24 Mai
Erfahrungsbericht von Clemens B.

James Cook University Singapore

Stadt: Singapur
Land: Singapur
Kontinent: Asien
Studienrichtung: BWL
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 09/2012 bis 02/2013

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Singapur ja, JCU nein

Bei der Entscheidung, wo ich mein Auslandssemester verbringe, überwogen letzten Endes zwei Gründe für Singapur. Zum einen war ich vorher noch nie in Asien gewesen und wollte diesen rasant wachsenden Kontinent mit seinen vielen verschiedenen Kulturen endlich einmal kennenlernen. Zum anderen erschien mir Singapur von den möglichen Auslandsoptionen in Asien als die unkomplizierteste. Mit Sicherheit, Sauberkeit und englischer Sprache ist die Anpassung trotz des unglaublich schwülen Klimas sicherlich einfacher als in den anderen asiatischen Ländern.

Vor dem Flug hatte ich das vermeintliche Glück, noch ein Einzelzimmer im von allen Seiten angepriesenen Bamboo House zu bekommen. Für circa 1000 Singapur Dollar im Monat ein 10qm-Zimmer – ich nahm an, dass Singapur eben einfach teuer ist. Natürlich waren die saubere und moderne Einrichtung sowie vor allem die Nähe zur Uni unschlagbar. So konnten wir beispielsweise auch die alberne und freiheitsraubende Anwesenheitspflicht der JCU umgehen, die über Fingerprints überprüft wurde. Allerdings verging einem bei der lästigen, weil kleinkarierten Vermieterin und unzähligen Zusatzkosten wie etwa fürs Waschen und Trocknen nach einiger Zeit die Freude am Bamboo House. Im Übrigen ist die Unigegend nicht die belebteste und wer verzichtet bei den Temperaturen schon gerne auf einen Swimming Pool? In den meisten Condo Apartments gibt es Pools. Sich also erst vor Ort zu nach einer Dauerlösung zu erkundigen und dann mit anderen Studenten abzusprechen, hat in jedem Fall seine Vorteile und ist in meinen Augen ratsam.

Bevor einige beschämende Worte zur JCU folgen, kommt noch der Hinweis, dass der akademische Aspekt bei so einem Auslandsabenteuer natürlich nicht im Vordergrund zu stehen hat und ich insgesamt wirklich eine unvergesslich schöne Zeit in Singapur erlebt habe. Allerdings hat die Uni unterm Strich herzlich wenig zu diesem gelungenen Auslandssemester beigetragen – außer vielleicht, dass ich dort viele nette Freunde aus aller Welt kennengelernt habe. Im Gegenteil war es trotz JCU - und nicht dank JCU - ein herrliches halbes Jahr.

Es ist ja nur allzu verständlich, wenn das Unterrichtsniveau durch die teilweise überschaubaren Englischkenntnisse der asiatischen Studenten etwas schwächer als in Europa ist. So war es zum Beispiel schon eine selten erlebte Sternstunde der Uni, wenn zumindest mal einige wenige aus der Reihe tanzten und sich am Unterricht beteiligten. Das mit der Sprache darf jedoch weder Grund noch Erklärung für die unbegreifliche Willkür eines so manchen Dozenten sein. Diese Willkür bezieht sich in erster Linie auf wirre Lehrpläne und unverhältnismäßige Notenvergabe, und sie geht einher mit dem allgegenwertigen organisatorischen Chaos an der gesamten Uni.

Hinzu kommt die bereits erwähnte Irrsinnsregel, dass man selbst an freien Tagen mindestens drei Stunden auf dem Campusgelände verbringen muss und offiziell kaum mal eine Vorlesung verpassen darf, um vielleicht zu verreisen. Einerseits mit den traumhaften Reisemöglichkeiten in Südostasien europäische Studenten und deren gefüllte Portemonnaies anzulocken, diese Reisen aber durch die Anwesenheitspflicht im Grunde nur vor oder nach dem Semester zu erlauben, grenzt natürlich an Unverschämtheit. Vor allem, wenn die Studenten eigentlich laut Stundenplan immer ein verlängertes Wochenende haben und dieses zum Reisen nutzen wollen. Zum Glück – das muss man hier sagen - wird diese Regel bei Austauschstudenten aber nicht ganz so drakonisch streng gesehen wie die anderen Regeln der fine city.

Deshalb - und hier kommen wir doch noch zum positiven Teil - konnten wir also trotzdem einige spannende Reisen unternehmen. Von landschaftlich beeindruckenden Gegenden in Myanmar, Kambodscha oder Indonesien bis hin zu faszinierenden Großstädten wie Bangkok, Hong Kong oder Kuala Lumpur hat der südostasiatische Raum eine enorme Vielfalt zu bieten. Diese Vielfalt bezieht sich auch auf die fremden Kulturen und Religionen sowie das aufregende Essen. Besonders bei frühzeitigem Buchen gelangt man mit Billigfliegern für wenig Geld sicher in all die interessanten Ecken. Das “wirkliche“ und vielleicht für uns authentischere Asien kann man nämlich in den anderen, meist einfacheren Ländern besser erleben als im perfekt herausgeputzten Singapur. Auf der anderen Seite war es nach vielen Trips auch immer ein schönes Gefühl, wieder in der Zivilisation zu Hause zu sein, wo dann zum Beispiel auch Leitungswasser getrunken werden kann. Daher hat sich Singapur als idealer Ausgangspunkt zum Reisen gänzlich bestätigt. Abgesehen davon kann der Stadtstaat noch mit vielen anderen Vorteilen aufwarten. Der Abwechslungsreichtum zwischen modernem Business District mit Skyline, den farbenfrohen Vierteln Chinatown oder Little India sowie den großartigen tropischen Parks ist in dieser Multi-Kulti-Metropole wahrscheinlich einzigartig. In den Reservoirs sind wir beim Angeln etwa regelmäßig einer Horde Affen, Wildschweinen oder großen Leguanen begegnet.

Zu guter Letzt möchte ich noch das geniale Nachtleben Singapurs unterstreichen. Ob legendärer Clarke Quay, Clubs und Bars in schwindelerregender Höhe mit Panoramablick oder das einzigartige ZoukOut-Festival am Strand Sentosas: Langweilig wurde es am Wochenende eigentlich nie. Mit exotischem Essen, Kino, Shopping oder Fußball (über die Unimannschaft) konnte man es natürlich auch gemächlicher angehen lassen. Zusammenfassend bleiben mir also neben der zweifellos abstrusen JCU vor allem die wunderbare Stadt, die tollen Lebenserfahrungen und die vielen internationalen Freundschaften in Erinnerung, weshalb ich ein solches Auslandssemester nur jedem empfehlen kann. Als letzte Anmerkung sei noch gesagt, dass die Stadt weder zum Sparen noch besonders zum Englischlernen taugt. Wer also in erster Linie sein Englisch verbessern will, sollte sein Glück vielleicht lieber im etwas weniger verregneten England versuchen. Singlish macht zwar Spaß, stellt gewissermaßen aber schon eine eigenständige Sprache dar.