19 Jul
Erfahrungsbericht von Philipp Z.

Riga Stradins University

Stadt: Riga
Land: Lettland
Kontinent: Europa
Studienrichtung: Medizin
Studientyp: Sonstige Studiengänge
Zeitraum: 01/2011 bis 11/2016

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Es gibt jedes Jahr aufs Neue eine kleine Gruppe von Menschen die in ihrer Fantasie schon die allergrößten Ärzte sind und denen nichts wichtiger ist, als endlich Medizin studieren zu dürfen. Leider stehen diese paar hochmotivierten Menschen aber auch jedes Jahr aufs Neue vor den Toren der altehrwürdigen deutschen Universitäten und werden einfach nicht reingelassen. So einer war ich auch.

Diejenigen die nicht resignieren und sich neu besinnen, werden ziemlich erfinderisch und sind bereit für ihren Wunsch viel in Kauf zu nehmen.

Eines Abend stolperte ich über College Contact und beschloss mich zu bewerben. Eigentlich war ich sogar zu spät dran, die Fristen waren fast abgelaufen und meine Post wäre nie rechtzeitig dort angekommen. Frau Uhlig hat für mich mit der Uni geredet, ein gutes Wort eingelegt, und am Ende haben sie mir erlaubt meine Unterlagen abzuschicken und mich zu bewerben.
Von da an ging es schnell. Ich bekam einen Studienplatz und auf einmal wollten eine ganze Menge Probleme gelöst werden. Ein Platz zum schlafen musste her und eine dicke Jacke am besten auch. (Es ist wirklich verdammt kalt da im Winter)
Von CC hatte jeder eine Namensliste bekommen, das half beim kommunizieren mit den anderen.
Wir sprachen uns ab und am Ende hatten sich fast alle neuen Erstsemester im „Green Apple“ ein Zimmer gemietet. Das ist ein ziemlich großes Hostel wirklich genau im Zentrum der Stadt. Abends saßen wir da in der ersten Zeit immer zusammen und lernten uns kennen, was schön war, denn es kannte sich ja niemand aus. Jeder einzelne von uns zusammengeworfen in einer fremden Stadt.
Ungefähr eine Woche nach Ankunft war dann der Tag gekommen als wir zum ersten Mal in die Universität fuhren. Zur Eingewöhnungswoche.
Wir wurden begrüßt, es gab eine Tasche mit ein paar kleinen Geschenken, und vor allem viele Reden. Der Dekan schwor uns ein wie viel wir lernen müssten. Das International Office gab uns Tipps wie wir uns in Riga verhalten müssen und natürlich gab es sehr viele Daten und Stundenpläne etc.
Das war schon ganz gut gemacht. Keiner hatte das Gefühl schlecht aufgehoben zu sein. Kleinere Reibereien mit den offiziellen Stellen der Uni gab es selten. Meist ging es dann um Bezahlungsfragen.

Zum Unigebäude muss man sagen dass es ziemlich hässlich ist. Die Eingangshalle und der Neubau sind Hell und freundlich, die älteren Räumlichkeiten der Fachbereiche könnten jedoch mal eine kräftige Renovierung vertragen.
Es gibt zwei Mensen, eine kleinere etwas teurere mit gutem Essen, und eine größere billigere, wo das Essen dementsprechend schlechter ist.
Die Chemiesäle zum Beispiel sind mit deutschen nicht zu vergleichen, da ist alles was älter und erfüllt bestimmt auch keine deutschen „Sicherheitsstandards“. Trotzdem ist immer alles da was man braucht für seinen Versuch und zwar für jeden. Das ist in Deutschland nicht immer so.

Der Unterricht ist gut. Es gibt wie in Deutschland Vorlesungen dort „Lectures“ genannt und „classes“ wo man mit seiner Gruppe zusammenarbeitet. Die meiste Zeit verbringt man in den classes. Die sind so um die 10 Personen stark und bilden die kleinste Unterrichtsgruppe. Die Fächer sind so aufgebaut, dass man in den Lectures den theoretischen Hintergrund hört und das ganze dann in den Classes praktisch aufarbeitet. In Chemie macht man die jeweiligen Versuche, in Molekularbiologie werden einzelne Strukturen mikroskopiert. Und in Anatomie lernt man Knochen oder Muskeln.

Ich weiß leider immer noch nicht wer das Englisch der Dozenten überprüft, bevor die auf die Studenten losgelassen werden. Ein paar können wirklich gut Englisch, aber bei manchen wird es schon nach dem Hallo schwierig mit der Artikulation. Das kann echt nerven.

Räumlich verteilt sich der Unterricht auf drei bzw. vier Gebäude. Es gibt die Universitätsgebäude an sich, das Anatomikum, Das Universitätsklinikum und ein kleines aber wirklich schönes Medizinhistorisches Museum.
Die Häuser sind alle über die Stadt verteilt, aber trotzdem zügig zu erreichen. Das Öffi System in Riga ist gut ausgebaut und schnell.

Die Letten sind ein echt spezielles Volk. Sie können ihr Land nicht ausstehen, aber das solltest du ihnen nicht sagen. Nur weil sie schimpfen heißt dass ja noch lange nicht, dass du das auch darfst. Es gibt viele Russen, das heißt nach Lettisch ist die zweite Sprache Russisch. Die Alten Leute können sogar noch besser deutsch als Englisch. Es empfiehlt sich wirklich wenigstens ein zwei Worte aus dem Lettischen im Kopf zu behalten um wenigstens Hallo und Danke sagen zu können. Den meisten reicht das schon für ein Lächeln und als Grund dir weiterzuhelfen.
Solltet ihr also mal in den Genuss kommen Lettland zu besuchen, lasst euch nicht abschrecken davon, dass keiner redet und alle so mürrisch aussehen. Im Bus guckt dich jeder an als wärst du ein Terrorist wenn du zu laut redest. Eigentlich sind die Letten auch nicht so abweisend, sie brauchen eben nur ein zwei Sätze um aufzutauen.

Lasst es euch gesagt sein, Lettland ist es auf jeden Fall wert dort mit dem studieren zu beginnen. Das Gefühl so weit im Nordosten in ein ganz anderes als hier. Alles ist noch viel mehr im Aufbruch begriffen und das steckt an. Es ist ein bisschen gefährlicher als Deutschland, aber deswegen auch aufregender. Wer sich also nicht scheut etwas Neues zu erleben, der hat mit Sicherheit eine gute Zeit.
Ich wünsch euch jedenfalls, dass ihr alle euer Ziel erreicht Medizin zu studieren. Ob nun in Lettland oder woanders das entscheidet ihr selbst. Aber Lettland ist auf jeden Fall ein guter Anfang.
Ich hoffe mein kurzer Bericht war euch eine Hilfe.
Viele Grüße
Philipp