5 Feb
Erfahrungsbericht von Rieke K.

California State University Long Beach


Stadt: Long Beach
Land: USA
Kontinent: Nordamerika
Studienrichtung: Journalismus
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 08/2014 bis 12/2014

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Die California State University Long Beach (CSULB) verlang einen hohen Preis an „tuition“. In Deutschland konnte ich nur schwer nachvollziehen, wieso man den unverschämten Betrag von 5700$ (also umgerechnet ungefähr 4200€) Studiengebühren zahlen muss. Die ersten Tage auf dem Campus zeigten mir allerdings, wofür mein Geld ausgegeben wird: Die CSULB blüht! Trotz Hitzewarnungen und dem Verbot seinen Rasen zu sprengen, ist das Gras hier grüner als irgendwo anders, die Palmen gepflegter als in jedem Stadtpark und die Blumen im Japanischen Garten (ja, wir haben einen Japanischen Garten), schöner als man sie irgendwo in Japan finden könnte. Das kostet natürlich. Jeden Tag arbeiten hier mehr als 50 Mitarbeiter alleine an dem Aussehen der Uni – und wie wir von Amerika wissen ist hier der „Schein“ mehr als „Sein“.

So langsam geht das Semester zu Ende und das Uni-Leben ist längst Alltag geworden. Nach den Midterms stehen nun die Final Exams an. Viele meiner amerikanischen Mitschüler gruseln sich davor. Die „Internationals“, wie ich, nehmen’s eher gelassen. „Hauptsache bestehen“, ist das Motto, und dass ein gutes Pferd nur so hoch springt wie es muss, habe ich selbst gelernt, obwohl ich Zuhause eigentlich recht strebsam bin. Die ersten Wochen an der CSULB habe ich mich auch noch wirklich ins Zeug gelegt. Jeden Abend, vor meiner Media History class, habe ich mir das Buch genommen und geguckt was wir am nächsten Tag machen. Dann konnte ich mitreden, die Diskussion voran bringen und weitere Fragen stellen. Die wöchentlichen Tests fielen dementsprechend gut aus: 100% (A) im Durchschnitt. Ich war ganz schön stolz auf mich.

Dann kamen die Partys, ich vergas das Buch am Vortag und nickte auch mal in einer Vorlesung weg. Doch die guten Noten blieben. Zwar waren es anstatt 100% dann mal 90%, aber das reicht ja immer noch. Besonders, wenn man nichts dafür getan hat.

Woher das kommt? Bestimmt nicht, weil ich so ein Mastermind bin. Die Antwort ist ziemlich simple: Multiple chioce. „Was passierte bei der Boston Tea Party?“ a) es wurde Tee getrunken b) Frankreich startete eine Invasion c) Auf Grund des Siebenjährigen Krieges in Europa waren die Staatskassen von Großbritannien so stark belastet, dass sie den amerikanischen Kolonien hohe Steuern aufzwangen, weswegen diese drei Ladungen Tee vor Boston in den Hafen kippen. Da möchte man denken, dass einem die guten Noten nur so hinterher geschmissen werden, naja, schließlich haben wir dafür bezahlt - und zwar nicht wenig. Doch trotzdem gibt es noch so manchen Ami, der sein Kreuzchen gerne mal bei a) macht.

Ein anderes Beispiel ist meine TV Studio Directing class. Hier in Hollywood werden die großen Streifen gedreht. Steven Spielberg ist auf meine Uni gegangen. Im Nachhinein hat er uns sogar ein Studio gesponsert. In meiner Directing class möchte jeder Regisseur werden. Ich bin hier als Journalist nur so reingerutscht, es ist aber trotzdem ein super spannendes Feld und ich gehe gerne zum Unterricht. Das Beste an der class ist, dass wir keine Klausuren schreiben. Wir drehen Musikvideos, Gameshows, Latenight Shows, Soap Operas und Talk Shows – richtig coole Sachen eben.

Letzten Montag haben wir es dann aber richtig verkackt. Meine Kommilitonen und ich hatten drei Wochen Zeit um Darsteller für eine Seifenoper zu suchen, ein Skript zu schreiben, einen Drehplan zu entwickeln und ein Set aufzubauen. Kurz zusammen gefasst: Wir haben es nicht geschafft und unser Professor nannte uns „the worst class I ever had!“ Niedergeschlagen gingen wir alle in unseren Campus Pub auf ein, zwei Bier (ja, wir haben einen Pub inklusive Restaurant auf dem Campus). „Wenn ich in diesem Kurs kein A kriege, dann gehe ich aber noch mal zu unserem Professor hin und rede mit ihm“, sagt meine Freundin Courtney. „Ich habe diesen Kurs nur belegt, weil mir gesagt wurde hier kriegt jeder ein A!“ fügt Marianne hinzu. Irgendwie hatte ich mir so etwas schon gedacht. Schließlich weiß mein Professor nicht mal meinen Namen (an guten Tagen nennt er mich „German girl“),... wie soll er mich dann bewerten können? Also Einheitsnoten. Und dass die seit 1949, dem Entstehungsjahr der CSULB, immer gleich ausfallen hat sich also schon rumgesprochen. So kommt es, wie es kommen musste: Am nächsten Montag gehen wir wie räudige Hunde die wissen, dass sie etwas falsch gemacht haben, und mit hängenden Köpfen wieder in unser TV Studio. Der Professor empfängt uns mit einer ziemlich gelassenen Miene: „Na gut, eine Chance habt ihr noch. Ich gebe euch eine leichte Aufgabe. Wenn ihr das schafft, dann kriegt jeder ein A“.

Natürlich haben wir es geschafft, schließlich wäre es eine Schande für unseren Professor und seinen Kurs, wenn jemand durchfiele. Was würde das nur für ein Licht auf ihn werfen? Und auf die Uni? So kann er nun von sich behaupten, dass seine Ausbildung so exzellent ist, dass er nur Einser-Schüler hat. Die Uni kann sagen, dass nur die besten TV-Directors von der CSULB abgehen. Und ich kann sagen, dass ich mir für 4200€ nen ziemlich lauen Lachs machen konnte und trotzdem in jedem Fach mit 100% bestehe.