13 Sep
Erfahrungsbericht von Lisa M.

Ritsumeikan Asia Pacific University

Stadt: Beppu
Land: Japan
Kontinent: Asien
Studienrichtung: Japanologie
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 04/2012 bis 09/2012

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Vorbereitung

Vor Antritt des Auslandssemesters braucht man zunächst einen genauen Plan wie man den Auslandsaufenthalt finanzieren möchte, welche Fächer man an der ausländischen Uni belegen möchte und man sollte sich erkundigen, ob die angebotenen Fächer auch an der deutschen Uni akkreditiert werden können.

Als Japanologie-Studentin kam für mich fast jede japanische Uni in Frage, da ich hauptsächlich meine japanischen Sprachkenntnisse verfeinern wollte. Aber da ich auch Anglistik im Nebenfach studiere, zog ich es vor an eine Uni zu gehen, an der auch englische Kurse angeboten werden. Die APU fand ich besonders interessant, da sie eine internationale Universität ist, die sich dadurch auszeichnet, dass sie verschiedene Kulturen zusammenführt und gleichzeitig Kurse über Wirtschaft und sozialwissenschaftliche Kurse anbietet, die sich nicht nur auf Japan, sondern den gesamten Pazifischen Raum konzentrieren.

Da ich Japanologie mit Schwerpunkt auf Wirtschaft studiere, bot sich das Kursangbot also sehr für mich an, und der Gedanke Freunde aus aller Welt zu finden, die ich dann vielleicht später in ihren Heimatländern besuchen kann und so nach und nach die ganze Welt erkunden kann, war auch sehr verlockend.

Somit bewarb ich mich über College-Contact bei der APU.

Es dauerte einige Monate bis ich alle Dokumente, wie Empfehlungsschreiben der Dozenten, Finanzierungsnachweise, Motivationsschreiben und Noten-Transkripte zusammen hatte und noch einmal 3 Monate bis ich eine Zusage von der Universität bekam, doch insgesamt lief der Bewerbungsvorgang relativ reibungslos. Nur der Antrag auf das Auslandsbafög, mit dem ich den Aufenthalt finanzieren wollte, verzögerte alles ein wenig, da sich die Zuständigkeit für Japan mehrmals änderte, wodurch mein Antrag zweimal im nirgendwo verschwand, da die Bafögämter sich gegenseitig falsche Adressen gegeben hatten, so dass ich den Antrag mehrmals stellen musste, wodurch sich die Bearbeitung desselben Monat um Monat verzögerte. Außerdem gibt es beim Auslandsbafög den Nachteil, dass erst nach Beginn des Semesters die Zahlungen beginnen, man aber bei der APU schon die Hälfte der Studiengebühren und die gesamte Miete für das ganze halbe Jahr IM VORAUS zahlen muss.

Ich hatte das Glück, dass ich mir von diversen Freunden den benötigten Betrag zusammenborgen konnte, jedoch ist es als nur von Bafög lebender Student recht schwierig die Summe von 7000 Euro mal eben vorzustrecken. Daran wäre es bei mir beinahe gescheitert. Am besten also rechtzeitig einen Studienkredit beantragen, wenn ihr Auslandsbafög als Finanzierungsmöglichkeit wählt. Auch Nachweise über finanzielle Liquidität werden in den Bewerbungsformularen und bei Beantragung des Visas benötigt. Und der Flug, der ca. 700-900 Euro kostet, muss auch noch vorher gebucht werden. Da empfehle ich übrigens nicht mit Air China zu fliegen, die sind zwar am billigsten, aber bei denen bekommt man dafür auch Verhaftung beim Umsteigen in Peking und Notlandung auf einer Autobahn irgendwo in China gratis mit dazu (sowie kaputte Klimaanlagen und rohes Schweinefleisch als „Snack“). Finanzielle Vorbereitung ist also sehr wichtig.

Sprachliche Vorbereitung hatte ich ja zum Glück durch mein Studium schon, was mir auch sehr zu Gute kam in Japan, da nur die wenigsten Japaner Englisch sprechen, besonders außerhalb der Universität findet man da kaum jemanden. Zumindest die Grundlagen wie die höflichen Floskeln fürs Einkaufen, bei dem man ums reden nicht herum kommt, da man noch tausend Fragen gestellt bekommt wie : „Soll ich eine Servierte mit in die Tüte legen? Noch eine extra Tüte dazu? Klein oder groß? Möchten sie Stäbchen dazu? Den Kassenbon? Soll ich das Onigiri schnell in der Mikrowelle für Sie aufwärmen?“ Ich scheiterte bis zum Schluss immer wieder an der Frage nach der Serviette, weil ich die Vokabel, egal wie oft ich sie hörte, einfach nie verstand. Im Zweifelsfall immer höflich „hai“ sagen und nicken, man bekommt im schlimmsten Fall nur gratis Dinge dazu, die man nicht braucht.

Im Wohnheim der Uni ist es auch ganz gut über ein paar Grundkenntnisse zu verfügen, so dass man sich zumindest vorstellen kann, sagen kann woher man kommt und was man studiert, so fällt es sehr leicht viele Freunde zu finden, da auch die meisten anderen Asiaten dort zwar wenig Englisch, dafür aber ganz gut Japanisch verstehen. Koreanisch oder Chinesisch hilft einem auch viel weiter wenn man das kann. Ich hab es aber auch erst da gelernt. Mehr Vorbereitung braucht man eigentlich nicht. Man sollte natürlich fortgeschritten mit Stäbchen essen können, sonst kommt es wie bei mir im Restaurant zu peinlichen Situationen, in denen einem das rohe Eigelb, welches oben auf einem Stapel aus Omelett und Yakisoba platziert ist, beim Versuch es mit den Stäbchen aufzuheben quer über den Tisch auf den Schoß den gegenübersitzenden Japaners flutscht.

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Der Aufenthalt in APU

Wenn man den 16-stündigen(bzw. 28 stündigen,wenn man mit Air-China fliegt) Flug nach Japan überstanden hat, ist man in Japan sofort gut aufgehoben. Die Studenten von APU organisieren einen gut laufenden Abholservice vom Flughafen, wo man selbst wenn man wie ich 12 Stunden verspätet ankommt, nicht einfach zurückgelassen wird. In der Uni angekommen wird man sogleich von den RAs ( den Resident-Assistants) begrüßt und muss den Mietvertrag unterschreiben und dann beginnt eine Führung durch das AP-House, in dem alle Austauschstudenten im ersten Semester wohnen müssen. In meinem Fall sprach der RA nur wenig Englisch, aber das störte mich bei meinem fortgeschrittenen Müdigkeitsgrad kaum noch. Als ich mich nach beendeter Führung dann jedoch in mein Bett fallen lassen wollte, erlebte ich eine böse Überraschung: Das Bett war ein hartes Holzbrett, mit einer wenig hilfreichen 3cm dicken Schaumstoffpolsterung darauf. Ich hatte mich zwar auf einen Futon oder ähnliches eingestellt, aber ein Brett als Schlafstatt in dem ansonsten sehr westlich eingerichteten Wohnheim hatte ich nicht erwartet. Da man in APU auf einem Berg abseites der Stadt wohnt, die nur nach 1-stündiger Busfahrt zu erreichen ist, kann man auch schlecht mal eben im Supermarkt eine Matratze kaufen. Aber nach den ersten 2 Monaten gewöhnt sich der Rücken daran. Auch das Kopfkissen ist mit einem steinartigen Material gefüllt, weshalb es sich anbietet ein eigenes mitzubringen. Aber ansonsten ist das Zimmer gut ausgestattet, mit Schreibtisch, Kühlschrank, Regalen, Klimaanlage und Internetanschluss. Badezimmer ist bei den Einzelzimmern auch mit dabei, habe ich gehört, aber die öffentlichen Duschen und Toiletten auf jeder Etage sind auch sehr sauber, falls man wie ich ein Gemeinschaftszimmer wählt, wo man statt Bad einen netten Zimmergenossen bekommt.

Ich kann die Gemeinschaftszimmer sehr empfehlen, da man dadurch gleich einen Freund hat, der einem, wenn es ein Japaner ist, bei vielen Dingen im Alltag helfen kann. Ich war mit einer netten Japanerin zusammen, die kein Wort Englisch konnte, wodurch ich gezwungen war mein erlerntes Japanisch oft und intensiv anzuwenden, was meinen Studienzwecken sehr entgegen kam, da ich auf dem Campus oft dazu neigte, es immer erstmal mit Englisch zu versuchen, weil es einfach viel bequemer ist eine Sprache zu sprechen, in der man sich ohne nachzudenken fließend unterhalten kann, als sich mit vermutlich flaschen Sprachbröckchen vor den Japanern zu blamieren. Nur wenn man Wert auf Privatsphäre oder Schlaf legt, sind japanische Zimmergenossen nicht zu empfehlen, da es in Japan normal zu sein scheint, Nachts nicht zu schlafen und stattdessen mit Freunden Karaoke zu singen und sich zu betrinken. Auch bietet die Papp-Schiebetür, mit der man die Zimmer trennen kann weder Schutz vor Lärm noch von Licht, so dass sie eigentlich überflüssig ist.

Aber ich war dennoch froh meine Zimmergenossin zu haben, da ich durch sie schnell in die japanische Society an der Uni integriert wurde, was wie ich später herausfand, für die meisten ausländischen Studenten sehr schwer war, da die Japaner meist lieber unter sich bleiben, weil es schwierig ist mit Nicht-Japanern zu kommunizieren, da die meisten nicht genug Japanisch können bzw. die Japaner nicht genug Englisch. Ich habe aber trotzdessen viele japanische Freunde gefunden, bei deren Familien ich dann auch während der Ferien wohnen durfte, so dass ich so die Möglichkeit hatte viele Städte in Japan zu sehen, ohne ein teures Hotel bezahlen zu müssen. Es lohnt sich also viele Bekanntschaften zu schließen. Neben den Japanern habe ich auch Freunde aus Vietnam, China, Thailand, Tonga, Malaysia, den Phillipinen, Bulgarien und Indonesien gefunden, mit denen ich auch nach meiner Rückkehr noch über Facebook und Skype in Kontakt bin und mit denen ich gerade gegenseitige Besuche plane. APU ist also der ideale Ausgangspunkt wenn man viel von der Welt sehen will.

Auch der Unterricht kann viel dazu beitragen den Blick auf die Welt zu erweitern und viel Neues zu lernen. Man muss bei der Kurswahl aber viel Glück haben, da einige der Dozenten nur sehr minimale Englisch-Kenntnisse haben, und auch sonst sehr unstrukturierten Unterricht anbieten, der nur darauf beruht, dass man anwesend ist und irgendwie die Zeit totschlägt, während der Lehrer vorne privat an der Tafel an seinen eigenen Matheformeln verzweifelt und ohne ein Wort der Erklärung die selbe Rechnung jede Stunde von neuem von vorne beginnt um dann doch nur wieder daran zu verzweifeln und die Stunde früher zu beenden. Im krassen Gegensatz dazu gibt es aber auch Lehrer, die einem täglich seitenlange Hausaufgaben geben, diese jede Stunde benoten und nebenbei noch Reports, Zwischentests, Lesetests und Zwischenklausur und Abschlussklausur schreiben lassen. Ich persönlich habe diese Art des Unterrichts mehr genossen, da ich dort wirklich sehr viel für mein Studium hier und für meine Bildung allgemein mitnehmen konnte.

Die Interaktion mit den Studenten aus aller Welt hat mir viele interessante Erfahrungen eingebracht, wodurch sich mein Horizont meines Empfindens nach sehr erweitert hat. Besonders die vielen Events in APU, wie die kulturellen Wochen, bei denen jede Woche ein bestimmtes Land thematisiert wird, welches von den Studenten der jeweiligen Nationalität durch traditionelle Tänze, Gesang und ein großes Musical am Ende der Woche vorgestellt wird, kann man viel von ganz Asien kennenlernen, auch wenn man nur in Japan ist.

Die „Zirkel“ in APU sind auch eine tolle Sache. Wie bei uns an der Schule die AGs, sind das Clubs die von Studenten geleitet werden, wo man nach dem Unterricht entweder irgendwelchen Sport betreibt, oder gemeinsam Wohltätige Hilfsaktionen organisiert, oder singt, tanzt, etc. Ich war im Judo-Zirkel und habe dort in dem halben Jahr mehr gelernt als mein ganzen Leben lang in den deutschen Judo-Vereinen. Die Japaner sind echt sehr zielstrebig und engagiert wenn sie sich für einen Sport begeistern und streben dann auch wirklich nach Perfektion. Über das halbe Jahr hinweg wechselte fast das halbe Team wegen Knochenbrüchen, die beim Training des öfteren passierten, da wir stets versuchten unsere Grenzen zu überschreiten und noch stärker zu werden und uns von Schmerzen nicht aufhalten zu lassen. Das klingt zwar brutal, aber wir hatten echt eine Menge Spaß, trotz Verletzungen hin und wieder, und am Ende fühlte ich mich wie Super-Woman als ich leichthändig die 30-Jährigen Männer mit Schwarzgurt durch die Halle werfen konnte, wozu ich mich in Deutschland als zerbrechliches kleines Mädchen nie getraut hatte. Aber dank der Unnachgiebigkeit (und manchmal auch Gnadenlosigkeit) meiner Senpais bin ich durch das Training in Japan über mich hinaus gewachsen.

Auch das Miterleben von Naturgewalten wie Erdrutschen, Sturzfluten,Taifunen und Waldbränden hat mir außerdem viele spannede Geschichten zum Erzählen eingebracht. Die berüchtigten Erdeben habe ich allerdings immer verschlafen ohne sie zu bemerken. Aber in Beppu gibt es die auch sehr selten, als ich da war gab es zufällig mal wieder das erste seit 20 Jahren. Nur der starke Regen während der Regenzeit im Juli brachte täglich ziemlich krasses Wetter mit sich, was mich immer wieder erstaunte. Auch Nebel ist in APU keine Seltenheit, da wir auf der Spitze eines Berges oft in Wolken versinken, so dass man die Hand nicht mehr vor Augen sieht und häufig bis zu 100% Luftfeuchtigkeit hat. Es gibt übrigens kein Haarspray in Japan, falls man also wie ich zu Locken neigt, ist es sinnvoll sich einen Vorrat davon mitzunehmen. Und im Frühling ist es noch recht kalt, also sollte man für den Beginn des Sommersemesters lieber noch ein paar warme Pullis einpacken. Ab Juni sind dann aber nicht mehr unter 30°C , manchmal wurden es auch 40-45°C, wobei das selbst auf Kyushu mit seinem subtropischen Klima nicht mehr als normal galt, als ich da war, war gerade ein sehr heißer Ausnahmesommer. Dank des Klimas gibt es in Beppu auch Mosquitos, Kakerlaken und Riesenspinnen und Schlangen, also sollte man auf Begegnungen mit solchen gefasst sein.

Mehr habe ich eigentlich nicht zu sagen, es war eine super Erfahrung für mich, ich habe tolle Leute kennengelernt, viel erlebt, viel gelernt, viele leckere Dinge gegessen und mich durch den Aufenthalt mental und physisch weiterentwickelt. Ich würde sogar soweit gehen und sagen die Zeit in APU war die beste meines Lebens. Ich würde jederzeit wieder dahin zurückkehren, wenn ich die Möglichkeit hätte! Also falls ihr könnt, geht auf alle fälle dort hin! Das wird eine super Zeit! APU 大好き!ほんとに良い経験だった。