7 Jul
Erfahrungsbericht von N. N.

Riga Stradins University

Stadt: Riga
Land: Lettland
Kontinent: Europa
Studienrichtung: Medizin
Studientyp: Sonstige Studiengänge
Zeitraum: 09/2010 bis 09/2016

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Ich studiere seit dem Wintersemester 2010 an der Stradins Universität in Riga (einer von zwei Universitäten mit ausländischen Studenten in Riga). Der Bewerbungsprozess war relativ simpel, wenn man sich die Zeit nimmt um alle Formulare durchzulesen und auszufüllen ist das wirklich ein Kinderspiel.
Bevor ich nach Riga ging wusste ich nicht wirklich was mich erwarten würde – man hört ja viel über Osteuropa. Als ich das erste Mal in Riga ankam war ich unglaublich erleichtert. Die Stadt ist (grade im Sommer) wunderschön, es laufen viele junge Menschen durch die Straßen und es gibt reichlich Gelegenheiten sich die Nächte um die Ohren zu schlagen! Auch die Anreise ist relativ preiswert, es gibt „Billigflieger“ die Riga direkt anfliegen – und vom Flughafen bis in die Stadt kostet der Bus einen Euro.
Die Uni selber ist grade im Umbau, daher gibt es einige Bereiche die sehr modern ausgestattet sind (z.B. die großen Hörsäle), aber auch Teile die noch auf eine Erneuerung warten (Chemielabore, Anatomikum)
Die Professoren sprechen meist ausreichend Englisch und kümmern sich teilweise rührend um die Studenten. Die Studenten sind in kleine Gruppen mit maximal 15 Leuten aufgeteilt, so hat man immer die Möglichkeit nochmal nachzufragen wenn man etwas nicht verstanden hat. Die meisten Professoren gehen auch auf solche Nachfragen ein. (Natürlich gibt es auch da Ausnahmen, aber das ist ja überall so.) Neben Anatomie, Chemie, Physik, Latein, Ethik und Biologie hat man gleich im ersten Semester auch Lettisch – eine relativ schwere Sprache, aber bei zweimal 90 Minuten Lettisch pro Woche lernt man die Grundlagen ziemlich schnell.
Auch mit normalem Schulenglisch kommt man gut mit, die Vorlesungen sind meistens freiwillige Veranstaltungen, was sich auf die Besucherzahl auswirkt. Die praktischen Einheiten dagegen sind mit Anwesenheitspflicht versehen, fehlen kann unangenehme Folgen haben. (Nachschreiben, Zusammenfassungen schreiben, und in jedem Fall böse Blicke.)
Momentan gibt es ein paar Unklarheiten, was den Lehrplan angeht. Durch Änderungen im lettischen Lehrplan (und dadurch auch im englischen Lehrplan) wurde es ein wenig schwerer, in das Heimatland zurückzuwechseln. Aber wenn sich alle einig sind (und in den meisten Semestern herrscht ein guter Zusammenhalt) gibt es Möglichkeiten etwas am Lehrplan zu ändern und dann zeigt sich die Unileitung auch durchaus gesprächsbereit. So wurde z.B. die Anzahl der Biochemiesemester geändert, aber mit Extrakursen kommt man trotzdem auf eine ausreichende Creditpoint-Anzahl für den Wechsel nach dem Physikum.
Soweit klappt das alles bisher, aber da sollte jeder Bewerber, der den Wechsel im Sinn hat mal sein Landesprüfungsamt befragen. (Und ja, das kann ein wenig Zeit in Anspruch nehmen)
Des Weiteren wurde nun die Regelauslegung verschärft: wenn man in einem Fach durch das Examen durchfällt (und durch die Nachschreibeklausur) darf man im nächsten Semester nur genau das Fach machen. Man kann also nichtmehr alle anderen Fächer des folgenden Semesters belegen und nebenbei das Fach aus dem alten Semester nachmachen. Das ist ärgerlich für die die durchfallen, führt aber dazu, dass die kleinen Klassen erhalten bleiben. (Wobei man sagen muss, dass die Klassen auch mit 17 Studenten noch ausreichend klein wären.)
Zum Lernaufwand gibt es nur zu sagen, dass man Medizin studiert und dass nun einmal mit Aufwand verbunden ist. Man schreibt quasi jede Woche Tests, dadurch hat man eigentlich kaum die Möglichkeit das Lernen auf die lange Bank zu schieben. (Das ist wirklich von Vorteil!)
Riga selbst ist, wie schon erwähnt, eine wunderschöne Stadt. In der Freizeit kann man Sport machen, und wunderbar Weggehen. Die Nachtclubs, Bars und Biergärten sind wirklich gut. (Da kann sich so manche westeuropäische Metropole etwas abgucken). Es gibt also genug Möglichkeiten die freie Zeit, die man trotz der Lernerei hat, zu nutzen. Da auch viele Skandinavier/innen in Riga studieren hat das ganze wirklich einen internationalen Charakter. Auch eine Uniinterne internationale Fußballmannschaft gibt es inzwischen. Im Sommer ist die Stadt besonders schön, im Winter besonders kalt. Bei einem Winter der gefühlt von Ende Oktober bis Ende April anhält sollte man auf jeden Fall ein paar warme Socke einpacken. Im Sommer ist der Strand von Jurmala eine willkommene Abwechslung. Grade währen der Examen einfach mal einen Tag mit Nichtstun am Meer zu verbringen weckt neue Kräfte.
Das Wohnen ist in Riga vergleichsweise sehr günstig. Für eine WG in der Altstadt mit über 140m² bei drei Leuten sind jeweils 300€ verglichen mit den meisten deutschen Uni-Städten ein Schnäppchen. Die Preise für Lebensmittel sind etwa mit den deutschen Preisen vergleichbar.
Es bleibt also zu sagen, dass Riga eine wunderbare Wahl ist wenn man in Deutschland keinen Medizinstudienplatz bekommen hat oder einfach auf Englisch studieren möchte. Wenn man keine Probleme hat vor der Unileitung seine Meinung zu vertreten, hat man wirklich ein schönes Studium. Der Preis dafür ist sicherlich hoch, da muss jeder selber entscheiden ob ihm der Beruf diesen Preis wert ist.