 Dez
Erfahrungsbericht von Mirja T.

Riga Stradins University

Stadt: Riga
Land: Lettland
Kontinent: Europa
Studienrichtung: Humanmedizin
Studientyp: Sonstige Studiengänge
Zeitraum: 09/2016 bis 11/-1

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Meine Entscheidung, mich über  ein Medizinstudium im Ausland zu informieren, war – wie wohl bei fast allen anderen auch – mehr Notwendigkeit als Wunsch. Ich hatte mit einem Abitur-Durchschnitt von 1,8 im Jahr 2012 zunächst gedacht, dass man sicher nach ein paar Wartesemestern auf einer deutschen Uni auch einen Platz bekommen könne, wenn man denn ein paar Extra-Qualifikationen erwerben würde. Im Zuge dieses Gedankenganges führte ich ein FSJ im Krankenhaus durch, das hauptsächlich pflegerische Tätigkeiten beinhaltete. Anschließend absolvierte ich eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten. Zwischendurch nahm ich auch am TMS teil und am HAM NAT. Nichts davon brachte mich in Bezug auf den Studienplatzerhalt weiter. Im Gegenteil, nach 4 Jahren waren die erforderlichen Gesamt-Wartesemester sogar noch höher als noch 2012. Statt 14 stiegen sie weiter auf 16. Da konnte ich mit meinen bisher 8 Wartesemestern und ohne Gewissheit, dass die Anzahl der Gesamt-Wartesemester nicht weiter ansteigen würde, noch viele weitere Jahre auf einen Studienplatz warten. Ärztlich praktizieren könnte ich dann vielleicht erst ab 40. Das war mir nicht nur aus finanzieller Sicht einfach zu spät.

Eine Freundin empfahl mir, doch einfach mal bei CollegeContact nachzuschauen. Sie war einige Jahre vor mir mit dieser Organisation an der RSU gelandet und dann nach dem Physikum nach Deutschland gewechselt. College Contact berechnete nicht, wie viele andere Internetseiten, die ich hierzu besucht hatte, bereits für den Versuch, einen Studienplatz im Ausland zu erhalten, Geld, sondern auch bei Erfolg überhaupt keine Kosten, was natürlich schon einmal sehr attraktiv war. Der Hauptfaktor, der mich dazu bewog, mich näher mit der RSU auseinander zu setzen, waren die vergleichsweise niedrigen Kosten (die meisten anderen osteuropäischen Universitäten waren noch einmal deutlich teurer als die RSU) und das Bewerbungsverfahren, das keinen Einstellungstest vor Ort erforderte. Ich war nicht gewillt, extra hunderte Kilometer weit zu fahren, Geld und Urlaubstage zu investieren, um dann am Ende ggf. doch eine Ablehnung zu erhalten.

Als ich mich dann letztendlich auch entschieden hatte, mich zu bewerben, hatte ich nur noch knapp 3 Wochen bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist, um alle erforderlichen Unterlagen zu organisieren – das würde ich definitiv früher in Angriff nehmen, wenn ich noch einmal durch den Bewerbungsprozess gehen würde. Man kann sich das sicher einfacher und vor allem entspannter machen als ich! Mein Motivationsschreiben habe ich einmal zum Korrekturlesen zu College Contact geschickt und einige wertvolle Verbesserungstipps erhalten. Da ich für die Sammelbewerbung von College Contact schon zu spät dran war, schickte ich nur meine eingescannten Unterlagen noch einmal hinüber und die Originale gingen dann eine Woche vor Ende des offiziellen Einsendeschlusses der RSU als Eilmeldung direkt nach Riga. Etwa drei Wochen später erhielt ich die Zusage. Ich hatte dann zu diesem Zeitpunkt noch etwa vier Wochen, um alle weiteren erforderlichen Vorkehrungen zu treffen.

Ich kam einen Tag vor Beginn der Orientierungswoche an. Ende August war es noch sehr warm, das Wetter war sehr schön und die ersten Streifzüge durch die Altstadt zeigten mir, dass es einige sehr schöne Orte in Riga zu sehen gab. Im Gegensatz zu vielen anderen angehenden Erstsemestern kannte ich niemanden meiner Kommilitonen vor Beginn des Studiums. Das war aber kein ernsthaftes Problem. Man findet tatsächlich sehr schnell Anschluss, da ja alle im selben Boot sitzen und erstmal etwas planlos sind. Die Uni nimmt einen gerade in den ersten Tagen sehr gut an die Hand, sodass man praktisch kein Vorwissen irgendeiner Art mitbringen muss. Das war für mich sehr schön, da ich mich selten sehr intensiv vorab informiere, sondern gerne mit den „Basics“ auskomme.

Ich hatte mich auch noch nicht um eine Wohnung gekümmert, da ich gehört hatte, dass die meisten sich erst in Riga nach Mitbewohnern und Wohnungen umsehen. Nur wenige waren auch wirklich schon vorher in Riga gewesen und hatten sich eine Wohnung organisiert. Die meisten begannen dann während der Orientierungswoche die Wohnungssuche einzuleiten. Man kann auch vorher sehr günstig in Hostels oder sogar Hotels unterkommen. Besonders angenehm war für mich das NB Hotel, das nur fünf Gehminuten von der RSU entfernt ist und entsprechend praktisch gelegen ist. Zusätzlich ist es recht günstig, wenn man sich als RSU-Student anmeldet. Über die Facebook-Gruppe der RSU für Erstsemester werden außerdem viele Zimmer in Wohnungen von höherem Semestern angeboten und auch bevorstehende Aktivitäten können hier geplant werden. Eine sehr komfortable Methode. Die meisten suchen sich eine Wohnung auf der Flusseite, auf der auch die Altstadt liegt. Diese ist zwar etwas weiter von der Uni entfernt, aber deutlich schöner als die Uni-Seite des Flusses.

Das Studium beginnt für die unterschiedlichen Study Groups jeweils etwas unterschiedlich. Einige Kurse beginnen für einige früher als für andere, aber jeder hat am Ende des Semesters alles gemacht – oder sollte es zumindest. Die Dozenten sind meist Letten, die aber auf Englisch unterrichten. Es wird in den Lectures meist eine Einführung in das jeweilige Thema geboten, welches dann in den Practical Courses vertieft wird. Das System ist sehr eingängig und man bekommt gut alles mit – zumindest im ersten Semester. Ab dem zweiten soll es etwas schwerer werden, aber da wird man nach und nach herangeführt. Die Tests und Colloquien sind auf jeden Fall machbar und wenn es mal nicht klappen sollte, dann hat man noch zwei Nachversuche, in denen man dann auf jeden Fall besteht. Man gewöhnt sich recht schnell an die Arbeitsweise der Uni. Parallel zu den medizinischen Gegebenheiten wird man in die Grundlagen der lettischen Sprache eingeführt. Im Alltag kommt man zwar im Zentrum Rigas in Restaurants und Geschäften auch gut mit Englisch zurecht, aber es ist natürlich immer schöner, wenn man in einem Land wohnt, die Einwohner auch in der entsprechenden Landessprache anzusprechen. Die Reaktionen sind dann auch meist freundlicher, als wenn man platt auf Englisch ankommt.

Bisher ist es für mich auf jeden Fall eine gute Entscheidung gewesen, nicht weitere zig Jahre auf einen Studienplatz in Deutschland zu warten, sondern schon direkt in Riga anzufangen.