21 Jun
Erfahrungsbericht von Leon W.

Riga Stradins University

Stadt: Riga
Land: Lettland
Kontinent: Europa
Studienrichtung: Medizin
Studientyp: Sonstige Studiengänge
Zeitraum: 01/2013 bis 07/2019

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Riga, Lettland, Baltikum. Medizin?!
Schon lange bevor ich überhaupt auf die Idee gekommen wäre ein Medizinstudium in Lettland anzustreben, wusste ich natürlich bereits genauestens über dieses wunderbare kleine Land Bescheid. Ich hatte eine akkurate Vorstellung von Mentalität, Lebensstandart und wirtschaftlicher Bedeutung Lettlands und wusste auch haargenau wo es auf der Weltkarte zu finden ist.
Doch Spaß beiseite.

Nachdem ich 2012 mein Abitur in Nordrhein-Westfalen mit der meines Erachtens sehr ordentlichen Durchschnittsnote 1,8 beendete, wusste ich erstmal nicht so richtig was ich mit meinem Leben anfangen sollte. Wohl ein Problem unserer Generation von wegen „Wer die Wahl hat, hat die Qual“. Da meine beiden Elternteile Mediziner sind, lag dies irgendwie auf der Hand, jedoch sträubte ich mich gegen diesen vorbestimmten Weg. Also zuerst in die komplett andere Richtung, Ingenieurstudium in Aachen. Das war überhaupt nichts, habe ich bereits nach 3 Monaten gemerkt. Also wollte ich der Medizin doch eine Chance einräumen und absolvierte ein 6-wöchiges Praktikum im Krankenhaus. Danach war die Lage klar: Lasst mich durch, ich werde Arzt!

Jetzt musste es schnell gehen, denn ich hatte ja bereits einige Monate vertändelt und wollte möglichst vor dem Doppeljahrgang 2013 in NRW mit dem Studium anfangen. Als sich dann jedoch herauskristallisierte, dass dies in Deutschland wohl leider nicht möglich sein würde, richtete sich mein Interesse aufs Ausland.

Hier ein herzliches Dankeschön an Heike Kutzler, die für mich immer eine sehr freundliche und hilfsbereite Ansprechpartnerin war! Die Bewerbung an sich ging dann auch relativ reibungslos über die Bühne, einziger Sonderwunsch der Riga Stradins University sind die Thorax-Röntgenbilder. Leicht veraltet, aber gut. Ein Nachmittag beim Arzt und auch das war erledigt.
Danach hieß es warten. Doch bereits nach der angegebenen Frist von ca. 6 Wochen lag dann wirklich der Brief auf meinem Schreibtisch und die Vorbereitung konnte losgehen.

Um einen ersten Überblick zu gewinnen flog ich mit einer Freundin, die erfreulicherweise auch einen Studienplatz an der RSU bekommen hatte, und unseren Eltern bereits im Dezember nach Riga. Flüge sind ja zum Glück nicht allzu teuer und das verschneite Riga ist die Reise allemal Wert. Wir fingen auch sofort mit der Wohnungssuche an, aus Deutschland kennt man ja die problematische Situation und wandten uns an den Makler Agris Cimoska (Email liegt CC vor). Soll wirklich keine Schleichwerbung sein, aber der Kerl war so liebenswürdig und aufopferungsbereit, dass ich ihn hier erwähnen muss. Mit seiner Hilfe fanden wir schnell und unkompliziert eine tolle 3er-Wohnung, frisch renoviert und vor allem komplett eingerichtet für ca. 250 Euro pro Person.
Nun war also alles geklärt und wir freuten uns auf den Studienbeginn Anfang Februar.

Wer in Deutschland bereits ein Studium angefangen und eine Ö-Woche mitgemacht hat, wird von dem was einem hier geboten wird, nicht unbedingt beeindruckt sein. Aber das war auch gar nicht weiter schlimm, denn allein durch die Facebook-Gruppe von CoCo hatte man bereits nach wenigen Tagen so unglaublich viele neue Kontakte geknüpft, dass man gar nicht damit hinterherkam von einer Bar in die nächste zu rennen, Hände zu schütteln und sich über die bisherigen Anstrengungen für einen Medizinplatz auszutauschen.

Und das ist wirklich das was man hier in Riga sehr positiv hervorheben muss: Es gibt fast ausschließlich interessante Menschen kennenzulernen. Denn jeder hat seine eigene Story zu erzählen. Es ist eine bunte Masse aus Physios, Rettungsassis, Studienabbrechern, Studienwiederaufnehmern, Weltenbummlern und natürlich auch ein paar frischen Abiturienten.
Und alle diese Menschen sind weltoffen, risikofreudig (sonst würde man wohl kaum nach Lettland gehen!) und haben nur ein Ziel vor Augen: Medizin. Das verbindet und hat bereits nach einem halben Jahr zu vielen engen Freundschaften geführt.

Um noch ein paar Worte zur Qualität des Studiums zu sagen: Es ist anspruchsvoll, aber gut schaffbar. Man sollte sich auf Anatomie und Molekularbiologie konzentrieren, hier wird wirklich Leistung abgefragt. Wer nicht am Ball bleibt, bekommt Probleme. Das Anatomikum liegt sehr zentral und ist gut erreichbar. Dort kann man sich gut zum Lernen zurückziehen und findet eigentlich immer eine stille Ecke um die Knochen oder Muskeln noch einmal durchzugehen.
In anderen Fächern (Latein, Lettisch, Zellbio, Chemie, Physik) ist physische Anwesenheit meist ausreichend. Insgesamt fühle ich mich gut vorbereitet und bin gespannt auf Histologie im nächsten Semester.

Mein abschließender Tipp für alle die bald in Riga anfangen wollen: Selbst organisieren!
Das gilt sowohl für Nachschreibe-Termine für Klausuren oder das Einsammeln von Unterschriften fürs Gradebook als auch für sportliche Aktivitäten etc.
Aber da Du anscheinend den Weg auf die CoCo-Internetseite gefunden hast, bin ich mir sicher, dass du nicht völlig hilflos bist und Organisation zu deinen Stärken gehört! ;-)