University of Portsmouth
Schon als Kind wollte ich unbedingt einmal in England leben. Durch College Contact eröffnete sich diese Möglichkeit für mich, wofür ich unglaublich dankbar bin. Vorab gab es jedoch eine Bedingung, die mein perfektes Auslandssemester etwas einschränkte: Ursprünglich wollte ich mein fünftes Semester, wie auch an meiner Heimathochschule, in England verbringen. Allerdings war es mir nicht möglich, mein fünftes Architektursemester an der University of Portsmouth zu absolvieren, da das Entwurfsmodul dort ausschließlich über ein ganzes Jahr gelehrt wird. Deshalb musste ich ins Second Year einsteigen, also ins dritte Semester. Trotz dieser Abweichung freute ich mich sehr auf die bevorstehende Zeit und war gespannt auf neue Erfahrungen.
Erfahrungen im Studium
Relativ schnell bemerkte ich Unterschiede in der Lehrqualität im Vergleich zu meiner Heimathochschule. Pro Woche hatte ich nur drei Module, jeweils ein Modul pro Tag. Das bedeutete, dass ich zwei Tage in der Woche komplett frei hatte. Diese nutzte ich intensiv, um an meinen Entwürfen zu arbeiten oder das nahegelegene Fitnessstudio zu besuchen. Das Studio war zwar modern und schön, aber leider oft überfüllt. Dennoch war es eine gute Möglichkeit, einen Ausgleich zum Studium zu finden.
Trotzdem fühlte ich mich fachlich schnell unterfordert. Anders als an meiner Heimathochschule gab es keinerlei außeruniversitäre Architekturangebote, wie zum Beispiel Vorträge, Workshops oder Ausstellungen. Besonders schade fand ich, dass es kaum Austausch zwischen den Studierenden verschiedener Semester gab. Viele DA-Studierende (Direct-Entry-Students) kamen nur einmal pro Woche zur Uni, teilweise von weit her, wodurch sich der Kontakt untereinander stark einschränkte.
Positiv hervorzuheben ist die Werkstatt im Eldon Building, die sehr gut ausgestattet ist. Allerdings war ich überrascht, wie teuer es ist, dort aufwändigere Maschinen zu nutzen. Das sollte man finanziell unbedingt einplanen. Sehr gefallen hat mir hingegen die fußläufig erreichbare Bibliothek – ein toller Ort zum Lernen. Besonders beeindruckend fand ich, dass sie 24/7 geöffnet hat. Da könnte sich meine Heimat-Universitätsbibliothek definitiv eine Scheibe abschneiden. Ein kleiner Nachteil: Es war oft schwierig, einen Platz mit Steckdose zu ergattern.
Alltag in Portsmouth
Der Artshop im Eldon Building hat mir ebenfalls gut gefallen. Er ist sehr gut ausgestattet, die Preise sind fair, und die Frauen, die den Laden betreiben, sind unglaublich freundlich. Generell habe ich die Menschen in Portsmouth als höflich und entspannt erlebt. Ich hatte das Gefühl, dass die Leute hier viel weniger gestresst sind als in Deutschland, was ich wirklich angenehm fand.
Ein Architekturstudium ist bekanntlich sehr zeitintensiv, daher blieb leider nicht allzu viel Zeit, um England umfassend zu erkunden. Dennoch habe ich einige tolle Orte besucht: Southampton, London, Brighton, Bath und die Isle of Wight – jede Stadt hatte ihren eigenen Charme. Besonders begeistert hat mich ein Abstecher nach Dublin, da die Flüge relativ günstig waren. Sehr empfehlenswert!
Leider gab es in Portsmouth keine ESN-Community (Erasmus Student Network), wie man sie aus anderen Städten kennt. Dadurch fehlten organisierte Angebote für Ausflüge oder kulturelle Erkundungen. Alles musste man selbst planen. Zudem waren die öffentlichen Verkehrsmittel recht teuer. Ein Tagestrip nach London und zurück kostete schnell mal 60 Pfund. Hier kann ich die Railcard wärmstens empfehlen – damit lassen sich die Kosten erheblich senken.
Auch beim Thema Lebenshaltungskosten musste ich genau kalkulieren. Lebensmittel sind in England generell teuer, weshalb ich immer bei Lidl einkaufen war. Dort waren die Preise einigermaßen normal. Das Nachtleben in Portsmouth war, ehrlich gesagt, eher enttäuschend. Wer gerne ausgiebig feiern geht, wird hier wahrscheinlich nicht auf seine Kosten kommen.
Mein Fazit
Trotz einiger Herausforderungen habe ich mein Auslandssemester in Portsmouth insgesamt sehr geschätzt. Besonders der erste Monat war wunderschön: Das Wetter war noch angenehm, ich konnte am Meer schwimmen und viel Zeit draußen verbringen. Portsmouth mag zwar insgesamt nicht die lebendigste Stadt sein, aber in den wärmeren Monaten stelle ich es mir wirklich idyllisch vor. Besonders die Gegend rund um Southsea ist ein Highlight – perfekt, um durch kleine Straßen zu schlendern und in den vielen Charity Shops nach Schätzen zu stöbern.
Die Wintermonate hingegen waren eine Herausforderung. Sie waren lang, dunkel und zäh, was die Stimmung manchmal trübte. Dennoch habe ich viele wertvolle Erfahrungen gesammelt, sei es im Studium, im Umgang mit anderen Kulturen oder im selbstständigen Organisieren meines Alltags.
Insgesamt war mein Auslandssemester eine prägende Zeit. Ich bin dankbar für die Möglichkeit, mein Studium in einem anderen Land fortzusetzen und dabei die Unterschiede zwischen den Lehrmethoden und der Kultur zu erleben. Auch wenn nicht alles perfekt war, würde ich diese Erfahrung nicht missen wollen.