10 Aug
Erfahrungsbericht von A. L.

Riga Stradins University

Stadt: Riga
Land: Lettland
Kontinent: Europa
Studienrichtung: Medizin
Studientyp: Sonstige Studiengänge
Zeitraum: 01/2011 bis 12/2016

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Hallo meine Lieben,

noch vor einem Jahr stand ich, wie wahrscheinlich viele von euch vor der Entscheidung, ob ich mein Medizinstudium im Ausland mache oder lieber noch auf einen Studienplatz in Deutschland warte. Als ich dann die Zusage aus Riga bekam war eigentlich schnell klar, dass ich diese Möglichkeit nutzen will, ohne zu wissen was mich erwartet. Um euch eure Entscheidung zu erleichtern, will ich euch ein wenig von Riga erzählen:

Zuerst einmal ist Riga ein sehr süsses, kleines Städtchen, mit einer wahnsinnig gemütlichen Altstadt, das meiste im Jugendstil. Als ich im Januar nach Riga kam, war es so um die -20 Grad, es lag viel Schnee und auf der zugefrorenen Daugava wurde eisgeangelt, jedoch sah die Stadt generell sehr trist aus. Ein Zustand an den man sich die ersten Wochen wirklich gewöhnen muss. Im Gegenteil zum Sommer in dem sich die Stadt komplett verwandelt. Die Parks sind voll mit bunten Blumen, welche in Lettland einen besonderen Stellenwert haben, die Altstadt füllt sich mit Touristen und an jeder Ecke spielt ein Strassenmusiker. Besonderer Luxus ist natürlich der Strand, den man mit der Bahn oder dem Taxi in einer halben Stunde erreichen kann, um eine Lernpause einzulegen oder wenigsten so zu tun als würde man lernen. Ausserdem ist Riga sehr bekannt dafür, dass man sehr gut und relativ günstig ausgehen kann. Es gibt viel grosse Diskotheken, sowie gemütliche Kneipen und sehr gute Bars. Diese wurden in den ersten Wochen natürlich besonders intensiv inspiziert. Die Lebenskosten können verglichen mit einem deutschen Studentenleben gleich hoch oder günstiger sein. Das hängt von jedem selber ab. Mietpreise hängen natürlich von Grösse, Lage und Zustand der Wohnung ab. Es gibt sehr günstige, aber sehr einfache sowie wunderschöne, grosse Wohnungen, jedoch steigen die Preise sobald der Vermieter merkt dass man kein Lette ist. Trotzdem wohnt man sehr viel günstiger als in Deutschland. Gibt man um die 300 Euro warm aus, kriegt man riesige, renovierte Wohnungen, die in keinem Verhältnis zu deutschen Studentenwohnungen stehen. Die Nebenkosten sind im Winter natürlich gerade auf Grund der Heizkosten um einiges höher als im Sommer, jedoch günstiger als in Deutschland. Die Preise der Lebensmittel sind ungefähr gleich hoch bis teurer, da viel importiert wird. Es gibt aber einen riesigen beeindruckenden Markt, auf dem man frische Lebensmittel zu günstigeren Preisen bekommt. Und wer nicht gerade einer Tierschutzorganisation angehört kann sich hier auch wärmende Pelzmäntel und -mützen kaufen. Für diejenigen die nicht so nah an diesem Markt wohnen gibt es natürlich auch überall grosse Supermärkte mit vergleichbarem Angebot wie in Deutschland. Sonstige Kosten wie Telefon, Internet und öffentliche Verkehrsmittel sind dafür sehr viel günstiger. Je nachdem wie oft man nach Deutschland will sollte man die Flugkosten natürlich noch mit berechnen. Also ingesamt ist das Leben in Riga wirklich sehr schön und lustig, sowie finanzierbar, wenn man sich an manche Dinge gewöhnt hat.

Die Universität liegt nicht direkt in der Innenstadt, sodass man etwa 15 Minuten mit Tram oder Bus braucht. Das öffentliche Verkehrsnetz in Riga ist übrigens sehr gut ausgebaut! Wer schon an einer deutschen Universität studiert hat, wird jedoch das typische Campusleben vermissen, da die Universität relativ klein ist. Auf eine tolle, grosse Mensa muss man leider auch verzichten. Es gibt drei kleine Kantinen gestaffelt von günstig bis teuer, hier kann man kein riesiges Menü erwarten, aber essbar ist es definitiv. Ausserdem gibt es einen Supermarkt direkt gegenüber.

Zum Studium kann ich euch sagen, dass es mir auch gut gefällt. Natürlich sollte einem klar sein, dass es völlig anders ist als das Studium in Deutschland. Leider gab es im letzten Semester manche Probleme in der Organisation der Universität. Zum Beispiel konnten wir in diesem Semester auf Grund von Bauarbeiten nicht Präparieren, was jedoch im nächsten Semester laut Universität nachgeholt werden soll. Ausserdem ist es manchmal schwer exakte Informationen zu bekommen. Ich denke dies liegt daran, dass die Uni wegen dem grossen Ansturm im Moment einiges umstellen und neu organisieren muss, was natürlich manchmal zu Verwirrung und Unmut führt. Aber ich denke eine Neuorganisation sollte allen im Endeffekt helfen. Trotz mancher Unstimmigkeiten hat sich bisher immer alles gelöst. So wurde für die Deutschen, welche bestimmte Credits brauchen um nach Deutschland zu wechseln ein zusätzlicher Kurs eingerichtet. Ausserdem muss man sich generell auf ein anderes System einstellen als an deutschen Universitäten. Da alles sehr persönlich ist, läuft nicht alles ( z.B. Klausurtermine, Bestätigungen für bestandene Klausuren) über Internet, sondern über direkten Kontakt zu den einzelnen Professoren.

Zum Aufbau des Studiums kann ich sagen, dass man hier verglichen mit Deutschland sehr viel mehr in Anatomie und Biologie lernt. Auf Fächer wie Chemie und Physik wird hier jedoch weniger Wert gelegt. Der Schwerpunkt auf Anatomie ist meiner Meinung nach längerfristig gesehen ein riesiger Vorteil gegenüber denen, die in Deutschland studieren.Zusätzlich hat man Fächer, welche einem die Sprache sowie Geschichte und aktuelle Situation in Lettland näher bringen sollen. Dies ist natürlich sehr interessant und hilft einem wirklich sehr um sich einzuleben. Sehr angenehm finde ich, dass man in Gruppen von 10 bis 15 Studenten eingeteilt ist, in denen man Unterricht hat. Somit lernt man natürlich intensiver, nimmt viel aus den Stunden mit und hat direkten Kontakt zu den Professoren, was hier generell total normal ist. So hat man direkt seine Truppe zusammen mit der man lernen kann. Durch das Gruppensystem ist es oft möglich spontan den Unterricht umzugestalten, so konnten wir während dem Erste Hilfe Kurs in die Notaufnahme oder die Intensivstation gehen. Trotzdem sind natürlich alle Vorlesungen für das ganze Semester und auch der Anatomieunterricht findet meist mit 2 Gruppen statt.

Insgesamt kann ich sagen dass wir uns in Riga alle sehr wohl fühlen und es gab nur wenige, die während des Semesters abgebrochen haben, weil es ihnen nicht gefiel. Natürlich ist es am Anfang nicht leicht alles zurückzulassen und sich völlig neu zu orientieren, aber das kennt wohl jeder der schon zu Hause ausgezogen ist oder Auslandsaufenthalte gemacht hat. Die Stadt ist toll, die Leute sind alle witzig, vor allem wenn man sie mit manchen deutschen Medizinstudenten vergleicht und man lernt nicht nur Medizin sondern auch das Leben in einem anderen Land kennen.

Ich hoffe ich konnte einigen von euch weiterhelfen.
Liebe Grüße A.