8 Sep
Erfahrungsbericht von Stefan G.

Ritsumeikan Asia Pacific University


Land: Japan
Kontinent: Asien
Studienrichtung: Internationale BWL
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 03/2015 bis 08/2015
Heimathochschule: Darmstadt HS

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Einleitung

Japan. Land der totalen Gegensätze. Fernab von gewohnter Kultur, vertrauter Sprache und bekannter Umgebung. Man fühlt sich angezogen von der Fremde, dem Anderssein und dem Unbekannten – so ging es jedenfalls mir. Ich hatte mich schon früh mit Japan beschäftigt und bin nicht nur über Popkultur auf den asiatischen Archipel aufmerksam geworden. Nach einem Studienfachwechsel und der eigenen Erkenntnis, dass ich mich in meinem Berufsbild nicht nur auf ein Land fixieren möchte, nahm ich die Chance wahr, ein Auslandssemester anzugehen. Interesse gepaart mit Sprachkurs gaben mir die Richtung Japan vor. Durch den internationalen Tag in Darmstadt (meiner Hochschule) und der Hilfe von College Contact, wurde ich auf die Ritsumeikan Asia Pacific University, kurz APU, in Beppu aufmerksam. Da keine Partnerschaft zwischen meiner Hochschule und der Universität besteht, musste die Bewerbung auf eigene Faust erfolgen. Nach viel Papierkrieg, in dem uns die Japaner in nichts nachstehen, bekam ich meine Bestätigung.

Doch auf was sollte ich mich eigentlich vorbereiten? Auf Stillschweigen mit konservativen Japanern, welche nur ungern Englisch sprechen? Auf Verständigungsprobleme im Alltag und die peinliche Frage nach Besteck, obwohl jeder um mich herum mit Stäbchen isst? Viele Fragen gingen mir durch den Kopf. So viel nehme ich vorweg: Es wurde ein großes Abenteuer, der Beginn neuer Freundschaften und die Bekanntmachung mit einem traumhaften Land.

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Ankuft & Buddy Programm

Schon vor der eigentlichen Anreise wurde man in das Buddy Programm der APU integriert. Jede Person, so sie denn möchte, kann sich in diesem eigens für Austauschstudenten eingerichteten System anmelden und bekommt einen japanischen Partner zur Seite gestellt. Dies soll vor allem dabei helfen, wichtige Fragen des Alltags beantwortet zu bekommen und eine Kontaktperson zu haben. Wie ich persönlich herausfinden durfte, war es weit mehr als nur pure Hilfestellungen oder kurzes Abrufen von Informationen.

Etwa 3 Wochen vor meiner Abreise lernte ich meinen Buddy Shinnosuke Kamimura kennen. Er kontaktierte mich via Email und nachdem ich die Facebook Messanger App auf meinem Handy installiert hatte, konnten wir uns bereits bestens auf Englisch austauschen. Besonders die Offenheit und die gute Sprachausbildung haben mich positiv überrascht. Shinnosuke konnte mir bereits vor dem Flug etliche weitere Fragen beantworten und mir mit meinen Vorbereitungen weiterhelfen.

Nach der langen Anreise (Frankfurt - Tokyo; Tokyo - Oita), warteten unsere Buddies bereits an der Bushaltestelle auf unseren Shuttlebus. Herzlich wurden wir begrüßt. Im internationalen Haus angekommen, bekamen wir eine kurze Einweisung. Uns wurden Zimmer und Räumlichkeiten gezeigt. Abschließend verbrachten wir unseren ersten Abend gemeinsam in einem kleinen japanischen Restaurant. Es war schön zu sehen, wie ernst die Buddies ihre Aufgabe nahmen. Uns wurde sofort die Unsicherheit in einem doch noch sehr fremden Land genommen. Mit den japanischen Freunden, welche ich am ersten Abend kennenlernte, sollte ich bis zu meiner Abreise zusammen bleiben.

Beppu

Das mit etwa 125.000 Einwohnern im Süden Japans liegende Beppu gilt nicht nur bei vielen Japanern als Geheimtipp, sondern ist auch unter Touristen als japanisches Kurortpendant bekannt. Besonders hervorzuheben sind die natürlichen heißen Quellen, welche zur Onsen-Nutzung verwendet werden und Beppu daher das Gesicht eines entspannenden Zufluchtsortes geben. Die Stadt ist außerdem an einer Bucht gelegen und hat somit den Vorteil zwischen einer Bergkette und dem Ozean eingebettet zu sein. Die vielen kleinen Strandabschnitte und die umliegenden Gipfel sind sehr beliebt und wärmstens für Ausflüge zu empfehlen.

Der Stadtkern bietet neben altmodischen Arkaden viele kleine Restaurants und Kneipen, von denen die Internationalen meist deutlich herausstechen. Man kann sich dadurch auf typisch japanische Küche einlassen, oder Irish Pubs und das Nachtleben genießen.

Auch die traditionellen japanischen Bäder sollten besucht werden. Entweder man entscheidet sich für die klassische Variante und sucht die älteren Bäder in den Hügeln bzw. im Stadtkern auf oder man wählt die nahe am Strand/direkt vor dem internationalen Haus gelegene Variante. Kurzum: in einer Onsen-Stadt gehört es einfach zum Pflichtprogramm.

Beppu besitzt zudem kostengünstige Supermärkte ( z.B.:„Hirose“), Shopping Malls (Youme Town), 100 Yen Shops („Daiso“) , naheliegende Kinos (Oita Hauptbahnhof) und natürlich alle erdenklichen Convenient Stores & Restaurantketten.

Naheliegende Ausflugsziele sind:

  • „Monkey Mountain“ (Oita)
  • Burg Kumamoto (Kumamoto)
  • Yufuin
  • Fukuoka (größte Stadt des Südens/Kyushu und mit dem vergünstigten APU Ticket sehr gut zu erreichen)

Unterkunft

Die APU bietet ihren Studenten zwei unterschiedliche Wohnmöglichkeiten. Entweder die direkt an die Universität angrenzenden Studentenwohnheime oder das internationale Haus in Beppu. Ein großer Vorteil der Studentenwohnheime ist der kurze Weg zum Campus. Der Gebäudetrakt ist mit einer Brücke zur Universität verbunden, wodurch der Schulweg fast nicht existent ist. Durch die Berglage kommt als Nachteil zu tragen, dass für Einkäufe und Stadtbesuche der Bus benutzt werden muss, welcher ab 22.00h seine Fahrten einstellt.

Ich persönlich durfte meine Zeit im internationalen Haus verbringen und würde es den Studentenwohnheimen stets vorziehen. Die Lage direkt am Meer, die kurze Distanz zu Supermärkten, Convenient Stores sowie dem Stadtzentrum und eine gute Verkehrsanbindung mit einer Bushaltestelle bieten weitaus mehr, als der Vorteil des kurzen Schulweges. Die eigentliche Busfahrt dauert ca. 30 min mit dem regulären Bus oder 20 min mit dem Expressbus, welcher nur 3 – 4 mal am Tag fährt und gut frequentiert ist.

Das Zimmer und die Wohnlage am Beppu-Beach waren mehr, als man sich als Student wünschen kann. Das ehemalige Hotel bietet einem ein schönes Zimmer mit 13qm² Wohnfläche. Schreibtisch, viele Regale und Stauraum, ein persönliches Bad und ein eigener Balkon runden die Wohnung ab. Zusätzlich bekommt man Schließfächer sowohl in der Küche als auch Unterstellmöglichkeiten für sein größeres Gepäck zur Verfügung gestellt.

In jeder Etage befinden sich eine Küche und ein Aufenthaltsraum samt Fernseher. Diese Räume wurden viel genutzt und dienten den Studenten als Treffpunkt für gemeinsames Kochen, Feiern oder Spieleabende. Jeder Student hat einmal im Monat Küchendienst. Mit 4 Waschmaschinen und genau so vielen Trocknern, bot jede Etage genügend Kapazität, um seinem Waschrhythmus nachzugehen.

Der hauseigene Security-Dienst nahm nicht nur eingehende Post entgegen, kontrollierte Personen ohne Hauskarte und stellte Bügeleisen & Staubsauger zur Verfügung, er gab auch ein zufriedenstellendes Gefühl der Sicherheit.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich mir keine bessere Unterkunft hätte vorstellen können. Ein sauberes Zimmer, kombiniert mit einer unschlagbaren Lage direkt am Meer und der direkten Busverbindung zur Universität bot alles, was ein Student braucht.


Ritsumeikan Asia Pacific University

Durch den von der Universität empfohlenen frühen Anreisezeitpunkt, kann man den Luxus genießen, bereits zwei Wochen vor Unterrichtsbeginn sein Zimmer zu beziehen. Dies gibt einem genügend Zeit, sich mit den Gepflogenheiten bekannt zu machen und Mitstudenten kennenzulernen. Während dieser Zeit sind zahlreiche Termine in Beppu als auch auf dem Campus eingeplant. Von Begrüßungsveranstaltungen, Führungen, Medizinchecks bis zu jedmöglichen schriftlichen Formalitäten - es gibt viel abzuarbeiten. Allerdings ist es auch die ideale Möglichkeit, die ersten Schritte auf dem internationalen Campus zu gehen und sein Englisch etwas aufzufrischen.

Die APU hat es meiner Meinung nach gekonnt verstanden viele monotone, jedoch notwendige Pflichtveranstaltungen mit Kennenlern-Events zu kombinieren. Dadurch wurde schnell ein Anschluss gefunden und erste Kontakte geknüpft.

Die Universität selbst ist hoch modern und besticht durch absolute Sauberkeit. Ein weitläufiger Campus, gespickt mit einem Springbrunnen, bietet das zentrale Bindungsglied zwischen Hörsälen und Cafeteria/Mensa. In dem eigenen Studentenshop (genannt „COOP“) kann man sich mit Getränken, Snacks, Lehrbüchern, Zeitschriften und Bustickets ausstatten. Darüber hinaus bietet der Shop ein Reisebüro. Dort kann man vor Ort direkt Fahrkarten für Fähren und Schnellzüge, sowie Flugtickets für die eigene Reiseplanung erwerben.

Ein persönliches Highlight war die japanische Mensa. Etwas vorurteilbelastet erwartete ich sehr viel Reis, Fisch und Gemüse. Zu meiner Überraschung gab es Standard- , Tages- , sowie Themenwochengerichte. Die Präfektur Oita ist außerdem für ihr Huhn bekannt. Die zur Verfügung stehende Auswahl war mehr als abwechslungsreich und konnte mich daher das gesamte Semester begeistern. Von japanischer, asiatischer und internationaler Küche war alles vertreten.

Der Unterricht war in zwei Kategorien aufgeteilt. Reguläre Vorlesungen und Sprachkurse. Reguläre Vorlesungen wurden in den größeren Gebäudeteilen gehalten. Stufenweise angelegte Hörsäle warteten mit Computerbildschirmen und Beamern auf, wodurch man auch in den größten Sälen (ca. 300-400 Plätze) noch bestens sehen und über Boxenlautsprecher auch gut hören konnte.

Sprachkurse fanden in kleinen Klassenräumen statt. Diese Kurse hatten meist eine Größe von 20 Studenten. Die kleinen Räume boten trotzdem Beamer & Whiteboard und hatten für den interaktionslastigen Sprachkurs die richtige Größe.

Die Gegebenheiten waren sehr gut. Zu keiner Zeit waren Hörsäle überlaufen, noch gab es andere Probleme.

Das einzige und zugleich größte Problem der Universität ist das Einschreiben in die jeweiligen Kurse. Bevor ich mein Auslandssemester angetreten habe, waren für meinen studentischen und akademischen Werdegang einige Besuche bei den zuständigen Professoren notwendig, um gemeinsam ein Learning Agreement zu erarbeiten. Durch die Fertigstellung dieses Dokumentes gibt es keinen Spielraum für plötzliche Richtungswechsel. Das System der APU gibt den Studenten vor dem Semester einen festgelegten Zeitraum, in dem sich alle gleichzeitig für ihre Wunschkurse anmelden. Die Kursstärke ist allerdings limitiert, wodurch es regelmäßig dazu kommt, dass man nicht seine gewünschten Fächer belegen und somit das Learning Agreement nur bedingt erfüllen kann. Dies ist ein großes Ärgernis und auch ich kam in diese Situation.

Da der Anmeldezeitraum so kurz gehalten ist, wird einem auch eine Rückmeldung an die Heimatuniversität und ein Umstrukturieren des Planes verwehrt. Man ist gezwungen die Problemlösung selbst und in schnellstmöglicher Abfolge zu unternehmen, da selbst der Ausweichkurs bereits vergeben sein könnte. Dieses Anmeldeverfahren führt zu dem skurrilen Szenario, dass Studenten mit gezückten Timern vor den Computern der Universität sitzen und bei Anbruch der Anmeldephase sich gleichzeitig in Kurse einwählen. Neben Serverüberlastungen führt es auch zu vielen frustrierten Studenten, die ihre Semesterplanung oder gar ihr Auslandssemester komplett neu überarbeiten dürfen. Auch ich bin nun auf die Kulanz meiner Universität bei der Anerkennung von einem Kurs angewiesen. Daher würde ich zukünftige Studenten hier deutlich vorwarnen!

Die Qualität des englischsprachigen Unterrichts und dessen Schwierigkeitsgrad waren durchweg gut. Manche Professoren hatten mehr Übung im Umgang mit der englischen Sprache als andere. Trotzdem konnte man leicht ihren Vorträgen folgen. Der persönliche Kontakt über E-Mail oder durch Gespräche wurde beworben und von den Studenten reichlich genutzt.

Das Besondere im japanischen Prüfungssystem der APU ist die Tatsache, dass die finale Klausur maximal 50% der Gesamtnote ausmacht. Dies bot Möglichkeiten, um von Essays, Präsentationen, Fallstudien, Quiz und Zwischentests Gebrauch zu machen. Rückblickend würde ich sagen, dass das Semester sehr fordernd war. Durch die sich kreuzenden Zwischentests bzw. kleineren Prüfungen, wurde die Lernintensität stets aufrechterhalten, wobei die Schwierigkeit nie zu hoch war.

Der japanische Sprachkurs ist sowohl für Neueinsteiger als auch für Fortgeschrittene sehr zu empfehlen. In den kleinen Klassen wird viel Wert auf individuelles Sprachtraining gesetzt. Sprachübungen in der Klasse, Gruppentraining, Hilfestellungen von japanischen Studenten und abschließende Präsentationen auf Japanisch sind Bestandteile des Kurses. Sprachkurse werden mit doppelten Credits belegt und vier Mal pro Woche gehalten. Der hohe Lernaufwand ist durch die Möglichkeit der direkten Anwendung der Sprache gerechtfertigt. Außerdem hatte ich einen sehr jungen und motivierten Japanisch-Lehrer, bei dem der Unterricht abwechslungsreich gestaltet war. Ich würde daher jedem Studenten den Sprachkurs ans Herz legen, da es eine einmalige Chance ist und die Qualität der Unterrichtsstunden als sehr hoch bezeichnet werden kann.


Abschlussgedanken

Ich möchte die Überschrift gezielt nicht Fazit nennen. Das wäre für das Erlebte zu kühl, zu pragmatisch. Mein Auslandssemester war viel mehr als eine schulische, akademische Erfahrung. All die Menschen die ich kennengelernt habe, haben auch mich geprägt. Mit ihnen werde ich sicherlich in Verbindung bleiben. Es war eine so intensive Erfahrung, die mir Kultur, Land, Leute und alles dazwischen näher gebracht hat.

Die Asia Pacific University hat mir mit der Unterkunft ein sicheres Heim und mit der Universität eine gute Ausbildungsstätte gegeben. Ich hätte es wohl nicht besser treffen können. Daher empfehle ich nun jedem Student sich diesem Abenteuer zu stellen und die Reise so schnell wie möglich zu beginnen.

Ohne die Unterstützung der Hochschule Darmstadt/Dieburg, College Contact, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst und meiner Familie wäre diese Zeit nicht möglich gewesen. Danke.