21 Feb
Erfahrungsbericht von Clara L.

Riga Stradins University

Stadt: Riga
Land: Lettland
Kontinent: Europa
Studienrichtung: Medizin
Studientyp: Sonstige Studiengänge
Zeitraum: 09/2011 bis 08/2017

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Labdien und Hallo zukünftige Medizinstudenten!

Ich bin Clara, 22 Jahre alt und studiere seit einem Semester Medizin an der Riga Stradins University, kurz RSU. Nach zwei Jahren vergeblichen Wartens auf einen Medizinstudienplatz in Deutschland hatte ich mich 2011 endlich dazu durchringen können, mich noch auf den letzten Drücker an der RSU zu bewerben. Mit einer Zusage im Ausland hatte ich nach vier Ablehnungsbescheiden durch die ZVS/ hochschulstart.de nicht mehr gerechnet. Zwei Wochen vor Studienbeginn kam überraschenderweise doch eine Zusage und ich musste mich schnell entscheiden. Ich hatte mich schon damit arrangiert, mein Lehramtsstudium, das ich in der Zwischenzeit in Göttingen angefangen hatte, fortzusetzten. Ich entschied mich aber nach einigen sehr hilfreichen Telefonaten mit College- Contact für das Medizinstudium. In den Telefonaten hatte ich einige Fragen gestellt. Sind die Studieninhalte vergleichbar mit denen in Deutschland und werden sie dort auch angerechnet im Falle eines Quereinstiegs? Bekommt man seine Studiengebühren anteilig zurück, wenn man doch noch kurz nach Studienbeginn in Riga in Deutschland einen Platz bekommt? Ist der Abschluss in Deutschland anerkannt? Nach den Erfahrungen der letzten Jahre und dem derzeitigen Stand der Dinge wurde mir alles mit ja beantwortet.

Nachdem ich also die letzten Zweifel aus dem Weg geräumt hatte musste zuhause schnell alles organisiert werden. Greift die Krankenversicherung, ist der Pass gültig, etc.? College- Contact stellte dafür eine Checkliste zusammen. Bei Ryanair fand ich noch einen günstigen Flug, nur mit der Unterkunft war es so kurzfristig schwer. Die typischen Unterkünfte wie das Green Apple, das A1 Hotel und NB waren alle schon ausgebucht, weshalb ich in der Moskauer Vorstadt, im Südosten Rigas, im Hotel Prima für 190€ unterkam. Das war in Ordnung dort, jedoch war die Lage sehr ungünstig und da dort kaum RSU Studenten waren fiel auch das Kontakteknüpfen schwerer. Dafür ist die von der Uni organisierte Orientierungswoche sehr hilfreich. Ich hatte leider ein paar Tage verpasst und man merkte schon, dass sich die Leute schon gut kennengelernt hatten. Die Uni ist sehr bemüht, den Studenten einen guten Einstieg in Riga und in der Uni zu ermöglichen. Jeder bekommt einen so genannten Buddy (ein Student aus einem höheren Semester) an die Seite gestellt und es empfiehlt sich, mit ihm Dinge zu erledigen wie ein Bankkonto (z.B. bei der Swedbank) zu eröffnen sowie ein Busticket und eine Handykarte zu kaufen.

Eine Wohnung findet man recht schnell. Ich habe nach vier Wochen in einer sehr gut gelegenen, sehr großen Wohnung gewohnt. Internetseiten wie http://www.ss.lv/ , http://www.rentinriga.lv/en/home , http://www.kivi.lv/en und
http://www.aparta.lv/ helfen bei der Suche recht gut weiter.

Die Letten, denen man auf der Straße begegnet sind sehr verschlossen und man sieht wenige lächelnde Gesichter. Am Anfang habe ich mich darüber sehr gewundert und auch heute merke ich deutlich, wenn ich mal in Deutschland bin, wie viel die Deutschen lächeln!! Man lernt dieses Verhalten der Letten aber zu verstehen, wenn man sich Lettlands Geschichte ansieht mit seinen vielen Besatzungen durch Schweden, Deutschland und Russland. Lernt man sie dann näher kennen, sind sie in der Regel sehr herzlich, hilfsbereit und freundlich. Die jungen Leute sprechen meistens gut Englisch, die Älteren meistens gar nicht. Es lohnt sich auf jeden Fall, die Sprache zu lernen, einfach um sich gut eingliedern zu können.

Die Lebenshaltungskosten sind hier ähnlich wie in Deutschland. Man muss eher mit ein bisschen höheren Kosten für Lebensmittel und Kleidung rechnen, da es hier nicht so etwas wie Aldi und H&M gibt.

Nach den ersten aufregenden Tagen in denen einem alles neu erscheint, kehrt bald der Uni- Alltag ein. Fächer wie Anatomie, Physik, Chemie, Zellbiologie, Molekularbiologie, Latein, Lettisch, Erste Hilfe, Recht und Ethik sowie eine Einführung zum Land und zum Studium in einem internationalen Studiengang stehen auf dem Stundenplan. Es gibt sowohl Vorlesungen als auch Unterricht in Kleingruppen, was ich sehr schätze. Ich habe das Glück in einer sechsköpfigen Gruppe gelandet zu sein, es gibt aber auch Gruppen mit maximal zwölf Studenten. Meine Kommilitonen kommen aus Schweden, Finnland, Norwegen, ein paar aus Sri Lanka und Großbritannien und viele aus Deutschland.

Was ich aus meinem vorherigen Studium nicht kannte, war die verschulte Struktur, die ich aber sehr gut finde. Man hat regelmäßige Tests und sogenannte Kolloquien, die einen zum regelmäßigen Lernen antreiben. Gerade in Anatomie und Molbio ist das besonders wichtig! Außer einem guten Anatomieatlas und einem Anatomiebuch, was einem von der Uni empfohlen wird, braucht man sich keine weiteren Bücher anzuschaffen, da man sich auch welche von der Uni ausleihen kann. Einiges kommt einem anfangs gewöhnungsbedürftig vor, beispielsweise die Chemielabore. Da darf man nicht den deutschen Unistandard erwarten! Es wird aber momentan vieles umgebaut und erweitert.

Es empfiehlt sich, untereinander gut zu kommunizieren, denn der eine weiß dies, der andere jenes bezüglich der Uni und Privatem. Plattformen wie Dropbox helfen, um Materialien auszutauschen.

Auch im ganz normalen Uni- Alltag lässt sich feststellen, dass die Uni um ihre Studenten bemüht ist und versendet regelmäßig per Email ein Newsletter mit Informationen zum Studium und zur Freizeitgestaltung sowie Wohnungsangeboten etc. Man kann mit allen Problemen zu den Verantwortlichen für die Internationalen Studenten gehen und es wird einem immer freundlich weitergeholfen.

Da immer mehr Deutsche im Ausland studieren, sei es in Ungarn, Rumänien, Tschechien oder nun auch Lettland, bewerben sich immer mehr auf die wenigen Plätze nach dem Physikum in Deutschland. Ich bin hier mit der Einstellung hergekommen, die vollen sechs Jahre in Riga zu studieren, da die Chancen einen Platz in Deutschland zu bekommen mittlerweile sehr gering sind. Wie viele andere auch werde ich es aber trotzdem versuchen, aber man sollte sich nicht darauf verlassen, dieses Glück zu haben.

Alles in allem kann ich sagen, dass ich es keine Minute bereut habe nach Riga gegangen zu sein! Und ich hatte am Anfang große Zweifel. Traut euch, man wird hier gut aufgenommen und ist nicht allein! Und man kommt seinem Traum ein wesentliches Stück näher! Ich hoffe, ich konnte euch einen Eindruck vom Studentenleben hier in Riga vermitteln und freue mich auf neue Gesichter!

Uz redzēšanos und auf hoffentlich bald in Riga!