16 Mär
Erfahrungsbericht von Franka K.

Universidad de Chile - Facultad de Economia y Negocios


Stadt: Santiago de Chile
Land: Chile
Kontinent: Südamerika
Studienrichtung: BWL
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 07/2015 bis 12/2015
Heimathochschule: Mittweida H

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Im Sommer 2014 begannen meine Vorbereitungen für mein Auslandssemester in Chile. Zuerst recherchierte ich die zur Auswahl stehenden Universitäten. Ich verglich Studienangebote und Inhalte der Klassen und entschied mich mit Hilfe von College Contact dann für die Universidad de Chile, Facultad de Economía y Negocios im Zentrum von Santiago. Die Universität gehört zu den besten in Lateinamerika und bietet etwa 20 Kurse in Englisch und 100 in Spanisch an.

Für das Bewerbungsformular von College Contact stellte ich die notwendigen Unterlagen (Anmeldeformular, Sprachnachweis, Lebenslauf, aktuelle Notenübersicht, Kopie des Reisepasses, Foto für den Studentenausweis und den Nachweis einer internationalen Krankenversicherung) zusammen.

Innerhalb von wenigen Stunden erhielt ich eine Antwort und auch schon bald die Zusage, dass ich an der Universität angenommen wurde.

So war es an der Zeit, meine Flüge für Juli 2015 zu buchen. Ich entschloss mich dazu, eine Woche vor Vorlesungsbeginn direkt nach Santiago zu fliegen, um mich schon etwas einzugewöhnen.

Über Couchsurfing fand ich einen Host, der mich für die ersten 3 Wochen aufnahm. Das war wirklich hilfreich, da er mir nicht nur viel über Geschichte, Land und Leute zu berichten wusste, sondern mir auch Informationen zum Metro- und Bussystem der Stadt sowie zu wichtigen Anlaufstellen gab.

Die Koordinatorin der internationalen Studenten an der FEN ("Facultad de Economía y Negocios"), Kaia Range, begann schon ca. 2 Monate vor Semesterbeginn damit, uns E-Mails mit Informationen zu Universität, Stadt, Wohnungen und Freizeit zukommen zu lassen und war auch während des Semesters stets erste und zuverlässigste Anlaufstelle bei Problemen aller Art.

Die Kurswahl konnte ich mittels Onlinekatalog schon vor dem Semester bewältigen und entschied mich dazu, 4 Kurse zu belegen. Mein erster Kurs war Negocios 1 bei Professor Eric Spencer, dem Leiter des Internationalen Institutes. Der Unterricht war spannend und lehrreich, da der Hauptfokus auf international agierenden Firmen und deren Methoden lag. Die Note in Negocios 1 setzte sich aus vielen Case-Works zusammen, bei denen es Handlungsempfehlungen für Unternehmen zu schreiben galt, sowie Reading Tests, Midterm Exam und Final Exam. Negocios war der Kurs, der mich stets auf Trab hielt und dafür sorgte, dass ich mich selbst am Wochenende nicht über zuviel Freizeit beklagen konnte. Mein zweiter Kurs war Urban Economics bei Professor Tagle. Hier wurde Städteentwicklung, -gestaltung und daraus resultierende Preisentwicklung behandelt. Mir machte dieser Kurs sehr viel Spaß, da wir viel über Santiago und seine Entwicklung lernen konnten. Benotet wurden zwei Readingtests, eine Gruppenarbeit mit Präsentation, Midterm Exam und Final Exam. Die Arbeitsmenge war schaffbar und es war sehr interessant, den Einfluss kultureller Unterschiede sogar auf Städteplanung und Urbansierung kennenzulernen. Diesen Kurs kann ich jedem empfehlen, da er durch Verstehen dem Kulturschock (ein wenig) entgegenwirkt.

Mein dritter Kurs hieß Intercultural Business Challenges in Latin America und wurde von Professor Diego gehalten. Auch diesen Kurs fand ich sehr interessant, weil speziell auf die kulturellen Unterschiede in Lateinamerika eingegangen wurde und Prof. Diego stets interessante Gastsprecher einlud. So hatten wir die Chance, mit einen Manager von British American Tobacco zu sprechen und erfuhren mehr über angewandte Expansionsstrategien der Firma, aufgetretene Probleme beim Markteintritt in verschiedenen Ländern Lateinamerikas und deren Lösungen. Hier galt es, Berichte über die Gastvorträge zu schreiben, eine Debatte zu halten und ein Final Exam zu bewältigen.

Mein vierter Kurs war Globalización, Tratados y Acuerdos Comerciales bei Professor Walter Sanchez. Hier wurden wir über die zahlreichen Handelsabkommen informiert, die es in Lateinamerika gibt. Zudem war es wahnsinnig interessant, einen Blick auf die EU aus lateinamerikanischer Sicht zu gewinnen. Es gibt zwei Reading Tests pro Semester sowie eine Gruppenarbeit mit Präsentation und 20-seitigem Bericht. Professor Sanchez wurde am Ende des Semesters zum Best International Professor gewählt und auch ich kann seine Kurse nur weiterempfehlen. Seine Art, uns stets zu Diskussionen und Meinungsbildung anzuregen, gefiel mir sehr.

Die Universität hat ein umfangreiches Angebot an Sportkursen und anderen Aktivitäten. Es gibt ein Fitnessstudio, eine Kletterwand, ein Fußballfeld und einen Basketballplatz - alles direkt auf dem Campus. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Mit Hilfe des FEN Buddy Programm findet man schnell neue Freunde und wird super in das Unileben integriert. Außerdem gibt es mit Let's Chat und HablaPo die Möglichkeit, sein Englisch und Spanisch aufzubessern. Des Weiteren gibt es viele Clubs, Teams und Aktivitäten am Campus, der sehr zentral gelegen ist und sich nahe des Metroknotenpunktes Baquedano/Plaza Italia befindet. Jedes Semester findet die International Fair statt, eine Art Messe der vertretenen Länder, die von den Austauschstudenten organisiert wird, um ihr Heimatland vorzustellen. Hierfür lohnt es sich, die Tracht mit in den Koffer zu packen und sich Omas bestes Rezept schicken zu lassen. Es war für mich ein schöner Erfahrungsaustausch und ich bin immer wieder überrascht, wie bekannt unser verhältnismäßig kleines Land doch ist.

Santiago ist mit seinen 7 Millionen Einwohnern die mit Abstand größte Stadt Chiles. Etwa 50% der Bevölkerung lebt und arbeitet hier. Am Anfang des Semesters bietet die Universität eine kostenfreie Stadttour an (es gibt außerdem täglich außeruniversitäre Free Walking Tours), bei der man die wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Orientierungspunkte gezeigt bekommt. So zum Beispiel La Vega Central, den wohl bekanntesten, ganz sicher größten und wahrscheinlich günstigsten Markt der Stadt. Die Miete in Santiago fand ich verhältnismäßig teuer, aber damit reiht sich die Stadt in die Riege anderer Weltmetropolen ein.

Hier eine Kostenübersicht:

  • Visa: ca.100€
  • Flug: 1.200€
  • Miete: 180.000-250.000 CLP
  • Transport: 30.000 CLP (je nach Wohnlage)
  • Lebensmittel: 80.000CLP
  • Kultur: 20.000 CLP – 100.000CLP
  • Registrierung Uni: 500 US$
  • Kursgebühren: 3.000 US$ (24NC)

In der Stadt gibt es 5 verschiedene Metrolinien und unzählige Busse, die einen fast überall hinbringen, sobald man das fahrplanlose System durchschaut. Zudem gibt es ein Projekt der Stadt zum Fahrradverleih. Hierfür braucht man jedoch eine RUT (die persönliche Identifikationsnummer in Chile), die man nur mit Studentenvisum und nach ca. 1 Monat erhält. Bei mir dauerte es aufgrund eines Streikes im Registro Civíl jedoch ganze drei Monate und die Studentenkarte für vergünstigte Metrofahrten habe ich auch nie erhalten. Zudem ist Fahrradfahren noch relativ neu in Santiago und die Radwege sind schlecht ausgebaut oder hören plötzlich auf. Fahrradfahren war für mich sicher das gefährlichste, was ich in Santiago gemacht habe und ich habe meine Investition in ein eigenes Rad schnell bereut.

Santiago hat ein aufregendes Nachtleben, unzählige kulturelle Angebote, Sportmöglichkeiten und Aktivitäten in seinen zahlreichen Parks und es gibt sogar einen wöchentlich tagenden deutschen Stammtisch, der gegen Heimweh hilft. Bei Facebook gibt es viele Gruppen, wie z.B. Gringos in Chile, Deutsche in Santiago usw., die stets über neue Angebote und Aktivitäten informieren. Will man aus der Stadt raus, gibt es ebenfalls unzählige Busse, die einen für wenig Geld Überland, über Nacht, überall hinbringen. Im Allgemeinen fühle ich mich in Chile sicher, man sollte sich bloß vor Taschendiebstahl in Acht nehmen, der eine Art Nationalsport darstellt, aber auch dazu informiert die Universität direkt am Einführungstag. Chile ist das seismisch aktivste Land der Welt und Erdbeben sind quasi an der Tagesordnung (auch darüber wird man am Einführungstag informiert). Auch wenn Chilenen alles unter 8,0 auf der Richterskala als "kleines Zittern" abtun und die Bauweise der Häuser äußerst erdbebensicher ist, sollte man bei Reisen an den Strand die Schilder beachten, die einem im Falle eines Falles den Weg zur nächsten Tsunamischutzzone weisen. Ich erlebte ein Beben der Stärke 8,3 in einem Hostel in Strandnähe und die Betreiber des Hostels waren schneller geflüchtet als wir begreifen konnten, was gerade passiert. In solchen Situationen ist es gut, sich vorher infomiert zu haben und zu wissen, was zu tun ist und welche Orte es zu vermeiden gilt.

Zum Abschluss noch ein paar Worte zum Thema Kultur: Chilenen sind ein sehr nettes, hilfsbereites Volk, was selbst bei wenigen Spanischkenntnissen stets zu helfen versucht. Chilenen sprechen mit vielen Modismen, was bedeutet, dass es am Anfang (selbst mit fundierten Vorkenntnissen in Spanisch) sehr schwierig sein wird, sie zu verstehen. Streicht man im Kopf jedoch "po", "weon" oder "cachai" aus den Sätzen, ergeben viele Sachen plötzlich Sinn. Im Allgemeinen sind die Chilenen selten pünktlich und Pünktlichkeit wird auch nur in der Universität von einem erwartet. Bei Feiern kann es schon mal passieren, dass man noch vor verschlossener Tür steht, wenn man pünktlich eintrifft. Gegessen wird in Chile eher spät, so kann es beim Mittagessen im Familienkreis schon mal 16 oder 18 Uhr werden. Planen ist ebenfalls kaum möglich und bei Gruppenarbeiten mit chilenischen Kommilitonen 3 Stunden vor Abgabe wird am härtesten gearbeitet, also auf gar keinen Fall den Teil der Endkorrektur übernehmen! Aber auch daran hatte ich mich nach meinem ersten Semester gewöhnt und nahm alles ein wenig gelassener. Mir hat meine Zeit in Chile sehr gut gefallen und habe viele neue Freunde, Bekanntschaften und Erfahrungen sammeln können.