22 Jul
Erfahrungsbericht von Johannes G.

Riga Stradins University

Stadt: Riga
Land: Lettland
Kontinent: Europa
Studienrichtung: Medizin
Studientyp: Sonstige Studiengänge
Zeitraum: 01/2011 bis 12/2016

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Nachdem ich bereits lange Zeit auf einen Medizinstudienplatz in Deutschland gewartet hatte und die Lage nicht besser wurde, habe ich mich nach ein paar anderen Stationen dazu entschieden mich in Riga zu bewerben. Ich war vorher wegen der doch recht hohen Kosten nie dazu bereit gewesen, aber irgendwann ist der „Leidensdruck“ dann doch hoch genug um bereit zu sein hohe Schulden für den Berufstraum zu machen. Ich habe mir also über College- Contact Informationen über die Uni beschafft und mich dann auch mit ihrer Hilfe beworben, was die ganze Angelegenheit sehr einfach gemacht hat.
Nach ein paar Wochen hatte ich dann meine Zusage für Riga auf dem Tisch und bin Ende Januar 2011 mit gemischten Gefühlen nach Riga gefahren.
Ich habe mich der Einfachheit halber im Hotel „Green Apple“ einquartiert, das ist eine Art Studentenhostel, eingegliedert in einem normalen Hotel. Der Preis (ca. 250€ im Monat) ist ok, und die Lage in der Altstadt könnte nicht viel besser sein. Für den Beginn ist das auf jeden Fall empfehlenswert. Nach einem Monat bin ich dann mit zwei Kommilitonen umgezogen, um eine eigene Küche etc. zu haben und einfach nicht mehr wie im Hotel zu leben. Man findet in Riga ganz gut recht günstige Wohnungen wenn man keine überzogenen Vorstellungen hat. Ich wohne beispielsweise in einer ca. 95 qm Wohnung mit zwei anderen und jeder von uns zahlt ca. 253€ warm mit Internet und allem.
Die Stadt an sich ist auch sehr schön, nicht zu groß und mit 800 000 Einwohnern auch nicht zu klein. Es gibt schöne Bars und Kneipen, und die Preise sind mit Deutschland vergleichbar.
Im Winter ist es zwar recht frisch mit bis zu 28 Grad minus, dafür ist es im Sommer traumhaft, und das Meer ist in einer halben Stunde zu erreichen.
Zum Wesentlichen: dem Studium! Die Uni ist auf den ersten Blick in manchen Räumen ein bisschen angestaubt, aber macht insgesamt einen guten Eindruck. Im ersten Halbjahr 2011 wurde auch mit vielen Renovierungsarbeiten begonnen, und allgemein wird in Neubauten und bessere Räumlichkeiten investiert.
Die Professoren sprechen durchgehend recht gutes Englisch, manche besser - manche schlechter. Aber insgesamt kommt man doch sehr gut mit. Die Uni bemüht sich auch ganz gut darum die Erstsemester einzugliedern und hat ein Mentorenprogramm, bei dem jedem Neuankömmling ein Mentor aus höheren Semestern (nicht zwingend aus der Medizin) zur Seite steht. Ich persönlich habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht und hatte eine Mentorin die mir für jede Frage und jedes Problem eine große Hilfe war - ob in Bezug auf Uni oder ganz allgemein in Bezug auf Riga und Lettland. Andere wiederum hatten nicht ganz so viel Glück und hatten mit ihren Mentoren eher wenig Kontakt. Ich würde aber definitiv empfehlen diese Hilfe in Anspruch zu nehmen, da man durch die Mentoren auch leichter in Kontakt mit Letten kommen kann (wenn man das möchte).
Die Letten an sich sind sehr nette Leute, freundlich und zurückhaltend, aber immer hilfsbereit. Die Sprache ist sehr anders als alles was man gewohnt ist und nicht so leicht zu lernen. Man hat zwar Unterricht in der Uni, aber es hängt stark von einem selber ab wie viel man davon mitnimmt.
Zu den Fächern im ersten Semester kann ich persönlich sagen dass es ein bunter Strauß ist: es gibt einige einfache, aber nervige Fächer (z.B Physik, Ethik/ Recht, Zellbiologie). Daneben gibt es noch weitaus anspruchsvollere Fächer wie Anatomie und Molekularbiologie. Anatomie war bei mir persönlich das Fach in das ich am meisten Zeit und Energie stecken musste, aber im Großen und Ganzen ist das erste Semester mit Einsatz sehr gut machbar.
Das Studium ist vom Ablauf ähnlich wie in Deutschland aufgebaut, nach zwei Jahren theoretischer Vorklinik folgen vier Jahre Klinik.
Zum Wechsel nach Deutschland kann ich nicht viel sagen, so wie ich das von den höheren Semestern mitbekommen habe scheint der beste Zeitpunkt dafür nach dem zweiten Jahr zu sein, wo man theoretisch in Deutschland in die Klinik einsteigen kann.
Im Großen und Ganzen muss ich sagen dass ich den Schritt nach Riga zu gehen keine Sekunde bereue und auch die Sorgen um das Finanzielle wieder zurückgetreten sind. Ich habe mit vielen Kommilitonen aus anderen Ländern gesprochen, in deren Heimatland das Medizinstudium noch teurer ist. Von daher haben wir in Deutschland eine Luxussituation, und die hohen Kosten in anderen Ländern beweisen dass es durchaus machbar ist auch mit Schulden ins Berufsleben zu starten.
Ich würde jedem nur raten diesen Schritt nach Riga zu gehen, bevor man nichts tut und weitere Semester verliert.