7 Aug
Erfahrungsbericht von Christian K.

California State University East Bay

Stadt: Hayward
Land: USA
Kontinent: Nordamerika
Studienrichtung: BWL
Studientyp: Auslandssemester
Zeitraum: 09/2012 bis 03/2013

Hochschule:
Studieninhalte:
Studienbedingungen:
Freizeit:
Spaß:
Kosten:
Gesamtbewertung:

Das Timing war perfekt. Bevor der kälteste Winter Deutschlands Ende 2012 einbrach, verabschiedete ich mich gen Kalifornien. Dort verbrachte ich bis Ende März 2013 eine lehrreiche und abwechslungsreiche Zeit als Student an einer amerikanischen Universität.

Zuvor befand ich mich neben meiner Berufstätigkeit in einem Teilzeitstudium, das über das sogenannte Distance Learning ablief. Dies ist ein online basiertes Selbststudium mit sehr wenigen Vorlesungstagen. Ein berufsbegleitendes Studium hat sicherlich viele Vorteile, allerdings kommt der Studienalltag oft zu kurz.
Das war der Auslöser, um mich tiefergehend mit dem Thema Auslandsstudium zu befassen.

Nachfolgend eine Ablaufbeschreibung zur Herangehensweise zur Auslandssemester-Planung:

Anfangs stand selbstverständlich die grundsätzliche Abstimmung mit den heimischen Professoren an. Ist es überhaupt möglich und wann ist der beste Zeitpunkt um das Auslandssemester bestmöglich in den deutschen Studienverlauf einzuordnen? Gibt es Partnerunis? In meinem Fall gab es zwar keine Partnerunis, aber ich bekam grünes Licht für mein Vorhaben und hatte von nun an noch circa acht Monate Zeit bis es im Wintersemester 2012/13 losgehen sollte. Natürlich durfte neben der Organisation in Eigenregie, die definitiv nicht zu unterschätzen ist, der Studien- und Berufsalltag nicht leiden.

Um die Wahl einer Gasthochschule zu erleichtern, erstellte ich mir einen Kriterienkatalog wie im Folgenden aufgeführt. Einzig der Durchführungszeitraum wurde mir von meiner Heimathochschule vorgegeben.

Studienform = Vollzeit
Sprache im Studium = Englisch
Sprache im Gastland = Englisch
Kursangebot deckungsgleich mit geplanten Modulen im Ausland?
Maximales Kostenbudget (Studiengebühren, Reisekosten, Unterbringungskosten, etc.)
Wetter in der Jahreszeit
Wohnmöglichkeiten

Nach einiger Recherche im Internet entdeckte ich College-Contact, eine Agentur, die Auslandsstudenten an fremde Hochschulen kostenlos vermittelt. Ein Glückstreffer, da College-Contact jede Menge Universitäten auf dem ganzen Globus vertritt und Studenten dorthin vermittelt. Über deren Datenbank konnte ich Unis vergleichen bezüglich Studentenbewertungen, Studiengebühren, Kursangebot, etc.

Man muss sich nur noch für eine Wunschuni entscheiden (und natürlich auf Annahme hoffen). Die Agentur stellt eine Checkliste über alle einzureichenden Unterlagen zur Verfügung und leitet diese nach Prüfung an die ausländische Wunschuni weiter. Eine enorme Erleichterung im sonst zeitraubenden Auswahl- und Anmeldeprozess, bei dem man jede Uni direkt ansprechen müsste.

Erforderliche Unterlagen sind neben der Angabe der Wunschuni aus dem College-Contact-Partnerverzeichnis:
Anmeldebogen zur Aufnahme an der Gastuni
Nachweis bisherige Studienleistungen (= transcript of records)
Finanzielle Nachweise
Englisch Nachweise (TOEFL oder IELTS-Test)
Liste Wunschkurse an der Gastuni

Die anvisierte Gastuni prüft im Anschluss die Unterlagen (teilweise fallen hierfür Bewerbungsprüfkosten an) und erteilt eine Zu- oder Absage (selten, da College Contact im Vorfeld auf Unstimmigkeiten hinweist).

Für die Kurswahl an der Gastuni sollten im Vorhinein zwecks möglicher Kursanrechnung bei Deckungsgleichheit mit heimischen Modulen die betreuenden Heimatuni-Professoren konsultiert werden. Außerdem verlangen manche Kurse an der Gastuni bestimmte Grundkurse, die man also vor Abreise noch erledigen sollte, um später Kursaufnahmeprobleme im Ausland zu vermeiden.

Nach Zusage gilt es sich um den weiteren Organisationskram zu kümmern:

Information der Heimatuni (evtl. wegen Urlaubs-/Mobilitätssemester Beantragung)
(Studenten-)Visa-Angelegenheiten (außerhalb der EU)
Flugbuchung
Auslandskrankenversicherung
Evtl. Impfungen
Unterkunftssuche (Studentenwohnheim Campus / off-campus; WG; …)

Auch nach Anmeldung bietet College Contact im ganzen Prozess Unterstützung an. Ich empfehle mindestens ein halbes Jahr Vorlauf, darunter wird es stressig. Nachdem alles in trockenen Tüchern war, stieg meine Vorfreude bis zum Abreisetag… und ich sollte nicht enttäuscht werden.

Als Gastuni wählte ich die California State University East Bay, 30 Minuten östlich von San Francisco. Hier passte neben dem Wunschland auch das Kursangebot und der Preis. Außerdem empfand ich die stadtnahe Lage und milde Witterung im Winter ansprechend.

In den ersten Tagen an meiner Gastuni wurde eine Orientierungswoche veranstaltet. Eine gute Gelegenheit, um Kommilitonen kennenzulernen, bevor die Kurse in der folgenden Woche begannen. Leider gab es ein sogenanntes Course-Crashing, d.h. man musste den Professor um Aufnahme in den Kurs bitten. Bedingung war natürlich, dass dieser noch nicht voll belegt war, da die Amerikaner Vorrecht bei der Kurswahl haben. Bei mir ging es gut, aber vereinzelt konnten die Wunschkurse nicht besucht werden. Teilweise konnten die Profs aber noch was drehen über Teilnehmerzahlerhöhungen. Die Kurse waren sehr international geprägt und im Vergleich zu Deutschland schon sehr verschult. Die Klassengröße betrug meist ca. 40-50 Studenten und oft kam es zu spontanen Frage-Antwort-Diskussionen, welche die Professoren sehr lehrreich und verständlich aufgriffen. Auf Nicht-Muttersprachler wurde kaum Rücksicht genommen, dennoch kamen die Austauschstudenten nach kurzer Zeit sehr gut mit. Zusätzlich zum Unterricht wurden oft Case-Studies, sowie Hausarbeiten und Zwischenprüfungen gefordert. Man blieb kontinuierlich am Lernen und schob nicht alles bis kurz vor den Semesterklausuren auf à la studieren in Deutschland. Selbstverständlich ist es lerntypabhängig, aber mir kam es sehr entgegen.

Trotzdem blieb noch Zeit für das Campusleben und das Drumherum. An den Wochenenden fanden sich immer schnell Reiselustige zur Erkundung der wunderschönen Stadt wie auch Umgebung San Franciscos. Innerhalb von einer Stunde ist man am Pazifik (Santa Cruz), innerhalb von drei Stunden erreicht man die Berglandschaften des Yosemite Nationalparks. Vermutlich kann man drei Monate nur als Reisender verbringen, um alles in Kalifornien zu entdecken.

Hayward als Stadt ist nicht besonders interessant. Die Uni inkl. Campus ist auf einem Berg und bis in die Innenstadt läuft man ca. 30 Minuten. Bis abends fährt auch ein Bus zur BART-Station, welche Hayward mit San Francisco verbindet, für Nachtschwärmer gibt es Taxis. Auf dem Campus gibt es Lebensmitteleinkaufsmöglichkeiten und eine Mensa. Den Supermarktbesuch haben wir meist mit einem San Francisco Ausflug verbunden, da man dann schonmal an der BART in der Innenstadt war. Auf dem Campus stehen auch Leihwagen zur Verfügung, ansonsten Leute mit Auto ansprechen oder selbst eins kaufen. Amerika ist sehr weitläufig, auch in den Städten und man ist mit Auto deutlich mobiler.

Natürlich steht vielen das Unileben aus Filmen wie „American Pie“ vor Augen. Ein bisschen freute ich mich selbstverständlich auch auf dieses Campusflair, welches einem durch die Medien offeriert wird. Je nach Sichtweise glücklicherweise bzw. leider übertreiben die Medien doch ein wenig.
Es wird einiges an Aktivitäten außerhalb des Hörsaals angeboten, wobei man schnell weitere Kontakte knüpfen kann. Neben einem umfangreichen Unisportprogramm bieten sich die Mitarbeit in Studentenverbindungen, Diskussionsrunden, Musik-/Tanzunterricht, usw. an. Parties sind aber im Privaten anzusetzen.

Ich wohnte mit drei Freunden in den Cityview Apartments, 10 Minuten fußläufig zur Uni. Eine gute Wahl, da man ungestörter und freier war als in den Studentenwohnungen auf dem Campus.

Allerdings möchte ich erwähnen, dass die amerikanischen Hochschulen für dieses inspirierende Lern- und Campusklima vergleichsweise hohe Studiengebühren (außerhalb der Partnerprogramme) verlangen. Ich empfehle, unbedingt die Finanzierung (mit Puffer) stehen zu haben. Im Nicht-EU-Land Geld zu verdienen ist mangels Arbeitsvisum schwierig.
Zu klärende Finanzierungsquellen in der Planungsphase können sein:
Auslands-Bafög, deutsche Stipendien (z.B. SBB), Auslandsstipendien, Sportstipendien, Ersparnisse, Eltern, Arbeitgeberzuschuss, (KfW)Studienkredit, …

Nach Rückkehr musste ich dann gegenüber meiner Heimatuni zur Anrechnung der Scheine das Bestehen und die Deckungsgleichheit der absolvierten Auslandskurse nachweisen. Wie gesagt, am besten informiert man sich vorher, was die deutschen Professoren für die Anrechnung brauchen.

Rückblickend war es wirklich eine fantastische Zeit, welche sicherlich die Persönlichkeit weiterentwickelt, die Sprachkenntnisse vertieft und neue Freundschaften hervorbringt.
Letztendlich kann ich jedem empfehlen, sich die Zeit im straffen Studienalltag zu nehmen und ein Auslandssemester bzw. mindestens einen Semesterferien-Summer-Term einzulegen. Wohin es euch auch verschlägt, ihr werdet es bestimmt nicht bereuen