27 Mär
Erfahrungsbericht von Nina H.

Central Saint Martins

Hochschule: Central Saint Martins
Stadt: London
Land: Großbritannien
Kontinent: Europa
Studienrichtung: Grafikdesign
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 09/2014 bis 12/2014

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

BEWEGGRÜNDE

Relativ spät im Studium habe ich mich erst dazu entschieden ein 14 Wöchiges Auslandssemester zu machen. Nach dem Praxissemster hatte ich noch einmal Lust, eine andere Hochschule und ein neues Land zu sehen. Da ich innerhalb Europas bleiben und auf Englisch studieren wollte, entschied ich mich für London. Ich wollte einfach nochmal etwas anderes kennenlernen als unsere FH und in eine Stadt ziehen, in der Design einen ganz anderen Stellenwert hat.

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BEWERBUNG / VORBEREITUNGEN / KOSTEN

Wichtig ist, rechtzeitig mit der Bewerbung und Planung anzufangen. Für die UAL benötigt man neben den normalen Bewerbungsformularen (in denen steht, für was man sich eigentlich bewirbt und welche Kurse man wählen möchte,) ein Portfolio mit den eigenen Arbeiten, ein Motivationsschreiben sowie ein Empfehlungsschreiben eines Professors der Heimatuniversität. Außerdem braucht man entweder den TOEFL oder den britischen IELTS Sprachtest mit gutem Ergebnis. Die UAL hat ein eigenes Organisationsteam für Austauschstudenten, die alles sehr schnell und zuverlässig bearbeiten. Auch bei Anliegen, Fragen oder benötigten Unterschriften kann man sich während des Aufenthaltes direkt an sie wenden. Denkt auch daran, nach einer Zusage der UAL von beiden Schulen ein sogenanntes Learning Agreement unterschreiben zu lassen, um am Ende das Auslandssemester anrechnen zu lassen.

Das Central Saint Martins an der UAL ist eine der bekanntesten und besten Designschulen weltweit. Das bedeutet, dort zu studieren ist mit Studiengebühren von ca. 7.800 Euro / 5.700 Pfund sehr teuer und man muss unbedingt überlegen, ob und wie man es finanzieren kann. Einerseits habt ihr die Möglichkeit Auslands-Bafög zu beziehen, das mindestens 6 Monate im Voraus beantragt werden muss. Andererseits könnt ihr euch auf Stipendien bewerben. Dennoch reicht auch beides zusammen nicht aus, um das Semester komplett zu finanzieren.


WOHNEN

Man hat als Austauschstudent Vorrang bei der Vergabe der Plätze der Studentenwohnheime. In London ist Wohnraum allerdings sehr sehr teuer und deswegen ist selbst ein 12m2 Zimmer im Wohnheim extrem teuer, nämlich ca 900 Euro im Monat. Außerdem kann ich das Wohnheim (Will Wyatt Court in Shoreditch), in dem ich war, auch nicht wirklich empfehlen. Man lernt zwar sehr viele andere UAL Studenten aus London und der ganzen Welt kennen, allerdings hat man sieben Mitbewohner mit denen man sich die Küche teilen muss und da wird es sehr schnell sehr dreckig. Am Anfang kam ich mir noch wie ein deutscher Spießer vor, bald jedoch waren die Zustände der Küche so dramatisch, dass ich keinen Fuß mehr hineingesetzt habe. Leider war meine „WG“ da auch kein Einzel- oder Ausnahmefall, andere Bewohner haben mir sogar von Ratten berichtet. Einmal ist auch eine Woche lang das Wasser ausgefallen. In England geht das mit den Reparaturen auch nicht so schnell wie bei uns in Deutschland.

Es empfiehlt sich also, über Portale wie spareroom.co.uk oder zoopla.co.uk. ein Zimmer in einer WG oder Gastfamilie zu suchen. Außerdem hat man über College Contact die Möglichkeit mit anderen Bewerbern Kontakt aufzunehmen und sich eventuell gemeinsam eine Wohnung zu suchen. Sehr viele Londoner pendeln jeden Tag von den Außenbezirken zu ihren Arbeitsplätzen, da in der Innenstadt die Preise fast unbezahlbar sind. London ist sowieso sehr groß und das Verkehrsaufkommen extrem hoch und man kann sich darauf einstellen, dass man immer mindestens eine halbe Stunde, eher eine Stunde braucht um irgendwo hin zu kommen. Etwas außerhalb zu wohnen ist also weder schlimm noch schlecht. Man wird auf jeden Fall geduldiger mit der Zeit und lernt es zu schätzen aus den Doppeldecker Bussen heraus die Umgebung perfekt beobachten zu können.


UNIVERSITÄT

Als reine Design- / Kunst-Uni unterscheidet sich die UAL wirklich grundlegend von meiner FH. Sie ist ein Zusammenschluss von 6 Londoner Kunstuniversitäten und deswegen Europas größte Design- / Kunst-Uni mit fast 19.000 Studenten aus der ganzen Welt. Dazu gehören: Camberwell College of Arts, Central Saint Martins (CSM), Chelsea College of Arts, London College of Communication, London College of Fashion (LCF) und das Wimbledon College of Arts.


CENTRAL SAINT MARTINS

Das CSM selbst bietet die Studiengänge Acting, Architecture, Ceramic Design, Culture Critisism and Curation, Directing, Fashion (Womens / Mens / Print / Marketing / Knitwear / Communication / History and Theory / Journalism), Fine Art, Jewellery Design, Performance, Product Design, Textile Design und Graphic Design.

Das Gebäude der CSM ist in einem hinteren Teil von Kings-Cross und kombiniert die alten Gebäudeteile mit sehr moderner Beton/Glas Architektur. So kann man von den Gängen in alle Unterrichtsräume sehen und z.B. den Modestudenten beim Arbeiten zusehen.

Wirklich cool ist die gigantische gemeinsame Bibliothek der Colleges. Als Student hat man Zugriff auf alle Teilbibliotheken der einzelnen Colleges und damit auf einen riesigen Fundus an Büchern, Magazinen oder DVDs aus dem Design- und Kunstbereich. Es gibt auch viele Rechner, Drucker und Werkstattbereiche wo selbstständig gearbeitet werden kann. Falls einem mal Arbeitsmaterialien fehlen, kann man einfach in den hauseigenen „Boesner“, wo es von Stiften über Papier bis hin zu Druckknöpfen alles zu erschwinglichen Studentenpreisen gibt. Außerdem gibt es einen „Loan Store“ wo man sich Kameras, Stative etc. ausleihen kann. Das System dabei funktioniert theoretisch über I-Pads oder elektronisch von Zuhause aus und ist etwas kompliziert. Für manche Geräte muss sogar ein kleiner Einführungstest gemacht werden. Es lohnt sich aber, sich damit ein bisschen auseinander zu setzen und sich für seine Projekte das Passende zu besorgen. Weiterhin gibt es verschiedene Werkstätten wie z.B. Letterpress, 3D, CAD, Animation, Metal, Wood, Digital Print... die man bei Bedarf nutzen kann.

Zur Verköstigung zwischendurch gibt es verschiedene Cafés mit Kuchen, Sandwiches und anderen kleinen Snacks. Mittags bietet die Mensa verschiedene Gerichte zu günstigeren Preisen (ca. 3-4 Pfund). Stilles Wasser gibt es umsonst, wie eigentlich überall in London. Unter dem Trimester ist Abends die Uni Bar offen und man kann sich für 2 Pfund ein günstiges Feierabendbier gönnen.


STUDIUM

Das Central Saint Martins hat viele internationale Studenten und bietet im Bereich Graphic Design zwei verschiedene Study Abroad Möglichkeiten. Der eine integriert Austauschstudenten in die normalen Kurse (Integrated Study Abroad Programme). Der andere, für den ich mich entschieden habe, heißt Free Elective Semester Programme (FESP) und gibt einem die Möglichkeit, deutlich mehr Kurse zu belegen. Ursprünglich wurde dieser für die amerikanischen Austauschstudenten ins Leben gerufen und von der Kursdauer (14 Wochen) an das Semester-Prinzip angepasst. Normal sind hier in England eigentlich Trimester, die wesentlich kürzer sind. Vorteil ist außerdem, dass man in viel kleineren, intensiveren Gruppen lernen darf und auch bei weitem mehr Zeit für das Feedback des Professors/Tutors vorgesehen ist. Man hat mindestens drei Mal die Woche Kurs.

Am ersten Tag dort gab es erstmal eine Einführungsveranstaltung für alle Austauschstudenten. Hier wird einem alles ganz genau erklärt: Wo bekomme ich die Student-Oyster-Card (Fahrkarte) her? Wo kaufe ich am besten ein? Wie komme ich in den Bibliotheken klar? An wen kann ich mich bei Problemen wenden?... Anschließend wurde mit uns auch noch eine kleine Stadtführung gemacht die in einem typischen englischen Pub ihren Abschluss fand.

Im Free Elective Graphic Design Programm wurden in diesem Jahr insgesamt nur sieben Studenten akzeptiert, sodass wir von dieser kleinen Gruppengröße extrem profitiert haben. Zwei Amerikaner, ein Franzose, eine Finnin, eine Inderin und wir zwei Deutsche. Man hat über den gesamten Zeitraum einen Haupttutor und Mentor der die Gruppe sozusagen in ihrem Schwerpunkt Graphic Design unterrichtet.

Anders als in Deutschland hat man im FESP keine durchgängigen Projekte sondern viele kleinere. Am Anfang und am Ende des FESP Semesters hat man jeweils 3 Wochen Graphic Design 1 und 2. Hier wird je ein eigenständiges Projekt realisiert. In den Wochen dazwischen hat man das Fach Cultural Studies plus drei verschiedene Wahlfächer, die dort gewählt werden können. Zur Auswahl stehen Typography, Graphic Illustration, Fashion Illustration, Fashion Styling, Concepts of Editing, Photography, Mixed Media Painting... Jedes Fach findet einmal pro Woche statt. Unterricht hat man dann zusammen mit den anderen Austauschstudenten des FESP (z.B. aus dem Fashion-Bereich). Trotzdem waren die Gruppen nie größer als 10 und es war spannend zu sehen wie anders die Studenten aus anderen Fachbereichen und/oder Ländern mit den gleichen Aufgabenstellungen umgegangen sind.

Generell ist die Benotung an der UAL sehr streng. Für Amerikaner werden die Ergebnisse am Ende zum Beispiel um eine Note hoch gerechnet. Man hat uns gleich am Anfang vorgewarnt, um eventuell enttäuschte Erwartungen zu vermeiden. Bewertet werden die Arbeiten immer von mindestens zwei Professoren nach verschiedenen vorgeschriebenen Kriterien, die man zuvor auch einsehen kann.


LEBEN

Im Alltag war ich extrem viel draußen unterwegs. Meine Unterkunft im Studentenwohnheim in Shoreditch war auch extrem dunkel und ungemütlich, ich hatte bei der Zimmerverteilung wirklich Pech. Es war mir auch nicht möglich in ein anderes zu wechseln. Sich draußen aufzuhalten und London zu erkunden war da der einzig richtige Ausweg. Auch das angeblich so schlechte Wetter habe ich gar nicht so schlecht empfunden. Die Engländer sind an Regen gewöhnt, keiner beschwert sich und es gibt außerdem viele Möglichkeiten sich unter zu stellen. Von den Temperaturen ist es sogar um einiges wärmer als Zuhause und ich kann mich rückblickend an viele schöne sonnige Tage erinnern.

Unterwegs ist man am besten immer mit dem Bus. Das ist billiger als die Tube und man sieht mehr von der Stadt. Nur bei längeren Strecken kann ich dann doch empfehlen die Tube zu nehmen. Am besten, man beantragt gleich am Anfang für 10 Pfund die Student Oyster Card mit der man 30 Prozent Studentenrabat auf alle Fahrten bekommt. Wer Nachts mit dem Taxi nach Hause will, sollte auf keinen Fall spontan in ein Mini Cab steigen. Lieber die zugelassenen Cabs, die sind zwar teurer aber dafür auch sicherer. Ich habe allerdings auch oft die Nachtbusse genutzt und mich dabei nicht unsicher gefühlt. Im Bus sitzt man in der Regel auch nicht alleine.

Kulturell hat London einiges zu bieten. Museen und Galerien haben freien Eintritt (Tate Modern, White Cube, Saatchi Gallery, National Gallery, National Portrait Gallery, Serpentine Gallery...) bis auf wenige Sonderausstellungen. Man sollte eh immer Augen und Ohren offenhalten nach coolen Events, Ausstellungen, Messen oder Märkten. Jeden ersten Donnerstag im Monat eröffnen rund um die Redchurch Street die ganzen Galerien. Es gibt freie Getränke und viele nette Leute die man kennenlernen kann. Wer das Nachtleben sucht kann sich auf sehr hohe Preise einstellen. Billig ist hier eigentlich nichts...allerdings kann man sich einen Abend im Pub immer noch eher leisten als den Eintritt in die Clubs. Am besten schon vorher raussuchen, wohin man will und die Tickets schon einen Tag vorher kaufen dann wird‘s billiger. London ist eine absolute Musik-Stadt. Wer Konzerte liebt, hat hier das Paradies gefunden.

Rückblickend schätze ich auch besonders die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Briten. Es gab immer wieder Situationen die mich sehr positiv überrascht haben, weil man von Zuhause einfach nicht gewöhnt ist, dass alle aufeinander Rücksicht nehmen. Vordrängeln geht zum Beispiel gar nicht und bei jedem leichten Anrempler wird sich höflich entschuldigt.


FAZIT

Ich würde das Semester am CSM jederzeit wiederholen. In dieser vergleichbar kurzen aber intensiven Zeit habe ich fachlich und auch persönlich sehr viel gewinnen können. Der Austausch mit Design Studenten aus anderen Ländern und Bereichen war extrem interessant und inspirierend, genau wie die Uni selbst. London ist extrem vielseitig und kreativ. Wer will kann jeden Tag etwas Neues entdecken. Und Englisch spreche ich jetzt viel sicherer, wenn auch ohne britischen Akzent :)