Universidad San Ignacio de Loyola - Lima
Die erste Woche war, wenn ich zurückdenke etwas chaotisch. Wenn ich da an meine ersten Busfahrten zurückdenke…. Alte, klapprige, vollgestopfte Mikrobusse, keine Haltestellen, schreiende Cobradores (Kassierer),… Wenn man möchte, dass der Bus hält, gilt es einfach die Hand rauszustrecken, egal an welchem Ort man steht. Da saß ich im Bus, eingequetscht von Peruanern, draußen war es dunkel und ich hatte keine Ahnung, wo ich mich befand. Das einzige was ich dachte „Bitte, bitte lass mich am richtigen Ort aussteigen!“ Irgendwie hat es dann immer geklappt…
In der ersten Woche ging es dann in die Uni, um alle organisatorischen Dinge zu erledigen wie z.B. Einstufungstest für Spanisch und das Einschreiben in die verschiedenen Kurse. Glücklicherweise habe ich es nicht weit dorthin. Man könnte es fast zu Fuß gehen, was bei dem Verkehr allerdings ein bisschen gefährlich wäre. Somit nehme ich eben eine 10-minütige, immer wieder aufregende Busfahrt in Kauf. Da die Uni ein sehr großes Austauschprogramm hat, war es nicht schwierig neue Leute kennen zu lernen. Bei rund 80 frisch angekommenen Studenten aus der ganzen Welt, sucht natürlich jeder schnell Anschluss. Innerhalb der Uni war es die ersten zwei Monate fast etwas ungemütlich, da das Gebäude an den Seiten offen ist und ein ständiger Durchzug herrschte. Schließlich war es ja Winter als ich dort ankam. Wobei es im Winter immer noch ca. 15°C hat. Im Sommer erfüllt diese Konstruktion dann schon ihren Sinn und es ist fast noch zu warm in den Klassenzimmern.
Eine Reise in den Süden Perus
Da ich im Voraus schon im Kopf hatte, meine freie Zeit hauptsächlich dafür zu nutzen, das Land zu erkunden, habe ich das gleich in der zweiten Woche realisiert. Die Vorlesungen haben erst Mitte August begonnen, somit bin ich mit meiner neuen Freundin Sharin schnell für eine Woche in den Süden Perus geflogen. Unser erstes Ziel war Arequipa, auch bekannt als „Ciudad Blanca“ – die weiße Stadt. Das ist der richtige Ort um seine Seele baumeln zu lassen. Sich zwei Stunden an den Plaza de Armas zu setzen und in Ruhe den Alltag der Einheimischen zu beobachten. Dazu hatten wir noch das Glück, dass ein kleiner Umzug stattfand, als wir dort waren. Hier war von der Musikkapelle, Frauen und Männern in traditionell gekleideten Kostümen und marschierenden Kindern alles mit dabei.
Das Tolle hier in Peru ist, sobald ein Dorffest, ein Feiertag oder sonstige Events stattfinden, sieht man die Einheimischen fröhlich und singend durch die Straßen tanzen, mit ihren wunderbar geschmückten Kleidungen und manchmal etwas unerklärlichen Ritualen.
Die Kids kommen meist im Alter von drei Jahren in den Kindergarten. Dieser heißt hier auch tatsächlich Kindergarten - es gibt kein spanisches Wort dafür! Ab dem 6. Lebensjahr werden die Kinder eingeschult und sind für sechs Jahre in der Escuela Primaria (Grundschule). Diese ist für alle gleich. Daran schließt sich die fünfjährige Escuela Secundaria oder das Colegio an. Eine Unterteilung in Grund-, Haupt- und Realschule gibt es hier nicht. Die einzigen Qualitätsunterschiede bestehen in einer privaten oder staatlichen Schule. Mit dem Abschluss des Colegios sind die Jugendlichen dann berechtigt ein Studium zu beginnen.
Auf unserer Reise ging die Fahrt zum Cañon del Colca. Als wir uns morgens um 5.00 Uhr zugedeckt mit vier Decken, aus dem Bett schleppten, haben wir uns mit drei Jacken, Mütze, Schal und Handschuhen auf den Weg zum Cañon de Colca gemacht. Es sieht zwar so aus, als hätten wir das schönste Wetter gehabt, morgens war es jedoch sehr kalt und nachts hatte es sogar Minusgrade. Die Fahrt dauerte einige Stunden, jedoch wurde uns nicht langweilig. Zum Beispiel kamen wir vorbei am 5800 m hohen Vulkan El Misti. Wir hatten eine Strecke vor uns mit beeindruckender Landschaft. Teilweise auf Straßen, die nicht einmal annähernd so aussehen wie Straßen. Es ging durch einen Tunnel, der weder beleuchtet war, noch hatte unser Kleinbus Licht!
Außerdem sind wir zahlreichen Alpakas, Lamas und Vikunjas begegnet (drei Kamelformen). Das Lama dient hauptsächlich als Lasttier, während das Alpaka (Fotos) und die Vikunjas eher wegen ihrer Wolle gezüchtet werden. Bei den Inkas galt ein Alpakamantel zum Beispiel als Zeichen des Wohlstands, wobei die noch feinere Wolle von den Vikunjas kommt. Auch das Alpakafleisch ist ein ganz besonderes und wichtiges Gericht der peruanischen Küche. Sogar ich kam schon in den Genuss es zu probieren. Wenn auch unbeabsichtigt. Ich war überzeugt, dass ich Rindfleisch aß.
Zwei Stunden später teile man mir mit, dass ich hochwertiges Alpakafleisch zu Essen bekam. Da waren die Augen groß…
Schließlich sind wir am Cañon del Colca angekommen. Eine der tiefsten Schluchten in Peru. Die Schlucht ist etwa 1200 m tief, der Grand Canyon in den USA dagegen (nur) etwa 1.800 m. Damit ist der Cañón del Colca der zweittiefste Canyon der Welt und aus geologischer Sicht mit weniger als 100 Millionen Jahren als jung zu betrachten. Wenn man dann so früh morgens wie wir losgeht, kann man den Kondoren zusehen, wie sie über der Schlucht kreisen. Nach und nach wird es dann wärmer und wärmer und plötzlich hält man es nur in T-Shirt und halblanger Hose aus. Zwiebelsystem ist in den Bergen Perus einfach immer wichtig.
Am nächsten Tag ging es dann auf die Uros-Inseln auf dem Titicacasee. Die Uros-Inseln sind aus Totora (Schilf) gebaute schwimmende Inseln. Wenn man auf der Insel geht, kann man tatsächlich spüren, wie sich der Boden unter einem ganz leicht bewegt. Man musste auch aufpassen wo man hintritt, es kamen immer wieder mal undichte Stellen vor.
Wir waren ganz stolz, uns auf dem höchsten schiffbaren See der Welt auf 3820m Höhe zu befinden.
Für die Ureinwohner, die dort jedoch kein Spanisch sprechen, sondern Quechua und Aymara, gilt der Titicacasee als sehr heilig. Sie glauben nämlich, dass die Gründer des Inka-Reiches dem See entstiegen sind.
Die Einwohner der Uros Inseln haben uns über das Leben auf dem Titicacasee aufgeklärt. Freundlicherweise durften wir einen Blick in die kleinen Strohhütten werfen. Eine Hütte war die Küche, die andere zum Entspannen, das Schlafzimmer der Kinder, usw. In einer Hütte schlief sogar eine Katze - wie diese wohl auf die Insel kam…?
Wir durften auch das Totora kosten, das nicht nur zum Bauen der Inseln benutzt wird, sondern auch als Nahrungsmittel bei Magenschmerzen oder Fieber dient. Geschmeidige Lippen machen sie übrigens auch.
Die Frauen der Insel haben uns Ihre handgefertigten Decken und Kostüme gezeigt, haben uns ein typisches Lied vorgesungen und gezeigt wie man mit Gemüse handelt – das war vielleicht ein Gekreische…
Am liebsten wären wir dann auch noch nach Bolivien gegangen, da 40% des Sees zu Bolivien gehört. Dafür war aber leider keine Zeit.
Nach einer dreistündigen entspannenden Bootsfahrt auf die Insel Amantani, mussten wir mitsamt unserem Gepäck eine steile Klippe hinaufsteigen. Oben angekommen, wurden wir von unserem Gastvater empfangen. Die nächste Nacht hieß es nämlich Übernachtung bei Einheimischen. Der Weg war noch weit bis zu unserem Häuschen. Ca. eine halbe Stunde mussten wir bergaufwärts gehen. Irgendwann hat mir der Gastpapa meinen schweren Rucksack abgenommen, aber ich glaube er hat mehr geschnauft als ich. Im neuen Zuhause durften wir uns erst einmal ein wenig umschauen, haben unser Zimmer bezogen. Wir hatten sogar einen Toilette, es hat eben nur die Spülung gefehlt. Aber wo soll das Wasser auch herkommen auf einem Inselberg mitten auf dem Titicacasee – Strom gibt es hier auch nicht. Unter unseren Betten haben wir einen Nachttopf gefunden, da es nachts draußen kein Licht gibt und man zweitens ganz schön frieren konnte. Während einem leckeren Mittagessen, das uns die Gastmutter in ihrer kleinen und einfachen Küche zubereitet hatte, haben unsere Gasteltern über das Leben auf der Insel erzählt. Teilweise ganz schön schockierend und nicht zu vergleichen mit unseren Lebensstandards. Was dabei natürlich nicht fehlen durfte war der Mate de Coca. Ein Tee mit Kokablättern, der überall in den Anden konsumiert wird, um Probleme mit der Höhenkrankheit Soroche zu vermeiden. Schließlich ist Peru das Hauptanbaugebiet von Coca. Nach einem Spaziergang auf den höchsten Punkt der Insel auf dem wir einen wunderschönen Sonnenuntergang beobachten konnten, wurden wir in die typische Tracht gesteckt um für den Abend gerüstet zu sein. Das Dorf hatte ein kleines Fest mit 4 Musikanten organisiert. Während mit Gitarren, Mundharmonika und Trommeln, Musik gemacht wurde, hatten wir die Möglichkeit deren traditionellen Tänzen kennenzulernen. Wir hatten viel Spaß und fühlten uns wohl. Die Kleidung wurde nach einiger Zeit jedoch sehr schwer auf den Schultern und etwas ungemütlich. Beim Nachhauseweg hat unsere Gastmutter unterwegs einfach Wasser aus einem nicht allzu sauberen Brunnen geschöpft, das Sie am nächsten Tag zum Kochen verwendet hatte (natürlich abgekocht). Mir war dabei etwas unwohl. Glücklicherweise sind wir beide ohne jegliche Magenprobleme von der Insel gegangen. Zusammen haben wir uns am Ende des Tages ins Bett gekuschelt, weil wir beide sehr durchgefroren waren. Inklusive Strumpfhose, warmem Schlafanzug, Mütze und Schal – und trotzdem haben wir noch gefroren. Am nächsten Tag kam ja glücklicherweise wieder schnell die Sonne heraus und wir konnten eine tolle Wanderung über die Insel machen. Als hätte ich nicht schon genug mit mir selbst zu kämpfen um den Berg nach oben zu kommen, kommt ein kleines Mädchen an, drückt mir ihr faules Schaf in die Hand und hat mich den Wollknäuel den Berg hochziehen lassen. Sie meinte Sie würde es von hinten schieben, ich hätte es jedoch eher den „Hintern versohlen“ genannt.
Zurück in der Stadt Puno hatten wir kaum noch Kraft etwas zu unternehmen. Ein kleiner Bummel durch den vielfältigen Markt, hat uns jedoch auch schon ins Staunen gebracht. Nachdem wir uns bei einer Marktverkäuferin einen frischgepressten Fruchtsaft zum Mitnehmen bestellt hatten, musste ich Schmunzeln. Da Sie keine Becher hatte, hat Sie den Saft in eine Plastiktüte geschüttet, ein Röhrchen reingesteckt und zugebunden. Geschmeckt hat es, das war ja die Hauptsache.
An der Ecke unseres Hotels war ein Ort, der war mir bis jetzt noch nicht so aufgefallen. Dort saßen Männer an Tischen mit Schreibmaschinen. Ich habe mich gewundert, was die dort machten. Vor allem weil so viele Leute drum herum standen. Bis wir aufgeklärt wurden, dass dort Analphabeten hingehen, um sich wichtige Dokumente schreiben zu lassen. In den Gebirgsregionen gibt es noch einige Männer und vor allem Frauen, die weder lesen noch schreiben können. Zudem kann sich ein Großteil keine Schreibmaschine leisten. Diese haben dann die Möglichkeit, sich von anderen etwas schreiben zu lassen. Eigentlich eine tolle Sache, fand ich.
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Die erste Vorlesungswoche stand uns bevor und da wir noch keine Vorstellung hatten wie das in Südamerika wohl alles so ablaufen wird, waren wir sehr gespannt.
Meinen Vorlesungsplan konnte ich mir fast selbst erstellen, eben in Absprache mit meiner Uni in Karlsruhe. Aus eigenem Interesse habe ich zwei Kurse gewählt, die auf Spanisch unterrichtet werden. Ich dachte mir zwar, dass es für den Anfang noch etwas schwierig werden wird, aber ich war mir auch ziemlich sicher, dass ich das irgendwie hinbekomme. Die restlichen drei Kurse wurden auf Englisch unterrichtet. Aber das bin ich ja schon gewohnt, da ich in Karlsruhe seit dem dritten Semester komplett alle Kurse auf Englisch hatte. Am Anfang war es an der Uni tatsächlich etwas chaotisch. In einem meiner Kurse auf Spanisch war ich anfangs jedes Mal total erschöpft. Ich fühlte mich ein wenig wie in der Realschule. Meine Kommilitoninnen sind 17 und 18 Jahre alt und total verrückt nach mir, weil ich die einzige „Ausländerin“ in diesem Kurs bin. Haben 1000 Fragen an mich und sind während der Vorlesung total unruhig. Da kann es einem schon schwer fallen, der Professorin zu folgen. Mittlerweile habe ich mich jedoch daran gewöhnt und schaffe es sogar gute Noten abzustauben. Im Spanisch-Sprachkurs haben wir einen Professor, der mich übrigens Sarita nennt und der sehr streng ist. Auch bei der Benotung. Bei ihm lerne ich aber auch eine Menge. Mit den englischsprachigen Kursen bin ich ebenfalls zufrieden, da ich teilweise nicht so gute Englischkenntnisse der Professoren erwartet hätte. Viele von uns dachten: „das Semester packen wir doch mit Links“ - in Südamerika sehen die das alles bestimmt nicht so eng. Aber da wurden wir mit dem Gegenteil überrascht.
Die wöchentlichen Abfragen, Abgaben, Präsentationen, etc. machen es einem nicht gerade leicht. Auch die besten Noten zu ergattern, ist nicht einfach. Meine Gastmama hat mir erklärt, dass es hier sehr außergewöhnlich ist, 20 Punkte zu erreichen, was bei uns zu Hause eine 1,0 wäre. Deswegen wäre sie auch am Liebsten an die Decke gesprungen, als ich von der Uni nach Hause kam und ihr erzählte, dass ich 20 Punkte in meiner Präsentation bekommen habe. Als ich dagegen etwas unglücklich über meine 14 Punkte in Spanisch war, konnte Sie das überhaupt nicht begreifen. Weil das hier schließlich eine gute Note wäre! Jedenfalls war diese Umstellung mit der Abfragesache und dem neuen Notensystem anfangs etwas kompliziert. Mittlerweile läuft es jedoch ziemlich gut, trotz meiner vielen Reisen. Im Allgemeinen kann ich die Uni nur weiterempfehlen. Das einzige was hier ab und zu etwas unorganisiert läuft, sind die Gruppenarbeiten. Dazu trifft man sich z.B. in einem Café.Um in der Gruppe zu arbeiten, trifft man sich zum Beispiel in einem Café. Außerdem ist es auch nicht selten der Fall, dass die Gruppenmitglieder eine halbe Stunde zu spät zum Treffen kommen. Womit ich ein bisschen überfordert bin, ist die Kleiderordnung bei Präsentationen. Vor meiner ersten Präsentation wurde ich von meinen Teamkollegen darauf hingewiesen formell gekleidet zu erscheinen. Ich habe darunter verstanden, dass ich ordentlich erscheine. Aber formell heißt hier auch tatsächlich formell. Die Mädels tragen Blazer und hohe Schuhe, in denen sie kaum laufen können und die Jungs tragen einen Anzug, oftmals sogar noch mit Krawatte.
El coro
Auch den Chor besuche ich immer noch regelmäßig. Hier singen wir Lieder auf Spanisch, Quechua und Englisch. In den ersten Stunden waren wir bestimmt über 40 Sänger. Das hat aber leider nach und nach abgenommen und jetzt sind wir maximal noch 20. Wir hatten auch schon einen Auftritt – dafür durften wir alle die Tunika der Uni anziehen.
Mistura – Peruvian Food Festival
Da Peru für seine köstliche Gastronomie bekannt ist, findet in Lima jedes Jahr die Mistura statt. Die Mistura ist ein Food Festival, das über eine Woche geht und man bekommt Leckereien aus ganz Peru. Gerichte aus den Anden, aus dem Dschungel und von der Küste werden präsentiert und verkauft. Man geht von einem Stand zum nächsten, über Märkte, schaut den Köchen bei ihren Kunstwerken zu und vor allem ist man mit Essen beschäftigt!
Auf die peruanische Küche sind die Einheimischen sehr stolz. Und das dürfen sie auch! Denn sie haben eine Auswahl an vielen leckeren Gerichten. Ceviche (roher Fisch in Limettensaft und Zwiebeln), Cuy (Meerschweinchen), Anticuchos (Rinderherz), Rocoto Relleno (eine Art Paprika gefüllt mit Hackfleisch und Käse), uvm. sind Spezialitäten die man einfach probiert haben muss.
Ich habe schon fast meine Standardantwort parat, da ich mindestens dreimal in der Woche von Taxifahrern, Freunden, etc. gefragt werde, ob mir das Essen in Peru schmeckt und was ich denn schon alles probiert habe.
Da Meche mich auch immer so toll mit verschiedenen leckeren Gerichten bekocht, lerne ich tatsächlich eine Vielzahl der peruanischen Mahlzeiten kennen. Und stellt sich einer vor, ich esse nun sogar Tomaten. In Deutschland habe ich immer nur kritisch die Nase hochgezogen und Tomaten aussortiert, jedoch hat sich einiges geändert und plötzlich esse ich sie mit Genuss.
Alltag in Lima:
Wie sieht der Alltag der Peruaner aus? Was machen sie in ihrer Freizeit? Wer sorgt für die Hausarbeit?
Auf meinem täglichen Weg zur Uni, werde ich immer wieder aufs Neue zum Schmunzeln gebracht. Zum Beispiel wenn ich beobachte, wie fleißig die Schuhputzer in der Straße die Schuhe der Passanten reinigen. Wenn sie nicht gerade Schuhe putzen, halten Sie ein Schwätzchen mit ihren Bekannten und sind fast immer gut gelaunt. Auch mir haben Sie meine alten Schuhe wieder wie neu aussehen lassen. Es ist hier total typisch, dass Einheimische ihr Geld mit Straßenständen verdienen. Direkt neben der Uni steht ein Stand, an dem frisch gebackene Churros (Gepäck mit Schokolade gefüllt) für S./ 1,50 (=50 Cent) verkauft werden. Da steht immer eine Schlange und das Geschäft läuft.
Familien aus der Mittelschicht, bzw. Oberschicht können sich eine empleada leisten. Eine empleada ist ein Dienstmädchen, das von morgens bis abends der Familie zur Verfügung steht. Einige wohnen sogar bei den Familien. Sie bereiten das Essen zu, kümmern sich um die Kinder, wischen täglich Staub, etc.
Frauen und Mütter gehen mehrmals die Woche in Sportklubs, treffen sich dort mit ihren Freundinnen und gehen anschließend in ein Café um das Schwätzchen fortzuführen. Auch ich habe mein Natación (Schwimmbad) schon gefunden. Von außen macht es keinen guten Eindruck, von innen ist es jedoch „fast“ wie ein typisches Hallenbad in Deutschland.
Zum Supermarkt wird hier gewöhnlich mit der ganzen Familie gegangen. Während die Familie alles Nötige besorgt, wäscht draußen auf dem Parkplatz ein chico das Auto der Familie. An der Kasse stehen ebenfalls Servicekräfte zur Verfügung, die einem alles in Tüten packen und danach tatsächlich die Tüten bis in den Kofferraum tragen. Ein Service, der mir gefällt und den ich mit nach Deutschland bringen sollte. In den Bergen z.B. ist die Situation ganz anders. Dort wird von morgens bis abends hart gearbeitet. Die Mutter steht früh auf und sorgt dafür, dass Vater und Sohn gut versorgt sind. Dazu muss die Tochter von klein auf mithelfen. Die Männer sind schließlich diejenigen, die das Essen auf den Tisch bringen. Samstage, Sonntage und Feiertage sind in den Bergen Tage, wie jeder andere. Der einzige Ruhetag ist z.B. bei einem Dorffest oder einer Geburt. An diesem Tag steht die Frau extra früh auf, bereitet im Voraus alles vor um dann letztendlich selbst bei dem Fest dabei sein zu können.
Ein gemütlicher Ausflug in die Berge….
Und da ging es auch direkt wieder in die Berge… Diesmal ein etwas anderer Ausflug, mit meiner Gastmama und ihren Freundinnen. Wir haben ein sehr gemütliches Wochenende verbracht. Haben so richtig auf dem Land gelebt, so wie ich es von zu Hause kenne. Pferde, Schafe, Meerschweinchen, viel Natur und eine Familie, die Haus, Hof und Gästebetreuung super bewältigen, haben dieses Wochenende zu etwas Besonderem gemacht. Die Chefin des Hofes ist eine Deutsche, die sich mit 20 Jahren als Rucksacktouristin in Peru in ihren jetzigen Mann verliebt hat. Sie hat mich gewarnt, so etwas würde sehr schnell gehen.
Morgens stand Gymnastik im großen Garten auf dem Programm, am Nachmittag konnten wir einer Lesung eines berühmten Autors lauschen, eine kleine Ausfahrt in die Umgebung machen oder die tolle Atmosphäre unserer Unterkunft genießen.
Zum Mittagessen gab es Pachamanca - ein peruanisches Nationalgericht.
Pachamanca setzt sich zusammen aus verschiedenem Fleisch, Gemüse und Kartoffeln und wird in einem Erdofen mit Feuer erhitzten Steinen zubereitet. Unter der Erde gart es eine Weile vor sich hin, bis es verspeist wird. Das Ritual ist schon uralt und wird heute aber oft noch als Festmahl zubereitet. Mmmmhhhhh, riquísimo!
Zwischenklausuren!
Jetzt war die Uni mal wieder wichtig! Zwischenklausuren standen vor der Tür, da hieß es nochmal Pauken, Pauken, Pauken! Glücklicherweise ist man durch die wöchentlichen Abfragen schon sehr gut vorbereitet und muss nicht alles von vorne angehen. Ein bisschen ungewöhnlich waren die Tage und Zeiten meiner Prüfungen. Vier Prüfungen - davon war eine an einem Feiertag, zwei an einem Samstag und die letzte von 20-22 Uhr am Abend. Glücklicherweise habe ich sie gut hinter mich gebracht. Auch wenn ich an den Wochenenden immer sehr viel unterwegs war und das Lernen oftmals nicht an erster Stelle stand, bin ich sehr zufrieden mit meinen Ergebnissen.
Zwischenklausuren - das bedeutete auch: Halbzeit in Lima! Die Zeit vergeht wie im Nu und obwohl es noch einige Wochen sind, bis ich wieder zu Hause bin, sehe ich mich schon fast wieder im eigenen Wohnzimmer sitzen.
Nach den Klausuren haben wir uns gleich mal auf dem Oktoberfest in Lima belohnt. Es war zwar kein Bierfest wie man es bei uns kennt, aber immerhin hatten wir mal wieder die Möglichkeit Weißwurst, Brezeln und Apfelstrudel zu essen… Das tat gut!
Abenteuer in Cusco
Immer diese stressigen Reisen... Bis um drei Uhr nachts habe ich meine Uni-Aufgaben zu Ende gebracht, habe mir ein Taxi zum Flughafen bestellt und bin abgehoben mit dem Endziel Cusco.
Plötzlich war es so weit… Ich habe mich verliebt! Für einen Mann bleibe ich jedoch nicht in Peru sondern wegen Cusco. Eine gemütliche Stadt, atemberaubende Umgebung und nette Menschen – was will man mehr?
Auch diese Tour war organisiert von einem meiner Kurse an der Uni. Anfangs haben sich ca. 20 Studenten gemeldet, die mitfahren wollten. Letzten Endes, waren wir dann vier Studenten + Professorin! Das war jedoch überhaupt nicht schlimm, dass wir so wenige waren. Wir kannten uns vorher kaum und waren vom ersten Tag an, eine super Truppe!
Angekommen, ging es zu drei verschiedene Kirchen. Danach sind wir zu einem interessanten, abgelegenen Ort gefahren. Dort wurde eine Art "Kindertagesstätte" gepflegt. Uns wurde erzählt, dass die Kids nach der Schule meistens erst einmal eine ganze Weile laufen müssen, bis sie dort ankommen. Nachmittags haben sie dann Programm, wie z.B. verschiedene Spiele, Hausaufgaben machen, Basteln, Sport, etc.
Abends sind wir zusammen in die Altstadt gegangen, die einfach total schön ist. Plötzlich hat es in Strömen angefangen zu regnen, doch selbst da hatten wir unseren Spaß. Plötzlich kam eine Frau, die gesehen hat, dass wir Regen-Ponchos brauchen. Danach sind wir wie bunte Vögel durch die Gassen gerannt, bis wir ein Café gefunden haben. Innerhalb von 10 Minuten war draußen tatsächlich alles überschwemmt. Das Wasser kam aus den Gulli-Deckeln und ich hatte eine Pfütze in den Schuhen. Das war übrigens nach drei Monaten mein erster richtiger Regen hier in Peru. In Lima gibt es so etwas ja nicht, hier gibt es meist nur eine Prise von Feuchtigkeit.
Nun waren wir alle gespannt auf den zweiten Tag... Es ging nach Patabamba. Ein Dorf in den Bergen. Dort erwartete uns ein langer Wandertag. Der Weg im Jeep dorthin war grausam. Die Kurven waren unberechenbar, seitlich ging es steil hinunter. Unser Fahrer hat vor den Kurven nicht gebremst, sondern einfach nur auf die Hupe gedrückt.
In dem kleinen Pueblo angekommen, wurde uns von den Einwohnern erzählt, dass sie seit ca. 7 Jahren versuchen den Tourismus in Patabamba zu entwickeln. 140 Familien wohnen dort. 14 davon arbeiten im Tourismus. Der Rest lebt ausschließlich von Landwirtschaft, hauptsächlich Kartoffeln und Mais werden angebaut. Die Einwohner bieten Übernachtungsmöglichkeiten in ihren eigenen Häusern an, ihnen fehlt aber noch etwas das „know how“. Monatlich kommen bisher nur wenige Touristen. Ein Problem ist natürlich auch die Sprache. 80% sprechen nämlich nur die Ursprache Quechua und nur 20% sprechen Spanisch.
Los geht die Wanderung. Die erste Herausforderung war, einen kleinen Fluss zu durchqueren. Auch unser eigenes Caballo (Pferd) hatten wir dabei. Für den Fall, dass jemand nicht mehr laufen kann. Dieses hat sich nach einer Weile einen kleinen Scherz erlaubt. Während wir alle gemütlich Rast machten und unser erstes Lunchpaket verspeisten, hat sich unser Notfall-Pferd einmal rundherum auf dem Boden gewälzt - natürlich mit unserer Kleidung auf dem Rücken... Die war danach für die Waschmaschine bereit....
Wenn man durch die kleinen Dörfer gelaufen ist, wurde man von allen Seiten begrüßt – als würde man sich kennen. Auch die Kinder, die uns dort begegneten, haben angefangen sich mit uns zu unterhalten und waren überglücklich über einen kleinen Müsliriegel, den ich ihnen gegeben hatte.
Eigentlich war ich (abgesehen vom Skifahren) nie ein großer Fan von Bergen. Aber seitdem ich in Peru bin, bin ich eine richtige Wanderin geworden. Es ist ein einfach ein tolles Gefühl so weit oben am Abhang eines Berges entlangzulaufen und sich frei wie ein Vogel zu fühlen. Ich kann es weder in Worte fassen, noch können meine Bilder das beschreiben. Man muss das einfach selbst fühlen.
Am Ende hieß es Bergabsteigen! Das war gar nicht so entspannend wie gedacht. Teilweise ging es so steil hinunter, dass man sich kaum auf dem Boden halten konnte. Als wir schließlich unten angekommen sind, hat ein leckeres Essen auf uns gewartet. Dies wurde von einer netten Familie serviert, in deren Haus wir alle zusammen erschöpft, aber fröhlich am Tisch saßen und gemeinsam gegessen haben.
Nach einer Tagesstrecke von 18 km, die teilweise aus fast unbegehbaren Wegen bestand und die ich ohne meine Wander-Boots niemals hätte bewältigen können, war das ein Tag der mir einen Sonnenbrand, Muskelkater und umwerfend schöne Eindrücke hinterlassen hat.
Am nächsten Tag ging es wieder hoch hinauf in ein Dorf zum "Parque de la Papa", dem 1200 ha großen Kartoffelpark. Begrüßt wurden wir mit einem typischen Ritual, bei dem die Männer mit Trommel- und Flötenmusik spielten und die Frauen uns mit Blüten übergossen.
Dort wurden uns viele interessante Geschichten zur Kartoffel, dem wichtigsten Produkt in Peru erklärt. Schließlich existieren in Peru rund 3800 verschieden Kartoffelsorten.
Dort haben wir gelernt, dass es auf der Erdkugel fünf Mutterpflanzen von der Kartoffel gibt und allein in diesem Park existieren zwei davon. Alleine im Oktober wurden 90-100 verschiedene Sorten angebaut. Hier eine kleine Auswahl davon….
Benannt werden die Kartoffelsorten nach Tieren, Gemeinden, Pflanzen, usw. Früher als es noch keine Apotheken gab, wurden sogar Wunden und Krankheiten mit der Kartoffel geheilt. Heute werden daraus Shampoos, Seifen, Cremes, etc. hergestellt.
Zu dieser Kartoffel (Bild) gibt es eine lustige Geschichte: Sie heißt "Qhachun Waqachi" und man darf seinen Geliebten nur dann heiraten, wenn man der zukünftigen Schwiegermutter diese Kartoffel ohne Probleme in einem Zuge schälen kann.
Später hat man uns nochmal eine große Decke mit Kartoffeln gebracht, diesmal waren sie allerdings gekocht. Dazu gab es Käse und eine Salsa de Aji (typische würzige Soße in Peru). Der Snack war so lecker, dass wir gar nicht mehr zum Mittagessen gehen wollten.
Der Kartoffelanbau ist am besten zwischen 3400 und 4500 Höhenmeter. An diesem See, in der Nähe des Parks, hatten wir unsere 4500 m erreicht.
Auch zu diesem See gibt es eine tolle Geschichte. Wenn hier im August nachts der Fuchs schreit, sagt das wohl ein schlechtes Jahr für die Kartoffelernte voraus... Ob das tatsächlich so ist…?
Da es zum Mittagessen Alpakafleisch gab, habe ich mich schnell aus dem Staub gemacht… Das Fleisch war so zäh, dass ich die Unterhaltung der Kids bevorzugt habe. Die sprangen schon draußen herum und haben gewartet bis wir rauskommen. Und da trägt die kleine achtjährige Ana tatsächlich ihren dreijährigen Bruder Alejandro in das typische Tuch gewickelt stundenlang auf ihren Schultern. Die Kids haben mir erzählt, wo ihre Schule ist, wo sie wohnen, etc. Man konnte sie schon damit glücklich machen, dass sie fotografiert wurden – und das Bild danach direkt in der Kamera anzuschauen.
Der nächste Tag stand bevor. Wir waren schon ganz aufgeregt. Endlich war es soweit, wir werden das Weltwunder Machu Picchu besteigen. Natürlich muss man dahin, denn wenn man Peru hört, wird damit meist die berühmte Inkastadt in Verbindung gebracht. Dieser Berg auch etwas ganz Besonderes! Die Inkas haben dort im 15. Jh. auf 2360 Höhenmeter diese Stadt geschaffen.
Allein schon die zweistündige Zugfahrt zum Machu Picchu war toll. Da der Machu Picchu schon zum Regenwald gehört, konnte man sehen, wie sich die Landschaft nach und nach von den Bergen langsam in ein Dschungelbild verwandelte.
Man musste zwar ein paar Stufen nach oben steigen, bis man es zum typischen Postkartenfleck geschafft hatte, aber diese Anstrengung lohnt sich!
Ob sich das Badezimmer, das Zimmer der Sklaven oder der Wasservorrat tatsächlich dort befanden, wo es uns der Guide gezeigt hat, bezweifle ich ein wenig. Trotzdem hat man eine grandiose Aussicht und kann einen wunderschönen Tag verbringen.
CELES: Schenkt Kindern ein Lächeln
Die erste Hälfte meines Semesters war ziemlich gefüllt mit Reisen. Für die zweite Hälfte hatte ich mir vorgenommen, mich bei einem sozialen Projekt zu engagieren. Das habe ich durch eine Freundin meiner Gastmama kennen gelernt. Diese hat zusammen mit ihrem Mann einen Ort gegründet, wo Kinder von ca. 2- 15 Jahren die Möglichkeit haben, Unterstützung in verschiedenen Bereichen zu bekommen. Die Organisation nennt sich CELES (Centro de LecTo-escritura y esparcimiento) und steht für das Lehren von Lesen und Schreiben, Hausaufgabenbetreuung, Spiele und Sport. Insgesamt kommen von Montag – Samstag rund 300 Kinder dorthin – es ist also immer eine Menge los. Celes liegt in Manchay, ein Ort am Rande von Lima. Er ist nur ca. 6 km von meinem Zuhause La Molina entfernt. Allerdings fühlt man sich hier, als komme man in eine andere Welt… Manchay ist ein sehr armer Ort.
Teilweise leben die Familien dort ohne Zugang zu sauberem Wasser, ohne Strom und einige Kinder haben nicht einmal die Möglichkeit eine Schule zu besuchen, da es sich die Eltern nicht leisten können. Die Familien leben in Hütten, die teilweise nur aus einem Zimmer bestehen. Deshalb finden es die Kids umso schöner, in ein Haus zu kommen, das ein Dach über dem Kopf hat und mit allen notwendigen Dingen ausgestattet ist.
Seitdem ich dort war, komme ich fast dreimal die Woche zu den Kids, je nachdem wie es die Uni zulässt. Die Kinder kommen vor und nach der Schule. Es ist also morgens, sowie nachmittags immer etwas los. Meine Hauptaufgabe ist es, bei der Hausaufgabenbetreuung mitzuhelfen – was ab und zu auch eine Herausforderung für mich ist. In Mathematik z.B. wird dort ein ganz anderes Rechensystem angewendet, das ich mir selbst erst einmal beibringen musste. Wenn ich jedoch bei den Englischaufgaben helfen darf, fällt mir das schon leichter… Es macht mir total viel Spaß und die Mädels rennen schon auf mich zu und hängen sich an mich wenn ich nur den Raum betrete. Manchmal weiß man gar nicht wie man allen gerecht werden soll. Da hat man z.B. fünf verschiedene Kinder am Tisch sitzen, alle mit unterschiedlichen Aufgaben und natürlich soll allen schnell geholfen werden.
Gleich am ersten Tag, habe ich von drei Mädels ein Herz bekommen auf dem steht „Sarah wir mögen dich. Du bist toll!“. Da gaben sie mir das Lächeln wieder zurück, das ich ihnen auch schenken konnte.
Ja, und so verbringe ich gerade fast jede freie Minute in Manchay und bin richtig glücklich darüber, diese Möglichkeit zu haben.